Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 15. Februar 2006
Aktenzeichen: 8 U 91/05

(OLG Hamm: Urteil v. 15.02.2006, Az.: 8 U 91/05)

Tenor

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Teilurteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 31. März 2005 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, Auskunft über Honoraransprüche, welche auf die Vergütung solcher Leistungen gerichtet sind, die die Anwaltssozietät U und P in den folgenden Aktenvorgängen bis zum 30. Juni 2001 erbracht hat, zu erteilen:

(hier folgen 62 Parteien nebst landgerichtlichem Aktenzeichen)

Der Beklagte wird weiterhin verurteilt, dem Kläger Einsicht in die Handakten folgender Aktenvorgänge zu gewähren:

(hier folgen 71 Parteien nebst landgerichtlichem Aktenzeichen)

Im Übrigen wird die auf Auskunft und Einsichtnahme in Handakten gerichtete Klage abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 40 % und der Beklagte zu 60 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.

Der Kläger verlangt im Wege der Stufenklage von dem Beklagten, mit dem er bis zum 30.06.2001 eine gemeinsame Tätigkeit als Rechtsanwälte in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeübt hatte, zunächst Auskunft über Honoraransprüche der Sozietät aus Vorgängen, die bis zum 30.06.2001 von dem Beklagten bearbeitet worden waren. Wegen der Darstellung des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils mit der Maßgabe Bezug genommen, dass der Beklagte im Jahr 1999 in die von dem Kläger zuvor als Einzelpraxis betriebene Anwaltskanzlei eingetreten war.

Mit dem angefochtenen Teilurteil hat das Landgericht dem Auskunftsanspruch zum Teil stattgegeben und im Übrigen die Auskunftsklage abgewiesen. Dieses Urteil greifen beide Parteien mit der Berufung an.

Der Kläger verfolgt seinen erstinstanzlichen Auskunftsanspruch weiter, den er inhaltlich konkretisiert und ergänzt. Er meint, der Beklagte sei seiner Auskunftspflicht hinsichtlich aller von ihm übernommenen Akten nicht ausreichend nachgekommen, da allein die Übergabe von Rechnungen nicht genüge. Die Übersendung von Rechnungen und Gewährung von Einsicht in die Aktenvorgänge seien zusätzliche Rechte aus der zugrundeliegenden Vereinbarung vom 6. Juli 2001, die er ergänzend geltend machen könne. Ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten, so meint er, bestehe nicht, da die Verpflichtung zur Überlassung von Akten an den Beklagten in der Vereinbarung vom 06.07.2001 nicht begründet worden sei. Hierzu behauptet er, der entsprechende Passus sei im Vertragstext gestrichen worden, ohne dass diese Streichung rückgängig gemacht worden sei. Zudem kenne er, der Kläger, keine Mandate, die von dem Beklagten akquiriert worden seien.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, Auskunft über die Honoraransprüche zu erteilen, die die Anwaltssozietät U und P bis zum 30.06.2001 in Bezug auf die im Klageantrag vom 28.12.2004 an das Landgericht Essen bezeichneten Aktenvorgänge erbracht hat, wobei sich aus der Auskunft insbesondere zu ergeben hat, welche gebührenpflichtigen Tätigkeiten im einzelnen der Beklagte bis zum 30.06.2001 in diesen Aktenvorgängen geleistet hat, sowie die von ihm erteilten Rechnungen vorzulegen bezüglich der Aktenvorgänge, die im Urteilsausspruch des Landgerichts Essen namentlich bezeichnet sind,

und ihm Einsicht in die im Klageantrag vom 28.12.2004 bezeichneten Handakten der Aktenvorgänge zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Essen vom 31.03.2005 abzuändern und die Klage abzuweisen

und die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt weiterhin,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte hält die Klage für unzulässig, da er wirksam die Einrede der Schiedsvereinbarung erhoben habe. Hierzu vertieft er seine in erster Instanz dargelegte Auffassung, wonach die Parteien im Gesellschaftsvertrag wirksam eine Schiedsklausel vereinbart hätten.

In der Sache rügt er, das Landgericht habe zu Unrecht sein Vorbringen zum Zurückbehaltungsrecht für unsubstantiiert gehalten; hierzu hätte es eines Hinweises bedurft, auf den er ergänzend vorgetragen hätte.

