Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Juni 2003
Aktenzeichen: 5 W (pat) 414/02

(BPatG: Beschluss v. 23.06.2003, Az.: 5 W (pat) 414/02)

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmusterabteilung I - vom 9. Januar 2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe

I Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des am 20. Februar 1997 angemeldeten und am 18. Juni 1998 in die Rolle eingetragenen, eine "Hammerkopfschraube für eine Deckenbefestigung" betreffenden Gebrauchsmusters 297 03 027 (Streitgebrauchsmuster). Seine Schutzdauer ist auf 8 Jahre verlängert.

Die Antragstellerin hat am 3. Februar 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung des Streitgebrauchsmusters im Umfang der Schutzansprüche 1, 2, 3, 7, 8 und 9 beantragt.

Die mit der Anmeldung eingereichten und der Eintragung zugrundeliegenden angegriffenen Schutzansprüche 1, 2, 3, 7, 8 und 9 lauten:

1. Hammerkopfschraube für eine Deckenbefestigung, mit einem auf einen Schraubenschaft aufgeschobenen Klemmelement, dadurch gekennzeichnet, daß die Hammerkopfschraube (10) ein Zugfederelement (26) aufweist, das an einem Schraubenkopf (16) und am Klemmelement (20) angreift und das das Klemmelement (20) zum Schraubenkopf (16) zieht.

2. Hammerkopfschraube nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Zugfederelement (26) gummielastisch ist.

3. Hammerkopfschraube nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Zugfederelement ein elastischer Ring (26) oder ein elastisches Band (32; 36) ist.

7. Hammerkopfschraube nach Anspruch 1 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Klemmelement eine Lochscheibe (20) ist.

8. Hammerkopfschraube nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Lochscheibe (20) Ausnehmungen (24; 30) für den Eingriff des Zugfederelements (26) aufweist.

9. Hammerkopfschraube nach Anspruch 1 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Hammerkopfschraube (10) eine Einrichtung zur Drehwinkelbegrenzung aufweist.

Die Antragstellerin hat auf den Stand der Technik nach der DE 87 15 256 U1 und der US 3 463 910 verwiesen. Gegenüber dem genannten Stand der Technik sei der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters im angegriffenen Umfang nicht schutzfähig.

Die Antragsgegnerin und Gebrauchsmusterinhaberin hat dem Löschungsantrag widersprochen. Sodann hat sie am 19. Januar 2001 einen neuen Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag sowie neue Schutzansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag vorgelegt und das Gebrauchsmuster mit diesen Schutzansprüchen 1 - bzw 1 und 2 - sowie hierauf rückbezogenen eingetragenen Schutzansprüchen 2 bis 10 - bzw. 4 bis 10 - verteidigt. Der Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:

1. Hammerkopfschraube für eine Deckenbefestigung, mit einem auf einen Schraubenschaft aufgeschobenen Klemmelement und mit einem Zugfederelement, das an einem Schraubenkopf und am Klemmelement angreift, dadurch gekennzeichnet, dass das Zugfederelement (26) das Klemmelement (20) an den Schraubenkopf (16) zieht, und dass das Klemmelement (20) eine Lochscheibe ist, die bei in eine Befestigungsschiene (12) eingesetzter Hammerkopfschraube (10) auf einer Außenseite der Befestigungsschiene (12) anliegt.

Die Schutzansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag lauten:

1. Hammerkopfschraube für eine Deckenbefestigung, mit einem auf einen Schraubenschaft aufgeschobenen Klemmelement und mit einem Zugfederelement, das an einem Schraubenkopf und am Klemmelement angreift, dadurch gekennzeichnet, dass das Zugfederelement (26) das Klemmelement (20) an den Schraubenkopf (16) zieht, dass das Klemmelement (20) eine Lochscheibe ist, die bei in eine Betätigungsschiene (12) eingesetzter Hammerkopfschraube (10) auf einer Außenseite der Befestigungsschiene (12) anliegt und dass das Zugfederelement (26) ein elastischer Ring ist.

