Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Juni 2000
Aktenzeichen: 25 W (pat) 210/99

(BPatG: Beschluss v. 15.06.2000, Az.: 25 W (pat) 210/99)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung Actimax soll nach einer Beschränkung des Warenverzeichnisses im Beschwerdeverfahren im Wege der Teillöschung ua noch für

"Pharmazeutische Erzeugnisse, ausgenommen Venentherapeutika und Hämorrhoidenmittel; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke/Gesundheitspflege; Diätetische Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke (zur Gesundheitspflege) auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination"

geschützt werden. Die Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke erfolgte am 30. Januar 1997.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der älteren, am 1. Juni 1976 für

"Arzneimittel, chemische Erzeugnisse für Heilzwecke und Gesundheitspflege, pharmazeutische Drogen und Zubereitungen, diätetische Nährmittel für therapeutische Zwecke"

eingetragenen Marke 945 116 ANTISTAX.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat erstmals im Verfahren vor der Markenstelle des Patentamts und nochmals im Beschwerdeverfahren die Benutzung der Widerspruchsmarke für alle Waren außer für "pflanzliche Venentherapeutika" bestritten. Die Widersprechende hat eine weitergehende Benutzung ihrer Marke nicht geltend gemacht.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß vom 13. April 1999 durch eine Beamtin des höheren Dienstes die Verwechslungsgefahr zwischen den Marken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen.

Nach der maßgeblichen Registerlage könnten - noch ausgehend von dem ursprünglichen Warenverzeichnis der angegriffenen Marke - die Marken zur Kennzeichnung gleicher Arzneimittel bzw diätetischer Erzeugnisse verwendet werden. Auch wendeten sich die Waren uneingeschränkt an Endverbraucher, so daß bei normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eher strenge Anforderungen an den zur Verneinung der Verwechslungsgefahr erforderlichen Markenabstand zu stellen seien, der hier jedoch eingehalten werde. Die auffälligen Abweichungen in der Konsonantenfolge sowie in den betonten Silben "Ak-" und "maks" gegenüber "AN-" und "-STAKS" träten so deutlich hervor, daß die Marken trotz der Übereinstimmungen in der Vokalfolge, Silbenzahl und im Sprech- und Betonungsrhythmus einen ausreichend verschiedenen Gesamteindruck vermittelten. Kollisionshemmend wirkten zudem die unterschiedlichen begrifflichen Anklänge in "-max" im Sinne von "Maximum" oder "Max" als Vorname und in "ANTI-" (griech. = gegen). In schriftbildlicher Hinsicht sorgten die unterschiedliche Anzahl und Plazierung der Oberlängen für hinreichend verschiedene Wortbilder.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag, den Beschluß der Markenstelle vom 13. April 1999 aufzuheben, die Verwechslungsgefahr zu bejahen und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Den mangels Festschreibung einer Rezeptpflicht in den Warenverzeichnissen an den zur Vermeidung der Verwechslungsgefahr zu stellenden strengen Anforderungen werde die jüngere Marke im Hinblick auf die Übereinstimmungen, denen die konsonantischen Unterschiede nicht ausreichend entgegenwirken würden, weder in klanglicher noch schriftbildlicher Hinsicht gerecht.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Marken könnten sich nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses der angegriffenen Marke und der beschränkten Nichtbenutzungseinrede nicht auf identischen Waren begegnen. Ferner wiesen die Marken aufgrund der abweichenden Konsonantenfolge deutliche Unterschiede im Klang, Schriftbild und Sinngehalt auf. Ergänzend verweist sie auf den angefochtenen Beschluß der Markenstelle.

Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Der nach § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG erhobene Widerspruch ist von der Markenstelle zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen worden. Es besteht auch nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke eine Benutzung der Widerspruchsmarke für "pflanzliche Venentherapeutika" anerkannt und die Widersprechende eine weitergehende Benutzung nicht geltend gemacht hat, ist auf Seiten der Widerspruchsmarke von diesen Waren auszugehen, §§ 158 Abs 3 Satz 1 und 2, 43 Abs 1 und 3 MarkenG. Dabei ist zugunsten der Widersprechenden nach ständiger Rechtsprechung (vgl BPatG GRUR 1980, 54 "Mastu"; GRUR 1995, 488 "APISOL/Aspisol" sowie zur rechtserhaltenden Benutzung im Rahmen des § 26 Abs 3 MarkenG BGH 1999, 164, 165 f "John Lobb" und zum Löschungsverfahren BGH GRUR 1994, 512, 514, 515 "Simmenthal" sowie GRUR 1990, 39 "TAURUS" mit Anmerkung von Heil) regelmäßig eine Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren der entsprechenden Hauptgruppe der Roten Liste (Hauptgruppe 83 der Roten Liste 2000 "Venentherapeutika") ganz allgemein, insbesondere ohne eine Beschränkung auf eine Rezeptpflicht, einen bestimmten Wirkstoff oder die stoffliche Zusammensetzung - wie hier auf lediglich "pflanzliche" Venentherapeutika - zu berücksichtigen.

