Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 3. Dezember 2010
Aktenzeichen: AnwZ (B) 105/09

(BGH: Beschluss v. 03.12.2010, Az.: AnwZ (B) 105/09)

Tenor

Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers gegen die an dem Senatsbeschluss vom 13. September 2010 beteiligten Mitglieder des erkennenden Senats wird als unzulässig verworfen.

Die Anhörungsrüge des Antragstellers gegen den Senatsbeschluss vom 13. September 2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Beschwerde gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts in dem Senatsbeschluss vom 13. September 2010 wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Niederschlagung der Kosten der Zustellung des Protokolls wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten der Anhörungsrüge. Kosten werden im Übrigen nicht erhoben, Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Dem Antragsteller wurde mit bestandskräftigem Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. Juli 2008 gemäß § 16 Abs. 3a Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 BRAO a.F. (jetzt § 15 BRAO) aufgegeben, ein ärztliches Gutachten über seinen Gesundheitszustand vorzulegen. Nachdem der Antragsteller dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers mit Bescheid vom 25. März 2009 gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO. Der dagegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung blieb ohne Erfolg. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat der Senat nach Zurückweisung eines ersten Ablehnungsgesuchs gegen seine (später auch an der Entscheidung beteiligten) berufsrichterlichen Mitglieder mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Der Antragsteller lehnt die an der Entscheidung beteiligten Mitglieder des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit ab, erhebt Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss, beantragt die Niederschlagung der Kosten der Zustellung des Verhandlungsprotokolls durch Postzustellungsurkunde wegen unrichtiger Sachbehandlung und die Feststellung, dass die aufschiebende Wirkung seiner Rechtsbehelfe bis zur Entscheidung über seine Anhörungsrüge fortdauert.

II.

Diese Anträge bleiben ohne Erfolg.

1. Die Ablehnungsgesuche (§ 42 Abs. 2 ZPO) dienen verfahrensfremden Zwecken und sind deshalb (Senat, Beschluss vom 10. April 2008 - AnwZ (B) 102/05, juris) unzulässig.

a) Der Antragsteller hat seine Ablehnungsgesuche damit begründet, dass der Senat bestimmte Akten über Strafverfahren gegen ihn wegen Beleidigungsdelikten nicht beigezogen hat. Durch deren Beiziehung sollte aber nach der eigenen Darstellung des Antragstellers nicht etwa festgestellt werden, ob er, was er nicht bestreitet, beständig insbesondere Justizbedienstete massiv beleidigt und kränkt. Der Senat sollte sich vielmehr mit den von dem Antragsteller erhobenen haltlosen Vorwürfen der Strafvereitelung, der Rechtsbeugung, der falschen Verdächtigung und der Verfolgung Unschuldiger gegen den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, den Präsidenten des Bundesgerichtshofs, die Justizministerin des Landes S. , die Präsidenten der Oberlandesgerichte K. und N. , die Generalstaatsanwälte bei diesen Oberlandesgerichten und weitere Gerichts- und Staatsanwaltsvorstände, Richter und Staatsanwälte befassen. Das konnte die gegen den Antragsteller streitende gesetzliche Vermutung, er fühle sich von der Justiz verfolgt und sei zu einem sachlichen Umgang mit den Justizbehörden nicht mehr in der Lage (Senatsbeschluss vom 13. September 2010 - AnwZ (B) 105/09, juris Rn. 12) nicht entkräften, sondern nur bestätigen und hatte deshalb das verfahrensfremde und erkennbar rechtsmissbräuchliche Ziel, dem Antragsteller ein weiteres Forum für seine Verdächtigungen und Beleidigungen zu bieten.

b) Über ein unzulässiges Ablehnungsgesuch entscheidet der Senat nicht in der aus § 215 Abs. 3 i.V.m. § 42 Abs. 6 Satz 2 BRAO a.F. und § 45 ZPO analog (dazu Senat, Beschluss vom 31. Oktober 1966 - AnwZ (B) 3/66, BGHZ 46, 195, 198) folgenden Besetzung ohne die abgelehnten Mitglieder. Er entscheidet vielmehr in der regulären, jetzt aber wegen des altersbedingten Ausscheidens eines richterlichen Mitgliedes und des geschäftsplanmäßigen Wechsels der anwaltlichen Mitglieder geänderten Besetzung (BGH, Beschluss vom 14. April 2005 - V ZB 7/05, NJW-RR 2005, 1226, 1227).

