Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 6. Juni 2012
Aktenzeichen: VI-3 Kart 281/07 (V)

(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 06.06.2012, Az.: VI-3 Kart 281/07 (V))

Tenor

Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der Beschlusskammer 9 der gegnerischen Bundesnetzagentur vom 17. Oktober 2007 - BK 9-07/602-1 - aufgehoben.

Die Bundesnetzagentur hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Betroffenen zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

A.

Die Beschwerdeführerin betreibt ein Gasversorgungsnetz.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Festlegung der Beschlusskammer 9 der gegnerischen Bundesnetzagentur vom 17. Oktober 2007, die bestimmt, welche Preisindizes von den Netzbetreibern bei der Ermittlung der Tagesneuwerte nach § 6 Abs. 3 GasNEV in Anwendung zu bringen sind. Die Preisindizes sind in Anlage 1 zur Festlegung im einzelnen aufgeführt, sie sind ausschließlich anlagengruppenspezifisch bestimmt. Gemäß Ziffer 2 der Festlegung finden sie auf alle Entgeltgenehmigungsverfahren nach § 23a EnWG oder Verfahren im Rahmen der Anreizregulierung Anwendung, die das in 2006 abgelaufene oder ein früheres Geschäftsjahr zur Grundlage haben; lediglich bereits bestandskräftige Genehmigungsbescheide sind von der Geltung ausgenommen.

Zur Begründung für die Festlegung hat die Beschlusskammer 9 ausgeführt, ihre Erfahrungen in der ersten Entgeltgenehmigungsrunde hätten gezeigt, dass die Netzbetreiber sehr unterschiedliche Indexreihen zur Anwendung brächten; zugleich habe eine Überprüfung der häufig herangezogenen Indexreihen ergeben, dass ihre Rückführung auf die maßgeblichen Fachserien 16 und 17 des Statistischen Bundesamtes Bedenken begegne. Die nur anlagengruppenbezogene Festlegung der Preisindizes hat sie damit begründet, dass für eine stärkere Differenzierung im Sinne einer Aufspaltung einzelner Anlagengruppen ein zwingendes Erfordernis nicht erkennbar sei; zudem hätte diese den Aufwand, den die Netzbetreiber hinsichtlich ihrer Kalkulation von Anschaffungs- und Herstellungskosten betreiben müssten, deutlich erhöht. Hinsichtlich der Festlegung der einzelnen Preisindizes ist die Beschlusskammer ausweislich der Begründung ihres Beschlusses wie folgt vorgegangen: Zu den in Ziff. 6 der Beschlussbegründung aufgeführten Anlagengruppen hat sie jeweils eine Indexreihe des Statistischen Bundesamtes unverändert zugrunde gelegt. Im Falle der übrigen Anlagengruppen hat sie hingegen Mischindizes gebildet, indem sie aus verschiedenen Indexreihen bzw. Subindizes des Statistischen Bundesamtes einen eigenen Index als gewogenes Mittel berechnet hat. Für die in Ziff. 16 aufgeführten Anlagengruppen hat sie hierbei jeweils Mischindizes gebildet, die Materialpreise und Löhne umfassen. Daneben hat die Beschlusskammer bei der Festlegung ihrer Indizes einen von ihr festgestellten Produktivitätsfortschritt zugrunde gelegt, der nach ihrer Auffassung von den Indexreihen Fachserie 16 und Fachserie 17 nicht wiedergespiegelt werde. Zur Ermittlung der Arbeitsproduktivität hat sie auf die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Indexreihen für Lohnstückkosten verschiedener Wirtschaftsbereiche (Fachserie 18) zurückgegriffen. Da diese Fachserie lediglich bis 1970 zurückreiche, hat sie die von der Indexreihe nicht erfassten Werte für die Jahre von 1962 bis 1969 mittels einer Extrapolation bestimmt, der sie die durchschnittliche Änderungsrate der Lohnstückkosten in den Jahren 1970 bis 1992 von etwa 4 % zugrunde gelegt hat. In diesen Mischindex sind ausweislich Ziff. 22 die beiden Komponenten Lohn- und Materialpreis mit einem Faktor (x) für die angesetzte Arbeitsmenge (Faktor Lohn) und 1 - x (Faktor Material) eingeflossen.

