Landgericht München I:
Urteil vom 31. Januar 2008
Aktenzeichen: 7 O 11242/07

(LG München I: Urteil v. 31.01.2008, Az.: 7 O 11242/07)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin, ein pharmazeutisches Unternehmen, stellt her und vertreibt Fertigarzneimittel, unter anderem das Präparat F 10 % unter dem Handelsnamen F ... ® 10%. Es handelt sich hierbei um eine Injektionslösung mit dem Wirkstoff F zur Fluoreszenzangiographie durch den (Augen-)Arzt, die der Erkennung der Störungen der Hämodynamik, Läsionen des Kapillarbetts und vaskulär bedingter Netzhautschädigungen dient. Für das Arzneimittel besteht eine Zulassung gemäß § 21 AMG.

Der Beklagte, der eine Apotheke in K betreibt, stellt ebenfalls F 10% Injektionslösung in Einmal-Glasspritzen her. Eine arzneimittelrechtliche Erlaubnis besitzt er nicht. Der Beklagte, Inhaber einer Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln gemäß § 11 a ApoG (Anlage B 1), versendet die F 105 Einmal-Glasspritzen deutschlandweit (Anlage K 2), wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der Beklagte auch unaufgefordert Angebote an Ärzte verschickt, wie die Klägerin geltend macht. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte aufgrund der Regelung in § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG in Verbindung mit der Erlaubnis gemäß § 11a ApoG berechtigt ist, die von ihm hergestellte F 10 % Einmal-Glasspritzen auch im Versandwege zu vertreiben.

Die Klägerin ist der Auffassung, eine Versandhandelserlaubnis erfasse nicht den Versand von gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG defekturmäßig hergestellter Arzneimittel. Denn diese Ausnahmeregelung von der Zulassungspflicht erfasse nur die Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis. Sie beziehe sich nur auf § 2 ApothekenG und nicht auf die Versandhandelserlaubnis gemäß § 11 a ApothekenG. Auch wenn der frühere Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG durch das 14. AMG-ÄnderungsG im Jahre 2005 insoweit geändert worden sei, dass anstelle der Worte "zur Abgabe in dieser Apotheke" die Formulierung "zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis" getreten sei, sei damit keine Änderung der Rechtslage im Sinne der Gestattung eines Versands von defekturmäßig hergestellter Arzneimittel verbunden. Denn mit der Gesetzesänderung habe der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung (Anlage K 9) nur dem Umstand Rechnung getragen, dass nunmehr die in der Hausapotheke hergestellten Defektur-Arzneimittel im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs in den bis zu drei Filialbetrieben abgegeben werden dürfen, da nunmehr mit einer Apothekenbetriebserlaubnis bis zu vier Apotheken betrieben werden dürfen. Auch aus der weiteren Tatbestandsvoraussetzung "im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" ergebe sich, dass die Ausnahmeregelung nur für ein regional begrenztes Gebiet, nämlich für den üblichen Versorgungs- und Einzugsbereich einer Apotheke gelte. Die Versandhandelserlaubnis erlaube nicht den Versand aller Arzneimittel, die im Geltungsbereich des AMG in den Verkehr gebracht werden dürfen, sondern gemäß § 11 a Abs. 1 Satz 1 ApothekenG nur apothekenpflichtige Arzneimittel gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG. In § 11 a ApothekenG und in § 43 AMG nicht erwähnt würden solche Arzneimittel, die defekturmäßig im Rahmen von § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG hergestellt werden. Mit dem Versand werde die bereits vorgenommene Herstellung unzulässig. Deshalb dürfe der Beklagte auch nicht auf Bestellung oder auf Eingang eines Rezepts aus einem angelegten Defekturvorrat Packungen entnehmen und versenden.

Da es sich bei § 21 AMG um eine Marktverhaltensregelung handele, stehe der Klägerin geltend gemachte wettbewerbliche Unterlassungsanspruch zu.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten kostenpflichtig zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,€ Euro, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr auf Basis des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG € also ohne arzneimittelrechtliche Zulassung € hergestellte F 10% Einmal-Glasspritzen außerhalb der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis im Versandhandel zu vertreiben.

