Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Januar 2005
Aktenzeichen: 30 W (pat) 227/03

(BPatG: Beschluss v. 31.01.2005, Az.: 30 W (pat) 227/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die unter IR 752 833 für die Waren und Dienstleistungen 9 Appareils et logiciels permettant le tri et l'interclassement rapide de très grandes bases de donnees.

42 Travaux et services d'ingenieurs se rapportant au tri et à l'interclassement rapide de très grandes bases de donnees.

international registrierte in den Farben blau und grün gehaltene Wort-/Bildmarkebegehrt Schutz für die Bundesrepublik Deutschland.

Die Markenstelle für Klasse 9 IR hat den Schutz in zwei Beschlüssen einen davon im Erinnerungsverfahren ergangen wegen fehlender Unterscheidungskraft versagt. Es handele sich um eine sprachübliche Wortneuschöpfung, die lediglich Sachangaben in werbemäßiger Form vermittle. "Super" sei in der Bedeutung "sehr gut, Spitzenklasse, Qualitätsware" in die deutsche Sprache eingegangen, "Select" in der Bedeutung von "erlesen, exklusiv" sei dem inländischen Verkehr geläufig. "Super Select" sei daher die schlagwortartige und anpreisende Aussage zu entnehmen, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen von auserlesener, besonderer Qualität seien, wobei "super" lediglich als Bekräftigung und Verstärkung dieser Eigenschaften wirke.

Die Markeninhaberin hat Beschwerde eingelegt. Sie führt im wesentlichen aus, in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen bleibe die Bedeutung "besonders erlesen/ausgewählt/exklusiv" ohne erkennbaren Sinn, da diese regelmäßige standardisiert angeboten würden und einen technischen Hintergrund hätten.

Sie beantragt, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 IR des Deutschen Patent- und Markenamtes aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für die angemeldete Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH MarkenR 2004, 39 - City Service). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist dabei zum einen in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Durchschnittsempfängern dieser Dienstleistungen zusammensetzen (vgl EuGH MarkenR 2004, 99 - Postkantoor).

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind Wortmarken nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden oder es sich um einen gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl BGH aaO - City Service). So kann auch solchen Bezeichnungen, die keine beschreibenden Angaben im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG darstellen und die auch nicht zu den allgemein gebräuchlichen Wörtern der Alltagssprache gehören, jegliche Unterscheidungskraft fehlen. Das ist insbesondere bei allgemein warenanpreisenden Ausdrücken oder Wortfolgen anzunehmen, bei denen - ohne eine warenbeschreibende Sachangabe zu sein - ein auf die Ware bezogener Sinngehalt so stark im Vordergrund steht, dass der Gedanke fern liegt, es könnte sich - über eine Werbeaussage hinaus - um einen Herkunftshinweis handeln (vgl BGH GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns; GRUR 2000, 323, 324 - Partner with the Best). Damit ist von mangelnder Unterscheidungskraft bei Werbeslogans lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen allgemeiner Art auszugehen. Indizien für die Eignung, die Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sein. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage kann einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten (vgl BGH GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft).

Bei der Prüfung ist von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern sie muß vielmehr streng und vollständig ausfallen (vgl EuGH WRP 2003, 735 - Libertel-Orange; aaO - Postkantoor).

Nach diesen Grundsätzen erfüllt die angemeldete Marke selbst diese geringen Anforderungen nicht, da sie eine Sachaussage beinhaltet, die sich ausschließlich in der Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen erschöpft (vgl BGH aaO - marktfrisch).

Die angemeldete Wort-/Bildmarke setzt sich aus den beiden Wörtern "Super" und "Select" zusammen, die beide zum englischen Grundwortschatz gehören.

Der Bestandteil "Super" der angemeldeten Wortfolge ist ebenso wie vergleichbare Adjektive "mega, best, extra" in die deutsche Umgangssprache und insbesondere Werbesprache eingegangen und hat im Deutschen wie im Englischen den Sinngehalt "sehr gut, hervorragend, großartig" und wird insbesondere als Präfix in der Bedeutung von "übermäßig, über (etwas) hinausgehend, über - "in unzähligen Zusammensetzungen insbesondere der Werbesprache zur Steigerung der Aussage des damit kombinierten, nachfolgenden Begriffes benutzt, wie in "superabundance" für Überfluss, "superfine" für hochfein, "superduper" für superklasse, "superman" für Übermensch, "superstar" für Superstar (vgl Duden Oxford Wörterbuch Englisch).

Im technischen Bereich sind Zusammensetzungen bekannt wie "supercomputer" für Superrechner, "superconductor" für Supraleiter, "vaccuum super insulation technology" für Vakuum-Super-Isolierte Technologie, "superaudio channel" für Überlagerungskanal, "super low frequency" für Frequenzen unter 3 kHzw, "super gloss finish print" für Hochglanzabzug (vgl Leo Online Wörterbuch Englisch der TU München).

"Super" ist dabei insbesondere eine umgangssprachlich beliebte Superlativangabe, die etwas über die Beschaffenheit und insbesondere die Qualität der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen aussagen soll.