2. Hammerkopfschraube nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Zugfederelement (26) ein Gummiring ist.

In der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Antragsgegnerin das Streitgebrauchsmuster zuletzt nur noch im Umfang des Hilfsantrages verteidigt. Die Antragstellerin hat klargestellt, daß die Schutzansprüche 7 bis 9 nur insoweit angegriffen würden, als sie nicht auf Schutzanspruch 5 zurückbezogen sind.

Nach mündlicher Verhandlung hat die Gebrauchsmusterabteilung durch Beschluß vom 9. Januar 2002 das Streitgebrauchsmuster im Umfang der eingetragenen Schutzansprüche 1 bis 3 und 7 bis 9, soweit nicht auf Schutzanspruch 5 zurückbezogen, teilgelöscht, soweit es über die Schutzansprüche 1 und 2 vom 19. Januar 2001 und die ursprünglichen Schutzansprüche 7 bis 9, nunmehr auf den genannten Hauptanspruch zurückbezogen, hinausgeht. Die Kosten des Löschungsverfahrens hat sie der Antragstellerin zu 3/10 und der Antragsgegnerin zu 7/10 auferlegt. In den Gründen des Beschlusses ist ausgeführt, dass der Fachmann angesichts des druckschriftlichen Standes der Technik ohne einen die Schutzfähigkeit begründenden erfinderischen Schritt zu einer Hammerkopfschraube für eine Deckenbefestigung nach dem eingetragenen Schutzanspruch 1 gelangt sei. Hingegen führten die Entgegenhaltungen nicht zum Gegenstand des zuletzt verteidigten Schutzanspruchs 1 nach Hilfsantrag.

Gegen diesen Beschluß hat die Antragstellerin Beschwerde erhoben. Die Antragstellerin führt noch den folgenden druckschriftlichen Stand der Technik ins Verfahren ein:

DE 41 28 157 C1 US 48 30 531 DE 295 13 990 U1 US 4 146 074 DE 91 08 948 U1.

In der mündlichen Verhandlung legt die Antragstellerin noch Auszüge aus "Lexikon der Technik, Band 1, 1986 S 303 und 304 sowie aus "Brockhaus, Naturwissenschaften und Technik", S 92 zum Thema der Federwirkung bestimmter Materialien vor. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass es für einen Fachmann naheliegend sei, die Lehre des Streitgebrauchsmusters zu verwirklichen, insbesondere im Hinblick darauf, dass es dem Fachmann grundsätzlich aufgeben sei, nach vereinfachten technischen Lösungen zu suchen.

Die Antragstellerin stellt den Antrag, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das Gebrauchsmuster im Umfang der Schutzansprüche 1 bis 3 sowie 7 bis 9 (letztere, soweit nicht auf Schutzanspruch 5 rückbezogen) zu löschen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Zurückweisung der Beschwerde.

Sie widerspricht dem Vorbringen der Antragstellerin und macht geltend, dass die Antragstellerin nur aufgrund rückschauender Betrachtung zu ihrer Auffassung gelangen könne.

II Die zulässige Beschwerde ist sachlich nicht gerechtfertigt. Denn der Löschungsantrag ist nicht in weitergehendem Umfang, als dies im angefochtenen Beschluß ausgesprochen ist, begründet.

Der geltend gemachte Löschungsanspruch mangelnder Schutzfähigkeit (§ 15 Abs 1 Nr 1 GebrMG) ist in dem mit der Beschwerde verfolgten, über den Inhalt des angefochtenen Beschlusses hinausgehenden Umfang nicht gegeben.

1. Die Beschreibung des Streitgebrauchsmusters schildert Hammerkopfschrauben für eine Deckenbefestigung als bekannt, deren Federelement ein geometrisch kompliziert geformtes Bauteil sei, dessen Herstellung und Anbringung an die Hammerkopfschraube aufwendig und teuer sei. Diesen Aufwand gelte es zu verringern, wobei die Hammerkopfschraube einfacher und preiswerter herstellbar gestaltet werden soll. Mit einer Hammerkopfschraube nach dem verteidigten Schutzanspruch 1 wird diese Aufgabe gelöst.

Gegenstand des verteidigten Schutzanspruchs 1 ist eine Hammerkopfschraube für eine Deckenbefestigung.

