Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Oktober 2000
Aktenzeichen: 7 W (pat) 54/99

(BPatG: Beschluss v. 18.10.2000, Az.: 7 W (pat) 54/99)

Tenor

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Beschwerde der Anmelderin ist gegen den Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse F 16 S des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Juli 1999 gerichtet, mit dem die vorliegende Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen worden ist, daß ihr Gegenstand gegenüber dem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind zum Stand der Technik die deutsche Offenlegungsschrift 20 10 663 und die deutsche Patentschrift 43 25 972 aufgezeigt worden.

Die Anmelderin legt in der mündlichen Verhandlung einen neuen Patentanspruch 1 vor und beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent zu erteilen mit Patentanspruch 1 vom 18. Oktober 2000, Patentansprüchen 2 bis 16 unter Streichung der Unteransprüche 2 und 6 und entsprechende Anpassung, Beschreibungseinleitung vom 8. August 2000, Beschreibung ab Seite 4 und Zeichnungen in ursprünglicher Fassung.

Sie macht geltend, das beanspruchte Verbundprofil sei im eingeführten Stand der Technik nicht aufgezeigt und werde durch diesen auch nicht nahegelegt.

Der Patentanspruch 1 lautet:

"Wärmegedämmtes Verbundprofil, insbesondere für Fenster, Türen, Fassaden und dergleichen, bestehend aus zwei vorzugsweise aus Metall bestehenden Profilen, die über vorzugsweise zwei in Anschlußaufnahmen der Profile befestigte Isolierstege miteinander verbunden und im Abstand voneinander gehalten sind, wobei die Isolierstege über wenigstens einen längenveränderlichen und isolierenden Quersteg miteinander verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, daß der im Bereich seiner Enden rechtwinklig an die Isolierstege anschließende Quersteg einen plastisch verformbaren Dehnungsabschnitt aufweist, der etwa mittig zum Quersteg angeordnet ist, wobei der Quersteg bzw. die Querstege einstückig mit den Isolierstegen ausgebildet ist/sind."

Die geltenden Unteransprüche sind dem Patentanspruch 1 nachgeordnet und zumindest mittelbar auf ihn rückbezogen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Anmeldungsgegenstand stellt - wie die Prüfungsstelle zu Recht festgestellt hat - keine patentfähige Erfindung iSd §§ 1 bis 5 PatG dar.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist zwar neu, er beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die geltende Beschreibungseinleitung der Anmeldung nimmt Bezug auf den Stand der Technik nach der deutschen Patentschrift 43 25 972 (S 1 le Abs). Diese offenbart ein wärmegedämmtes Verbundprofil (s Fig und zugehörige Beschreibung), bei dem ein metallisches Innenprofil (10) und ein metallisches Außenprofil (11) zur Vermeidung einer Wärme- bzw Kältebrücke mit zwei parallelen, in Anschlußaufnahmen (Randleisten 14, 15) der Profile befestigten Isolierstegen (12) beabstandet miteinander verbunden sind. Ein Quersteg (Zwischenwand 16) aus Isolierstoff verläuft zwischen den beiden Isolierstegen und schließt mit seinen beiden Enden rechtwinklig an diese an. Er bildet ein separates Bauteil, das nach der Montage der Isolierstege zwischen diese eingebracht wird, wozu er elastisch verformbar, dh längenveränderlich ist (Sp 2 Z 35 bis 42).

Hiervon ausgehend soll die Aufgabe gelöst werden, ein wärmegedämmtes Verbundprofil zu schaffen, das eine vereinfachte Montage der beiden Profile mittels der sie verbindenden Isolierstege erlaubt, wobei darüber hinaus eine erhöhte Wärmedämmung in dem zwischen den Isolierstegen gebildeten Raum erreicht werden soll (S 2 Z 15 bis 21).

Zur Lösung dieser Aufgabe ist gemäß Anspruch 1 im Kern vorgeschlagen, den Quersteg einstückig mit den Isolierstegen zu verbinden und in seinem mittleren Bereich einen plastisch verformbaren Dehnungsabschnitt anzuordnen.

Der Senat vermochte in der diesbezüglichen Lehre keine erfinderische Tätigkeit zu erkennen, weil der Stand der Technik dem Fachmann, hier ein Maschinenbauingenieur mit Erfahrung bei der Gestaltung wärmegedämmter Verbundprofile für Fenster, Türen, Fassaden und dgl., hinreichende Anregung zu ihrer Auffindung liefert.