Der weitere Bestandteil "Select" bedeutet allgemein als Adjektiv "ausgewählt, erlesen, exklusiv" und wird in zahlreichen Zusammensetzungen verwendet, um auf die besondere Auswahl nach bestimmten Kriterien und damit die hervorherausgehobene Position der so bezeichneten Objekte und Begriffe hinzuweisen. "Select" wird dabei auch in Zusammensetzungen nach Art eines Substantives verwendet wie bei "direction select" für Richtungsvorgabe, "group select" für Gruppenwahl, "preselect" für Vorwahl, wie auch im technischen Bereich für "chipselect" für Chipauswahl, "modeselect" für Betriebsartwahl (vgl Leo Online Wörterbuch Englisch der TU München). In der Werbesprache findet der Begriff Anwendung, um entweder auf ein besonderes Qualitätsmerkmal im Sinne von Auslese oder auch Auswahl nur für einen begrenzten Kreis hinzuweisen.

Die Zusammensetzung "Super Select" ist ebenso wie die oben genannten Kombinationen aus beiden Bestandteilen eine sprachregelgerechte Zusammensetzung und die naheliegende Verbindung zweier in der Werbesprache üblicher Begriffe und läßt sich wörtlich mit "Superauswahl, hervorragende Auswahl, sehr exklusiv, besonders (aus) erlesen, hervorragend ausgesucht" übersetzen.

Gerade in dem hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungsbereich sind dem Publikum englischsprachige Begriffe vertraut, so dass es den Bedeutungsgehalt "hervorragende Auswahl" als im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt deutlich, unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennen wird. Der beschreibende Aussagegehalt "hervorragende Auswahl" ist dabei so deutlich und unmißverständlich, dass seine Funktion als sachbezogener Begriff nahegelegt ist und die beteiligten Verkehrskreise in dem Zeichen lediglich eine werbeschlagwortartige Anpreisung der Waren und Dienstleistungen, nicht jedoch einen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen.

Selbst wenn die Waren und Dienstleistungen wie die Anmelderin anführt regelmäßig standardisiert angeboten werden, so lassen sich auch in diesem Bereich hierfür Kriterien festlegen - wie den Preis oder die Leistung im Vergleich zu Konkurrenten, die als Grundlage für die Feststellung einer hervorragenden Auswahl dienen können.

So wird die Bezeichnung "Super Select" in dem angeführten Bedeutungsgehalt von den angesprochen Verkehrskreisen stets nur als werbeschlagwortartige Anpreisung der Waren und Dienstleistungen in dem Sinne verstanden werden, dass es sich um ein hervorragendes, ausgewähltes Sortiment an Waren handelt und dass die Dienstleistungen für dieses hervorragende Warensortiment, diese Warenauswahl bestimmt sind bzw die Dienstleistungen selbst die beste Auswahl darstellen.

Eine schutzbegründende Unbestimmtheit oder Mehrdeutigkeit ist daher nicht zu erkennen. Im übrigen besteht ein Schutzhindernis bereits dann, wenn eine von mehreren möglichen Bedeutungen eine beschreibende Angabe darstellt (vgl EuGH MarkenR 2003, 450 - DOUBLEMINT).

So genügt es für die Unterscheidungskraft eines Wortzeichens nicht schon, dass es seinem semantischen Gehalt nach keine Informationen über die Art der bezeichneten Waren und Dienstleistungen enthält. Das Fehlen der Unterscheidungskraft kann nämlich bereits festgestellt werden, wenn der semantische Gehalt des Wortzeichens den Verbraucher auf ein Merkmal der Ware oder Dienstleistung hinweist, dass deren Verkehrswert betrifft und, ohne präzise zu sein, eine verkaufsfördernde oder eine Werbebotschaft enthält, die von den maßgebenden Verkehrskreisen in erster Linie als eine solche und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Dienstleistungen wahrgenommen werden wird (vgl EuG vom 3. Juli 2003 in der Rechtssache T-122/01 - BEST BUY unter http://www.curia.eu.int).

Die graphische Gestaltung vermag der angemeldeten Wortfolge in ihrem Gesamteindruck keine über den Werbestandard hinausgehende betriebskennzeichnende Eigenart zu verleihen. Die Wörter sind in einer üblichen Schriftart wiedergegeben.

Die farbige Ausgestaltung stellt ein übliches Mittel dar, das lediglich der Erregung der Aufmerksamkeit dienen soll. Der Verkehr nimmt die angemeldete Marke als Gesamtheit war, in der die beschreibende Angabe "Super Select" so im Vordergrund steht, dass der bildlichen Gestaltung daneben keine über das Werbeübliche hinausgehende Besonderheit beigemessen wird (vgl BGH BlPMZ 2001, 397 - AntiKALK).

Aufgrund der vorgenannten Feststellungen bestehen auch hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das angemeldete Zeichen im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG darstellt, an der die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltebedürfnis haben.

Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Pü






BPatG:
Beschluss v. 31.01.2005
Az: 30 W (pat) 227/03


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