Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Januar 2003
Aktenzeichen: 14 W (pat) 74/01

(BPatG: Beschluss v. 21.01.2003, Az.: 14 W (pat) 74/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Mit dem angefochtenen Beschluss vom 9. Juli 2001 hat die Prüfungsstelle für Klasse C 01 F des Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung 42 08 068.1-41 mit der Bezeichnung

"Herstellung von granuliertem Erdalkalimetallcarbonat unter gleichzeitiger Erhitzung und Granulation"

zurückgewiesen.

Dem Beschluss liegen die am 17. November 2000 eingegangenen Ansprüche 1 bis 6 zugrunde, von denen der Hauptanspruch wie folgt lautet:

Verfahren zur Herstellung von granuliertem Bariumcarbonat oder Strontiumcarbonat, wobei das zu granulierende Material unter Zusatz von Additiven in einem Flashreaktor gleichzeitig zu Granulat geformt und erhitzt wird und gegebenenfalls anschließend einer Hochtemperaturbehandlung unterworfen wird, wobei man in Anwesenheit eines Bindemittels als Additiv granuliert und die Formung entweder unter Einwirkung von mechanischen Kräften oder als Aufbaugranulation durchführt, wobei das Material weder bei der Formung noch im Falle einer Hochtemperaturbehandlung mit anorganischem Feuerfestmaterial in Kontakt kommt und das Bindemittel in einer Menge von 0,05 bis 5 Gew.-%, bezogen auf die Trockenmasse, im granulierten Produkt enthalten ist.

Zum Wortlaut der Ansprüche 2 bis 6 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, dass der Anmeldungsgegenstand sich gegenüber der Druckschrift

(5) US 48 88 161 A nur darin unterscheide, dass das Carbonat gemäß vorliegender Anmeldung in einem Flash-Reaktor granuliert werde, während in (5) die Granulierung beispielsweise durch Sprühtrocknung erfolge. Die Trocknung in einem Flash-Reaktor sei der Sprühtrocknung etwa gleichzusetzen. Der Fachmann sei ohne erfinderisch tätig zu werden in der Lage, bei der Sprühtrocknung und also auch bei der Trocknung im Flash-Reaktor die Teilchengröße, die gemäß

(6) DE 38 54 907 T2 und der gutachtlich genannten

(7) DE 695 03 035 T2 gegenüber dem anmeldungsgemäßen Verfahren geringer sei, zu beeinflussen. Der Anspruch 1 sei somit mangels Erfindungshöhe seines Gegenstandes nicht gewährbar. Die Ansprüche 2 bis 6 müssten das Schicksal des Hauptanspruches teilen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses beantragt.

Auf eine Zwischenverfügung des erkennenden Senats, in der auf die Druckschriften

(8) Flash dryer keeps close tab on moisture level, in Chemical Engineering; Vol 97 (November 1990) S 110

(9) EP 459 328 A1 hingewiesen wurde, macht die Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung vom 8. Juli 2002 im wesentlichen geltend, dass die Trocknung in einem Flashtrockner nicht als äquivalent zur Sprühtrocknung angesehen werden könne, da, wie ihre Beispiele zeigten, das Spektrum des Teilchendurchmessers für den überwiegenden Teil der Partikel beim 10-fachen des in (7) angegebenen Bereichs liege. Aufgabe der vorliegenden Erfindung sei es, Granulate mit einem guten Schüttverhalten herzustellen, wogegen beim Stand der Technik, wie auch bei (7), sehr feinteilige, schlecht handhabbare Pulver erzeugt würden. Es bestünde daher keine Motivation, dieses Verfahren näher zu betrachten. Auch die Entgegenhaltungen (8) und (9) hülfen dem Fachmann nicht weiter. In (8) werde ein Flash-Dryer beworben, mit dem man, wenn notwendig, auch granulieren könne. Beispielsweise werde Alkalicarbonat behandelt. In (9) werde ein kontinuierlicher Trockner beschrieben ohne eine Granulation zu erwähnen. Dass das Verfahren der vorliegenden Erfindung ein Granulat ergäbe, welches vollkommen anders geartet sei als das im Stand der Technik beschriebene, lasse sich nicht vorausahnen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig; sie konnte jedoch nicht zum Erfolg führen.

Der unverändert geltende Anspruch 1 ist mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar.

Der Anmeldung liegt nach Sp 1 Z 43-47 der OS die Aufgabe zugrunde ein Verfahren anzugeben, mit welchem granuliertes Erdalkalimetallcarbonat auf technisch einfache Weise hergestellt werden kann und welches absolut frei von anorganischen Feuerfestmaterialien ist.

Diese Aufgabe soll nach dem geltenden Anspruch 1 gelöst werden durch ein Verfahren zur Herstellung von granuliertem Bariumcarbonat oder Strontiumcarbonat mit den Merkmalen:

a) gleichzeitige Formung entweder unter Einwirkung von mechanischen Kräften oder als Aufbaugranulation und Erhitzung des zu granulierenden Materialsb) unter Zusatz eines Bindemittels als Additiv, c) das in einer Menge von 0,05 bis 5 Gew.-%, bezogen auf die Trokkenmasse, im granulierten Produkt enthalten ist, d) in einem Flashreaktor, e) gegebenenfalls anschließender Hochtemperaturbehandlung, f) wobei das Material weder bei der Formung noch im Falle einer Hochtemperaturbehandlung mit anorganischem Feuerfestmaterial in Kontakt kommt.