1. Die Hammerkopfschraube weist ein auf den Schraubenschaft aufgeschobenes Klemmelement auf.

1.1 Das Klemmelement ist eine Lochscheibe.

1.1.1 Die Lochscheibe liegt bei in eine Befestigungsschiene eingesetzter Hammerkopfschraube auf einer Außenseite der Befestigungsschiene an.

2. Die Hammerkopfschraube weist ein Zugfederelement auf.

2.1 Das Zugfederelement greift an dem Schraubenkopf und am Klemmelement an.

2.2 Das Zugfederelement zieht das Klemmelement an den Schraubenkopf.

2.3 Das Zugfederelement ist ein elastischer Ring.

Unter dem Begriff "Lochscheibe" (Merkmal 1.1) versteht der Senat eine plane Scheibe mit einer zentrischen Bohrung, durch die der Schraubenschaft hindurchgesteckt werden kann. Eine derartige plane Lochscheibe ist aus der Zeichnung - diese ist zur Auslegung der Ansprüche heranziehen - ausschließlich und für alle im Streitgebrauchsmuster offenbarten Ausführungsbeispiele dargestellt.

Die Ausgestaltung des Zugfederelements als elastischer Ring (Merkmal 2.3) läßt sich dahingehend interpretieren, dass es sich bei dem elastischen Ring um einen Gummiring handelt, wie aus der Beschreibung, S 5, 1. und 4. Abs.; S 6, 1., 2. und 4. Abs des Streitgebrauchsmusters ersichtlich ist. Die Anlage der Lochscheibe an der Befestigungsschiene (Merkmal 1.1.1) läßt sich unter Zuhilfenahme der Zeichnung (Fig 1) des Streitgebrauchsmusters nur so verstehen, dass die plane Scheibe im Zustand der Vormontage des gesamten Elementes an den planen Oberflächen beiderseits des Schlitzes der mit rechteckigem Querschnitt ausgestalteten Befestigungsschiene und zwar von außen und gegenüber dem Schraubenkopf anliegt. Dies geht auch aus der Beschreibung, S 5, 4. Abs. hervor.

2. Der Gegenstand des verteidigten Schutzanspruchs 1 geht nicht über den ursprünglich angemeldeten Gegenstand hinaus.

Der Schutzanspruch 1 in der verteidigten Fassung beruht hinsichtlich seiner Merkmale 1., 2., 2.1 und 2.2 auf dem ursprünglichen und eingetragenen Anspruch 1. Das Merkmal 2.3 ist dem eingetragenen Anspruch 3 entnommen und das Merkmal 1.1 stammt aus dem eingetragenen Anspruch 7. Das Merkmal 1.1.1 geht auf die ursprüngliche Beschreibung, S 5, Z 24 bis 26 zurück. Der Schutzanspruch 1 ist damit für sich genommen zulässig.

Er stellt ferner eine weitere Einschränkung gegenüber dem im schriftlichen Verfahren zunächst als Hauptantrag verfolgten Schutzanspruch 1 dar, denn er ist gegenüber dem vorher als Hauptantrag vorgelegten Schutzanspruch 1 um das zusätzliche Merkmal 2.3 weiter eingeschränkt. Somit wird auch nicht ein Schutzgegenstand beansprucht, der bereits von Amts wegen zu löschen gewesen wäre.

Der dem verteidigten Schutzanspruch 1 zugehörige neu formulierte Anspruch 2 ist ebenfalls zulässig, denn er ist aus der ursprünglichen Beschreibung S 5, Z 7 bis 9 des Streitgebrauchsmusters hergeleitet.

Den Schutzansprüchen 1 und 2 werden die eingetragenen Schutzansprüche 4 bis 10 - Schutzansprüche 7 bis 9 mit aktualisierter Rückbeziehung - antragsgemäß mit neuer Numerierung (Ansprüche 3 bis 9) nachgeordnet. Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit dieser Ansprüche bestehen daher nicht.

3. Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand des Schutzanspruchs 1 ist neu.