Hilfsweise:

... zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr auf Basis des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG € also ohne arzneimittelrechtliche Zulassung € hergestellte F 10% Einmal-Glasspritzen außerhalb der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis an Ärzte im Versandhandel zu vertreiben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, er gebe das Arzneimittel ausschließlich aufgrund häufiger Verschreibungen an Ärzte für deren Sprechstundenbedarf ab. Er verschicke keine Angebote an Ärzte, sondern reagiere nur, wenn diese sich zunächst an ihn wendeten. Den Bestellbogen gemäß Anlagen K 2 versende er ausschließlich auf Anfrage unabhängig davon, dass auch eine aktive Werbung zulässig wäre. Er sei sehr wohl berechtigt, ohne Zulassung gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG hergestellte Arzneimittel an einen Arzt zu versenden. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin ergebe sich weder aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG, noch entspreche sie dem Sinn und Zweck der Regelung. Ein solches Verbot würde vielmehr die Einführung des Versandhandels wieder konterkarieren und zugleich die hochwertig arbeitenden deutschen Vollapotheken wieder ins Hintertreffen bringen. In der Praxis sei es vielmehr seit Jahrzehnten üblich und erlaubt, auf Rezept hin an Ärzte Rezeptur- und Defekturarzneimittel zu verbringen, heute auch nach Versandhandelsregeln. Den Aufsichtsbehörden sei diese Praxis bekannt (Beweis: Sachverständigengutachten). Eine Herstellung verlasse vielmehr nur dann den Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs, wenn sie keine handwerkliche und durch die persönliche Arbeit des Apothekers in seinen Apothekenräumen geprägte Herstellung mehr sei. Von einer räumlichen Grenze sei in dem Tatbestandsmerkmal überhaupt nicht die Rede. Dieses Tatbestandsmerkmal sei nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte normativ auszulegen. Üblich sei danach, was sich im Rahmen des gesetzlich Erlaubten halte. Hierzu gehöre seit geraumer Zeit auch der Versandhandel. Zur bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis gehöre eine erteilte Versandhandelsgenehmigung vom Wortlaut und der Systematik des ApoG sehr wohl dazu. Der der Änderung des AMG im Jahre 2005 habe der Gesetzgeber kein Verbot im Hinblick auf den Versandhandel aufgenommen. Vielmehr habe er gerade die Fähigkeit der Apotheke zur Rezeptur- und Defekturherstellung zur Voraussetzung der Erteilung einer Versandhandelserlaubnis gemacht. Daraus müsse geschlossen werden, dass der Versand von Rezeptur und Defektur auch erlaubt sei. § 17 Abs. 2a Nr. 4 ApBetrO statuiere gerade die uneingeschränkte Lieferpflicht im Versand und schließe Defekturen mit ein. Die Auffassung der Klägerin, ausschließlich zugelassene Arzneimittel dürften gemäß § 11a ApoG versandt werden, treffe nicht zu. § 43 AMG beschäftige sich keinesfalls nur mit zugelassenen Arzneimittel, sondern mit den zulassungspflichtigen Arzneimitteln. In diese fielen auch alle "Fertigarzneimittel" nach § 2 AMG. Auch bei Defekturarzneimittel handele es sich um Fertigarzneimittel, bei denen der Gesetzgeber erst in der nächsten Stufe zu einer Freistellung vom Zulassungszwang komme. Aus der geänderten Fassung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG könne kein Verbot des Versandhandels bei Defektur-Arzneimittel hergeleitet werden. Vor der Einführung des § 11a ApothekenG sei der Versandhandel ohnehin verboten gewesen. Ein Bedürfnis für die Aufnahme eines Verbots des Versandhandels in § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG habe somit gar nicht bestanden. Die ursprüngliche Formulierung habe eine Abgabe von Defekturen an andere Apotheken untersagen sollen. Mit der in der Neufassung gewählten Formulierung habe die Abgabe der Defektur von der Haupt- an die eigenen Filialapotheken ermöglicht werden sollen. Anlässlich der Textänderung sei gerade kein Versandverbot für Rezepturen und Defekturen vorgesehen worden. Soweit sich die Klägerin darauf stütze, die Defekturvorschrift habe schon vor Einführung des Versandhandels ein Verbot, Defekturen außerhalb des "regionalen Einzugsbereichs" zu versenden, überzeuge diese Argumentation nicht. Insbesondere gebe es aufgrund fehlender Risikoerhöhung keinen Grund für eine teleologische Reduktion des Wortlauts des Gesetzes. Das von der Klägerin erstrebte Verbot führe auch zu einem absurden Ergebnis. Der Beklagte müsse auf Vorlage von Rezepten hin diese gemäß § 11a ApoG im Versandwege bedienen, was nach der Auffassung der Klägerin bedeuten würden, dass die rezeptierten Arzneien immer im Wege der Einzelherstellung ad hoc hergestellt werden müssten und zwar auch dann, wenn der Beklagte so häufig gleichartige ärztliche Verschreibungen vorgelegt bekomme, dass die Herstellung einer größeren Charge im Voraus sinnvoll sei. Die damit auch einhergehenden Gesichtspunkte der Arzneimittelsicherheit entsprächen auch dem Sinn und Zweck des Arzneimittelrechts.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 15.11.2007 Bezug genommen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung reichten die Klägerin die Schriftsätze vom 3. und 28.1.2008 und der Beklagte den Schriftsatz vom 14.1.2008 ein.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dass der Beklagte an andere Empfänger als Ärzte F 10% Einmal-Glasspritzen versendet, ist von der Klägerin nicht dargetan. Hierfür besteht auch keine (Erst-)Begehungsgefahr.