Die anmeldungsgemäße Aufgabe war aber bereits durch das in (5) beschriebene Verfahren gelöst. Bei diesem Verfahren wird Barium- und Strontiumcarbonat durch gleichzeitige Formung und Erhitzung unter Zusatz eines Bindemittels als Additiv in einer Menge, die unter die Angabe im geltenden Anspruch 1 der vorliegenden Anmeldung fällt, granuliert (Anspruch 1 in Verb. mit Beispiel 1 und 2). Der gleichzeitigen Formung und Erhitzung schließt sich bei (5) eine Hochtemperaturbehandlung an (Anspruch 1) und das Material kommt weder während der Formung noch während der nachfolgenden Hochtemperaturbehandlung mit anorganischen Feuerfestmaterialien in Kontakt (Sp 2 Z 15 bis 34). Die Granulation erfolgt bei (5) beispielsweise durch Sprühtrocknung (Sp 4 Z 21 bis 38), einem technisch einfachen Herstellungsverfahren.

Der einzige Unterschied des nunmehr von der Anmelderin zur alternativen Lösung der Aufgabe vorgeschlagenen Verfahrens gegenüber (5) besteht darin, dass die Granulierung in einem Flashreaktor anstelle der in (5) beispielsweise eingesetzten Sprühtrocknung erfolgt, wie im Zurückweisungsbeschluss ausgeführt und von der Anmelderin auch nicht bestritten wird.

Um diese Granulierung aufzufinden, brauchte der Fachmann, ein Diplomchemiker oder Chemieingenieur, der stets um die Beseitigung von Nachteilen und die Verbesserung von Bekanntem bemüht ist, nur unter den bekannten Granulierverfahren, die eine gleichzeitige Formung und Erhitzung unter Einwirkung von mechanischen Kräften oder als Aufbaugranulation des zu granulierenden Materials ermöglichen, ein Verfahren auswählen, bei dem gleich der Sprühtrocknung der Kontakt mit anorganischem Feuerfestmaterial vermieden wird. Er wird, wenn ihm neue Vorschläge bekannt werden, wie die Flashtrocknung mit gleichzeitiger Granulierung, die von der Firma V... S.p.A. Ende des Jahres 1990, also erst 15 Monate vor dem Anmeldetag des vorliegenden Anmeldung, vorgestellt und für die Behandlung von Alkalicarbonaten vorgeschlagen wurde (8), sich insbesondere der Entwicklung von Alternativen zum aus (5) bekannten Verfahren widmen und insbesondere diese Flashtrocknung mit gleichzeitiger Granulierung in Betracht ziehen (vgl. Schulte PatG 6. Aufl. § 4 Rdn 71). Der Fachmann brauchte dann lediglich in naheliegender Weise die Eignung dieses alternativen Granulierverfahrens für die Granulierung von Strontium- oder Bariumcarbonat zu testen und gelangte ohne erfinderisch tätig zu werden zum Verfahren gemäß Anspruch 1.

Der Einwand der Anmelderin in ihrem Schriftsatz vom 8. Juli 2002, dass mit dem anmeldungsgemäßen Verfahren Granulate größerer Teilchengröße als beim Stand der Technik erzeugt würden, kann nicht durchgreifen. Denn die Teilchengröße der nach (5) gewonnenen Granulate liegt im wesentlichen zwischen 1,68 mm und 0,105 mm (10 und 150 mesh (Tyler)) (Anspruch 1) und damit im Bereich der Angaben der von der Anmelderin vorgelegten Beispiele 1 bis 3. Auch die in diesem Schriftsatz geltend gemachte zusätzliche Aufgabe, Granulate mit einem sehr guten Schüttverhalten herzustellen, war damit bereits nach (5) gelöst. Auch ist der Argumentation der Prüfungsstelle im angegriffenen Beschluss zuzustimmen, dass der Fachmann in einem Flashreaktor durch einfache Wahl der Betriebsparameter die Teilchengröße beeinflussen kann, wie es auch die Anmelderin in Sp. 4 Z 19 bis 30 der vorliegenden Anmeldung ausführt. Im übrigen ist das Verfahren nach den geltenden Ansprüchen nicht auf bestimmte Teilchengrößen beschränkt.

Nach alledem bedurfte es keiner erfinderischen Tätigkeit das Verfahren gemäß dem geltenden Anspruch 1 bereitzustellen.

Mit dem nicht gewährbaren Anspruch 1 fallen auch die Unteransprüche 2 bis 6, da über den Antrag der Anmelderin nur als Ganzes entschieden werden kann. Im übrigen lassen diese Ansprüche nichts erfinderisches erkennen, wie bereits im angegriffenen Beschluss festgestellt wurde.

Eine mündliche Verhandlung ist von der Anmelderin nicht beantragt und bei der gegebenen Sachlage vom Senat nicht für sachdienlich erachtet worden. Die Zurückweisung der Beschwerde war daher im schriftlichen Verfahren zu beschließen.

Dr. G. Wagner Harrer Dr. F. Feuerlein Dr. Gerster Fa






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Beschluss v. 21.01.2003
Az: 14 W (pat) 74/01


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