Von der Hammerkopfschraube nach der US 3 483 910, welche durch eine Zugfeder über ein Klemmteil mit der Befestigungsschiene verklemmt wird, unterscheidet sich der verteidigte Schutzgegenstand in der Ausgestaltung seines Klemmelements als Lochscheibe (Merkmal 1.1), durch dessen Lage im Zustand der Vormontage, nämlich dem Aufliegen an einer Außenseite der Befestigungsschiene (Merkmal 1.1.1) sowie in der Ausgestaltung des Zugfederelements als elastischer Ring (Merkmal 2.3).

Beim Gegenstand nach der US 4 146 074 wird eine Hammerkopf-Mutter mit Hilfe einer Zugfeder über ein Klemmteil mit der Befestigungsschiene verklemmt. Anders als beim verteidigten Schutzgegenstand handelt es sich hier nicht um eine "echte" Hammerkopfschraube, denn der Gewindeschaft wird erst später eingedreht. Klemmteil und Zugfederelement sind ferner anders ausgestaltet als beim Streitgebrauchsmuster, und die Lage des Klemmelementes an der Befestigungsschiene ist ebenfalls eine andere, so dass sich der Schutzgegenstand gemäß Streitgebrauchsmuster von diesem Stand der Technik zudem in den Merkmalen 1.1, 1.1.1 und 2.3 unterscheidet.

Die verbleibenden Entgegenhaltungen, welche Hammerkopfschrauben oder Hammerkopf-Muttern zum Gegenstand haben, beruhen auf einem anderen Klemmprinzip, welches sich einer Druckfeder bedient (DE 87 15 256 U1, DE 41 28 157 C1, US 4 830 531, DE 295 13 990 U1), so dass sich der Schutzgegenstand von diesen Gegenständen bereits in seiner über eine Zugfeder erfolgende Vorspannung unterscheidet.

Die weiteren Entgegenhaltungen offenbaren andere Gegenstände als Hammerkopfschrauben für eine Deckenbefestigung und liegen daher dem Schutzgegenstand noch ferner. Durch das DE 91 08 948 U! wird lediglich eine über einen Gummiring an einer Rohrschelle federnd angelenkte Schraube beschrieben, während die Auszüge aus "Lexikon der Technik" und "Brockhaus, Naturwissenschaften und Technik" lediglich Formen und Materialien für federnde Elemente beschreiben, die zu dem in Rede stehenden Schutzgegenstand in keiner weiteren technischen Beziehung stehen.

