Oberlandesgericht München:
Urteil vom 17. Juli 2008
Aktenzeichen: 6 U 2168/07

(OLG München: Urteil v. 17.07.2008, Az.: 6 U 2168/07)

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 13.12.2006 dahingehend abgeändert, dass festgestellt wird, dass die Urhebernutzungsrechte an den Übersetzungen der Werke von Tom C. Boyle "Worlds End" gemäß Vertrag vom 26.11.1987/16.12.1987, "If the River was Whiskey" gemäß Vertrag vom 30.08.1989/18.10.1989 und "The Tortilla Curtain € America" gemäß Vertrag vom 31.03.1995/20.04.1995 mit Ausnahme der jeweiligen Rechte auf die Veranstaltung einer Neuauflage einer Hardcoverausgabe nicht durch Rückruf oder Rücktritt des Beklagten an diesen zurückgefallen sind.

II. Hinsichtlich der jeweiligen Rechte auf die Veranstaltung einer Neuauflage einer Hardcoverausgabe wird die Klage abgewiesen.

III. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/3 und der Beklagte 2/3.

V. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

gemäß § 540 ZPO:

I.

Die Parteien streiten um die Rechtsinhaberschaft an Nutzungsrechten aus drei Übersetzungsverträgen bzw. um die Auswirkungen eines Rückrufs bzw. Rücktritts von diesen Verträgen.

Die Parteien schlossen am 26.11.1987/16.12.1987 einen Vertrag zur Übersetzung des Romans "Worlds End" von T. C. Boyle in die deutsche Sprache. Am 30.08.1989/18.10.1989 erfolgte zwischen den Parteien der Vertragsschluss für die Übersetzung des Romans "If the River was Whiskey" von T. C. Boyle und am 31.03.1995/20.04.1995 kam es zum Vertragsschluss der Parteien zur Übersetzung des Romans "The Tortilla Curtain € America" ebenfalls von dem Autor T. C. Boyle. Bezüglich der vertraglichen Ausgestaltung der Übersetzungsverträge im Einzelnen wird auf die Anlagen K 1 € K 3 sowie auf die Darstellung im Tatbestand auf den Seiten 3 ff. der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Die deutschsprachigen Verlagsrechte an dem Werk "Worlds End" hat der Autor der Klägerin für die Dauer des Urheberrechts an dem Werk eingeräumt. Gleiches erfolgte für die deutschsprachigen Verlagsrechte an "If the River was Whiskey". Die deutschsprachigen Verlagsrechte an "The Tortilla Curtain € America" wurden der Klägerin vom Autor bis zum 17.02.2012 eingeräumt.

Der Beklagte übersetzte die Romane und stellte seine Übersetzung der Klägerin zur Verfügung. Die Klägerin veröffentlichte die Übersetzungen zunächst in einer sog. Hardcoverausgabe, wobei die Übersetzung von "Worlds End" von 1989 bis 1999, die Übersetzung von "If the River was Whiskey" von 1991 € 1999 und die Übersetzung von "The Tortilla Curtain € America" von 1996 bis 2002 als Hardcover lieferbar waren. Anschließend wurden die streitgegenständlichen Übersetzungen in Lizenz vom Deutschen Taschenbuchverlag als Taschenbücher herausgegeben. Sämtliche Werke sind heute noch lieferbar.

Ab dem 30.01.2004 entwickelte sich zwischen den Parteien ein teils mit Schreiben, teils mit E-Mail geführter Schriftwechsel zur Frage der Rechtsinhaberschaft an den Nutzungsrechten der Übersetzungen. Insoweit wird auf das Schreiben des Beklagten vom 30.01.2004 (Anlage B 1), auf seine E-Mails vom 18.05.2004 und 07.07.2004 (Anlagen K 4 und K 5) sowie auf das E-Mail-Schreiben der Klägerin vom 30.01.2004 (Anlage B 2) Bezug genommen. Mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 12.07.2005 (Anlage K 6) ließ der Beklagte die Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Übersetzungen zurückrufen und den Rücktritt vom Verlagsvertrag erklären.

