Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Januar 2004
Aktenzeichen: 17 W (pat) 310/02

(BPatG: Beschluss v. 27.01.2004, Az.: 17 W (pat) 310/02)

Tenor

Das Patent Nr. 100 06 515 wird in beschränktem Umfang aufrechterhalten.

Der geänderten Fassung des Patents liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 - 15 und Beschreibung Spalten 1 und 2, beides überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2004, restliche Beschreibung und 4 Blatt Zeichnungen gemäß der Patentschrift.

Gründe

I.

Auf die am 15. Februar 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung 100 06 515.5 - 53 wurde das Patent mit der Bezeichnung

"Verfahren zum Einbau von Chips in Kartenkörper"

erteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 18. April 2002.

Gegen das (Streit-)Patent ist Einspruch eingelegt worden mit der Begründung, daß der Gegenstand des Patents aus in § 21 PatG genannten Gründen nicht patentfähig sei. Die Einsprechende macht diesbezüglich fehlende erfinderische Tätigkeit geltend.

Sie stützt ihren Einspruch auf die Druckschrift 1) EP 0 935 215 A2 und erwähnt pauschal die im Erteilungsverfahren genannten Druckschriften 2) DE 197 32 644 C1 3) DE 195 03 038 C1 4) DE 196 01 389 A1 5) US 4 737 620 6) WO 98/08 191 A1 7) JP-Abstr. 07 - 27 19 43.

Vom Senat wurde noch auf die Druckschrift 8) DE 197 21 918 A1 hingewiesen.

Die Einsprechende beantragt, das Streitpatent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Streitpatent in beschränktem Umfang aufrechtzuerhalten auf der Grundlage folgender Unterlagen:

Patentansprüche 1-15 und Beschreibung Spalten 1 und 2, beides überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2004, restliche Beschreibung und Zeichnungen gemäß der Patentschrift.

Der verteidigte Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

Verfahren zum Einbau eines integrierten Schaltkreises (IC) an bzw. in einem Grundkörper, insbesondere einem Kartenkörper (2), mittels eines kraftschlüssigen auf Haftkraft basierenden Verfahrens durch Ultraschall, dadurch gekennzeichnet, dass - eine der Kontaktflächen mit Erhebungen (18) versehen wird, so dass in die Täler (25) zwischen diesen Erhebungen (18) Material (118) der Erhebungen hineinverdrängt werden kann,

- das Verkleben bzw. Verschweißen durch Aufbringen von Ultraschallschwingungen erfolgt, und - dabei zunächst eine Beaufschlagung mit einer Schwingungsrichtung lotrecht zur Kartenebene erfolgt und anschließend in Schwingungsrichtung in der Kartenebene.

Wegen der auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 15 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Patentinhaberin hält das Streitpatent jedenfalls mit den verteidigten Patentansprüchen für rechtsbeständig.

II.

Der Einspruch ist form- und fristgerecht erhoben sowie nach Maßgabe des § 59 Abs. 1 S. 4 PatG begründet worden und folglich zulässig. Er hat in der Sache nur insoweit Erfolg, als er zur beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents führt.

1. Der verteidigte Anspruch 1 enthält Merkmale des erteilten Anspruchs 1 und der Beschreibung des Streitpatents Sp. 5. Z. 8-14 und Sp. 9, Z. 59-68. Anspruch 2 ist aus Sp. 5, Z. 29-35 der Beschreibung des Streitpatents entnommen. Die verteidigten weiteren Ansprüche 3 bis 15 entsprechen mit jeweils angepasster Rückbeziehung den erteilten Ansprüchen 2 bis 14.

Die Ansprüche 1 bis 15 sind demzufolge zulässig.

2. Das Streitpatent bezieht sich auf ein Verfahren zum Einbau eines integrierten Schaltkreises (IC) an bzw. in einem Grundkörper, insbesondere einem Kartenkörper (2), mittels eines kraftschlüssigen auf Haftkraft basierenden Verfahrens durch Ultraschall.

Die diesbezüglich im Anspruch 1 vermittelte technische Lehre lautet (mit ergänzter Gliederung) wie folgt:

Verfahren zum Einbau eines integrierten Schaltkreises (IC) an bzw. in einem Grundkörper, insbesondere einem Kartenkörper (2), 1a) mittels eines kraftschlüssigen auf Haftkraft basierenden Verfahrens durch Ultraschall, dadurch gekennzeichnet, dass 1b) eine der Kontaktflächen mit Erhebungen (18) versehen wird, 1b1) so dass in die Täler (25) zwischen diesen Erhebungen (18) Material (118) der Erhebungen hineinverdrängt werden kann, 1c) das Verkleben bzw. Verschweißen durch Aufbringen von Ultraschallschwingungen erfolgt, und 1c1) dabei zunächst eine Beaufschlagung mit einer Schwingungsrichtung lotrecht zur Kartenebene erfolgt und 1c2) anschließend in Schwingungsrichtung in der Kartenebene.

