Sozialgericht Düsseldorf:
Urteil vom 11. Dezember 2007
Aktenzeichen: S 4 KR 61/07

(SG Düsseldorf: Urteil v. 11.12.2007, Az.: S 4 KR 61/07)

Tenor

1. Unter Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2007 wird festgestellt, dass die seit 01.11.2002 ausgeübte Vorstandstätigkeit des Klägers bei der J AG keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung begründete.

2. Die Beklagte hat die seit 01.11.2002 gezahlten Arbeitnehmeranteile zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass seine Tätigkeit als Vorstand einer Aktiengesellschaft keine Versicherungspflicht für gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung begründete und die Beklagte die zu Unrecht gezahlten Beiträge zu erstatten hätte.

Am 10.10.2002 wurde der Kläger zum Vorstand der J-Immobilien T1 und T2 AG bestellt. Tätigkeitsschwerpunkt der AG ist der Handel mit Gebrauchtimmobilien. Es werden Immobilien aus Versteigerungen erworben und möglichst schnell zu höheren Preisen wieder veräußert. Den Anlegern werden hoch verzinste Inhaberschulverschreibungen angeboten. Laut Satzung besitzt die AG ein Grundkapital von 3.000.000,00 EUR Namens Aktien.

Am 27.10.2002 wurde zwischen der AG und dem Kläger ein Anstellungsvertrag geschlossen, wonach der Kläger mit Wirkung ab 10.10.2002 für die Zeit bis zum 30.09.2007 zum alleinvertretungsberechtigten Vorstand der Gesellschaft bestellt wurde. Als Vorstand führe er die Geschäfte der Gesellschaft eigenverantwortlich nach Maßgabe der Gesetze und der Satzungen, der Beschlüsse der Hauptversammlung und des Aufsichtsrates, der vom Aufsichtsrat erlassene Geschäftsordnung und dieses Vertrages. Er arbeite bis auf Weiteres als Alleinvorstand. Nach § 2 wurde der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen. Nach § 3 kann der Aufsichtsrat in einer Geschäftsordnung bestimmen, dass der Vorstand für die Geschäfte und Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen, der vorherigen Zustimmung des Aufsichtrates bedürfe. In § 4 war ein Jahresgehalt in Höhe von 36.000,00 EUR vereinbart. Nach § 5 richtete sich die Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen, jedoch mindestens 40 Stunden pro Woche. Der Vorstand gestalte seine Arbeitszeit nach freiem Ermessen und unter vorrangiger Berücksichtigung der Interessen der Gesellschaft. Eine Überstundenvergütung erfolge nicht. § 6 regelte die Überlassung eines angemessenen Dienstwagens für Dienstfahrten. Nach § 9 war ein Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen auf der Basis einer 5-Tage-Woche vereinbart. In § 10 war eine Lohnfortzahlung im Falle krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit für drei Monate vereinbart.

Mit Schreiben vom 06.05.2005 beantragte der Kläger und die AG die Erstattung der zu viel gezahlten Arbeitnehmeranteile und zwar Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung mit Wirkung ab November 2002. Bei einer Lohnsteuerprüfung hätte das Finanzamt festgestellt, dass die Vorstandstätigkeit des Klägers sozialversicherungsfrei sei. Der Kläger erhalte knapp 20 % der Aktien der Aktiengesellschaft und der Bruttolohn betrage nach wie vor 3.000,00 EUR pro Monat. Gewinnausschüttungen seien erst ab 2007/2008 zu erwarten. Mit Bescheid vom 18.07.2005 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seit dem 01.11.2002 versicherungspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung sei. In der Renten- und Arbeitslosenversicherung war er versicherungsfrei seit dem 01.11.2002. Dem Bescheid war keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt.