Der Versand der F 10% Einmal-Glasspritzen an Ärzte verstößt nicht gegen § 21 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AMG. Der Klägerin als Mitbewerberin (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG) steht daher insoweit ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1, § 3, § 4 Nr. 11 AMG nicht zu.

181. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 sind, im Geltungsbereich des AMG nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie von der zuständigen Behörde zugelassen sind. Fertigarzneimittel sind gemäß § 4 Abs. 1 AMG Arzneimittel, die im voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden (vgl. Cloesel/Cyran, AMG, § 4 Anm. 2, § 21 Anm. 17; Rehmann, AMG, 2. Aufl., 2003, § 4 Rdn. 1), d.h. alle im voraus nicht für den Einzelfall hergestellte Arzneimittel, die sich in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung befinden.

19Ein Arzneimittel, das im Einzelfall für einen Patienten auf Verschreibung eines Arztes in den wesentlichen Herstellungsschritten in der Apotheke hergestellt wird (Rezepturarzneimittel), unterliegt nicht der Zulassungspflicht (Cloesel/Cyran, § 21 Rdn. 22; Rehmann § 2 Rdn. 1). Werden dagegen solche Rezepturarzneimittel im voraus (auf Vorrat) zur Abgabe an den Verbraucher in abgabefertigen Packungen hergestellt, handelt es sich um Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG, die gemäß § 21 Abs. 1 AMG der Zulassung unterliegen. Unter bestimmten Voraussetzungen sieht § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG für solche Rezepturarzneimittel eine Ausnahme von der Zulassungspflicht vor, nämlich für Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind und auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind € sog. verlängerte Rezeptur bzw. Defektur (vgl. BGH GRUR 2005, 778, 779 € Atemtext; Cloesel/Cyran § 21 Anm. 28). Dies beruht auf der Überlegung, dass die Herstellung solcher Arzneimittel in einem einheitlichen Herstellungsvorgang und in einer mehrfachen Menge der Einzelrezeptur nicht nur aus Gründen eines rationalisierten Betriebsablaufs in der Apotheke, sondern auch aus pharmazeutischen Gesichtspunkten zweckmäßig ist, weil sich dadurch € gegenüber einer Vielzahl von Einzelherstellungsmöglichkeiten € die Fehlermöglichkeiten reduzieren lassen und die Genauigkeit in der Verteilung pro Einzeldosis erhöht wird; zudem werden gegenüber der Einzelrezeptur analytische oder mikrobiologische Nachprüfungen möglich (Cloesel/Cyran aaO; vgl. auch § 8 ApoBetrO)

Der Wortlaut der Fassung seit dem 14. AMG-Änderungsgesetz vom 29.8.2005 "zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis" gegenüber dem früheren Wortlaut "in dieser Apotheke" wird in der Amtl. Begründung (BT-Drucks. 15/5316, abgedruckt auch bei Cloesel/Cyran aaO zu § 21 AMG) wird folgt erläutert:

"Die Änderung in Absatz 2 Nr. 1 berücksichtigt, dass mit einer Apothekenbetriebserlaubnis nunmehr bis zu vier Apotheken betrieben werden können und die in der Hauptapotheke hergestellten Defekturarzneimittel im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs an die Filialapotheken abgegeben werden dürfen ..."