Gegen diese, ihr am 23. Oktober 2007 zugestellte Festlegung hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 23. November 2007 Beschwerde erhoben. Mit dieser macht sie geltend, die Festlegung leide an einer Reihe von Rechtsfehlern, die zu ihrer Aufhebung führen müssten.

Sie meint, die Festlegung sei bereits formell rechtswidrig. Sie genüge nicht dem gesetzlichen Begründungserfordernis, da sie keine Überprüfung der Entscheidung ermögliche. So nehme die Bundesnetzagentur hinsichtlich der Berücksichtigung der Arbeitsproduktivität auf einen Lohnstückkostenindex Fachserie 18, Reihe 1.4, Tabellenblatt 2.19 Bezug, der nicht veröffentlicht und mit dem der Entscheidung zugrunde liegenden Rechenstand auch nicht mehr zu erhalten sei. Auch sei die Herleitung der Rechenformel zur Arbeitsproduktivitätsberechnung nur mit erheblichem Aufwand und nur unter Einbeziehung der Beispielrechnung in Anlage 3 nachzuvollziehen.

In materiellrechtlicher Hinsicht habe die Bundesnetzagentur die gesetzlichen Grundlagen der Festlegung nicht erkannt. Schon die Entscheidung für anlagengruppenspezifische Indizes sei rechtswidrig. Die Festlegung diene der Ermittlung sachgerechter, also realistischer Tagesneuwerte. Mit Blick auf dieses Ziel sei die Entscheidung zwischen anlagenspezifischen und anlagengruppenspezifischen Indizes zu treffen. Eine Auseinandersetzung mit der Fragestellung, ob anlagengruppenspezifische Indizes gleichermaßen zu Ermittlung realistischer Tagesneuwerte geeignet seien wie anlagenspezifische, fehle jedoch. Erst und nur dann, wenn dieses zu bejahen sei, dürften Erwägungen zu dem mit der einen oder anderen Lösung einhergehenden Aufwand in die Auswahlentscheidung einfließen.

Die in der nächsten Ebene erfolgte Zusammenstellung der Gruppen nach Nutzungsdauer anstatt nach vergleichbarer Preisentwicklung sei zur Zielerreichung untauglich. Insbesondere die Bildung der Anlagengruppe "Leitungsrohre und Hausanschlüsse" sei im Hinblick auf die Bedeutung dieser Anlagegüter nicht gerechtfertigt. Diese Anlagegüter machten einen wesentlichen Teil des Anlagevermögens aus. Dem Netzbetreiber könne daher eine Indexierung nicht verwehrt werden, die den Unterschieden der verschiedenen Verlegesituationen und zu verlegenden Rohrdurchmessern Rechnung trage. Die Beschaffenheit der Oberfläche (unbefestigt, Asphalt, Pflaster) und die Nennweite der zu verlegenden Leitungen stellten maßgebliche Kostenfaktoren dar. Nicht umsonst differenziere das Statistische Bundesamt im Verkehrswegebau nach der Art der Oberfläche.

Nach der gesetzlichen Grundlage müssten die festgelegten Indizes zudem auf den veröffentlichten Fachserien 16 und 17 des Statistischen Bundesamtes beruhen, die Heranziehung der Fachserie 18 sei mit § 6 Abs. 3 GasNEV nicht zu vereinbaren. Zu einer abweichenden Indizierung sei die Bundesnetzagentur auch dann nicht berechtigt gewesen, wenn es zutreffend seien sollte, dass nur auf der Basis dieser Daten die Veränderung der Mengenanteile der einzelnen Kostenfaktoren für die zu indizierenden Anlagegüter habe erfasst werden können. Eine Veränderung der normativen Vorgaben müsse dem Verordnungsgeber überlassen bleiben. Auch habe die Bundesnetzagentur den Lohnindex der Fachserie 16 nicht modifiziert, sondern durch den Lohnstückkostenindex der Fachserie 18 ersetzt.