Weiterhin rügt der Beklagte, das Landgericht habe ihn über den Klageantrag hinaus nicht zur Auskunft über Honorareinnahmen, sondern über Honoraransprüche verurteilt. Soweit der Kläger nunmehr seinen Klageantrag geändert habe, sei dies unzulässig. Darüber hinaus erhebt der Beklagte hinsichtlich des jetzt verfolgten Auskunftsanspruchs die Einrede der Verjährung.

B.

I.

Die Berufungen sind zulässig. Insbesondere übersteigt die Beschwer des Beklagten die Berufungssumme von 600,00 € gem. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der insoweit maßgebliche Aufwand, der für den Beklagten mit der ihm auferlegten Auskunft verbunden ist, wird nach den Ausführungen des Beklagten im Senatstermin auf ca. 1.500,00 € geschätzt. Damit ist die Berufung, die die Beseitigung dieser Beschwer anstrebt, zulässig.

II.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht ihr nicht die Einrede der Schiedsvereinbarung gem. § 1032 Abs. 1 ZPO entgegen. Wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt hat, ist zwischen den Parteien durch § 14 des Sozietätsvertrages eine wirksame Schiedsklausel nicht zustande gekommen.

Zwar hätte die Klausel in § 14 Abs. 1 des Sozietätsvertrages vom 21.06.1999, wonach Streitigkeiten zwischen den Partnern und zwischen einem Partner und der Partnerschaft unter Ausschluss des öffentlichen Rechtsweges durch ein Schiedsgericht entschieden werden, isoliert gesehen zur Begründung einer Schiedsvereinbarung ausgereicht. Hierfür genügt die rechtsgeschäftliche Einigung darüber, alle oder einzelne Streitigkeiten der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen, § 1029 Abs. 1 ZPO. Der Regelung weiterer Einzelheiten des Verfahrens bedarf es zur Annahme einer wirksamen Schiedsvereinbarung grundsätzlich nicht, da diese durch die gesetzlichen Vorschriften ersetzt werden können (Zöller-Geimer, ZPO, 25. Aufl. § 1029 Rdn. 11).

Im Streitfall steht jedoch die Regelung in § 14 Abs. 2 des Sozietätsvertrages der Annahme einer bereits bindenden Schiedsvereinbarung entgegen. In § 14 Abs. 2 war vereinbart, dass der Schiedsvertrag gleichzeitig in einer besonderen Urkunde abgeschlossen werden sollte. Eine solche Vertragsurkunde ist jedoch nicht verfasst worden. Danach ist gem. § 154 Abs. 1 S. 1 BGB die gesamte Schiedsvereinbarung noch nicht zustande gekommen, da die Parteien sich über Einzelheiten, die sie regeln wollten, nicht geeinigt hatten. Auch wenn § 14 Abs. 1 des Sozietätsvertrages isoliert betrachtet bereits als vollständige Schiedsvereinbarung angesehen werden könnte, folgt aus Abs. 2 der erkennbare Wille der Parteien, die Klausel nicht ohne den in Abs. 2 vorgesehenen Vertrag gelten zu lassen. Die Parteien wollten nach dem Vertragstext nicht nur den Minimalinhalt der Schiedsvereinbarung regeln und im Übrigen die gesetzliche Regelung akzeptieren, sondern ausdrücklich abweichende oder ergänzende Gestaltungen für das Schiedsgerichtsverfahren treffen. Ob dies bereits die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung deshalb zur Folge hat, weil etwa wegen fehlender Regelungen über die Zusammensetzung des Schiedsgerichts das zur Entscheidung berufene Gericht nicht eindeutig bestimmt oder bestimmbar ist (vgl. OLG Köln, OLGR 2006, 28, 29), kann dahinstehen. Jedenfalls ist wegen Fehlens nach dem Willen der Parteien regelungsbedürftiger Punkte die Schiedsvereinbarung insgesamt im Zweifel noch nicht zustande gekommen (vgl. OLG München, BauR 2000, 1779).

