Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 2. Mai 2002
Aktenzeichen: 1 K 6067/98

(VG Köln: Urteil v. 02.05.2002, Az.: 1 K 6067/98)

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit es die Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Der Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 1998 wird insoweit aufgehoben, als in ihm die Genehmigungspflicht des Entgelts für die Leistung Z.2 (Verbindungen zu Ansagediensten der Klägerin) festgestellt wird. Insoweit wird festgestellt, dass eine solche Genehmigungspflicht nicht besteht.

Im Óbrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu zwei Dritteln und die Beklagte zu einem Drittel.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicher-heitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision unter Óbergehung der Berufungsinstanz wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der E. und als solche Eigentümerin der von dieser aufgebauten Telekommunikationsnetze und der hierzu gehörigen technischen Einrichtungen.

Unter dem 17. April 1998 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Genehmigung der Entgelte optionaler und zusätzlicher Dienstleistungen, die anlässlich des Abschlusses von Interconnection-Verträgen vereinbart werden (unter anderem für die Leistungen O.8 - Verbindung zu T-Online, Z.1 - Verbindungen zu den Notrufabfragestellen, Z.2 - Verbindungen zu Ansagediensten der Klägerin). Die Antragstellung erfolgte, wie in dem Schreiben klargestellt wurde, rein vorsorglich, da die Klägerin der Auffassung war, dass die beantragten Entgelte nicht genehmigungspflichtig sind.

Mit weiterem Schreiben beantragte die Klägerin ferner, eine befristete Genehmigung für bestimmte Entgelte zu erteilen, die auf einer Mischkalkulation der Leistungen DTAG - B.1 und DTAG - O.2 basierten. Im Bezug auf die Leistungen O.1 bis O.5 und B.1/O.2 Mischkalkulation nahm sie ihren Antrag später zurück und beantragte, diesbezüglich die insoweit erteilten vorläufigen Genehmigungen zu verlängern.

Mit Bescheid vom 26. Juni 1998 genehmigte die Beklagte zunächst die Anwendung des Entgelts für die Leistung B.1 auf die Leistungen O.8, Z.1 und Z.2 bis zum 31. Dezember 1999 (Ziffer. 1 des Bescheides). Die vorläufige Genehmigung für die Leistungen O.1 bis O.5 und die Mischkalkulation B.1/O.2 wurde bis zum 1. September 1998 verlängert (Ziffer. 3a des Bescheides). Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Leistungen O.8, Z.1 und Z.2 seien nach § 39 1. Alternative TKG genehmigungsbedürftig. Diese - wesentlichen - Leistungen seien vom Begriff der Gewährung des Netzzugangs umfasst; auf die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 TKG komme es insoweit nicht an, weil § 39 TKG eine Rechtsfolgenverweisung enthalte. Die Genehmigung könne nur einzelvertragsbezogen erteilt werden, weil eine vom Einzelvertrag unabhängige Genehmigung in § 39 TKG nicht vorgesehen sei; insofern sei der Antrag der Klägerin umzudeuten gewesen.

Am 27. Juli 1998, einem Montag, hat die Klägerin Klage erhoben.