222. Der Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln, der durch das 8. AMG-Änderungsgesetz einem Verbot unterworfen wurde (vgl. Cloesel/Cyran § 43 AMG Anm. 12 sowie die Ausführungen BVerfG NJW 2003, 1027, 1028 f; Rehmann § 43 Rdn. 3), wurde durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl. I 2190, 2253) durch eine Neufassung des § 43 Abs. 1 und 3 AMG einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt. In der Amtl. Begründung wird hierzu ausgeführt:

Mit diesen Regelungen sollen der Versandhandel und elektronische Handel auch mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln mit dem Endverbraucher ermöglicht werden. Bei diesen Regelungen sind die Grundsätze, die das Bundesverfassungsgericht in jüngerer Zeit zum Apothekenwesen in Verbindung mit dem Grundrecht der Freiheit der Berufsausübung insbesondere in dem Urteil vom 16. Januar 2002 (€ 1 BvR 1236/99 €) und dem Beschluss vom 11. Februar 2003 (€ 1 BvR 1972/00 €, € BvR 70/01 €) festgelegt hat, zu berücksichtigen. Wegen der besonderen Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Arzneimittelsicherheit, des Verbraucherschutzes, der Versorgungssicherheit und des fairen Wettbewerbs, darf dieser Handel nur von Apotheken betrieben werden, und zwar nur von solchen, die diesen Erfordernissen entsprechen. Die Erfordernisse sind in dem Apothekengesetz und der Apothekenbetriebsordnung näher geregelt.

Die Ermöglichung des Versandhandels und des elektronischen Handels auch mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln trägt der geänderten Situation im Gesundheitswesen Rechnung. In zunehmenden Maße bestellen deutsche Bürgerinnen und Bürger über Internet sowohl verschreibungspflichtige als auch nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel aus dem Ausland (elektronischer Handel, e-Commerce). Dieser Arzneimittelhandel ist nicht geregelt und überwacht, weshalb der Verbraucher dabei ein unkalkulierbares Risiko eingeht. Diese Änderung des Arzneimittelgesetzes dient somit dem Verbraucherschutz, da der Verbraucher durch einen geregelten, kontrollierten und überwachten Versandhandel einschließlich des elektronischen Handels mit Arzneimitteln besser als bisher geschützt werden kann. Eine Beschränkung des Versandhandels einschließlich des elektronischen Handels mit nur verschreibungspflichtigen Arzneimitteln würde den oben angeführten notwendigen Verbraucherschutz bei diesem Handel mit nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln ausschließen. Zudem kann der Versandhandel mit Arzneimitteln Versorgungsprogramme nach dem Sozialgesetzbuch unterstützen.

Der Versandhandel einschließlich des elektronischen Handels mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln kommt auch den Anliegen der Verbraucher wie chronisch Kranken, immobilen Patienten, älteren Bürgern, Berufstätigen oder Kunden mit größeren Entfernungen zur nächsten Apotheke sowie der häuslichen Pflege von Patienten entgegen...

Nach § 43 Abs. 1 AMG in der geänderten Fassung € in Absatz 3 wurde die frühere Formulierung "in Apotheken" ersetzt durch "von Apotheken" € dürfen Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1, die nicht durch ausdrückliche Regelungen für den Verkauf außerhalb der Apotheken freigegeben sind, außer in den Fällen des § 47 AMG berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden. Gemäß § 11a ApoG ist dem Inhaber einer Erlaubnis nach § 2 ApoG die Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 auf Antrag zu erteilen, wenn er schriftlich versichert, dass er im Falle der Erteilung der Erlaubnis die im einzelnen genannten Anforderungen erfüllen wird, wozu nach Nr. 3 lit b) gehört, dass alle bestellten Arzneimittel geliefert werden, soweit sie im Geltungsbereich des AMG in den Verkehr gebracht werden dürfen und verfügbar sind. § 17 ApoBetrO enthält ergänzende Regelungen.

