Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. September 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 142/02

(BPatG: Beschluss v. 29.09.2003, Az.: 30 W (pat) 142/02)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Marke MeFaTec ist unter der Nummer 398 72 600 am 31. Mai 1999 für "Baumaterial aus Metall; transportable Bauten aus Metall; Fassadenverkleidungen aus Metall in Form von Platten, Profilen und Abdeckungen; Installationswesen; Bauwesen; Materialbearbeitung" in das Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 1. Juli 1999.

Widerspruch erhoben hat am 28. September 1999 die Inhaberin der am 23. Januar 1995 für "handbetätigte Werkzeuge und Geräte aus Kunststoff und/oder Metall und/oder Holz für die Bautechnik sowie deren konstruktionsgebundene Teile; Mehrschichtplatten aus Kunststoff und/oder Holz als Halbmaterial; Schalöl; Reinigung, Reparatur, Instandhaltung und Vermietung von handbetätigten Werkzeugen und Geräten für die Bautechnik und deren konstruktionsgebundene Teile; Planung, Berechnung und Beratung für die Bautechnik; Schulung für die Anwendung von Computerprogrammen für die Bautechnik" eingetragenen Marke 2 900 522 meva.

Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts hat unter Verneinung von Verwechslungsgefahr den Widerspruch zurückgewiesen. Teilweise fehle es bereits an der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit; zudem sei aber auch der Markenabstand in jeder Hinsicht ausreichend, da sich die Marken in ihrer Gesamtheit unüberseh- und unüberhörbar unterschieden, da die Silbe "Tec" nicht vernachlässigt werden könne.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Eine Begründung der Beschwerde ist nicht zu den Akten gelangt. Im Verfahren vor dem Patentamt hat sie insbesondere die Auffassung vertreten, daß der Bestandteil "MeFa" der angegriffenen Marke alleinprägend sei. Sie hat sich ferner auf eine gesteigerte Kennzeichnungskraft ihrer Marke berufen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren ebenfalls nicht geäußert. Im Verfahren vor dem Patentamt meinte sie insbesondere, dass weder Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit noch Markenähnlichkeit gegeben sei.

Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Inhaberin der angegriffenen Marke ist mangels Masse abgelehnt worden; am 16. Dezember 2002 wurde die Gesellschaft gemäß § 141a FGG von Amts wegen im Handelsregister gelöscht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß sowie auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig in der Sache aber nicht begründet. Es besteht auch nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG. Der Widerspruch ist deshalb von der Markenstelle gemäß §§ 42 Abs 2 Nr 1, 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zu Recht zurückgewiesen worden.

Die Löschung der M... GmbH im Handelsregister, die als Inhaberin der ange- griffenen Marke im Markenregister eingetragen ist, hat keine rechtliche Auswirkung auf ihre Stellung als Beschwerdegegnerin, da sie ihre gemäß § 7 MarkenG iVm § 13 Abs 1 GmbHG, § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG, §§ 50 Abs 1, 52 ZPO erforderliche Rechts- und Beteiligtenfähigkeit hier noch nicht berührt. Denn die Löschung einer GmbH im Handelsregister führt nur dann zu ihrer Beendigung mit Verlust der Rechtsund Beteiligtenfähigkeit, wenn sie tatsächlich vermögenslos ist; andernfalls besteht sie als Liquidationsgesellschaft fort (vgl Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz § 60 Rdn 16, 17 mwN). Hier hebt die Löschung der M... GmbH im Handelsregister ihre Beteiligtenfähigkeit nicht auf, weil jedenfalls ihre Marke 398 72 600 noch einen Vermögenswert darstellt (vgl auch §§ 27 Abs 1, 29 MarkenG).

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt durch Gewichtung von in Wechselbeziehung zueinander stehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, so daß ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st Rspr zB vgl BGH MarkenR 2002, 332, 333 - DKV/OKV; EuGH MarkenR 1999, 20 - Canon; BGH MarkenR 2001, 204, 205 - REVIAN/EVIAN).

Die Widerspruchsmarke meva besitzt von Haus aus als phantasievolle Wortbildung normale Kennzeichnungskraft. Die von der Widersprechenden geltend gemachte erhöhte Kennzeichnungskraft wurde zwar von der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht bestritten. Die Annahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft stellt jedoch eine rechtliche Wertung dar, die als solche weder einem Behaupten noch einem Bestreiten zugänglich ist. Daher kann nicht schon deshalb von ihr ausgegangen werden, weil sie, wie vorliegend, von der Inhaberin des älteren Rechts unwidersprochen behauptet worden ist. Vielmehr sind die diese Rechtsbehauptung stützenden Tatsachen vorzutragen, soweit sie nicht ausnahmsweise amtsbekannt sind (vgl Ströbele/Hacker MarkenG 7. Aufl § 9 Rdn 304 mwN). Amtsbekannt sind vorliegend derartige Tatsachen nicht. Soweit in der eidesstattlichen Versicherung des Herrn D... (Geschäftsführer der Widersprechenden) vom 20. Oktober 2000 auf Umsatzerlöse und Werbeaufwendungen bezug genommen ist, reichen diese Angaben nicht aus, um daraus auf die Marktpositionierung der Widerspruchsmarke im Vergleich zu den Konkurrenzprodukten die Wertung einer erhöhten Kennzeichnungskraft stützen zu können.