Die Klägerin hält die Klage für zulässig: Die Feststellung, dass auch die Entgelte für die Leistungen O.8, Z.1 und Z.2 genehmigungspflichtig seien, sei rechtswidrig und könne isoliert angefochten werden. Zulässig sei insoweit ein kombinierter Feststel- lungs- und Anfechtungsantrag. Die Feststellung treffe nicht zu. Die in Rede stehenden Verbindungsentgelte unterlägen nicht der Genehmigungspflicht nach §§ 39, 25 Abs. 1 TKG. Dies folge bereits aus dem Wortlaut des § 39 TKG, der die Regulierung der Entgelte in der hier allein in Betracht kommenden Alternative, nämlich für die Gewährung eines Netzzugangs nach § 35 Abs. 1 TKG, lediglich für die Einrichtung und die Zurverfügungstellung eines Anschlusses, nicht hingegen für die Verbindungsleistungen anordne, die über den Netzanschluss erbracht würden. Jede andere Betrachtungsweise würde zu einer sachlich nicht gerechtfertigten und damit unverhältnismäßigen Ausweitung der präventiven Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG führen, da über die Vorschrift des § 39 TKG auch grundsätzlich nicht genehmigungspflichtige Telekommunikationsdienstleistungen der Genehmigungspflicht unterfielen, solange sie nur über einen besonderen Netzzugang in Anspruch genommen würden. Der Anwendungsbereich des § 39 TKG sei deshalb von vornherein nur auf Entgelte für solche Leistungen beschränkt, die nicht Telekommunikationsdienstleistungen darstellten. Denn nur für diese Leistungen bedürfe es einer ergänzenden Regelung zu § 25 TKG. Für Telekommunika- tionsdienstleistungen wie die hier streitigen Verbindungsleistungen beinhalte § 39 TKG eine Rechtsgrundverweisung, mit der Folge, dass Telekommunika- tionsdienstleistungen allein nach den abschließenden Bestimmungen der § 25 Abs. 1 oder § 25 Abs. 2 TKG zu beurteilen seien. Eine Rechtsfolgenverweisung stelle § 39 TKG lediglich insoweit dar, als die Vorschrift die Regulierung - anders als § 25 Abs. 1, 2 TKG - unabhängig vom Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung anordne. Mangels Einschlägigkeit des § 25 Abs. 1 TKG - die von ihr - der Klägerin - erbrachten Verbindungsleistungen seien kein Sprachtelefondienst, weil ihre Leistung nicht in der Vermittlung eines Gespräches von einem Endgerät zu einem anderen Endgerät bestehe (vgl. § 3 Nr. 15 TKG) - unterlägen die streitigen Entgelte für Verbindungsleistungen der Expost-Regulierung nach § 25 Abs. 2 TKG. Überdies stehe ihr ein Anspruch zu, dass die beantragten Entgelte nicht einzelvertragsbezogen, sondern vom Einzelfall losgelöst genehmigt werden.

Die Klägerin hat zunächst beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 1998 (AZ:: BK 4a A 1130/E 17.04.98) insoweit teilweise aufzuheben, als in ihm die Genehmigungspflicht der Entgelte für die Leistungen O.8, Z.1 und Z.2 festgestellt wird, und insoweit festzustellen, dass eine solche Genehmigungspflicht nicht besteht,

2. den Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 1998 (AZ:: BK 4a A 1130/E 17.04.98) insoweit teilweise aufzuheben, als in ihm die Genehmigungspflicht der Entgelte für die Leistungen O.1 bis O.5 und die Mischkalkulation B.1/O.2 festgestellt wird, und insoweit festzustellen, dass eine solche Genehmi- gungspflicht nicht besteht,

3. hilfsweise, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheides vom 26. Juni 1998 zu verpflichten, die Genehmigung der Entgelte für die Leistungen O.8, Z.1 und Z.2 entsprechend dem Antrag der Klägerin nicht nur einzelvertragsbezogen zu erteilen.

Die Beteiligten haben den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Anträge 2. und 3. insgesamt und hinsichtlich des Antrags zu 1. insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt, als die Genehmigungspflicht der Leistung O.8 umstritten war.

Die Klägerin beantragt nunmehr nur noch,

den Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 1998 insoweit aufzuheben, als in ihm die Genehmigungspflicht der Entgelte für die Leistungen Z.1 und Z.2 festgestellt wird, und insoweit festzustellen, dass eine solche Genehmigungspflicht nicht besteht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich zunächst auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid und verweist auf die Rechtsprechung des Gerichts und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) zum Begriff der Entgelte für die Gewäh- rung des Netzzugangs sowie zur Genehmigungsmöglichkeit nur für Einzelverträge. Bei den Leistungen Z.1 und Z.2 handele es sich um Netzzugangsleistungen, weil nach ihrer Auffassung darunter alle über das Netz erbrachten Leistungen fielen. Auch erfüllten die Leistungen die Kriterien des unmittelbaren Zusammenhangs und der Erforderlichkeit für die Zusammenschaltung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug ge- nommen.

Gründe

In entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist das Verfahren einzustellen, soweit die Beteiligten es übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Die im Übrigen noch anhängige Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig.