273. Der Auffassung der Klägerin, die dem Beklagten erteilte Erlaubnis gemäß § 11 a ApoG erfasse im Wege der Defektur hergestellte Arzneimittel nicht, da dem § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG nur gemäß § 21 Abs. 1 AMG zugelassene Arzneimittel unterfielen, kann nicht gefolgt werden. § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG nennt € wie auch die Klägerin nicht verkennt €, als Gegenstand einer Erlaubnis zum Versand nicht die nach § 21 Abs. 1 AMG zulassungspflichtigen Fertigarzneimittel, sondern bezieht sich auf die in § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG genannten (Fertig-)Arzneimittel (Rehmann § 43 Rdn. 1), zu denen auch im Wege der Defektur hergestellte Arzneimittel als Fertigarzneimittel gehören (siehe oben). Eine Differenzierung zwischen nach § 21 Abs. 1 AMG zulassungspflichtigen und nach Abs. 2 Nr. 1 von der Zulassung befreiten Arzneimittel sieht § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG nicht vor, vielmehr wird in Verbindung mit § 11a ApoG eine Regelung in Bezug auf den Vertrieb von apothekenpflichtigen Arzneimittel in der Apotheke sowie im Wege des Versandhandels getroffen. Dementsprechend wurde auch die Regelung in § 43 Abs. 3 AMG geändert, als auf Verschreibung Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG nur von Apotheken (bis dahin "in Apotheken") abgegeben werden dürfen (Hervorhebung hinzugefügt). Damit wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass der Versand von Arzneimitteln aus Apotheken nunmehr grundsätzlich aufgrund einer Erlaubnis gemäß § 11 a ApoG zugelassen ist (Cloesel/Cyran § 43 AMG Anm. 28). Dass Defekturarzneimittel vom Gesetzgeber generell vom Versand ausgeschlossen wurden, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Das OLG Hamburg geht in dem von der Klägerin mit Schriftsatz vom 28.1.2008 vorgelegten Urteil vom 11.10.2007 € 3 U 127/06 (der Beklagte war auch dort offensichtlich der Beklagte) davon aus, dass der Inhaber einer Versandhandelserlaubnis im Wege der Defektur hergestellte Arzneimittel auch versenden könne, schränkt dies allerdings auf den herkömmlichen Versorgungs- und Einzugsbereich ein, da der Begriff der "Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" nicht normativ im Sinne des nunmehr gesetzlich Zulässigen auszulegen sei. In den Kommentierungen zum AMG (Cloesel/Cyran § 21 Anm. 31 und 33; Rehmann § 21 Rdn. 4, allerdings noch zur alten Fassung) wird eine restriktive Auslegung gefordert, erfasst werde nur eine Abgabe in dieser Apotheke bzw. in einem räumlich beschränkten Umfeld. Nur insoweit könne eine Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs angenommen werden. Zu der vorliegend (allein) streitigen Frage des Versandes von im Wege der Defektur hergestellten Arzneimitteln findet sich in der Literatur € soweit ersichtlich € keine ausdrückliche Stellungnahme. Die Ausführungen des BGH in der Entscheidung "Atemtest" (GRUR 2005, 778, 779), wonach der Gesetzgeber die Ausnahme des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG auf die traditionelle verlängerte Rezeptur beschränken wollte, beziehen sich nicht auf die Beschränkung des räumlichen Absatzgebiets, sondern behandeln die Frage, wann die wesentlichen Herstellungsschritte in der Apotheke erfolgen. In der Entscheidung des OLG Hamburg werden alle auch im vorliegenden Verfahren vorgebrachten Argumente erörtert (S. 16 ff):

"...

(1) Für diese Auslegung spricht zunächst der Wortlaut der Vorschrift. Denn die Wendung "üblicher Apothekenbetrieb" beinhaltet keine normative, sondern eine empirisch-traditionelle Komponente. Es ist zwischen den Parteien unstreitig und auch den Mitgliedern des Senats bekannt, dass Apotheken jedenfalls herkömmlich jahrzehntelang Arzneimittel ausschließlich in ihrem Versorgungs- und Einzugsbereich abgegeben haben, nämlich regelmäßig in der Apotheke selbst. Nichts anderes gilt für sog. verlängerte Rezepturen i.S. des § 21 II Nr. 1 AMG.

Allerdings geht das Gesetz von der "Herstellung" im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs aus, während die Frage des räumlichen Versorgungsbereichs auf den ersten Blick eher die Frage des Vertriebs und nicht die der Herstellung zu betreffen scheint. Eine solche Sichtweise lässt jedoch den funktionalen Zusammenhang zwischen Herstellung und Vertrieb außer Acht, denn jede Herstellung erfolgt mit dem Zweck der späteren Abgabe. Beides lässt sich nicht trennen.