Mit Schreiben vom 19.08.2005 (Anlage K 7) und 21.10.2005 (Anlage K 10) wandte sich der Beklagte an Lizenznehmerinnen der Klägerin (u. a. Brigitte Edition) und teilte diesen mit, dass die Rechte an den Übersetzungen wieder ihm zustünden. Hinsichtlich der Lizenznehmerin Brigitte Edition bezog sich diese Mitteilung auf den Roman "America".

Die Klägerin war in erster Instanz der Auffassung, dass dem Beklagten weder Rückrufs- noch Kündigungs- oder Rücktrittsrechte zustünden.

Sie beantragte daher

festzustellen, dass die Urhebernutzungsrechte an der Übersetzung des Beklagten der Werke von Tom C. Boyle "Worlds End", "If the River was Whiskey/Wenn der Fluss voll Whiskey wäre" sowie "The Tortilla Curtain/America" nicht durch Rückruf oder Rücktritt an den Beklagten zurückgefallen sind.

Der Beklagte beantragte

die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet, abzuweisen.

Unter Rüge der Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes war der Beklagte zunächst der Auffassung, mit der Klage seien lediglich Vorfragen eines Rechtsverhältnisses zum Gegenstand einer Klage gemacht worden. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet, denn die Rechte an den streitgegenständlichen Übersetzungen stünden dem Beklagten zu.

Bezüglich des weiteren streitigen und unstreitigen Sachverhalts in erster Instanz sowie der Rechtsansichten der Parteien wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Am 29.03.2006 fand vor der Kammer des Landgerichts in der Besetzung mit drei Berufsrichtern ein Termin statt, der in der Ladungsverfügung vom 28.11.2005 als früher erster Termin bestimmt war. In diesem Termin wurden von den Parteien keine Anträge gestellt. Noch im Termin wurde dem Übergang ins schriftliche Verfahren durch die Parteien zugestimmt und als maßgeblicher Zeitpunkt im Sinne von § 128 Abs. 2 ZPO der 31.05.2006 bestimmt. Am 21.06.2006 wurde der Verkündungstermin in diesem schriftlichen Verfahren vom 21.06.2006 auf den 26.07.2006 verlegt und erneut die Zustimmung der Parteien zum schriftlichen Verfahren erbeten. Diese Zustimmung erfolgte jedoch nur durch eine Partei. Am 26.07.2006 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen und durch diesen neuer Termin auf den 23.08.2006 bestimmt. Nach zweimaliger Terminsverlegung wurde sodann nach Durchführung des Termins vom 11.10.2006 die Entscheidung durch den Einzelrichter getroffen.

Mit Endurteil vom 13.12.2006 sprach das Landgericht München I die beantragte Feststellung aus. Zur Begründung führt das erstinstanzliche Gericht unter Annahme seiner Zuständigkeit und der Bejahung eines Feststellungsinteresses aus, die Klage sei begründet, da die Urhebernutzungsrechte an den streitgegenständlichen Übersetzungen des Beklagten nicht durch Rückruf oder Rücktritt an ihn zurückgefallen seien. Der Beklagte habe der Klägerin die Nutzungsrechte an der Übersetzung des Romans "Worlds End" ausschließlich sowie inhaltlich und zeitlich unbeschränkt eingeräumt. Zwar habe er am 12.07.2005 die Nutzungsrechte an dieser Übersetzung zurückgerufen und den Rücktritt vom Verlagsvertrag erklärt, dem Beklagten habe allerdings weder ein Rückrufsrecht noch ein Rücktrittsrecht zugestanden. Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs Oceano Mare (BGH GRUR 2005, 148) könne sich der Beklagte nicht auf ein Rücktrittsrecht nach § 17 VerlG berufen. Dem Beklagten stünde auch kein Rückrufsrecht nach § 41 UrhG zu. Soweit der Beklagte der Klägerin vorwerfe, keine neue Hardcoverausgabe des Werks herausgebracht zu haben, sondern sich nach dem Abverkauf der Hardcoverausgabe allein mit der lizenzierten Taschenbuchausgabe begnügt zu haben, treffe dieser Vorwurf die Klägerin zu Unrecht, denn die Klägerin sei zu einer weiteren Hardcoverausgabe nicht verpflichtet gewesen. Die Klägerin habe die Übersetzung ohne weiteres dadurch ausreichend verwertet, dass sie das Werk als Taschenbuchausgabe einem Taschenbuchverlag lizenziert habe.