Zwar greift die Auslegungsregel des § 154 Abs. 1 BGB dann nicht, wenn die Parteien sich erkennbar auch ohne den noch offenen Punkt binden wollten und sich die Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung füllen lässt (Palandt-Heinrichs, BGB 65. Aufl. § 154 Rdn. 2). Da Anhaltspunkte für eine hypothetische individuelle Vertragsgestaltung fehlen, kommt nur die Aufrechterhaltung der Schiedsvereinbarung unter ergänzender Geltung des dispositiven Gesetzesrechts, etwa zur Zusammensetzung des Schiedsgerichts (§ 1034 ZPO) oder zur Bestellung der Schiedsrichter (§ 1035 ZPO) in Betracht. Die Parteien haben jedoch zu erkennen gegeben, dass die gesetzlichen Regelungen gerade nicht unverändert angewandt werden sollten, da ausdrücklich ein gesonderter Schiedsvertrag geschlossen werden sollte, der sonst überflüssig gewesen wäre.

Entgegen der Auffassung des Beklagten kann auch allein aus der Tatsache, dass der Gesellschaftsvertrag ohne gleichzeitige Errichtung einer gesonderten Vertragsurkunde unterzeichnet wurde, nicht geschlossen werden, dass konkludent von dem Abschluss eines gesonderten Schiedsvertrages Abstand genommen wurde mit der Folge, dass nunmehr die Schiedsvereinbarung ohne weitere Regelungen und Förmlichkeiten gelten sollte. Ein solcher Wille kann den Parteien nicht unterstellt werden, zumal sie nach übereinstimmender Bekundung im Senatstermin das in § 14 Abs. 2 des Vertrages normierte Erfordernis eines separaten Schiedsvertrages bei Abschluss des Sozietätsvertrages nicht bedacht hatten.

Die Geltung einer isolierten Schiedsgerichtsklausel lässt sich schließlich nicht durch die salvatorische Klausel in § 15 Abs. 3 des Vertrages begründen. Daraus lässt sich nur herleiten, dass die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages im Übrigen nicht an dem Fehlen einer Schiedsklausel scheitern sollte.

III.

In der Sache hat die Berufung des Beklagten keinen Erfolg, während auf die Berufung des Klägers die vom Landgericht ausgesprochene Auskunftsverpflichtung zu erweitern war.

1.

Die Berufung des Beklagten kann nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, dass das Landgericht der Klage über den Klageantrag hinaus stattgegeben und damit gegen § 308 ZPO verstoßen habe. Unabhängig davon, dass der Kläger die Formulierung seines Klageantrags nunmehr dem landgerichtlichen Ausspruch angepasst hat, liegt ein Verstoß gegen § 308 ZPO schon deshalb nicht vor, weil das Landgericht den Antrag des Klägers danach verständig ausgelegt hat, was mit der begehrten Auskunft wirklich gewollt war. Das Auskunftsbegehren orientierte sich ersichtlich an der entsprechenden Vereinbarung zwischen den Parteien vom 06.07.2001 (Bl. 16 GA). Nach dieser sprachlich nicht ganz gelungenen Regelung hatte sich der Beklagte verpflichtet, dem Kläger Auskünfte über Honoraransprüche zu erteilen, die auf Leistungen in den näher bezeichneten Aktenvorgängen bis zum 30.06.2001 beruhten. Diese Informationen waren für die vorzunehmende Auseinandersetzung zwischen den Parteien bedeutsam, die sich auf die Zeit bis zum 30.06.2001 zu erstrecken hatte. Letztlich hat auch der Beklagte das missverständlich formulierte Klagebegehren so verstanden, was sich daraus ableiten lässt, dass er u.a. Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung eingewandt und sich zur Begründung auf die Übersendung von Rechnungen gestützt hat, die Honoraransprüche zum Inhalt haben.

Entgegen der im Senatstermin von dem Beklagten geäußerten Auffassung verfolgt der Kläger mit der Berufung deshalb insoweit keinen anderen Anspruch, so dass auch keine anderen Fristen im Rahmen der Verjährung laufen.

Dem Auskunftsanspruch, soweit er noch begründet ist, kann der Beklagte kein Zurückbehaltungsrecht wegen eines eigenen Anspruchs auf Herausgabe von Akten entgegenhalten. Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die Parteien sich im Rahmen des Vergleichs vom 06.07.2001 darauf geeinigt haben, dass dem Beklagten alle Handakten herauszugeben sind, die ihn als Sachbearbeiter ausweisen und von ihm akquiriert wurden. Ein entsprechender Vereinbarungstext ist unstreitig handschriftlich gestrichen worden. Zwar behauptet der Beklagte, die Streichung sei im Nachhinein wieder rückgängig gemacht worden. Auf das entsprechende Bestreiten des Klägers hat er dazu jedoch keinen geeigneten Beweis angetreten. Allein der Umstand, dass den Paraphen der Parteien die unter den gestrichenen Absatz gesetzt worden sind, ein Zusatz "i.O." hinzugefügt worden ist, ist als Beweis für eine Rückgängigmachung der Streichung ungeeignet. Die Darstellung des Klägers ist zwar möglich und lässt sich mit den handschriftlichen Zusätzen in Einklang bringen. Sie ist aber keineswegs zwingend, da ebenso gut möglich ist, dass der Zusatz "i.O." als Zustimmung zu der Streichung des Textes gemeint war.