So beschreibt die deutsche Offenlegungsschrift 20 10 663 bereits ein wärmegedämmtes Verbundprofil für Gebäudeaußenwände, insbesondere für Fenster und Türen, mit einem Kältebrücken vermeidenden Verbindungsstück zwischen Profilen (S1 le Abs bis S2 Abs 1 u 2), dessen Isolierstege (Wandungsteile 5 u 6) mit einem längenveränderlichen Quersteg (Mittelsteg 7) einstückig verbunden sind, wobei die Längenveränderlichkeit durch Wahl eines federnd nachgiebigen Materials (Weichkunststoff) bestimmt ist und in Übereinstimmung mit dem Anmeldungsgegenstand den Zweck verfolgt, ein passgenaues Einrasten der Nasen der Isolierstege in Anschlußaufnahmen (Nuten oder Vorsprünge) der Profile (1, 2) zu ermöglichen (S 6 le Abs bis S 7 Z 5 iVm Fig 1). Aufgrund des Wanddickenverlaufs des Quersteges nach Figur 1 befindet sich der verformbare Dehnungsabschnitt im wesentlichen auch etwa in der Mitte des Quersteges, nämlich dort, wo die Wandstärke am geringsten ist. Die Übertragung dieser Maßnahme auf das Verbundprofil nach der deutschen Patentschrift 43 25 972 liegt wegen der mit ihr verbundenen Vorteile einer vereinfachten Montage für den Fachmann nahe. Sie führt zu einem Verbundprofil, das sich von dem beanspruchten Gegenstand noch durch den verwendeten Wirkmechanismus - elastische statt plastische Verformung - für die Längenänderung des Quersteges unterscheidet. Nach den Ausführungen der Anmelderin werden durch die plastische Verformung Restspannungen bzw. Querkräfte auf die Isolierstege nach erfolgter Montage vermieden.

Der Senat ist jedoch nicht zur Überzeugung gelangt, daß in der beanspruchten plastischen gegenüber der bekannten elastischen Verformung des Dehnungsbereichs des Quersteges eine erfinderische Tätigkeit zu sehen ist. Bei Isolierstegen, die entsprechend der Darstellung in der deutschen Patentschrift 43 25 972 über eine Schwalbenschwanzverbindung formschlüssig an den Profilen befestigt sind, kommt es nämlich - anders als bei dem Verbundprofil nach der deutschen Offenlegungsschrift 20 10 663, bei der, wie die Anmelderin meint, die Federkraft zum kraftschlüssigen Halten der Isolierstege in der Nut der Profile eine gewisse Rolle spielt - nicht mehr auf eine mehr oder weniger hohe elastische Spannung im Quersteg an, sondern nur darauf, eine hinreichende Längenänderung des Quersteges zuzulassen. Soweit es daher von Bedeutung ist, nach der Montage keine störenden Querkräfte auf die Isolierstege zu erhalten, ist dies, wie der Fachmann im Rahmen seines Wissens und Könnens ohne weiteres übersieht, mittels plastischer oder elastischer Verformung, wenn letztere mit hinreichend kleinen Federspannungen realisiert wird, erreichbar. Ein Beispiel vernachlässigbar kleiner, auf die Isolierstege wirkender elastischer Restkräfte im Quersteg offenbart die erörterte Offenlegungsschrift: Der Quersteg ist dort aus einem schlauchartig ausbeulbaren Papier hergestellt. Danach sieht der Fachmann die plastische und die elastische Verformbarkeit des Dehnungsabschnittes des Quersteges für gattungsgemäße Verbundprofile als gleichwertige, ihm zur Wahl stehende Maßnahmen an.

Der Patentanspruch 1 ist somit nicht gewährbar.

Die geltenden Unteransprüche sind aufgrund ihrer Abhängigkeit vom Patentanspruch 1 ebenfalls nicht mehr gewährbar. Daß sie Merkmale von selbständiger erfinderischer Bedeutung enthalten, ist weder geltend gemacht worden noch für den Senat ersichtlich.

Dr. Schnegg Eberhard Köhn Frühauf Cl






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Az: 7 W (pat) 54/99


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