Die Klägerin habe sich gegenüber dem Beklagten in der E-Mail vom 30.06.2004 (Anlage B 2) auch nicht rechtsgeschäftlich zu einer Neuauflage einer Hardcoverausgabe verpflichtet. Insoweit habe es ihr jedenfalls an einem Rechtsbindungswillen gefehlt. Andere Rückrufs-, Kündigungs- oder Rücktrittsrechte des Beklagten aus Gesetz oder Vertrag seien nicht ersichtlich. Diese Ausführungen zur Übersetzung des Romans "Worlds End" von T. C. Boyle seien im Ergebnis gleichermaßen für den Rückruf der Rechte und den Rücktritt von den Verlagsverträgen für die Übersetzungen der Romane "If the River was Whiskey" und "The Tortilla Curtain" anzuwenden.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerechte Berufung des Beklagten, mit der dieser unter Vertiefung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vortrags zunächst rügt, dass die Entscheidung des Landgerichts München I fehlerhaft durch einen Einzelrichter ergangen sei. Sodann ist der Beklagte auch in zweiter Instanz der Auffassung, dass er von den Verlagsverträgen wirksam gemäß § 17 VerlG zurückgetreten sei. Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs Oceano Mare (a. a. O.) könne nicht hergeleitet werden, dass der Beklagte in seinen Rechten aus § 17 VerlG eingeschränkt sei. Jeder Urheber könne die Rechte unabhängig voneinander zurückverlangen.

Bei Beurteilung der gegenseitigen Interessenlage sei der klägerische Verlag grundsätzlich zur Auswertung verpflichtet. Mache der Verlag von der freien Entscheidung Gebrauch, keine weitere Auflage zu veranstalten, könne der Urheber seine Rechte zurückverlangen. Die Neuauflage durch Lizenzierung an einen Dritten sei jedenfalls nicht als ausreichend anzusehen. Die Lizenzvergabe als Taschenbuch sei die Ausübung eines Nebenrechts. Taschenbuch und Hardcoverausgabe stellten eigene Nutzungsarten nach § 31 UrhG dar. Unter Zugrundelegung wirtschaftlicher Erwägungen stünde dem Beklagten bei eigener Auswertung mit einer neuen Auflage mehr an Vergütung zu. Mit dem Rechterückfall fielen auch die Lizenzrechte an den Beklagten zurück. § 9 des Verlagsgesetzes stelle insoweit eine Durchbrechung des Abstraktionsprinzips dar. Jedenfalls nach Gemeinfreiheit des Autorenwerks könne der Übersetzer seine Rechte selbst vermarkten. § 17 VerlG stelle auch nicht auf die Verwertungsmöglichkeit ab.

Das Landgericht habe sich unzutreffender Weise nicht mit den Einzelverträgen auseinandergesetzt. So ergebe sich die Verpflichtung zur Vervielfältigung und Verbreitung hinsichtlich des Werks "America" unmittelbar aus § 3 des Vertrages.

Darüber hinaus beruft sich der Beklagte auch in der Berufungsinstanz auf § 41 UrhG als Rücktrittsvorschrift. Insoweit wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 04.04.2007 auf Seiten 12 ff. (Blatt 174 ff. d. A.) Bezug genommen.

Schließlich hält der Beklagte auch in der Berufungsinstanz daran fest, dass sich aus dem E-mail-Schreiben vom 30.06.2004 gemäß Anlage B 2 eine Verpflichtung der Klägerin ergebe, eine Neuauflage herauszubringen. Der Verstoß gegen ihre Zusage in diesem Schreiben wirke sich auf die Zumutbarkeitsprüfung im Rahmen des § 41 UrhG aus und begründe darüber hinaus ein Rücktrittsrecht nach §§ 32, 30 VerlG. Schließlich sei der Beklagte auch zum Rücktritt nach § 323 BGB berechtigt.