Der Rückgriff auf den Lohnstückkostenindex der Fachserie 18 verbiete sich aber auch wegen der nur begrenzten Aussagekraft des Produktivitätsfortschritts für die Preisentwicklung. Eine gestiegene Produktivität schlage sich nicht automatisch in niedrigeren Preisen nieder. So sei der Produktivitätsfortschritt auch dadurch beeinflusst, dass in konjunkturell schwachen Phasen ineffiziente Anbieter vom Markt verschwinden. Zudem gehe eine erhöhte Produktivität mit einem verstärkten Einsatz qualifizierter und dementsprechend tariflich höher eingruppierter Mitarbeiter einher.

Im Rahmen der Heranziehung der Fachserie 18, die den Produktivitätsfortschritt in verschiedenen Branchen ausweise, habe sie sich zudem auf den Index für das Produzierende Gewerbe gestützt, einen hoch aggregierten Datenbestand, der den Durchschnitt der Lohnstückkostenentwicklung für die Gesamtheit einer ganzen Reihe höchst unterschiedlicher Wirtschaftsbereiche wiedergebe. Diese sehr allgemeine und im Übrigen schon deshalb nicht auf die spezifischen Eigenschaften der einzelnen Sachanlagegüterarten zugeschnittene Statistik sei nicht sachgerecht. Für die Entwicklung der Arbeitsproduktivität im Netzbau sei sie nicht repräsentativ. Es könne nicht darauf ankommen, dass die ausführenden Firmen verschiedenen Branchen angehörten. Die von den beteiligten Unternehmen erzielten Effizienzgewinne resultierten aus anderen Bereichen, wo durch modernere Anlagen und computergestützte Systeme ein rationellerer Einsatz der Arbeitskraft hätte erreicht werden können. Entscheidend müsse sein, welcher Art die im Netzbau anfallenden Arbeiten seien. Im Netzbau habe es aber jedenfalls nach den 60er Jahren keine nennenswerten Innovationen gegeben. Für die Produktivitätsentwicklung in der jüngeren Vergangenheit und damit für die Tagesneuwertentwicklung der Anlagen, die noch hohe Restwerte besitzen, spielten diese keine Rolle mehr. Zudem seien die beiden einzigen Innovationen, die Einpflugtechnik und der Schweißautomat, nur in engen Grenzen einsetzbar. Die Einpflugtechnik sei nur für Kunststoffrohre und auch nur bis zu einem Durchmesser von 355 mm einsetzbar, weshalb sie bei einem Gesamtnetz von . . . km seit . . . lediglich . . . km auf diese Weise verlegt habe. Auch die Anwendung des Schweißautomaten sei auf Kunststoffrohre beschränkt. Es handele sich nach wie vor um klassische Installationsarbeiten, bei denen die Annahme von Effizienzgewinnen, wie sie in den Produktionshallen etwa der Automobilindustrie zu beobachten wären, unrealistisch seien. Das Verlegen von Erdleitungen sei im innerstädtischen Bereich unverändert Handarbeit, durch die zunehmende Versieglung der Flächen und die hohe Mediendichte sei diese Arbeit sogar tendenziell aufwendiger geworden. Aussagekräftig sei deshalb allenfalls der Index für das Baugewerbe .

Es sei auch nicht zulässig, die bestehenden Indexreihen einfach durch Extrapolation in die Vergangenheit zu verlängern. Die Zeit zwischen 1970 und 1992 sei durch zwei Wirtschaftskrisen geprägt gewesen, die einen überdurchschnittlichen Produktivitätszuwachs ausgelöst hätten.

Die Bundesnetzagentur sei bei der Berücksichtigung der Arbeitsproduktivität zudem methodisch fehlerhaft vorgegangen. So variiere nur der Lohnanteil, während der Materialanteil gleich bleibe. Es werde folglich ausgeblendet, dass eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität regelmäßig durch Investitionen erkauft werde.