Eine andere Anspruchsgrundlage steht dem Beklagten nicht zur Seite. Insbesondere ist er vor einer abschließenden Auseinandersetzung der Sozietät gehindert, einzelne Ansprüche isoliert durchzusetzen oder daraus Zurückbehaltungsrechte abzuleiten. Soweit der Kläger mit Schreiben vom 25.10.2001 (Bl. 37 GA) grundsätzlich seine Bereitschaft zur Herausgabe von Akten angedeutet hat, ist darin lediglich ein freiwilliges Zugeständnis unter den näher genannten Bedingungen zu sehen, dass ihm die konkreten Akten benannt werden; eine unabhängig davon bestehende rechtliche Verpflichtung folgt daraus nicht.

Da es somit bereits an einer Grundlage für den Anspruch des Beklagten fehlt, kann der Senat offen lassen, ob das Landgericht die Bezeichnung des Anspruchs, auf den das Zurückbehaltungsrecht gestützt wird, zu Recht als unsubstantiiert angesehen hat.

3.

Die Berufung des Klägers hat zum Teil insoweit Erfolg, als das Landgericht in einigen Fällen zu Unrecht die Erfüllung der Auskunftspflicht angenommen hat.

a)

Hinsichtlich des Inhalts des Auskunftsverlangens hat der Senat die vom Landgericht gewählte Formulierung, die sich an die Vereinbarung vom 06.07.2001 anlehnte, in sachgerechter Auslegung des Parteiwillens ergänzt. Soweit der Kläger mit dem Berufungsantrag auch die Vorlage von Rechnungen verlangt, handelt es sich nicht um eine Erweiterung seines Klagebegehrens, da diese Forderung, die sich ebenfalls auf den Vergleich vom 06.07.2001 stützen kann, auch ohne gesonderte Erwähnung Inhalt der Auskunftsverpflichtung war. Von einer ausdrücklichen Erwähnung im Urteilstenor hat der Senat deshalb Abstand genommen.

Zu Unrecht verlangt der Kläger von dem Beklagten die Angabe der genauen gebührenpflichtigen Tätigkeit, die dem jeweiligen Honoraranspruch zugrunde liegt. Hierbei handelt es sich um Informationen, deren Zusammenstellung und Erteilung für den Beklagten mit unzumutbaren Belastungen verbunden wären und auf die andererseits der Kläger zur Berechnung evtl. Ansprüche gegen den Beklagten nicht angewiesen ist. Insoweit genügt es, wenn der Beklagte die Gebührentatbestände unter Benennung der einschlägigen Vorschriften der BRAGO angibt, wie es in anwaltlichen Rechnungen üblich ist. Soweit der Kläger diese Angaben bezweifelt oder genauere Einzelheiten erfahren will, ist er auf sein Recht zur Überprüfung der vom Beklagten erteilten Informationen durch Akteneinsicht zu verweisen.

b)

Das Landgericht hat zu Unrecht Erfüllung des Auskunftsanspruchs in allen denjenigen Vorgängen angenommen zu denen der Beklagte Informationen gegeben hat oder zu denen der Kläger sich schriftlich geäußert hat. Nach Auswertung der insoweit geführten vorprozessualen Korrespondenz gelangt der Senat zu folgenden Ergebnissen:

aa)

Erfüllung des Auskunftsanspruchs ist in denjenigen Fällen eingetreten, in denen der Beklagte ausdrückliche Erklärungen über den Abschluss der Angelegenheiten abgegeben hat, die als Anlagenkonvolut B 4 zu den Akten gereicht worden sind. Es handelt sich hierbei um folgende Aktenvorgänge:

(hier folgen 10 Parteien nebst landgerichtlichem Aktenzeichen)