4. Der Gegenstand nach dem verteidigten Schutzanspruch 1 beruht auf einem erfinderischen Schritt.

Der nächstkommende Stand der Technik wird - wie auch die Antragstellerin vorträgt - durch die US 3 483 910 gebildet. Diese Druckschrift offenbart neben den Ausführungsbeispielen nach Fig 1 bis 9, welche lediglich auf eine Hammerkopf-Mutter gerichtet sind, auch eine "echte" Hammerkopfschraube mit fest mit dem Kopf verbundenem Gewindeschaft, wie aus dem Ausführungsbeispiel nach Fig 10 ersichtlich ist. Diese Ausführungsform ist in Sp 4, Z 56 bis 60 der Entgegenhaltung beschrieben, wobei im folgenden Absatz (Z 61 bis 65) der Hinweis gegeben wird, dass alle gezeigten Ausführungsbeispiele der Entgegenhaltung auch mit einer derartigen kompletten Hammerkopfschraube verwirklicht werden können. Diese Leseart vorausgesetzt, ist aus der US 3 483 910 eine Hammerkopfschraube (Fig 10) für eine Deckenbefestigung (vgl Sp 1, Z 41, 42) mit einem auf den Schraubenschaft aufgeschobenen Klemmelement (Fig 9, Ziff 356 "ferrule member") bekannt geworden, wobei die Hammerkopfschraube ein Zugfederelement (Fig 9, Ziff 320) bzw Fig 10, Ziff 520) aufweist, welches an dem Schraubenkopf und am Klemmelement angreift (vgl Fig 10 iVm Fig 9) und das Klemmelement an den Schraubenkopf (Fig 10, Ziff 511) zieht. Somit ist durch diese Entgegenhaltung eine Hammerkopfschraube mit den Merkmalen 1., 2., 2.1 und 2.2 gemäß Merkmalsgliederung des verteidigten Schutzanspruchs 1 bekannt geworden. Im Unterschied zum Schutzgegenstand nach dem verteidigten Anspruch 1 ist das Klemmelement ("ferrule member" 356) nach der US 3 483 910 nicht eine einfache Lochscheibe, sondern - wie aus der Schnittdarstellung in Fig 9 ersichtlich - ein muffenartiges Teil, welches nach außen zum Schlitz der Befestigungsschiene hin trompetenförmig erweitert ist. Durch diese Formgebung liegt es auch nicht auf einer Außenseite der Befestigungsschiene im Sinne des Schutzgegenstandes an, sondern ist mit seinem trompetenförmig erweiterten Ende - wie ebenfalls aus Fig 9 der Entgegenhaltung ersichtlich - größtenteils gegen die nochmals abgekanteten Innenseiten des Schlitzes der Befestigungsschiene - zumindest aber am Übergang zwischen der planen Außenseite und der senkrecht abgebogenen Innenseite des Schlitzes - mit der Befestigungsschiene verklemmt. Das Zugfederelement (320 bzw 520) ist als Spiralzugfeder ausgestaltet. Somit konnte diese Entgegenhaltung dem Fachmann, einem Fachhochschul-Ingenieur des Allgemeinen Maschinenbaus mit mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung und Herstellung von Elementen der Befestigungstechnik, für sich genommen keine Anregungen dazu vermitteln, von dem relativ kompliziert aufgebauten muffenartigen Klemmteil abzurücken und dieses, wie im Falle des Schutzgegenstandes, durch eine einfache Lochscheibe zu ersetzen und in einem weiteren Schritt anstatt der Spiralzugfeder einen einfachen elastischen Ring (Gummiring) vorzusehen.

Zu diesen Schritten veranlaßt den Fachmann auch der Gegenstand nach der US 4 146 074 nicht. Denn auch dort wird eine Hammerkopf-Mutter (19) durch ein aus Federdraht bestehendes bügelartiges Bauteil (55) mit einem Klemmteil (31), welches seinerseits aus einem ringförmigen Teil und einem zylindrisch ausgeformten Flankenteil (33) besteht, verspannt (Fig 1 bis 5). Dabei kommt das Klemmteil - anders als beim Schutzgegenstand - in gleicher Weise wie beim vorher abgehandelten Stand der Technik nach der US 3 483 910 mit seinem Ringteil nicht an einer Außenseite der Befestigungsschiene zur Anlage, sondern in einem Übergangsbereich zwischen dieser und einer nach innen abgewinkelten Leiste.