In den einzelnen Verträgen sei das Recht auf Folgeauflagen insbesondere hinsichtlich der Werke "Worlds End" und "If the River was Whiskey" nicht eingeräumt worden. Zwar sei dies bei "America" der Fall, insoweit seien die Rechte jedoch durch den Rücktritt zurückgefallen. Im Hinblick auf das Werk "America" sei auch das vertragliche Rücktrittsrecht nach § 5 der vertraglichen Vereinbarung zu berücksichtigen.

Schließlich stellten die vertraglichen Bestimmungen allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin dar, die nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Beklagten führen dürften.

Der Beklagte beantragt:

1. Das Endurteil des Landgerichts München I vom 13.12.2006 wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt:

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Unter Verteidigung der erstinstanzlichen Entscheidung hält die Klägerin im Berufungsverfahren daran fest, dass sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs Oceano Mare ergebe, dass § 17 VerlG nicht taugliche Grundlage einer Kündigung oder eines Rücktritts bzw. eines Rückfalls der Rechte zu Gunsten des Beklagten sein könne. Hintergrund des gesamten Rechtsstreits seien allein wirtschaftliche Erwägungen des Beklagten. Entgegen seinem Vortrag stünden diesem auch keine Verwertungsmöglichkeiten bei einem Rechterückfall zu, da er nicht über die Autorenlizenz verfüge. Der Beklagte könne sich auch nicht auf § 41 des Urheberrechtsgesetzes als Rücktrittsgrund berufen, denn die Grundsätze der Oceano Mare-Entscheidung zu § 17 VerlG seien auf diese Regelung übertragbar. Hinsichtlich der Ausführungen zu § 41 des Urheberrechtsgesetzes wird auf den Schriftsatz vom 01.10.2007 Seiten 11 ff. (Blatt 204 ff. d. A.) verwiesen.

Der Beklagte könne sich auch nicht auf eine vermeintliche Zusicherung der Veranstaltung einer Neuauflage im Hinblick auf das E-mail-Schreiben vom 30.04.2004 gemäß Anlage B 2 berufen, denn zum einen sei der dort Erklärende für die Erklärung nicht bevollmächtigt gewesen, zum anderen sei ein Rechtsbindungswille dahingehend, eine Neuauflage zu veranstalten, dem Schreiben nicht zu entnehmen.

Für das Werk "America" sei die Rechteeinräumung in § 4 Ziffer 1 des maßgeblichen Vertrags erfolgt. Dem Beklagten stünde auch bei einem Rechterückfall keine Verwertungsmöglichkeit zur Seite. Aus den vertraglichen Regelungen gemäß Anlagen K 1 und K 2 sei zu folgern, dass die Rechte auch für weitere Auflagen eingeräumt seien, denn die Parteien seien hiervon ausgegangen. Der Beklagte habe sich nicht gegen weitere Auflagen gewandt. Im Übrigen sei § 5 des Verlagsgesetzes nicht anwendbar, da es sich um sog. Bestellverträge handele.

Der Senat hat den Parteien unter dem 01.06.2007 Hinweise gemäß § 139 ZPO erteilt. Die Parteien haben sich zu den Hinweisen geäußert.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet, denn die Klage ist zwar zulässig, allerdings nur zum Teil begründet. Das landgerichtliche Urteil war hinsichtlich der Rechte auf die Veranstaltung einer Neuauflage einer Hardcoverausgabe abzuändern, denn diese stehen dem Beklagten zu.

A

Die landgerichtliche Entscheidung wurde nicht unter Verstoß gegen die Regeln über den gesetzlichen Richter getroffen.

Gemäß § 348 Abs. 1 Nr. 2 i ZPO war für die Entscheidung in der ersten Instanz grundsätzlich die Kammer in ihrer vollständigen Besetzung zuständig.