Soweit der Beklagte mit Schreiben vom 16.12.2003 eine Vielzahl von Rechnungen übersandt hat (Anlagenkonvolut B 7), ist er damit nur in den Fällen seiner Auskunftspflicht gerecht geworden, in denen für den Kläger erkennbar war oder dieser aus einer früheren Befassung mit der Sache die sichere Kenntnis hatte, in welchem Umfang die abgerechneten Gebührentatbestände auf Leistungen der Sozietät vor dem 30.06.2001 beruhten. Von einer solchen Kenntnis ist zum einen auszugehen bei den Vorgängen, die bereits vor dem 30.06.2001 abgerechnet worden waren. Hierbei handelt es sich um die Vorgänge

(hier folgen 3 Parteien nebst landgerichtlichem Aktenzeichen)

Im Übrigen ist von einer ausreichenden Kenntnis des Beklagten über die maßgeblichen Umstände nur in den Fällen auszugehen, in denen der Kläger vor Übersendung der Akten Anfang Juli 2001 eine eigene Honorarberechnung vorgenommen hatte, was seinen entsprechenden Schreiben (Anlagenkonvolut B 3) zu entnehmen war. Allein die Vorlage von Rechnungen genügt jedoch in den Fällen nicht, in denen der Kläger lediglich bei Rückgabe der Akten Übersendungsschreiben beigefügt oder unklare Notizen über die zu jenem Zeitpunkt begründeten Gebührentatbestände angefertigt hat. Hätte in all diesen Fällen die Kenntnis des Klägers genügen sollen, hätte es der entsprechenden nachträglichen Vereinbarung vom 06.07.2001 nicht bedurft.

Bei Anlegung dieses Maßstabes kann eine ausreichende Erfüllung der Auskunftspflicht in folgenden Verfahren nicht festgestellt werden:

(hier folgen 20 Parteien nebst landgerichtlichem Aktenzeichen)

Aus der vorstehenden Liste ist zu den Verfahren C ./. D, B ./. U1, N ./. Q und L ./. E bisher keinerlei Auskunft erteilt, also auch keine Rechnung übersandt worden. Im Übrigen genügen die von dem Beklagten bei Übersendung der Akten gemachten Angaben nicht, um daraus den Schluss zu ziehen, er habe über sichere Informationen zu Umfang und Zeitpunkt des Entstehens von Gebührentatbeständen verfügt.

4.

Der mit dem Berufungsantrag weiterhin geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht ist ebenfalls zulässig und begründet. Selbst wenn darin eine Klageänderung liegen sollte, wäre diese zulässig, da die Voraussetzungen des § 533 ZPO gegeben sind. Die Erweiterung des Auskunftsanspruchs um den Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht ist sachdienlich zur umfassenden Beilegung dieses Streits und kann entschieden werden auf der Tatsachengrundlage, die Gegenstand der Berufung im Übrigen ist.

Der Anspruch ist auch begründet, da die Parteien in der Vereinbarung vom 07.06.2001 ein Recht des Klägers auf Überprüfung und damit auf Akteneinsicht begründet haben.

In den Vorgängen, zu denen der Beklagte bereits im Jahre 2001 genügende Auskunft erteilt hat, ist jedoch Verjährung des Anspruchs eingetreten, so dass insoweit die Klage abzuweisen war. Der Anspruch auf Überprüfung entstand jeweils nach Erteilung der Auskunft, da erst zu dem Zeitpunkt eine Überprüfung möglich war. Die nach Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB vom 01.01.2002 an geltende 3jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB n.F. war insoweit mit Ablauf des 31.12.2004 verstrichen, ohne zuvor unterbrochen oder gehemmt worden zu sein. Gerichtlich geltend gemacht hat der Kläger den Anspruch erst mit dem Berufungsantrag (13.07.2005).

Soweit die Auskunft erst im Jahre 2003 erteilt wurde oder noch aussteht, ist Verjährung bisher nicht eingetreten.

IV.

Da der Senat über den Auskunftsanspruch abschließend entschieden hat, war auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu befinden und die Entscheidung nicht dem Schlussurteil vorzubehalten. Sie beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Über die Kosten des landgerichtlichen Verfahrens wird im Rahmen des Schlussurteils zu entscheiden sein.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.






OLG Hamm:
Urteil v. 15.02.2006
Az: 8 U 91/05


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