2. Die nach § 215 Abs. 3 BRAO i.V.m. § 42 Abs. 6 Satz 2 BRAO a.F., § 29a FGG a.F. statthafte Anhörungsrüge des Antragstellers ist als unzulässig zu verwerfen, weil es an der vorgeschriebenen Darlegung (§ 29a Abs. 2 Satz 5 FGG a.F.) einer eigenständigen entscheidungserheblichen Gehörsverletzung durch den Senat fehlt.

a) Eine Anhörungsrüge muss Ausführungen dazu enthalten, aus welchen Umständen sich die entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Gericht ergeben soll (vgl. auch BT-Drucks. 15/3706, S. 16; BSG, NJW 2005, 2798). Dazu muss bei angeblichen Sachaufklärungsmängeln substantiiert dargelegt werden, welches entscheidungserhebliche Vorbringen das Gericht übergangen und welchen entscheidungserheblichen Tatsachen es von Amts wegen hätte nachgehen müssen (BGH, Beschlüsse vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 185 f., vom 5. Juni 2008 - V ZR 187/07, juris und vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, NJW 2009, 1609). Daran fehlt es hier.

b) Mit der Gutachtenanordnung, die der Antragsteller für willkürlich hält, hat sich der Senat in Randnummern 6 bis 10 der angegriffenen Entscheidung eingehend befasst. Welchen Vortrag er dabei übergangen haben könnte, hat der Antragsteller nicht dargelegt.

c) Welche entscheidungserheblichen Tatsachen die Beiziehung der von ihm bezeichneten Strafakten hätten ergeben können oder sollen, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Das aus diesen Akten ersichtliche Verhalten des Antragstellers war bereits bekannt, weil die in den Strafverfahren jeweils ergangenen Strafurteile zu den Akten des vorliegenden Verfahrens oder zu den beigezogenen anderen Beiakten gereicht worden waren. Darum ging und geht es dem Antragsteller auch nicht. Er möchte mit der Beiziehung der Akten, wie oben ausgeführt, seine haltlosen Vorwürfe "justizkriminellen Verhaltens" gegen die Justiz der Länder N. und S. belegen. Das ist aber nicht entscheidungserheblich. Damit lässt sich die oben erwähnte gegen den Antragsteller streitende Vermutung, er sei wegen Wahnvorstellungen nicht mehr imstande, seinen Beruf als Rechtanwalt auszuüben, nicht widerlegen, sondern nur bestätigen.

3. Die Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitgegenstandes durch den Senat ist als Änderungsanregung nach § 215 Abs. 3 BRAO i.V.m. § 200 BRAO a.F. und § 31 Abs. 1 KostO statthaft, aber unbegründet. Der Senat bemisst den Gegenstandswert eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in aller Regel mit 50.000 € (Beschluss vom 23. Februar 1987 - AnwZ (B) 33/86, BRAK-Mitt. 1987, 154). Dieser Wert orientiert sich an der Höhe der Einnahmen, die ein Rechtsanwalt insgesamt aus der Anwaltspraxis im Lauf von etwa fünf bis zehn Jahren erzielen kann (Senat, Beschlüsse vom 12. Februar 1963 - AnwZ (B) 30/62, BGHZ 39, 110, 115 f.; vom 10. Juli 1972 - AnwZ (B) 5/72, EGE XII, 39, 41; vom 20. Januar 1975 - AnwZ (B) 6/74, EGE XIII, 22, 27, insoweit in BGHZ 63, 377 nicht abgedruckt, und vom 23. Februar 1987, aaO). Bei diesem Ansatz rechtfertigen vorübergehend geringere Einkünfte eine Herabsetzung des Gegenstandswerts nicht. Diese Rechtsprechung hat mit § 194 Abs. 2 BRAO eine legislative Bestätigung erfahren (BT-Drucks. 16/11385 S. 46 f.).

4. Der Antrag, die Kosten für die Zustellung des Protokolls der Sitzung vom 13. September 2010 niederzuschlagen, ist nach § 215 Abs. 3 BRAO i.V.m. § 200 BRAO a.F., § 16 Abs. 2 KostO statthaft, aber unbegründet. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle kann die Zustellung nach § 215 Abs. 3 BRAO i.V.m. § 229 BRAO a.F. und § 174 ZPO an den Rechtsanwalt in verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen durch Empfangsbekenntnis bewirken. Das steht aber in seinem Ermessen (MünchKommZPO/Häublein, 3. Aufl., § 174 Rn. 3). Bei der Ausübung des Ermessens sind neben dem Gesichtspunkt, Kosten zu sparen, auch die Erfolgsaussichten des Versuchs einer Zustellung durch Empfangsbekenntnis zu berücksichtigen. Die waren hier zweifelhaft, weil der Antragsteller der mündlichen Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben war.

5. Der Feststellungsantrag ist nach der Verwerfung der Anhörungsrüge erledigt.

Ernemann Schmidt-Räntsch Roggenbuck Wüllrich Braeuer Vorinstanz:

AGH Naumburg, Entscheidung vom 05.06.2009 - 1 AGH 3/09 -






BGH:
Beschluss v. 03.12.2010
Az: AnwZ (B) 105/09


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