Dies kam auch in der alten Fassung der Vorschrift zum Ausdruck, nämlich in der Voraussetzung"... zur Abgabe in dieser Apotheke". Die Neufassung des Gesetzes durch die 14. AMG Novelle dahin, dass das Arzneimittel nunmehr"zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt"sein muss, ändert daran inhaltlich nichts. Denn der Gesetzgeber wollte durch die Änderung des Gesetzestextes nicht das bis dahin herrschende räumlich-begrenzende Verständnis der Vorschrift aufgeben, sondern allein dem Umstand Rechnung tragen, dass nach geänderter Gesetzeslage mit einer Apothekenbetriebserlaubnis nunmehr bis zu vier Apotheken betrieben werden dürfen. Es sollte erlaubt werden, dass die in der Hauptapotheke hergestellten Defekturarzneimittel nunmehr auch an die Filialapotheken abgegeben werden dürfen (vgl. BT-Drs 15/5316, Anlage K 12).

(2) Für die vom Senat für richtig gehaltene Auslegung spricht weiter der Sinn und Zweck des Gesetzes.

Zweck des zentralen Zulassungserfordernisses des § 21 I AMG ist die Arzneimittelsicherheit (vgl. z.B. Rehmann, AMG, vor § 21 Rn. 2). Der Vertrieb von nicht im Rahmen des strengen Zulassungsverfahrens geprüfter Arzneimittel ist potentiell risikobehaftet. Deshalb ist die Ausnahmeregelung des § 21 II Nr. 1 AMG restriktiv auszulegen (Kloesel/Cyran, AMG, § 21 Anm. 31; Rehmann, AMG, § 21 Rn. 4), es gilt, das Risiko der breiten Streuung potentiell risikobelasteter Arzneimittel überschaubar und einschätzbar zu halten (Kloesel/Cyran, AMG, § 21 Anm. 31). Dementsprechend geht auch der BGH davon aus, dass der Gesetzgeber die Ausnahme des § 21 II Nr. 1 AMG "ersichtlich auf die traditionelle 'verlängerte Rezeptur' beschränken und die industrielle Fertigung ausschließen wollte (GRUR 2005, 778, 779 € Atemtest).

(3) Soweit der Beklage aus seiner Versandhandelserlaubnis sowie den gesetzlichen Vorschriften zur Zulässigkeit des Versandhandels durch Apotheken eine andere Auslegung ableiten will, steht dies nach Auffassung des Senats weder mit der Systematik des Gesetzes noch mit teleologischen Erwägungen im Einklang.

(aa) Bereits im systematischen Ansatzpunkt ist die Frage der Zulässigkeit des Versandhandels von Apotheken mit Arzneimitteln, also die grundsätzliche Problematik der Zulässigkeit dieser Vertriebsart für Apotheken von der hier interessierenden Problematik der Frage der Zulassungsfreiheit des Inverkehrbringens von als verlängerte Rezeptur hergestellten Arzneimitteln durch Apotheken zu trennen. Insbesondere bedeutet die hier vertretene Auffassung, das Merkmal "üblicher Apothekenbetrieb" räumlich-eingrenzend auszulegen, kein Leerlaufen einer Versandhandelserlaubnis des Apothekers. Denn selbstverständlich ist ein Apotheker, der eine Versandhandelserlaubnis besitzt, nicht gehindert, die von ihm im Rahmen der verlängerten Rezeptur hergestellten Arzneimittel i.S. des § 21 II Nr. 1 AMG, also solche, die für den räumlichen Einzugs- und Versorgungsbereich hergestellt wurden, auchin diesem Einzugs- und Versorgungsbereichzu versenden. Maßgebend für dieses auf die Herstellung abstellende Merkmal ist eben nicht die generelle Frage der zulässigen Vertriebsform (Abgabe in der Apotheke selbst oder Versendung an Empfänger), sondern der Gesichtspunkt, dass das vom Apotheker hergestellte Arzneimittel aus Gründen der Minimierung von Risiken für die Arzneimittelsicherheit nur für den räumlichen Versorgungsbereich hergestellt und in diesem Bereich abgegeben werden darf, in welcher Vertriebsform auch immer.

Damit ist es auch unerheblich, dass der Gesetzgeber die verlängerte Rezeptur nicht vom zulässigen Arzneimittelversand ausgenommen hat.

Dagegen ist relevant, dass der Gesetzgeber nicht zugleich mit der Regelung der Vorschriften über den Versand von Arzneimitteln das Erfordernis der Herstellung "im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" abgeschafft oder neu gefasst hat. Dies kann nur bedeuten, dass der Gesetzgeber für die Frage der Zulassungsfreiheit der verlängerten Rezeptur unabhängig von der Frage der Zulässigkeit eines Versandhandels am Kriterium des räumlichen Versorgungs- und Einzugsbereichs festhalten wollte. Es ist nicht ersichtlich, welche eigenständige Bedeutung das Merkmal der Herstellung "im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" noch hätte, wenn die Auffassung des Beklagten richtig wäre, wonach die Zulässigkeit des (bundesweiten) Versandhandels zugleich die Zulassungsfreiheit von zur bundesweiten Abgabe hergestellten verlängerten Rezepturen nach sich ziehen muss.