Am 29.03.2006 fand vor der Kammer ein Termin statt, der als früher erster Termin bezeichnet worden war und in dem keine Antragstellung durch die Parteien erfolgte, sondern vielmehr in das schriftliche Verfahren übergegangen wurde. Als maßgeblicher Zeitpunkt im Sinne von § 128 Abs. 2 ZPO wurde der 31.05.2006 bestimmt. Dieses schriftliche Verfahren wurde jedoch nicht zu Ende durchgeführt, denn am 21.06.2006 wurde der festgelegte Verkündungstermin durch die Kammer verlegt und erneut ein Ersuchen an die Parteien gerichtet, einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zuzustimmen. Da diese Zustimmung nur von einer Partei erfolgte, war das schriftliche Verfahren somit nicht durchgeführt worden und ein Haupttermin im Sinne von § 348 a Abs. 1 Nr. 3 ZPO hat damit vor der Kammer nicht stattgefunden.

Die am 26.07.2006 erfolgte Einzelrichterübertragung ist damit nicht zu beanstanden, jedenfalls stellt sie sich aber nicht als willkürlich dar, so dass gemäß § 348 a Abs. 3 ZPO die Berufung des Beklagten hierauf nicht erfolgreich gestützt werden kann (Zöller-Greger, ZPO, Kommentar, 26. Auflage, § 348 a Rd. 12).

B

Die Klage ist zulässig.

Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der Klägerin ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO zur Seite, da der Beklagte sich gegenüber Dritten, die mit der Klägerin aufgrund von Lizenzverträgen vertraglich verbunden sind, entsprechender Rechte berühmt. Ob der Klägerin tatsächlich die Rechte zustehen, ist eine Frage der Begründetheit und im Rahmen der Zulässigkeit nicht abschließend zu entscheiden.

C

Die Klage ist nur teilweise begründet, denn das zwischen den Parteien umstrittene "Hardcover-Recht" wurde vom Beklagten an die Klägerin für die Folgeauflagen entweder nicht übertragen oder ist durch Rückruf gemäß § 17 VerlG an diesen zurückgefallen.

1. Dem Beklagten steht das Hardcover-Recht hinsichtlich des Übersetzungsvertrags "Worlds End" zu. Die Klage mit entgegen gesetztem Feststellungsbegehren ist daher insoweit unbegründet.

a) Der Beklagte hat gemäß § 3 des hier maßgeblichen Vertrags vom 26.11.1987/16.12.1987 (Anlage K 1) der Klägerin in § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz, das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung an der Übersetzung eingeräumt. Daneben wurden in Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz alle Nebenrechte, insbesondere das Recht der Lizenzvergabe zum Taschenbuch an die Klägerin übertragen.

aa. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich insoweit um einen echten Verlagsvertrag und nicht um einen sog. Bestellvertrag.

Ausgehend von der "Oceano Mare"-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2005, 148) ist bei der Abgrenzung zwischen Verlagsvertrag und Bestellvertrag maßgeblich auf die Auswertungspflicht des Verlegers abzustellen. Zwar spricht der Umstand, dass der Beklagte der Klägerin umfassende Nutzungsrechte eingeräumt hat, nach den Prämissen des Bundesgerichtshofs weder für noch gegen eine Auswertungspflicht. Wie jedoch auch in dem € der genannten Entscheidung zu Grunde liegenden € Fall ist auch dem hier maßgeblichen Übersetzungsvertrag keine klare Aussage zur Auswertungspflicht des Verlegers zu entnehmen. Unter diesen Umständen muss angesichts des Umstandes, dass es sich um einen Formularvertrag der Klägerin handelt, auf die Regelungen des AGB-Gesetzes zurückgegriffen werden. Nach der damals geltenden Regelung des § 5 AGBG (= § 305 c Abs. 2 BGB n. F.) gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin die bestehende Unklarheit, ob sie mit dem in Rede stehenden Übersetzungsvertrag eine Auswertungspflicht übernommen hat, in der Weise gegen sich gelten lassen muss, dass von einer solchen Verpflichtung auszugehen ist.

bb. Die Rechte für die Folgeauflagen sind im Vertrag nicht geregelt.