Die Zuordnung des Index "Rohre und Rohrverschlüsse aus Eisen und Stahl" zur Anlagengruppe "Stahlleitungen" sei fehlerhaft. Für diese Anlagegruppe sei der Index "Präzisionsrohre nahtlos und geschweißt" sachgerecht, weil er die für den Gastransport verwandten Stahlrohre exakt erfasse. Diesen habe die Bundesnetzagentur aber nur für die Jahre 1968 bis 1999 verwandt. Gasrohre müssten hohen Drücken standhalten, was bereits durch geringfügige Abweichungen in der Form oder nicht adäquate Verschweißungen beeinträchtigt werde, weshalb Präzisionsrohre benötigt würden. Es sei zwar richtig, dass die beim Leitungsbau erforderlichen Verbindungsteile in diesem Index nicht berücksichtigt seien, wegen deren im Verhältnis zu den Rohren geringen Materialanteils sei dieser aber gleichwohl der am besten geeignete.

Die Verkettung des Index für die tariflichen Stundenlöhne des Produzierenden Gewerbes in der Zeit von 1958 bis 2006 mit der Bruttomonatslohnentwicklung in den Jahren 1950 bis 1957 sei nicht sachgerecht, da die Veränderung der monatlichen Arbeitszeit ausgeblendet werde.

Aufgrund dieser Unzulänglichkeiten führe die Anwendung der Indizes zu einer signifikanten Unterzeichnung der tatsächlichen Preisentwicklung, die auch mit dem Prinzip der Nettosubstanzerhaltung nicht zu vereinbaren sei.

Sie beantragt,

den Beschluss vom 17. Oktober 2007 in dem Verwaltungsverfahren BK-9-07-602-1 betreffend die Festlegung der Preisindizes zur Gewährleistung einer sachgerechten Ermittlung von Tagesneuwerten nach § 6 Abs. 3 GasNEV aufzuheben,

hilfsweise für den Fall, dass dem Hauptantrag mangels materieller Beschwer nicht stattgegeben wird, festzustellen, dass der Beschluss vom 17.10.2007 - BK 9-07/602-1 - rechtswidrig war.

Die Bundesnetzagentur bittet um Zurückweisung der Beschwerde. Sie meint, es fehle schon an einer materiellen Beschwer der Betroffenen. Im Übrigen verteidigt sie die angegriffene Festlegung unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Gründe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten mit Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang, die Protokolle der Senatssitzungen mit den in Bezug genommenen Hinweisen, den Beweisbeschluss des Senats vom 4. März 2009 und das Gutachten der Mitarbeiter des Statistischen Bundesamts vom 10. März 2010 Bezug genommen, das diese in der Senatssitzung vom 29. März 2012 erläutert und ergänzt haben.

B.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der von der Betroffenen angegriffenen Festlegung, denn die von der Beschlusskammer 9 entwickelten Indizes können eine sachgerechte Ermittlung der Tagesneuwerte nicht gewährleisten.

I.

Die Anfechtungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere fehlt es entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur nicht an einer materiellen Beschwer der Betroffenen.

Die Preisindizes finden gem. Ziffer 2 der angegriffenen Festlegung "auf alle Entgeltgenehmigungsverfahren nach § 23a EnWG oder Verfahren im Rahmen der Anreizregulierung Anwendung, die das im Jahr 2006 abgelaufene oder ein früheres Geschäftsjahr zur Grundlage haben." Betroffen ist daher zum einen die so genannte 2. Entgeltgenehmigungsrunde aus dem Jahre 2008 und zum anderen die Festlegung der Erlösobergrenzen für die erste Anreizregulierungsperiode. Bei einem Erfolg der Anfechtungsbeschwerde entfällt durch die Aufhebung der Festlegung die Grundlage für ihre Anwendung. Dies hat Einfluss nicht nur auf die § 23a EnWG-Genehmigungen aus dem Jahre 2008, sondern auch auf das Ausgangsniveau im Rahmen der Erlösobergrenzenfestlegung. Auch für letztere kommt es entscheidend darauf an, ob die zugrundeliegenden Preisindizes rechtsfehlerhaft sind, weil insoweit das Ausgangsniveau anzupassen ist. Ungeachtet dessen ist die Regelungswirkung aber auch weder inhaltlich noch zeitlich auf die in Ziffer 2 angeführten Verfahren beschränkt, denn die festgelegten Indizes müssen für die nachfolgenden Regulierungsperioden fortgeschrieben werden.