Bei dem Bescheid vom 26. Juni 1998 handelt es sich zunächst auch um einen mit der Anfechtungsklage angreifbaren Verwaltungsakt. Zwar enthält dieser keine ausdrückliche tenormäßig festgelegte Feststellungsregelung. Seine schriftlichen Ausführungen enthalten aber in Abschnitt II. 1. a) "Genehmigungspflicht der Entgelte" die ausdrückliche Feststellung, dass es sich auch bei den Entgelten Z.1 und Z.2 um Leistungsentgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs handelt, die der Genehmigung gemäß §§ 39, 25 Abs. 1 TKG unterliegen. Vor dem Hintergrund, dass der Bescheid vom 26. Juni 1998 zudem mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist, ist diese Feststellung auch als verbindliche Regelung anzusehen. Die Anfechtung ist als isolierte Anfechtungsklage ausnahmsweise zulässig, weil der Bescheid vom 26. Juni 1998 mit seiner inzident erfolgten Feststellung, dass die genannten Entgelte der Exante-Regulierung nach dem TKG unterliegen, angesichts des gegenteiligen Rechtsstandpunktes der Klägerin eine eigenständige Beschwer enthält.

Die neben dem Anfechtungsantrag erhobene Feststellungsklage ist gleichfalls zulässig. Sie ist gegenüber der isolierten Anfechtung des feststellenden Bescheides vom 26. Juni 1998 nicht subsidiär (vgl. § 43 Abs. 2 VwGO), weil die Klägerin ihr mit dem Feststellungsantrag verfolgtes Ziel nicht ebenso mit der isolierten Anfechtungsklage erreichen kann. Dies folgt aus der nur beschränkten Reichweite der materiellen Rechtskraft eines auf eine Anfechtungsklage hin ergehenden Ur- teils,

vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 17. Januar 1972 - 1 C 33.68 -, Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 39, 247; Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand Januar 2001, § 121 Rdnr. 50, 59 ff.,

die lediglich die Rechtsbehauptung der Klägerin umfasst, durch die angefochtene Genehmigung in ihren Rechten verletzt zu sein. Die strittige Frage, ob die Entgelte der Vorabgenehmigung unterliegen, wäre dagegen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht Gegenstand der materiellen Rechtskraft eines nur auf eine Anfechtungsklage hin ergehenden Urteils.

Die Klägerin ist mit ihrem Begehren aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang erfolgreich. Die Feststellung ist rechtmäßig, weil die genannten Verbindungsentgelte der Genehmigungspflicht nach §§ 39, 25 Abs. 1 TKG unterliegen (a). Dagegen sind die Voraussetzungen für eine Genehmigungspflicht der Verbindungsleistung Z. 2 nicht gegeben (b). Insoweit war der Bescheid aufzuheben und die begehrte Feststellung auszusprechen.

Zur Frage der Auslegung des Begriffs der "Entgelte für die Gewährung eines Netzzugangs" und damit der Exante-Genehmigungspflicht nach der 1. Alt. des § 39 TKG hat das Gericht im Urteil vom 6. April 2000 im Verfahren 1 K 7606/97 ausgeführt:

"Eine vor allem am Sinn und Zweck der Exante-Entgeltregulierung orientierte Auslegung der Verweisungsvorschrift des § 39 TKG ergibt, dass § 39 TKG die Geltung der Entgeltregulierungsvorschriften in denjenigen Bereichen, in denen - wie hier im Festnetzbereich - die ehemalige Monopolstellung der Klägerin fortwirkt, für alle Leistungen anordnet, die wesentlich sind für die Gewährung eines (besonderen) Netzzugangs nach § 35 TKG. ... Sinn und Zweck der Vorabentgeltregulierung gebieten es, die Vorschrift des § 39 TKG dahingehend auszulegen, dass sie die Geltung der Entgeltgenehmigungsvorschriften für Netzzugänge und Zusammenschaltungen in denjenigen Bereichen anordnet, in denen das ehemalige Monopol der Klägerin fortwirkt. In denjenigen Bereichen, in denen eine Fortwirkung des ehemaligen Monopols der Klägerin dagegen nicht anzunehmen ist, unterliegen Entgelte im Zusammenhang mit der Gewährung eines besonderen Netzzugangs oder einer Zusammenschaltungsanordnung - wie der fehlende Verweis in § 39 TKG auf die §§ 25 Abs. 2, 30 Abs. 2 TKG belegt - keiner Entgeltregulierung,

vgl. BeckTKG/Piepenbrock, § 39 Rdnr. 7.