Damit greift die grundsätzliche Regelung in § 5 VerlG ein. Nach dieser Bestimmung ist der Verleger grundsätzlich nur zu einer Auflage berechtigt. Nur wenn ihm das Recht zur Veranstaltung mehrerer Auflagen eingeräumt ist, gelten im Zweifel für jede neue Auflage die gleichen Abreden, wie sie für die vorhergehende Auflage gegolten haben. Auch die im Urheberrecht vorherrschende Zweckübertragungslehre (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, Kommentar, 2. Auflage, § 31 Rd. 110 ff.) lässt aus Sicht des Senats keinen Zweifel zu, dass der Klägerin das Recht für Folgeauflagen durch den Beklagten nicht eingeräumt worden war. Schließlich zeigt auch die Aufnahme von Folgeauflagen in dem Vertrag gemäß Anlage K 3 (dort § 4), dass jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt das Recht zur Veranstaltung von Folgeauflagen der Klägerin von Seiten des Beklagten nicht eingeräumt worden war.

Zwar hat die Klägerin zu Recht darauf hingewiesen, dass der Beklagte einer weiteren Hardcoverauflage hinsichtlich des Werkes "Worlds End" nicht widersprochen hat, dies hat jedoch nicht zur Folge, dass der Beklagte insofern eine Rechteeinräumung vorgenommen hat, sondern er hat allenfalls die Rechtenutzung durch die Klägerin geduldet.

Die Frage, ob der Vertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten wegen § 11 UrhG nichtig ist, wie von dem Beklagten angedeutet, kann aus Sicht des Senats dahinstehen.

Da der Beklagte somit das Recht auf Folgeauflagen der Klägerin nicht eingeräumt hat, bedurfte es insoweit weder eines Rückrufs oder eines Rücktritts nach § 17 bzw. § 41 des Urheberrechtsgesetzes noch der Ausübung eines Rücktrittsrechts nach §§ 30, 32 VerlG bzw. 323 BGB, denn der Beklagte war insoweit (wieder) Rechteinhaber.

b) Die Ausübung des Rückrufs bzw. Rücktritts nach § 17 VerlG durch den Beklagten im Schreiben vom 12.07.2005 (Anlage K 6) hat zwar vom Wortlaut her sämtliche Rechte an der Übersetzung erfasst, da der Beklagte den Rücktritt bzw. den Rückfall seiner Rechte jedoch ausschließlich damit begründet, dass die Klägerin keine Neuauflage einer sog. Hardcoverausgabe vorgenommen habe, konnte sich ein allfälliges Gestaltungsrecht auch nur auf einen Verstoß gegen eine dahingehende vertragliche Verpflichtung auswirken und nicht einen Rückfall weiterer oder gar aller Rechte zur Folge haben.

Aus Sicht des Senats ist dabei streng zwischen den einzelnen Nutzungsrechten zu unterscheiden, denn selbst wenn die Klägerin zu einer Neuauflage verpflichtet gewesen sein sollte, was im Hinblick darauf, dass ihr ein entsprechendes Recht gar nicht eingeräumt war, fraglich ist, konnte der Beklagte jedenfalls insoweit nicht zurücktreten bzw. widerrufen, als Nebenrechte vermeintlich nicht ausgeübt wurden, denn der Beklagte selbst begründet seinen Rückruf ausschließlich mit der Nichtdurchführung einer Folgeauflage hinsichtlich des Hardcover-Rechts. Dies hat zur Folge, dass dem Beklagten selbst durch einen Rückruf nach § 17 VerlG bzw. § 41 UrhG auch nur dieses Recht, wenn es denn übertragen worden wäre, hätte zurückfallen können. Dieser Teilwiderruf wird in Rechtsprechung und Lehre auch für rechtlich zulässig gehalten (Dreier/Schulze, a. a. O., § 41 Rn. 10 und Schricker, VerlG, Kommentar, 3. Aufl., § 32 Rn. 9).

c) Ein Rückruf nach § 41 des Urheberrechtsgesetzes scheitert daher aus den gleichen rechtlichen Überlegungen und kann ebenfalls nur zu einem Teilwiderruf des Hardcover-Rechts führen.

d) Soweit der Beklagte sich auf ein umfassendes Rücktrittsrecht nach §§ 30, 32 VerlG i. V. m. dem Schreiben vom 30.06.2004 (Anlage B 2) beruft, vermag der Senat, wie bereits das Landgericht, dieser Auffassung nicht zu folgen.