II.

In der Sache hat die Beschwerde Erfolg. Dabei kann es offen bleiben, ob auch die von der Betroffenen in formeller Hinsicht gegen die Festlegung vorgebrachten Rügen durchgreifen. Zu Recht wenden sich die Netzbetreiber inhaltlich gegen die von der Beschlusskammer gebildeten Mischindizes. Mit ihnen ist eine sachgerechte Ermittlung von Tagesneuwerten schon deshalb nicht gewährleistet, weil weder die Einbindungs- und Montageleistungen der Anlagen und Anlagenteile mit Lohnindizes des Wirtschaftszweigs "Produzierendes Gewerbe" der Fachserie 16 noch dabei erzielte Produktivitätsfortschritte durch einen in diesem Wirtschaftszweig verzeichneten Produktivitätsfortschritt repräsentativ abgebildet werden. Unabhängig davon hat die Beschlusskammer es auch rechtsfehlerhaft unterlassen, die ermittelten Mischindizes auf ihre Plausibilität zu überprüfen. Die weiteren methodischen Einwände sind indessen unbegründet.

1. § 30 Abs. 2 Nr. 2 GasNEV ermächtigt die Regulierungsbehörde, Festlegungen zur Gewährleistung einer sachgerechten Ermittlung der Tagesneuwerte nach § 6 Abs. 3 GasNEV in Bezug auf die in Anwendung zu bringenden Preisindizes oder die den Preisindizes zugrundeliegenden Indexreihen und deren Gewichtung, die Bildung von Anlagengruppen sowie den zugrundezulegenden Zinssatz zu treffen.

1.1. Dabei gewähren §§ 30 Abs. 2 Nr. 2, 6 Abs. 3 GasNEV der Regulierungsbehörde ein Auswahlermessen dahingehend, ob sie die Festlegung zur Gewährleistung einer sachgerechten Ermittlung der Tagesneuwerte anlagenspezifisch oder anlagengruppenspezifisch trifft. Da der Verordnungsgeber eine Rangfolge nicht vorgegeben hat, sind beide Möglichkeiten als gleichwertig anzusehen. Insbesondere nimmt der Verordnungsgeber es schon im Grundsatz hin, dass mit der Indexbildung - ebenso wie mit Anlagengruppen - eine gewisse Pauschalierung verbunden ist und verzichtet damit auf die punktgenaue Abbildung der Preisentwicklung spezifischer Anlagengüter. Dies hat zur Folge, dass die Netzbetreiber mit daraus hergeleiteten systemimmanenten Einwendungen nicht gehört werden können.

Das ihr zustehende Auswahlermessen hat die Beschlusskammer entgegen der Auffassung der Betroffenen sachgerecht ausgeübt, indem sie die Anlagengruppen entsprechend der Anlage 1 zur GasNEV übernommen hat. Sie hat ihre Entscheidung für diese anlagengruppenspezifische Festlegung damit begründet, dass für eine anlagenspezifische Festlegung kein zwingendes Erfordernis erkennbar gewesen sei, diese vielmehr für die Netzbetreiber zu einem erhöhten Aufwand hinsichtlich der Kalkulation von Anschaffungs- und Herstellungskosten geführt hätte (Ziffer II.3., S. 3). Dabei sprach die schon bewährte Gruppenbildung aus Anlage 1 der GasNEV, durch welche die typischen Anlagen der Energieversorgung unter dem Aspekt gleicher technischer Funktion und Bauart, also sachnah, in Gruppen zusammengefasst sind, und damit der Aspekt der Arbeitseffizienz dafür, bei der Festlegung zur Gewährleistung einer sachgerechten Ermittlung der Tagesneuwerte entsprechend zu verfahren. Da die Preisentwicklung eines Anlageguts maßgeblich von seiner Bauart bestimmt wird, war es sachgerecht, die für die betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauern des § 6 Abs. 5 GasNEV entwickelten Anlagengruppen auch auf die Bildung der Indexreihen anzuwenden. Wie die Bundesnetzagentur in ihrer Beschwerdeerwiderung weiter anführt, haben schließlich auch Gründe der Verhältnismäßigkeit die Beschlusskammer bewogen, sich für die anlagengruppenspezifische Festlegung zu entscheiden. Nicht nur für die anlagenspezifische Festlegung selbst wäre der zeitliche Aufwand erheblich höher gewesen, sondern diese würde auch für die Unternehmen zu einem erheblichen Mehraufwand führen, weil sie in Folge dessen verpflichtet wären, jede einzelne Anlage im Rahmen ihres Entgeltgenehmigungsantrags gesondert auszuweisen und zu berechnen.