Hiervon ausgehend sind die hier in Rede stehenden Verbindungsentgelte nach §§ 39, 25 Abs. 1 TKG genehmigungsbedürftig. Sie sind Funktionen des Festnetzes der Klägerin. Für das Angebot von Festnetztelefonieleistungen für die Öffentlichkeit verfügte die Klägerin über eine Monopolstellung, die sich nach Einschätzung des Gesetzgebers - wie die Aufnahme der Übertragungswege der Lizenzklasse 3 in § 25 Abs. 1 TKG belegt - auch nur allmählich abschwächen wird. Die Regulierung gerade der Verbindungsentgelte ist wesentlich für die Herstellung eines durch die Entgeltregulierung bezweckten funktionierenden Wettbewerbs, weil Wettbewerber der Klägerin nur dann Endkundenprodukte zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten können, wenn sie ihrerseits als Nutzer von besonderen Netzzugängen Zugang zu Festnetzleistungen zu angemessenen, d.h. den Anforderungen von § 24 TKG genügenden Preisen erhalten.

Der Einwand der Klägerin, dass durch diese Auslegung des § 39 TKG der Anwendungsbereich der Vorabentgeltgenehmigung unverhältnismäßig ausgeweitet wird, greift nicht durch. Sachlich gerechtfertigt ist die Reichweite des Anwendungsbereichs des § 39 TKG aufgrund der aus der ehemaligen Monopolstellung resultierenden überragenden Marktmacht der Klägerin im Festnetzbereich. Zudem erfährt der Anwendungsbereich der Entgeltregulierung durch die hier vertretene Auslegung eine Einschränkung, da Zusammenschaltungsentgelte in anderen Bereichen als dem Angebot von Übertragungswegen und Sprachtelefondiensten im Rahmen der Lizenzklassen 3 und 4 keiner, noch nicht einmal der nachträglichen Regulierung nach §§ 25 Abs. 2 und § 30 Abs. 2 TKG unterliegen.

Sind somit die hier in Rede stehenden Verbindungsentgelte vom Anwendungsbereich des § 39 TKG umfasst, so gelten für sie aufgrund der Verweisung des § 39 TKG die Vorschriften über das Vorabentgeltregulierungsverfahren entsprechend, ohne dass es darauf ankommt, ob auf sie die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 TKG zutreffen. Denn die in § 39 TKG vorgenommene Verweisung beinhaltet keine Rechtsgrundverweisung auf die Entgeltregulierungsvorschriften, sondern ist im Sinne einer Rechtsfolgenverweisung zu verstehen. Dies folgt zunächst aus den o. g. Erwägungen zum Sinn und Zweck der Vorabentgeltregulierung, die es gebieten, das Entgelt jeder für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs wesentlichen Leistung der Exante-Regulierung zu unterstellen. In der Vorschrift des § 39 TKG kann ferner auch deshalb keine Rechtsgrundverweisung erblickt werden, weil im Falle ihrer Einordnung als Rechtsgrundverweisung das vom Gesetz- geber mit der Streichung der Voraussetzung der marktbeherrschenden Stellung in § 39 TKG verfolgte Ziel, die Entgeltregulierung auch auf Zusammenschaltungsentgelte nicht marktbeherrschender Unternehmen auszuweiten,

vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Post und Telekommunikation, BT-Drs. 13/4864, S. 26, 79; BeckTKG/ Piepenbrock, § 39 Rdnr. 1,

für alle im Rahmen einer Zusammenschaltungsanordnung nach § 37 TKG erbrachten Telekommunikationsdienstleistungen nicht realisiert werden könnte. Denn diese Telekommunikationsdienstleistungen wären wegen des in § 25 Abs. 1 TKG genannten Erfordernisses der Marktbeherrschung, sofern § 39 TKG - wie die Klägerin meint - als Rechtsgrundverweisung zu charakterisieren sein sollte, nur dann genehmigungsbedürftig, wenn sie von einem marktbeherrschenden Unternehmen erbracht würden. Für die Einstufung des § 39 TKG als Rechtsfolgenverweisung spricht letztlich auch der Wortlaut des § 39 TKG. Denn dass § 39 TKG die Bestimmungen der §§ 25 Abs. 2 und 30 Abs. 2 TKG über die Expost-Regulierung ausdrücklich von der Verweisung ausnimmt, macht deutlich, dass die entsprechende Anwendung der in Bezug genommenen Entgeltregulierungsvorschriften - nicht davon abhängt, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 oder § 25 Abs. 2 TKG vorliegen."