Bei den sich gegenüberstehenden Waren/Dienstleistungen erscheint es zweifelhaft, ob sich in vollem Umfang Ähnlichkeit bejahen lässt. Nähere Untersuchungen hierzu wie zum Abstand im einzelnen erübrigen sich aber, da selbst bei Waren/Dienstleistungsidentität eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden kann.

Selbst bei an den Markenabstand zu stellenden strengen Anforderungen unterscheidet sich auch nach Auffassung des Senats die angegriffene Marke in jeder Hinsicht ausreichend von der Widerspruchsmarke, um eine markenrechtlich beachtliche Verwechslungsgefahr ausschließen zu können.

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, wie die jeweiligen Marken auf den Durchschnittsverbraucher dieser Art von Waren oder Dienstleistungen wirken. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke dabei regelmäßig als Ganzes wahr und achtet weniger auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl EuGH GRUR 1998, 387, 390 - Sabèl/Puma; GRUR Int 1999, 734, 736 - Lloyd; BGH GRUR 2002, 167, 169 - Bit/Bud). Ausgehend hiervon ist die angegriffene Marke in ihrem Gesamteindruck durch die zusätzliche Silbe "Tec" in nicht verwechselbarer Weise von der Widerspruchsmarke abgegrenzt: die angegriffene Marke besteht damit aus drei Sprechsilben im Vergleich zur zweisilbigen, relativ kurzen Widerspruchsmarke; im Schriftbild ist die sich daraus ergebende unterschiedliche Länge der Vergleichswörter nicht zu übersehen; insbesondere tritt "Tec" aber auch phonetisch durch die markante Klangwirkung des Konsonanten "c" (gesprochen wie "k") selbst am Wortausgang jederzeit gut vernehmbar hervor und verändert zudem die Wortmelodie der jüngeren Marke insgesamt so nachhaltig gegenüber der Widerspruchsmarke, daß insoweit beachtliche Verwechslungen im Verkehr ausgeschlossen werden können.

Zwar ist vorliegend die Widerspruchsmarke meva im Klang identisch bzw nahezu identisch in der angegriffenen Marke MeFaTec enthalten - je nachdem, ob der Konsonant "v" der Widerspruchsmarke wie "f" oder wie "w" ausgesprochen wird - und bildet dort den regelmäßig stärker beachteten Anfangsbestandteil. Auch dies führt hier aber nicht zur Bejahung einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr. Solches würde abweichend von dem Grundsatz, daß ein Elementenschutz dem Markenrecht fremd ist (vgl Ströbele/Hacker aaO § 9 Rdn 339), nur dann in Betracht kommen, wenn "MeFa" die angegriffene Marke allein kollisionsbegründend prägen würde, was bei Einwortmarken ohnehin nur im Ausnahmefall in Betracht kommt. Eine lediglich mitprägende Wirkung auf den Gesamteindruck reicht dabei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht einmal bei mehrgliedrigen Marken aus, um die weiteren Bestandteile bei der Beurteilung des Gesamteindrucks und der Verwechslungsgefahr in den Hintergrund treten zu lassen (vgl BGH MarkenR 2000, 21 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Eine allein oder selbständig kollisionsbegründende Wirkung kommt dem Bestandteil MeFa innerhalb der angegriffenen Marke nicht zu. Der Erfahrungssatz, daß der Verkehr Marken regelmäßig ohne analysierende Betrachtungsweise aufnimmt (vgl BGH MarkenR 1999, 199, 201 liSp 2. Absatz - MONOFLAM/POLYFLAM) spricht dafür, daß die angegriffene Marke als geschlossene Gesamtbezeichnung erfaßt wird, ohne daß einem der Zeichenbestandteile eine allein prägende Bedeutung zugemessen wird. Unabhängig von diesem allgemeinen Erfahrungssatz gibt auch eine genauere Untersuchung der konkreten Bezeichnung MeFaTec keinen Anlaß für eine andere Beurteilung. Zwar handelt es sich bei der an MeFa angefügten Silbe "Tec" um eine bei Marken häufiger vorkommende Endsilbe (vgl DEMAS-Angaben), woraus geschlossen werden kann, daß der Verkehr an solche Markenbildungen durchaus gewöhnt ist (vgl in diesem Zusammenhang auch BGH GRUR 1995, 408 - PROTECH). Dies rechtfertigt jedoch nicht, das Wortelement "Tec" bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ganz außer acht zu lassen oder ihm lediglich eine im Gesamteindruck der jüngeren Marke völlig untergeordnete, praktisch zu vernachlässigende Bedeutung beizumessen. So ist zum einen in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, daß selbst rein beschreibende Bestandteile den Gesamteindruck einer Marke beeinflussen können (vgl BGH GRUR 1995, 808, 809 - P3-plastoclin; aaO - MONOFLAM/POLYFLAM). Insoweit ist dieser Zeichenbestandteil anders zu bewerten als die auslautende Silbe "-erol", die in chemischen Bezeichnungen in zahlreichen Fachausdrücken verwendet wird (vgl BGH Mitt 1998, 366, 367 - salvent/Salventerol). Zum anderen kommt der Endung "Tec" aber auch eine kennzeichnende Wirkung zu: es bestehen Bedenken, die Silbe "tec", sei es in Alleinstellung, sei es, wenn sie am Ende zusammengesetzter Wörter erscheint, mit der Angabe "Technik" gleichzusetzen. Denn es lässt sich nicht feststellen, daß - wohl außer der als feststehender Begriff üblichen Angabe "Hightec(h)" - zusammengesetzte beschreibende Begriffe, in denen das Wort "-technik" durch "-tec" ersetzt worden wäre, üblich sind (vgl mwN BPatG 27 W (pat) 87/99 - FOGTEC, veröffentlicht auf PAVIS CD-ROM).