Zwar hat der Beklagte in seinem Rücktrittsschreiben vom 12.07.2005 ausdrücklich auf diese Bestimmungen Bezug genommen, mit dem Landgericht ist der Senat jedoch der Ansicht, dass sich aus dem E-mail-Schreiben vom 30.06.2004 ein entsprechender Rechtsbindungswille der Klägerin für die Zusage einer Neuauflage der Hardcoverausgabe nicht entnehmen lässt. Nach dem E-Mail-Schreiben des Beklagten vom 07.07.2004 (Anlage K 5) ist der Beklagte ganz offensichtlich von einer solchen rechtsbindenden Zusage auch selbst nicht ausgegangen, da er sie als bloße Absichtserklärung verstanden hat. Sind sich jedoch beide Parteien darüber einig, dass eine rechtsbindende Erklärung zur Veranstaltung einer Neuauflage nicht vorgelegen hat, kann hieraus auch kein Verstoß wegen Missachtung einer solchen Zusage hergeleitet werden.

Aus den gleichen Gründen scheidet somit auch ein Rückfall bzw. Rücktritt der Rechte nach § 323 BGB aus.

Da das Recht der Klägerin zu Folgeauflagen bezüglich der Hardcover-Rechte nicht eingeräumt war, war ihre Rechteinräumung insoweit mit Veranstaltung der ersten Auflage erschöpft und der Beklagte ist (wieder) Rechteinhaber des sog. Hardcover-Rechts.

2. Der Beklagte ist Inhaber der Hardcover-Rechte an der Übersetzung "If the River was Whiskey". Auch insoweit ist die Klage unbegründet.

a) Der Beklagte hat in § 3 Abs. 1 und 2 Abs. 2 Satz 1 des Vertrags vom 30.08.1989/18.10.1989 (Anlage K 2) der Klägerin umfassend die Rechte an der Übersetzung zur Nutzung übertragen. Diese Übertragung erfolgte für die Dauer des der Übersetzung zugrundeliegenden Lizenzvertrages. Hinsichtlich der Frage, ob insoweit ein Bestell- oder Verlagsvertrag vorliegt, wird auf die Ausführungen oben unter 1. a) verwiesen. Maßgeblich ist somit auch hier die Regelung des § 5 VerlG, so dass die Klägerin grundsätzlich nur zur Veranstaltung einer Auflage berechtigt war. Ob und inwieweit der Beklagte Folgeauflagen geduldet hat, kann im vorliegenden Fall dahinstehen, da, wie oben ausgeführt, sich hieraus keine Rechteübertragung durch den Beklagten an die Klägerin ergibt. Hinsichtlich der Regelung des § 11 UrhG und einer vermeintlichen Nichtigkeit wegen Mehrübertragung wird ebenfalls auf die Ausführungen oben unter 1. verwiesen.

b) Für die Ausübung und den Umfang des Rückrufs bzw. des Rücktritts nach § 17 VerlG bzw. § 41 UrhG sowie §§ 30, 32 VerlG und § 323 BGB wird ebenfalls auf die Ausführungen oben unter Nr. 1 b), c) und d) verwiesen.

c) Es bleibt daher festzustellen, dass der Beklagte auch insoweit (wieder) Rechteinhaber an den Hardcover-Rechten geworden ist.

Auf die Frage, inwieweit § 17 VerlG in § 9 der Anlage K 2 ausgeschlossen wurde, kommt es für den Fall nicht mehr entscheidungserheblich an, wenngleich der Senat aufgrund der Umstände, zunächst der Streichung und der sodann wieder geänderten Streichung davon ausgeht, dass die Rechte aus § 17 des Verlagsgesetzes durch § 9 der Anlage K 2 ausgeschlossen sein sollten. Insoweit kann es nicht zur Anwendbarkeit der AGB- Unklarheitenregel kommen, weil die Regelung individuell vereinbart ist und auch eine Unklarheit insoweit

bb) Jedenfalls liegen die Voraussetzungen des § 5 nicht vor, weil diese Bestimmung, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, allenfalls die Erstverwertung betrifft und nicht sog. Folgeverwertungen. Dies ergibt sich aus dem Sinnzusammenhang mit den in der Vorschrift genannten Regelungen der §§ 2 Abs. 6 und 3 Abs. 1 des Vertrags. Auch die Wartefrist nach § 5 i. V. m. § 7 der vertraglichen Regelung kommt somit nicht zum Tragen.