Dieses beanspruchte Verfahren ist patentfähig, da es bezüglich des im Einspruch genannten Standes der Technik 1) EP 0 935 215 A2 2) DE 197 32 644 C1 3) DE 195 03 038 C1 4) DE 196 01 389 A1 5) US 4 737 620 6) WO 98/08 191 A1 7) JP-Abstr. 07 - 27 19 43.

8) DE 197 21 918 A1 neu ist und auch auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

In D1 (EP 0 935 215 A2) wird ein Verfahren zur Verbindung eines auf einem Substrat 22 befestigten, integrierten Schaltkreises 23 mit einem Kartenkörper 10 beschrieben. Wie aus Fig. 3 iVm Fig. 2 und Sp. 5, Z. 42-57 ersichtlich, befinden sich auf der zum Kartenkörper 10 gehörenden Kontaktfläche 31 in Form eines Kammes ausgestaltete Erhebungen 34, wobei sich aufgrund dieser Formgebung zwischen den "Kammzinken" Täler ausbilden, in die beim mit Ultraschall durchgeführten Verklebe- bzw. Verschweißvorgang Material der Erhebungen hineinverdrängt wird (Sp. 5, Z. 58 bis Sp. 6, Z. 9; Sp. 7, Z. 39). Die Ultraschallbeaufschlagung erfolgt entsprechend Fig. 6 mit Sp. 6, Z. 30-41 mit einer Schwingungsrichtung lotrecht zur Kartenebene.

Im Unterschied zu diesem aus D1 bekannten Verfahren erfolgt beim Verfahren nach dem Anspruch 1 des Streitpatents der Einbau des integrierten Schaltkreises ohne zwischengeschaltetes Substrat. Diese Maßnahme vermag allerdings dem beanspruchten Verfahren noch keine erfinderische Qualität zu geben, da aus D8 (DE 197 21 918 A1) der Einbau eines IC-Bausteins 3 in einen Kartenkörper 1 ohne dazwischen befindliches Substrat bereits hervorgeht, vergl. insbes Fig. 1 mit Sp. 3, Z. 33-40.

Zum verteidigten Verfahren gehört jedoch entsprechend Merkmal 1c2) noch der Verfahrensschritt der Ultraschallbeaufschlagung mit einer Schwingungsrichtung in der Kartenebene. Eine solche Art der Ultraschallbeaufschlagung ist aus D1 weder bekannt noch nahegelegt.

In D8 wird zur Fixierung des substratlosen integrierten Schaltkreises im Kartenkörper Klebstoff oder Vergussmasse verwendet wird. Diese Druckschrift vermag somit zum Ultraschalleinsatz für Einbauverfahren nach der Gattung des Anspruchs 1 keine Anregungen zu geben.

Auch der weitere, im Einspruch herangezogene Stand der Technik vermag den Verfahrensschritt gemäß Merkmal 1c2) nicht nahezulegen.

Die nach den Druckschriften D2 (DE 197 32 644 C1) und D6 (WO 98/08191 A1) verwendeten Verbindungstechniken verweisen nur unspezifiziert auf den Einsatz von Ultraschall (D2: Sp. 3, Z. 68; D6: S. 20, Z. 29-35). Diesem Stand der Technik entnimmt der Fachmann somit lediglich den üblichen Einsatz von Ultraschall entsprechend Merkmal 1c1) mit einer Ultraschall-Schwingungsrichtung lotrecht zur Kartenebene.

In D3 (DE 195 03 038 C1), D4 (DE 196 01 389 A1) und D7 (JP-Abstr. 7 - 271943) werden übliche Klebetechniken (ohne Einsatz von Ultraschall) für die Verbindung von Chipmodul und Kartenteil beschrieben.

D5 US 4 737 620 zeigt eine Verbindungstechnik mit Höckern 130, 132 (vergl. Fig. 11), wobei der Aufheiz- und Verschweißvorgang mit einer elektrischen Vorrichtung (Fig. 7, Heizdraht 92; Sp. 5, Z. 34-37; Sp. 7, Z.18-23) erfolgt.

Folglich vermögen die angesprochenen Druckschriften weder einzeln noch bei verbindender Betrachtungsweise eine Anregung zu geben, das aus D1 bekannte Verfahren um den Verfahrensschritt 1c2) zu ergänzen, mit dem nach Sp. 5, Z. 23-28 der Streitpatentschrift der Vorteil eines verbesserten Fließprozesses des teigigen Materials der beteiligten Bauteile in Kartenhauptebene gefördert wird.

Das Verfahren nach Anspruch 1 ist folglich neu, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend und somit patentfähig.

4. Die Unteransprüche 2 bis 15 beinhalten nicht selbstverständliche Weiterbildungen des Verfahrens nach Anspruch 1. Die Gegenstände dieser Unteransprüche sind demnach in Verbindung mit Anspruch 1 ebenfalls patentfähig.

Bertl Dr. Schmitt Dr. Kraus Schuster Ko






BPatG:
Beschluss v. 27.01.2004
Az: 17 W (pat) 310/02


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