Daran hält das Gericht fest. Die Entscheidung wurde durch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) bestätigt und in dem die Berufung der Klägerin zurückweisenden Beschluss - 13 A 2940/00 - wurde dargelegt:

"Die vorgelegten Verbindungsentgelte unterliegen der Exante-Regulierung. Das ergibt sich aus § 39 Alt. 1 TKG, nach welchem für die Regulierung der Entgelte für die Gewährung eines Netzzugangs nach § 35 u. a. der § 25 Abs. 1 entsprechend gilt.

Der Senat versteht die Formulierung "Gewährung eines Netzzugangs nach § 35" dahin, dass sie sowohl die für die Verbindung der Netze erforderlichen Leistungen als auch die über das verbundene Netz typischerweise erbrachten und nennenswerten Leistungen umfasst. Dies folgt zum einen aus dem Begriff der Gewährung, dem nach dem Sprachgebrauch ein gewisses zeitliches Element im Sinne einer nicht nur einmaligen, momentanen, sondern dauerhaften Leistung zukommt - Beispiele hierfür sind die Gewährung von Versorgungsleistungen, von Asyl, von Auszeichnungen usw. -. Das bloße Verbinden von Netzen ist eher ein einmaliger Vorgang, der nach dem üblichen Sprachgebrauch schlicht mit Verbindung oder mit Herstellung der Verbindung von Netzen bezeichnet würde. Zum anderen kommt einem Netzzugang ein Zweck zu, nämlich die Ermöglichung des Zugriffs auf Funktionen des Netzes oder auf die hierüber erbrachten Leistungen (vgl. § 3 Nr. 9 TKG). Ein Zusammenführen zweier Netze, das diesen Zweck nicht zulässt, ist daher kein Netzzugang im Sinne des Telekommunikationsgesetzes. Ein Netz- zugang ist folglich erst dann - erfolgreich - gewährt, wenn mit der techni- schen Verbindung die Befugnis einhergeht, auf Funktionen des einen und des anderen Netzes oder auf die darüber erbrachten Telekommunikations- dienstleistungen Zugriff zu nehmen. Ein Zugang zum Netz, der nicht auch dauerhafte Nutzung der Netzfunktionen umfasst, macht keinen Sinn. Eine derartige Vorstellung kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.

Für die Interpretation, dass "die Gewährung eines Netzzugangs nach § 35" neben der Verbindungsherstellung auch den bereitgestellten Zugriff auf die Netzfunktionen und die über das Netz erbrachten Telekommunikationsdienstleistungen umfasst, spricht ferner die Stellung des § 39 TKG im Gesetz. Dieser ist im Vierten Teil des Telekommunikationsgesetzes, Offener Netzzugang und Zusammenschaltungen, angesiedelt, dem mit § 33 Abs. 1 TKG das allgemeine Diskriminierungs- und das Missbrauchsverbot an den Marktbeherrscher voransteht. Die Pflicht des Marktbeherrschers zur Gewährung von Netzzugang an Wettbewerber in § 35 TKG ist als eine spezielle Ausformung des allgemeinen Diskriminierungs- und Missbrauchsverbots zu verstehen. Zugang zum Netz ist aber dann erst effektiv und diskriminierungsfrei gewährt, wenn er auch den Zugriff auf die Leistungen des Netzes erlaubt. Das zwingt dazu, als Netzzugang neben der technischen Verbindung auch den Zugang zu den Leistungen des Netzes zu verstehen."

a) Vor diesem Hintergrund unterliegen die Entgelte für die zusätzliche Verbin- dungsleistung Z.1 der Genehmigungspflicht, weil es sich um "wesentliche" bzw. "typischerweise erbrachte und nennenswerte Leistungen" im Rahmen der Zusammenschaltung handelt.