(bb) Zu Unrecht stützt der Beklagte sich schließlich auf Entscheidungen des VG Regensburg (Beschluss vom 21.4.2004, RO 5 S 04.646) und des OVG Niedersachsen (Rut. Vom 16.5.2006, 11 LC 265/05). Diese verwaltungsgerichtlichen Urteile verhalten sich nicht zu § 21 II Nr. 1 AMG, also der hier interessierenden Frage, ob das Inverkehrbringen eines Arzneimittels ausnahmsweise keiner Zulassung bedarf, sondern zu § 13 AMG, in dem es um das Erfordernis einer Herstellungserlaubnis geht.

Dass der Versand im Übrigen vom Gesetzgeber offenbar nicht dem "üblichen Apothekenbetrieb" zugerechnet wird, ergibt sich aus § 11 a Nr. 1 ApoG, der im Hinblick auf die Anforderungen für einen zulässigen Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln gerade den "Versand" von dem "üblichen Apothekenbetrieb" unterscheidet.

(cc) Auch der Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Es ist nicht ersichtlich, dass die grundrechtlich abgesicherten Freiheitsrechte des Beklagten, insbesondere Art. 2 I GG und Art. 12 I GG, es gebieten, die räumlich-restriktive Auslegung von § 21 II Nr. 1 AMG aufzugeben. Es wurde bereits dargelegt, dass gewichtige Gründe der Arzneimittelsicherheit es gerechtfertigt erscheinen lassen, die Frage der Zulassungsfreiheit der verlängerten Rezeptur restriktiv dahingehend zu beantworten, dass der Verzicht einer zentralen Zulassung einschließlich der insoweit vorzunehmenden strengen Überprüfung von Wirkungen und Risiken eines Arzneimittels nur dann gerechtfertigt erscheint, wenn die Risiken regional begrenzt werden können. Dem steht nicht entgegen, dass eine Versandhandelserlaubnis gem. § 11 a ApoG ebenfalls von einer Reihe von Voraussetzungen abhängt, die der Arzneimittelsicherheit dienen. Es handelt sich insoweit ersichtlich um Vorschriften, die zum Ziel haben, speziell diejenigen Risiken einzugrenzen, welche zusätzlich zu den generellen Risiken von Arzneimitteln, wie sie Gegenstand der Zulassung sind, bei der Vertriebsform "Versand" auftreten. Soweit der Beklagte geltend macht, dass die Arzneimittelsicherheit in der Praxis durch die Vorschrift des § 11 a ApoG effektiver gesichert wird als bei einer Abgabe einer verlängerten Rezeptur in der Apotheke selbst, ist eine Frage angesprochen, die ggf. den Gesetzgeber veranlassen könnte, den § 21 II Nr. 1 AMG entsprechend zu reformieren. Der Senat sieht sich allerdings gehindert, allein aufgrund dieser Erwägung und ohne eine Änderung des Gesetzes die dargestellten teleologischen und systematischen Gegenargumente zu verwerfen und zudem den Wortlaut des § 21 I Nr. 1 AMG zu ignorieren..."

Dieser Beurteilung vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Unabhängig davon, dass ein Verbot des Versandhandels außerhalb des Versorgungsbereichs der Stadt Kiel € worauf die Klägerin in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 28.1.2008 unter Hinweis auf die Entscheidung des OLG Hamburg abzielt € nicht dem Bestimmtheitserfordernis im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 PO bzw. des § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO genügen würde, da sich im Streitfall nicht feststellen ließe, wo dieser Versorgungsbereich endet, ist eine räumliche Beschränkung aus dem Begriff der Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs nicht zu entnehmen. Zudem wäre eine solche räumliche Beschränkung im Hinblick auf die Zulässigkeit des bundesweiten Vertriebs von Einzelrezepturen im Versandhandel auch nicht gewährleistet, sodass es an einer hinreichenden sachlichen Rechtfertigung für eine dahingehende, die Berufsfreiheit des Beklagten einschränkende Auslegung fehlt.