Dagegen hat der Kläger am 23.02.2006 Widerspruch erhoben. Bei der Vorstandstätigkeit für eine Aktiengesellschaft handele es sich nicht um eine abhängige Beschäftigung, so dass eine Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nicht vorliege. Das Aktiengesetz habe die Tätigkeit des Vorstandes im Wesentlichen als nicht abhängig geregelt. Nach § 76 Abs. 1 AktG habe der Vorstand die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten. Ihm obliege die Geschäftsführung (§ 77 Abs. 1 AktG) und die Vertretungsbefugnis nach außen (§ 78 AktG), die nicht beschränkt werden könne (§ 82 Abs. 1 AktG). Nach § 111 AktG hätte der Vorstand kein Weisungsrecht, sondern lediglich eine Überwachungsfunktion. Nach § 84 Abs. 3 AktG könne eine Abberufung aus wichtigem Grund erfolgen. Auch das BSG hätte mit Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 38/98 R - die Tätigkeit eines Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft nicht als abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV bewertet. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2007 hat die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Das BSG hätte in seinem Urteil vom 31.05.1989 - 4 RA 22/88 - festgestellt, dass Vorstandsmitglieder einer AG zu den Beschäftigten im Sinne des § 7 SGB IV zählten. In der Renten- und Arbeitslosenversicherung sei die Freiheit von Vorstandsmitgliedern einer AG ausdrücklich festgestellt (§ 1 Satz 4 SGB VI und § 27 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 SGB III). Die ausdrückliche Befreiung von der Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht mache nur Sinn, wenn der Gesetzgeber grundsätzlich davon ausgehe, dass die Tätigkeit eines Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft versicherungspflichtig sei. Da in der Kranken- und Pflegeversicherung eine entsprechende Befreiungsvorschrift fehle, begründe daher die Tätigkeit als Vorstand einer Aktiengesellschaft Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung, wenn das Jahresarbeitsentgelt die regelmäßige Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Da hier die Jahresarbeitsgentgeltgrenze nicht überschritten werde, bestehe Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Dagegen hat der Kläger am 23.04.2007 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Laut Änderungsvereinbarung vom 29.08.2005 sei mit Wirkung ab 01.09.2005 das monatliche Gehalt auf 8.500,00 EUR pro Monat erhöht worden. Zum 31.03.2005 hätte die AG den Kläger jedoch von der Krankenversicherungspflicht abgemeldet, denn nach ihrer Auffassung hätte keine Versicherungspflicht zur Krankenversicherung bestanden, obwohl die Vorstandstätigkeit weiter ausgeübt werde. Im Übrigen bezieht sich der Kläger zur Begründung auf sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2007 festzustellen, dass der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit als Vorstand der J Immobilien T1 und T2 AG in der Kranken- und Pflegeversicherung am 01.11.2002 versicherungsfrei war und die Beklagte zu verurteilen, die Arbeitnehmeranteile der gezahlten Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Grundsätzlich würden die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung die Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften den abhängig Beschäftigten zuordnen. Etwas Anderes ergebe sich nur dann, wenn das Vorstandsmitglied über die Aktienmehrheit im Unternehmen verfüge. In diesen Fällen seien das Vorstandsmitglied nicht wie Arbeitnehmer, sondern als selbständig Tätige anzusehen und zu beurteilen. Eine solche Fallgestaltung läge jedoch nicht vor. Die Entscheidung des BSG vom 14.12.1999 trage den Besonderheiten der gesetzlichen Unfallversicherung Rechnung und sei hier nicht einschlägig. Denn § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII sei zu entnehmen, dass Vorstandsmitglieder einer AG in keinem Fall als Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in der Unfallversicherung pflichtversichert sein könnten. Im Übrigen verweist die Beklagte auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Zu Unrecht hat die Beklagte es abgelehnt, festzustellen, dass die vom Kläger in der Zeit vom 01.11.2002 bis 31.08.2005 ausgeübte Tätigkeit als Vorstand der J-AG versicherungsfrei in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung war. Der Kläger hat auch Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile der während dieser gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

Es bestand keine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zur gesetzlichen Krankenversicherung und nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind Arbeiter und Angestellte ..., die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung auch versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V besteht Versicherungsfreiheit für Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt, die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 6 und 7 übersteigt (§ 6 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 23.12.2003 - BGB I Satz 2848). Der Kläger hat jedoch im gesamten Zeitraum die Jahresarbeitsentgeltgrenze (42.300,00 EUR im Jahre 2005) nicht überschritten. Sein jährliches Bruttogehalt betrug unverändert 36.000,00 EUR in dem gesamten Zeitraum.