Nach alldem ist festzustellen, dass der einschlägige Stand der Technik, begonnen mit der im Jahre 1969 ausgegebenen US-Patentschrift 3 483 910 bis hin zu der 10 Jahre später erschienenen US 4 146 074, bei den in Rede stehenden Befestigungselementen immer mit relativ kompliziert ausgeformten, aus einem zylindrischen und einem planen oder annähernd planen Teil bestehenden Klemmteil arbeitet, welches nicht auf der Außenseite der Befestigungsschiene zur Anlage kommt und die entsprechenden Zugfederelemente als spiralförmige oder bügelartige metallische Drähte ausgestaltet. Demgegenüber stellt die Verwendung einer einfachen (planen) Lochscheibe, die im Zuge der Vormontage des Gesamtelementes dann auf der planen Außenseite der Befestigungsschiene zur Anlage kommt, als Klemmelement einen ersten Schritt der Vereinfachung des in Rede stehenden Befestigungselementes dar. Ein weiterer Schritt der Vereinfachung wird durch den Ersatz des metallischen Zugfederelementes durch einen einfachen elastischen (Gummi-)Ring erreicht. Diese Maßnahmenkombination führt jedoch zu einer sprunghaften Vereinfachung des beanspruchten Befestigungsmittels, welches weder durch den einschlägigen Stand der Technik angeregt noch durch einfaches fachübliches Handeln zu erreichen war. Zwar ist der Antragstellerin darin zuzustimmen, dass der Fachmann in den meisten technischen Gebieten - insbesondere im Zusammenhang mit Massenartikeln - stets von sich aus um die Vereinfachung bisher bekannter Lösungen bemüht ist. Wie aber die einschlägigen US-Patentschriften aus den Jahren 1969 und 1979 erkennen lassen, wurde die einmal eingeschlagene Entwicklungsrichtung mit kompliziert ausgeformten Klemmteilen und metallischen Zugfedern schon damals mindestens 10 Jahre lang beibehalten. Auch kann der Senat anerkennen, dass grundsätzliche fachmännische Bedenken gegenüber der Verwendung elastischer Gummiringe in der Befestigungstechnik - dort zum Zwecke der Vormontage von Elementen - wohl nicht bestanden haben, wie die von der Antragstellerin noch eingeführte DE 91 08 948 U1, betreffend die federnde Anlenkung einer Schraube an eine Rohrschelle, sowie das von ihr vorgetragene Beispiel hinsichtlich der Elektro-Steckdosen und -Schalter, deren Montagekrallen ebenfalls üblicherweise mit Gummiringen in einer schmalen, die Montage ermöglichenden Stellung gehalten werden, deutlich machen. Selbst wenn also die Verwendung von Gummiringen als Zugfederelement eine schlichte Folge des Bestrebens nach Vereinfachung darstellen würde und von einem entfernter liegenden Stand der Technik angeregt worden wäre, würde dies zumindest den weiteren Vereinfachungsschritt, nämlich die Ausgestaltung des Klemmelementes als einfache Lochscheibe nicht ohne weiteres nahelegen. Wenn nämlich bereits im Zusammenwirken mit hinlänglich starren und selbstführenden Bauteilen wie Spiralfedern oder Federbügeln aus metallischem Material die Fachwelt nicht von kompliziert ausgeformten Klemmteilen mit zusätzlichen, eine Führung bewirkenden zylindrischen Teilen, weggeführt werden konnte, wie die US-Patentschriften 3 483 910 und 4 146 074 belegen, so würde sie im Falle einfacher Gummiringe als Zugfederelemente erst recht nicht auf die oben beschriebenen kompliziert ausgeformten Klemmteile verzichten. Hinzu kommt, dass ein nicht starres und nicht selbstführendes Zugelement wie ein Gummiring technisch sinnvoll überhaupt nur an einer "echten" Hammerkopfschraube, also nicht an einer Hammerkopf-Mutter, eingesetzt werden kann, weil in diesem Falle das Klemmelement in besonderer Weise der Führung durch den Schraubenschaft bedarf, um das gesamte Befestigungselement überhaupt handhabbar zu gestalten.

Der verbleibende druckschriftliche Stand der Technik, der - wie bereits aus dem Neuheitsvergleich ersichtlich - entweder andere Prinzipien der Klemmung (Druckfeder-Mechanismen) oder bloße Materialbeschreibungen ohne Bezug zu einem in Rede stehenden Befestigungselement zum Gegenstand hat, konnte dem Fachmann zu der verteidigten Lösung im übrigen keinerlei Anregungen vermitteln.

Nach alldem kann der Senat nicht feststellen, dass die beanspruchte Kombination von zwei Schritten zur Vereinfachung eines bekannten Befestigungselementes sich für den Fachmann angesichts des einschlägigen Standes der Technik in Verbindung mit Maßnahmen aus technisch benachbarten Gebieten (Verwendung von Gummiringen) und unter Berücksichtigung eines grundsätzlichen fachmännischen Bestrebens nach ständiger Vereinfachung bekannter technischer Lösungen als bloße Routinelösung darstellt.

5. Mit dem Gegenstand des Schutzanspruchs 1 ist auch der Gegenstand der hierauf bezogenen Schutzansprüche 2 und 7 bis 9 nicht schutzunfähig.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs 2 Satz 3 GebrMG iVm § 84 Abs 2 Satz 1 und 2 PatG und § 97 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.

Goebel Dr. Huber Gießen Pr






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Az: 5 W (pat) 414/02


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