d) Dem Beklagten stand jedoch ein Rücktrittsrecht nach § 17 VerlG zu.

aa) Der Beklagte hat in seiner Rücktrittserklärung ausdrücklich auf diese Regelung Bezug genommen.

bb) § 17 wurde in den vertraglichen Vereinbarungen nicht ausgeschlossen, denn eine entsprechende Regelung wie in § 9 der Anlage K 2 ist im Vertrag gemäß Anlage K 3 nicht enthalten.

cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist § 17 VerlG im vorliegenden Fall anwendbar.

Der Bundesgerichtshof hat in der Oceano Mare-Entscheidung (dort Rn. 59 und 60) ausgeführt, dass die Regelung in § 17 Abs. 1 VerlG (gemeint wohl Satz 1) isoliert auf den Übersetzungsvertrag angewandt, unangemessen sei, denn der Übersetzer könne seine Übersetzung nur dann einer anderen Verwertung zuführen, wenn der Verleger auch das Original freigebe. Der Senat schließt hieraus aber nicht, dass in der Oceano Mare-Entscheidung die Rechte des Übersetzers eingeschränkt werden sollten, sondern es ist vielmehr anzunehmen, dass aufgrund der dort gegebenen besonderen Fallkonstellation der dortigen Interessenlage entsprechend Rechnung getragen werden sollte. Bei dieser Entscheidung handelte es sich nämlich um eine gänzlich andere Fallgestaltung, bei welcher der Verleger sich weigerte, die Übersetzung für eine Neuauflage zu verwenden, ein Umstand der vom Bundesgerichtshof beanstandet wurde.

Damit stellt sich allenfalls die Frage, ob die in Rn. 60 der BGH-Entscheidung aufgestellte Prämisse, dass § 17 VerlG auf den Übersetzungsvertrag nicht passt, auf den vorliegenden Fall jedenfalls dann zu übertragen ist, wenn der Übersetzer seine Übersetzung keiner anderen Verwertung zuführen kann, also diese Prämisse dann Geltung beanspruchen soll, wenn der Beklagte nicht neu verwerten kann. Dies ist zu verneinen.

Der Beklagte hat vorgetragen, dass er eine Verwertungsmöglichkeit auch im konkreten Fall sehe. Ob dies tatsächlich der Fall ist, kann jedoch dahinstehen, denn eine entsprechende Einschränkung zu Lasten des Übersetzers kann der Oceano Mare-Entscheidung nicht entnommen werden. Wie bereits oben ausgeführt, soll diese Entscheidung die Übersetzerrechte nicht beschneiden, sondern es soll lediglich ein gerechter Ausgleich gefunden werden, weil die Anwendung der Regelung des § 17 VerlG zu einer unangemessenen Regelung führen kann. Aus der Entscheidung ist jedenfalls nicht zu folgern, dass dem Beklagten die Möglichkeit, nach § 17 Satz 2 VerlG vorzugehen, im konkreten Fall genommen werden soll.

dd) Die Voraussetzungen des § 17 Satz 2 VerlG sind im vorliegenden Fall gegeben.

Die Klägerin hat keine Neuauflage veranstaltet, sondern sich auf die Lizenzierung der Taschenbuchherausgabe durch einen Dritten beschränkt. Da, wie oben ausgeführt, zwischen den einzelnen Rechten zu unterscheiden ist, stellt die Durchführung des Nebenrechts "Taschenbuchlizenzierung" keine Durchführung einer Folgeauflage hinsichtlich der Hardcover-Ausgabe dar. Auf die bloße Lieferbarkeit stellen weder das.






OLG München:
Urteil v. 17.07.2008
Az: 6 U 2168/07


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