Voraussetzung für das Bestehen von Versicherungspflicht ist jedoch das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Arbeitnehmer sind danach Personen, die als Beschäftigte einer nichtselbständigen Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis nachgehen (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Für die Arbeitnehmereigenschaft ist die persönliche Abhängigkeit von einem Arbeitgeber kennzeichnend (vgl. BSG SozR 2100 § 7 Nr. 7 - BSG E 85, 214, 216). Persönliche Abhängigkeit bedeutet Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung. Das Weisungsrecht kann allerdings besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt und zur "funktionsgerecht, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert" sein. Es darf aber nicht vollständig entfallen. Kennzeichnend für eine selbständige Tätigkeit ist dem gegenüber das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die Möglichkeit frei über Arbeitsort und Arbeitszeit zu verfügen (vgl. BSG a. a. O). Eine selbständige Tätigkeit kann auch im Rahmen des freien Dienstvertrages im Sinne des bürgerlichen Rechts ausgeübt werden (BSG SozR 2200 § 165 Nr. 45 und 96). In Zweifelsfällen kommt es darauf an, welche Merkmale überwiegen.

Nach diesen Maßstäben sind Vorstandsmitglieder einer AG bei Tätigkeiten für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, in der Regel keine Beschäftigten im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV (so BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 38/98 = BSG E 85, 214). Wie das BSG in diesem Urteil ausführt, ist die Tätigkeit von Vorstandsmitgliedern einer AG im Wesentlichen durch die gesetzlichen Regelungen im Aktiengesetz geprägt. Das Aktiengesetz regele die Tätigkeit der Vorstandsmitglieder im Wesentlichen als unabhängig. Die Vorstandsmitglieder seien nicht wie abhängig Beschäftigte in den Betriebsablauf des Unternehmens eingeordnet. Der Vorstand habe die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten (§ 76 Abs. 1 AktG). Ihm obliegt auch die Geschäftsführung (§ 77 Abs. 1 AktG) und die Vertretungsbefugnis nach außen (§ 78 AktG), die nicht beschränkt werden kann (§ 82 Abs. 1 AktG). Den Vorstandsmitgliedern kann für ihre Tätigkeit eine Beteiligung am Gewinn gewährt werden. Die Vorstandsmitglieder unterliegen keinen Weisungen durch den Aufsichtsrat; dieser hat vielmehr lediglich eine Überwachungsfunktion (§ 111 Abs. 1 AktG).

Dementsprechend ist in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung durch Bundesgerichtshof bereits mit Urteil vom 11.07.1953 (BGH Z 10, 187, 191) auf der Grundlage des damals noch geltenden Aktiengesetzes vom 30.01.1937 (RGBL I, 107) entschieden worden, dass Anstellungsverträge von Vorstandsmitgliedern einer AG grundsätzlich unabhängige Dienstverträge sind, für die nicht die Einschränkungen des Arbeitsrechtes gelten. Dies ist in der zivil- und arbeitsrechtlichen Rechtsprechung seit langem herrschenden Meinung (vgl. Hüffer Aktiengesetz 3. Auflage § 84 Rdnr. 11). Für den Bereich der Arbeitslosenversicherung und der Unfallversicherung ist dies auch durch die Rechtsprechung des BSG anerkannt (vgl. Urteil des BSG vom 14.12.1999 a. a. O. für die Unfallversicherung und Beschluss des BSG vom 14.03.2007 B 11 a AL143/06 B für die Arbeitslosenversicherung).

