Oberlandesgericht Hamburg:
Beschluss vom 23. August 2006
Aktenzeichen: 3 W 88/06

(OLG Hamburg: Beschluss v. 23.08.2006, Az.: 3 W 88/06)

1. Wird gegen eine Beschlussverfügung von Anfang an nur Kostenwiderspruch eingelegt, so kommt das einem sofortigen Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO gleich. 2. Wird eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung durch Anwaltsschreiben, dem eine vorformulierte, vom Schuldner zu unterzeichnende Unterlassungsver-pflichtungserklärung beilag, zurückgewiesen und die fehlende Vollmacht gerügt, so hat der Abgemahnte das daraufhin eingeleitete Verfügungsverfahren veranlasst, wenn er in seiner Antwort nicht zugleich in Aussicht stellte, er werde sich alsbald nach Vorlage der Vollmacht strafbewehrt unterwerfen.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 3. Mai 2006 wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 25. April 2006 abgeändert.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

Der Beschwerdewert entspricht der Summe der in der ersten Instanz entstandenen Kosten.

Gründe

I.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig .

Das angefochtene Urteil des Landgerichts hat über den Kostenwiderspruch des Antragsgegners entschieden. In so einem Fall ist - anders als beim Urteil auf Vollwiderspruch - nach ganz herrschender Meinung die sofortige Beschwerde und nicht das Rechtsmittel der Berufung gegeben, und zwar gemäß § 99 Abs. 2 ZPO analog.

Die Antragstellerin hat ihr Rechtsmittel rechtzeitig eingelegt . Ihr Schriftsatz vom 3. Mai 2006 mit der Einlegung der sofortigen Beschwerde ist am 4. Mai 2006 bei Gericht eingegangen) und damit innerhalb der 2-Wochen-Frist, gerechnet ab der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils (am 3. Mai 2006).

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist auch begründet .

Gegen die Beschlussverfügung hat der Antragsgegner von Anfang an lediglich Kostenwiderspruch eingelegt. Das kommt einem sofortigen Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO gleich.

Nach Auffassung des Senats liegt aber die weitere Voraussetzung des § 93 ZPO, die fehlende Veranlassung des Verfügungsverfahrens, zu Gunsten des Antragsgegners nicht vor; demgemäß bleibt es zu seinen Lasten bei der Kostenregelung des § 91 ZPO.

1.) Die Antragstellerin hat den Antragsgegner mit Anwaltschreiben vom 24. Januar 2006 abmahnen lassen, der Abmahnung lag eine vorformulierte, von dem Antragsgegner zu unterzeichnende Unterlassungserklärung bei.

2.) Auf diese Abmahnung hat der Antragsgegner unzureichend im Sinne des § 93 ZPO reagiert .

Mit Anwaltsschreiben vom 30. Januar 2006 hat er nämlich nur antworten lassen, dass die "Erklärung vom 24.01.06" zurückgewiesen werde, der Mangel der Vollmacht werde gerügt. Die Antwort stellt dagegen nicht - wie es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hier für die Anwendung von § 93 ZPO erforderlich gewesen wäre - in Aussicht, dass alsbald nach Vorlage einer Vollmacht eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgeben werde.

(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist eine Abmahnung ohne beigefügte Vollmacht nicht etwa unbeachtlich. Vielmehr ist für § 93 ZPO die Reaktion des Abgemahnten jedenfalls danach zu beurteilen, ob sie dem Verletzten bei objektivierter Betrachtung keinen Grund für die Annahme gibt, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nur mit gerichtlicher Hilfe durchsetzbar sein wird (OLG Hamburg WRP 1982, 478, WRP 1986, 106). Hieran ist festzuhalten.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die teilweise vertretene Auffassung, entsprechend § 174 BGB entfielen die Wirkungen der von einem Bevollmächtigten ausgesprochenen wettbewerbsrechtlichen Abmahnung, wenn ihr kein Vollmachtsnachweis beigefügt sei und der Abgemahnte die Abmahnung deswegen unverzüglich zurückweise (Hefermehl/Köhler/ Bornkamm , Wettbewerbsrecht, 24. Auflage, § 12 UWG Rz. 1.25 m. w. Nw.). Der Senat ist nicht veranlasst, zu dieser Streitfrage Stellung zu nehmen, denn die Abmahnung der Antragstellerin ist vorliegend nicht nur eine einseitige Erklärung gewesen, sondern enthielt - wie sich aus dem der Abmahnung beigefügten Vorschlag mit der vorformulierten Unterlassungserklärung ergibt - zugleich das Angebot zum Abschluss eines entsprechenden Unterlassungsverpflichtungsvertrages. In solchen Fällen ist für eine entsprechende Anwendung des nach seinem Wortlaut allein auf die einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung zugeschnittenen § 174 BGB ohnehin kein Raum (Hefermehl/Köhler/ Bornkamm , a. a. O. Rz. 1.27).

(b) Nach den aufgezeigten Grundsätzen hat der Antragsgegner Veranlassung für die Einleitung das Verfügungsverfahren gegeben (§ 93 ZPO). Er hat in seiner Antwort auf die Abmahnung, wie ausgeführt, nicht in Aussicht gestellt, er werde sich bei Vorlage einer Vollmacht alsbald unterwerfen. Damit war aus der für die Frage der Klagveranlassung allein maßgeblichen objektivierten Sicht eines verständigen Empfängers nicht damit zu rechnen, dass der Antragsgegner nach Vorlage der Vollmacht alsbald eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben werde.

(c) Aus diesem Grunde ist es auch unerheblich, dass die die Antragstellerin nach Erhalt des Antwortschreibens noch vor Ablauf der für den Eingang der Unterwerfungserklärung gesetzten Frist den Verfügungsantrag bei Gericht eingereicht hatte. Aus der Sicht eines verständigen Empfängers des Schreibens war nämlich nicht mehr damit zu rechnen, dass der Antragsgegner sich doch noch eines Besseren besinnen und - wie hier geschehen - fristgemäß die verlangte Verpflichtungserklärung abgeben würde.

(d) Die oben zitierte Senatsrechtsprechung unterstellt zu Gunsten des Abgemahnten, dass dieser den Nachweis einer Vollmacht nicht nur wegen des Zeitgewinns verlangt; gleichwohl ist der Abgemahnte zur Vermeidung von den Kostennachteilen des § 93 ZPO aber gehalten, mit einer Rüge der Vollmacht zugleich seine Unterwerfungsbereitschaft anzukündigen. Auf das vom Landgericht gebrachte Argument, dem Antwortschreiben sei nicht zu entnehmen gewesen, dass die geforderte Unterlassungserklärung bei Vollmachtsnachweis nicht doch noch fristgemäß abgegeben würde, kommt es damit nach Ansicht des Senats nicht an.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.






OLG Hamburg:
Beschluss v. 23.08.2006
Az: 3 W 88/06


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