Nachdem das Warenverzeichnis der angegriffenen Marke im Beschwerdeverfahren insbesondere durch Ausnahme von Venentherapeutika und Hämorrhoidenmittel beschränkt worden ist, kann - anders als bei der von der Markenstelle zu berücksichtigenden Warenlage - jedenfalls nicht mehr von identischen Waren ausgegangen werden. Dies wirkt sich in gewissem Umfang verwechslungsmindernd aus, auch wenn die Waren im übrigen - etwa im Bereich der "Thrombosemittel" - nach wie vor im durchaus engeren Ähnlichkeitsbereich liegen können. Da die Waren auch rezeptfrei erhältliche Arzneimittel umfassen können, sind Endverbraucher als Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen.

Bei seiner Entscheidung geht der Senat mangels anderweitiger Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus.

Unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände, insbesondere der nunmehr gegenüber der Situation vor der Markenstelle noch zugunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke veränderten Warenlage, reichen die Abweichungen der Markenwörter aus, um die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG in jeder Hinsicht hinreichend sicher auszuschließen.

In klanglicher Hinsicht stimmen die Marken bei einer Gliederung in "Actimax" und "Antistax" zwar hinsichtlich der Vokalfolge, Silbenzahl sowie im Sprech- und Betonungsrhythmus, im Anfangsvokal "A", in der Mittelsilbe "-ti-" sowie in den Lauten "-ax" am jeweiligen Wortende überein. Auch unter Berücksichtigung dieser Gemeinsamkeiten vermitteln die Marken jedoch schon aufgrund der markanten Unterschiede im Konsonantenaufbau einen hinreichend verschiedenen Gesamteindruck. Denn die jeweils an entsprechender Wortstelle stehenden Konsonanten, nämlich in der ersten Silbe das als "k" gesprochene "c" gegenüber "n" und die Anlaute der dritten Silbe "m" bzw "st", weisen einen markant unterschiedlichen Klangcharakter auf. Die Marken haben dadurch auch nur eine, nämlich die mittlere, von drei Sprechsilben gemeinsam. Dabei treten die genannten Abweichungen hier um so mehr hervor, als die beide Kennzeichen regelmäßig auf der ersten und dritten Silbe betont werden. Demgegenüber wird die Übereinstimmung in der jeweiligen Mittelsilbe "-ti-" in ihrer Bedeutung dadurch gemindert, daß sie sich im ohnehin weniger auffälligen Wortinneren befindet und die Betonung beider Marken gerade nicht auf diesem Wortteil liegt.

Beim schriftbildlichen Markenvergleich halten die Vergleichswörter in allen üblichen Wiedergabeformen ebenfalls einen ausreichenden Abstand ein. Die figürlichen Abweichungen zwischen den sich jeweils an vergleichbarer Wortstelle gegenüberstehenden Buchstaben "c" und "n" (bzw "C" und "N") in der Anfangssilbe sowie "m" und "st" (bzw "M" und "ST") am Anfang der Schlußsilben führen auch unter Berücksichtigung der Übereinstimmungen im übrigen zu einem nicht verwechselbaren Gesamteindruck. Bei einer Schreibweise der Markenwörter mit großem Anfangsbuchstaben und nachfolgender Kleinschreibung kommt durch die in der Schlußsilbe der Widerspruchsmarke enthaltene zusätzliche Oberlänge des "t" ein weiteres Unterscheidungsmerkmal hinzu. Hierbei ist noch zu berücksichtigen, daß das Schriftbild der Marken erfahrungsgemäß sehr viel besser eine ruhige oder auch wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende gesprochene Wort.

In beachtlichem Umfang tragen vorliegend auch die jeweils unterschiedlichen und für jedermann verständlichen Sinngehalte in den Bestandteilen "max" (männlicher Vorname oder auch iSv "maximum, maximal") der angegriffenen Marke und "AN-TI" (Vorsilbe iSv "gegen") der Widerspruchsmarke zur Unterscheidbarkeit der Marken bei (vgl auch BGH MarkenR 2000, 130, 132 - comtes/ComTel; GRUR 1992, 130, 132 - Bally/Ball).

Dabei ist zu beachten, daß ein rein zahlenmäßiges Übergewicht von übereinstimmenden Buchstaben jedenfalls nicht zwangsläufig dazu führt, daß die Verwechslungsgefahr stets oder auch nur häufig bejaht werden muß. Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit als einem der wesentlichen Elemente für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist der Gesamteindruck der Kollisionsmarken das maßgebliche Kriterium (vgl hierzu Althammer/Ströbele MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 68). Dieser Gesamteindruck kann - wie hier - durch wenige markante Abweichungen bereits ausreichend verschieden ausfallen.

Nach alledem war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

Kliems Knoll Brandt Pü






BPatG:
Beschluss v. 15.06.2000
Az: 25 W (pat) 210/99


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