Für die Arbeitslosenversicherung und die Rentenversicherung ist durch die Vorschriften des §§ 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III und 1 Satz 4 SGB VI klargestellt, dass Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt sind. Zu Unrecht zieht die Beklagte aus diesen beiden Vorschriften die Schlussfolgerung, dass der Gesetzgeber grundsätzlich von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Vorstandsmitglieder ausgeht, da ansonsten die Befreiungsregelung nicht erforderlich gewesen wäre. Bei den beiden Vorschriften handelt es jedoch um typisierende Regelungen, die bezwecken, dass typische Besonderheiten von Einzelfällen unberücksichtigt bleiben sollen, d. h. auch Vorstandsmitglieder von kleinen und wirtschaftlich leistungsschwachen Aktiengesellschaften sollen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen werden (vgl. Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.07.2006 R 13 AL 1766/06 und BSG SozR 2400 § 3 Nr. 4; BSG SozR 3 - 2940 § 3 Nr. 1). Dieser Ausschluss gilt auch unabhängig davon, ob die Vorstandsmitglieder am Kapital der AG beteiligt sind oder nicht (vgl. BSG Urteil vom 22.04.1987 - 10 RAr 5/86 in USK 8732). Auch die Vorgängerregelung des § 1 Satz 4 SGB VI in § 3 Abs. 1 a AVG hatte diesen typisierenden Charakter (vgl. BSG Urteil vom 14.12. B 2 U 38/98 R a. a. O). Im Ergebnis lässt sich somit festhalten, dass nach der höchstrichterlichen Rechtssprechung die Versicherungsfreiheit der Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht auf die gesetzlichen Befreiungsregelungen gestützt wird, sondern auf die Prägung der Tätigkeit durch die Regeln im Aktiengesetz. Diese Prägung durch das Aktienrecht muss daher auch für den Bereich der Krankenversicherung berücksichtigt werden. Es lässt sich allenfalls diskutieren, ob wegen des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Befreiungsregelung im Krankenversicherungsrecht eine typisierende Betrachtung nicht gestattet ist und stattdessen eine konkrete Einzelfallprüfung durchzuführen ist. Das BSG hat jedoch im Urteil vom 21.02.1990 - 12 RK 47/87 - Rd.-Note 14) ausgeführt, dass die typisierende Bestimmung des § 3 Abs. 1 a AVG sich ausdrücklich zwar nur auf die Angestelltenversicherung beziehe, sie gelte jedoch nach der Rechtssprechung auch für die Krankenversicherung (vgl. BSG E 36, 164). Dieser Auffassung hat sich auch die erkennende Kammer angeschlossen, so dass auch in der Krankenversicherung eine typisierende Betrachtungsweise angebracht ist. Selbst wenn eine konkrete Einzelfallprüfung durchgeführt würde, käme man zu keinem anderen Ergebnis: der vorliegende Anstellungsvertrag enthält keine einzelfallvertraglichen Regelungen, die der Tätigkeit des Klägers als Vorstand für die Aktiengesellschaft das Gepräge eines Arbeitsverhältnisses geben: Vereinbarungen über Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und den Umfang eines Urlaubsanspruches sprechen zwar in der Regel für ein Arbeitsverhältnis, sie sind jedoch nicht so gravierend, dass sie der Gesamttätigkeit des Klägers als Vorstand entsprechend den Regeln im Aktiengesetz das Gepräge eines Arbeitsverhältnisses geben. Das ergibt sich u. a. offen daraus, dass der Urlaub im Einzelfall nicht genehmigt werden unerheblich mit dem Aufsichtsrat abgestimmt werden braucht.

Die Tätigkeit des Klägers für die AG unterliegt somit dem Zeitraum vom 01.11.2002 bis 31.08.2005 nicht der Versicherungspflicht der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

Arbeitnehmeranteile für die im o. g. Zeitraum gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten. Nach dieser Vorschrift sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruches aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht hat. Die Beitragserstattung setzt hier nicht die Aufhebung eines Bescheides voraus, da die Beiträge, im Lohnabzugsverfahren vom Arbeitgeber an die Beklagte entrichtet wurden, ohne dass ein Verwaltungsakt seitens der Beklagte ergangen war. Dem Antrag auf Beitragserstattung nach § 26 Abs. 2 SGB IV steht somit nicht die formelle Bestandskraft eines Bescheides entgegen. Der Anspruch auf Beitragserstattung ist auch nicht durch eine Leistungserbringung seitens der Beklagten ausgeschlossen. Leistungen werden nicht aufgrund von Beiträgen, sondern aufgrund von Mitgliedschaften erbracht (vgl. BSG Urteil vom 25.04.1991 - 12 RK 40/90 - in SozR 3 - 2400 § 26 Nr. 3). Für den Ausschluss des Erstattungsanspruches würde es auch ausreichen, dass Leistungen in dem Zeitraum erbracht wurden, für den die Beiträge zu unrecht entrichtet wurden. Nach Angaben der Beklagten sind in dem streitigen Zeitraum jedoch keine Leistungen an den Kläger dokumentiert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.






SG Düsseldorf:
Urteil v. 11.12.2007
Az: S 4 KR 61/07


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