Bei der Leistung Z.1 Verbindungen zu den Notrufabfragestellen stellt die Klägerin an den Orten der Zusammenschaltung (OdZ) vollautomatisch aufgebaute Verbindungen aus dem Telefonnetz des Interconnectionpartners zu den zwischen den Interconnectionpartnern und den Notrufträgern vertraglich vereinbarten Notrufabfragestellen her. Dabei handelt es sich um eine wesentliche Leistung im Rahmen der Gewährung des Netzzugangs, die zum Grundangebot gehört, die der Interconnectionpartner seinerseits den Endkunden anbieten muss. Denn insofern besteht nach § 13 TKG sogar die Verpflichtung, diese Dienstleistung den Endkunden zur Verfügung zu stellen. Daraus erhellt, dass der Gesetzgeber das Vorhandensein einer solchen Einrichtung als wesentlich angesehen hat. Nimmt man hinzu, dass der aus § 13 Abs. 1 TKG verpflichtete Anbieter diese Leistung dem Endkunden zudem unentgeltlich bereitstellen muss, so betont dies auch die Notwendigkeit einer vorab erfolgenden Kontrolle der Entgelthöhe. Anders als dies die Klägerin mit der Bezeichnung "Z" für Zusatzangebot zum Ausdruck bringen will, handelt es sich nach Auffassung des Gerichts eher um einen Bestandteil des Grundangebots und damit um eine "wesentliche" bzw. "nennenswerte und typischerweise erbrachte" Leistung im Sinne der Rechtsprechung im Rahmen der Gewährung des Netzzugangs nach § 39 1. Alt. TKG. Darauf dass der Interconnectionpartner diese Leistung auch ansonsten bei der Klägerin "einkaufen" kann, kommt es angesichts der dargelegten Rechtsprechung schon deswegen nicht an, weil die Gewährung des Netzzugangs über den reinen Akt der Zusammenschaltung hinausgeht.

Dass die weiteren Voraussetzungen des § 39, § 35 Abs. 1 TKG, an die das Gesetz die Genehmigungspflicht knüpft, gegeben sind, ist unter den Beteiligten nicht umstritten und bedarf daher keiner Darlegung.

b) Dagegen sind die Voraussetzungen, unter denen eine Genehmigungspflicht besteht, für die Leistung Z.2 nicht erfüllt.

Bei der Leistung Z.2 - Verbindungen zu Ansagediensten der Klägerin - stellt die Klägerin an den Orten der Zusammenschaltung vollautomatisch aufgebaute Verbindungen aus dem Telefonnetz des Interconnectionpartners zum von der Klägerin selbst angebotenen Ansagedienst unter bestimmten Nummern (beginnend mit 0115 und 0116) her. Die Leistung setzt sich aus der Verbindungsleistung und der Ansage zusammen. Über diese Dienste sind beispielsweise im Raum Köln und Bonn folgende Informationsdienste erreichbar: Aktuelles aus dem Gesundheitswesen, Ärztlicher Bereitschaftsdienst und dienstbereite Apotheken, Börse Inland und Ausland, Informationen der E. , Klassenlotterien, Kochrezepte, Kölsch- und Literaturtelefon, Pferdetoto und Rennsportergebnisse.

Diese Leistung ist nicht wesentlich oder nennenswert im Rahmen der Netzzugangsgewährung. Insofern sind nicht alle Verbindungsleistungen im Rahmen der Gewährung des Netzzugangs von der Genehmigungspflicht erfasst, wie die Beklagte meint. Darauf, ob der Kunde die Leistung typischerweise erwartet, kommt es nicht an. Kriterium ist vielmehr, ob ohne die betreffende Leistung die Bereitstellung des Netzzugangs für den Interconnectionpartner wirtschaftlich sinnlos wäre. Dies kann aber für die eine echte Zusatzleistung darstellende Verbindungsleistung Z.2 nicht festgestellt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, entsprach es unter den gegebenen Umständen billigem Ermessen i. S. v. § 161 Abs. 2 VwGO, die Kosten überwiegend der Klägerin aufzuerlegen, da das erledigende Ereignis in ihrer Sphäre angefallen ist, sie sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat und im Übrigen hinsichtlich der Frage der Genehmigungspflicht des Tarifs für die Leistung O.8 vieles für eine Einstufung als wesentliche Leistung und damit für die Bejahung der Genehmigungspflicht sprach.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 709 der Zivilprozessordnung.

Die Zulassung der Sprungrevision auf § 134 i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.






VG Köln:
Urteil v. 02.05.2002
Az: 1 K 6067/98


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/7c9383440eb0/VG-Koeln_Urteil_vom_2-Mai-2002_Az_1-K-6067-98




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share