Eine räumliche Beschränkung auf den herkömmlichen Versorgungsbereich einer Apotheke lässt sich dem Begriff "Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" nicht entnehmen, da sich diese Einschränkung nicht mit dem Vertrieb, sondern mit der Herstellung befasst. D.h. die Herstellung soll sich im Rahmen des apothekenüblichen Zuschnitts bewegen und nicht in anderem Ausmaße € industriell etc. € vorgenommen werden. In mengenmäßiger Hinsicht wird durch die Chargengröße von bis zu 100 Packungen pro Tag der Umfang der Privilegierung in § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG festgelegt. Auch mittelbar kann dem Begriff der "Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" keine räumliche Beschränkung entnommen werden, da bis zur Einführung der Versandhandelserlaubnis ein Versand von Defekturarzneimitteln ohnehin nicht gestattet war und sich somit die räumliche Beschränkung hinsichtlich des Absatzgebietes sich nicht aus der Bestimmung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG "zur Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs", sondern aus dem Verbot des Versandes von Arzneimitteln ergab.

Bei der von der Klägerin gewollten einschränkenden Auslegung wäre der als wesentliches Argument herangezogene Schutzzweck € räumliche Beschränkung des Vertriebs von potentiell gefährlichen, da nicht gemäß § 21 Abs. 1 AMG zugelassenen Arzneimitteln € nicht zu gewährleisten. Nicht ohne Berechtigung weist der Beklagte darauf hin, dass bei einem Versand an Ärzte die mit der Ver- und Anwendung des Arzneimittels in Zusammenhang stehenden Gefahren nicht in Rede stehen, da die Ärzte als Empfänger der vom Beklagten versandten Infusionslösungen die Verantwortung für die Anwendung tragen. Auch Risiken im Hinblick auf den Versand € die sich bei einem Versand im Bereich des herkömmlichen Einzugs- und Versorgungsbereichs ohnehin nicht wesentlich anders gestalten € wird durch die Vorgaben des § 11a ApoG, § 17 ApoBetrO Rechnung getragen. Wie der Beklagte auch zu Recht geltend macht, ist er als Inhaber einer Versandhandelserlaubnis gemäß § 11 a Nr. 3 lit. b ApoG verpflichtet, alle bestellten Arzneimittel zu liefern, soweit sie im Geltungsbereich des AMG in den Verkehr gebracht werden dürfen und verfügbar sind. D.h. der Beklagte ist verpflichtet, die streitgegenständliche fluorescin-haltige Injektionslösung als "Einzelrezeptur" herzustellen und an den bestellenden Arzt bundesweit zu versenden. Die auch unter dem Gesichtspunkt der Arzneimittelsicherheit zugelassene Herstellung in einer Chargengröße von 100 abgabefertigen Packungen im Voraus zum Versand außerhalb des herkömmlichen Versorgungsgebietes € wie auch immer dieser zu bestimmen wäre € seiner Apotheke, wäre ihm versagt, da diese € folgte man der Auffassung der Klägerin € nur zur Abgabe sowie zum Versand im räumlich beschränkten Bereich verwendet werden dürfte. Dass die Herstellung in Einzelrezeptur gegenüber der Herstellung in größerer Menge im Wege der Defektur unter dem Gesichtspunkt der Arzneimittelsicherheit Vorteile bietet, liegt auch der gesetzlichen Regelung zugrunde. Eine räumliche Begrenzung des Vertriebs der streitgegenständlichen Injektionslösung auf den herkömmlichen Versorgungsbereich der Apotheke des Beklagten wäre damit nicht zu erreichen, da es dem Beklagten gestattet wäre bzw. er sogar verpflichtet ist, jede Bestellung im Wege der Einzelrezeptur zu bedienen und bundesweit zu versenden. Dass diese von der Klägerin erstrebten Handhabung eine wesentliche Einschränkung des Versandes der streitgegenständlichen Injektionslösung über den herkömmlichen Versorgungsbereich der Apotheke hinaus zur Folge hätte, wird nicht behauptet und kann auch nicht ohne weiteres zugrunde gelegt werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

5. Der Schriftsatz der Klägerin vom 28.1.2008 war, soweit darin neues tatsächliches Vorbringen enthalten ist, nicht mehr zu berücksichtigen (§ 296 a ZPO); er gab auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.






LG München I:
Urteil v. 31.01.2008
Az: 7 O 11242/07


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https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6f5e12a72274/LG-Muenchen-I_Urteil_vom_31-Januar-2008_Az_7-O-11242-07




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