Es besteht auch keine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt, daß der Verkehr den Bestandteil Tec der angegriffenen Marke gedanklich abspaltet und deshalb MeFa der Widerspruchsmarke isoliert gegenüberzustellen wäre. Eine solche Abspaltung kommt nur in Ausnahmefällen bei glatt beschreibenden und üblichen Zusatzangaben, insbesondere Mengen-, Wirk-, oder Beschaffenheitshinweisen, wie zB "extra, forte, retard" bei Arzneimitteln, in Betracht (vgl hierzu BPatGE 10, 93 ff - EXTRAVERAL/Verla; BPatG Mitt 1993, 310 ff - Innovaaktiv). Um einen solchen Bestandteil handelt es sich bei "Tec" hier offensichtlich nicht.

Anhaltspunkte dafür, daß die jüngere Marke im Verkehr gedanklich unter dem Gesichtspunkt einer Serienzeichenbildung mit der Widerspruchsmarke in Verbindung gebracht werden könnte, sind nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich. Von mittelbarer Verwechslungsgefahr insoweit kann nur ausgegangen werden, wenn der als Stammbestandteil in Betracht kommende Markenteil in beiden Marken identisch oder wesensgleich enthalten ist. Da die Vorstellung von Serienmarken eine sorgfältige Prüfung und eine gewisse Vertrautheit mit der abgewandelten Marke voraussetzt, können irrige Herkunftsvorstellungen nur entstehen, wenn die Abweichungen so unauffällig sind, dass sie entweder nicht bemerkt, oder als Hör- bzw Druckfehler gewertet werden; insoweit reichen bereits relativ geringfügige Unterschiede aus, um den Gedanken an Serienmarken desselben Unternehmens nicht aufkommen zu lassen; hierbei kann auch ein abweichendes Schriftbild trotz Klangidentität die Wesensgleichheit ausschließen (vgl Ströbele/Hacker aaO § 9 Rdn 470, 480 mwN; auch BGH GRUR 2000, 886f - Bayer/BeiChem). Unter diesen Umständen lässt sich vorliegend keine Wesensgleichheit zwischen dem als Stammbestandteil herangezogenen Wort meva und dem Markenteil MeFa der angegriffenen Marke feststellen. Das v in Meva wird nach den allgemeinen Ausspracheregeln hier wie w artikuliert (Duden, Aussprachelehre, S 94), so dass Meva auch klanglich nur bei regelwidriger Aussprache wie Mefa klingt. Auch wenn in diesem Zusammenhang die Kennzeichnungskraft des fraglichen Bestandteils der Widerspruchsmarke von ausschlaggebender Bedeutung ist, kann - wie oben bereits ausgeführt - über die ihm von Haus aus innewohnende normale Kennzeichnungskraft indessen keine durch entsprechende Benutzung im Verkehr erhöhte Verkehrsgeltung zugebilligt werden, die ihm in besonderem Maß Hinweischarakter auf das Unternehmen der Widersprechenden verleihen würde.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Dr. Buchetmann Winter Schramm Hu






BPatG:
Beschluss v. 29.09.2003
Az: 30 W (pat) 142/02


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