Dies gilt insbesondere auch, soweit die Betroffene rügt, die für die Anlagengruppen des Abschnitts IV. - Rohrleitungen und Hausanschlussleitungen - entwickelten Preisindizes seien nicht sachgerecht, weil sie nicht weiter zwischen Rohrleitungen und Hausanschlüssen wie auch nach Material, Nennweite und Oberflächenbeschaffenheit differenzierten. Wie die Bundesnetzagentur hierzu ergänzend ausgeführt hat, hätte die schon von Seiten der Verbände im Konsultationsverfahren geforderte weitere Differenzierung zwischen Hausanschlussleitungen und Rohrleitungen sowie nach drei Nennweiten und zwei Oberflächenbeschaffenheiten (befestigt/unbefestigt) zur Bildung von 66 statt der 11 Anlagegruppen geführt. Dadurch würde für alle Netzbetreiber, die ihre Anlagenbuchhaltung an der Vorgabe der Anlage 1 der GasNEV ausgerichtet haben, ein erheblicher Aufwand geschaffen, der zumindest kleinere Netzbetreiber unzumutbar belasten würde. Unabhängig davon wäre aber auch fraglich, ob die erforderlichen Daten über den Zeitraum von bis zu 65 Jahren noch vorliegen. Andernfalls wären Schätzungen und Mutmaßungen notwendig, die ein potentielles Missbrauchspotential eröffnen. Vor diesem Hintergrund ist die Übernahme der Anlagengruppen aus der Anlage 1 der GasNEV nicht zu beanstanden.

1.2. Mit der Festlegung von Indexreihen ist naturgemäß ein Gestaltungsauftrag der Regulierungsbehörde verbunden, in dessen Rahmen die Regulierungsbehörde allerdings nicht völlig frei ist, sondern die ihr in § 6 Abs. 3 GasNEV vorgegebenen Kriterien zu beachten hat. Insbesondere kommt der Regulierungsbehörde dabei nicht ein nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu, denn die von der Rechtsprechung hierfür aufgestellten Voraussetzungen liegen nicht vor. Preisindizes für die Ermittlung der Tagesneuwerte sind hinreichend bestimmbar und können in ihren tatsächlichen Voraussetzungen gegebenenfalls durch Sachverständigengutachten geklärt werden (BGH, Kartellsenat, Beschluss vom 5.10.2010, EnVR 49/09, Rdnr. 8).

Die zu erstellenden Indexreihen sollen auf der Grundlage der historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten eine sachgerechte Ermittlung der Tagesneuwerte, also des Wiederbeschaffungswerts für ein Anlagengut ermöglichen. Betroffen davon sind die sog. Altanlagen, die vor dem 1.01.2006 aktiviert worden sind und für die das Prinzip der Nettosubstanzerhaltung gilt. Anders als das Prinzip der Realkapitalerhaltung berücksichtigt dieses Prinzip, das schon der VVII+ zugrundelag, die Inflation nicht im Rahmen des Eigenkapitalzinssatzes, sondern im Rahmen der Abschreibung. Der für die Altanlagen errechnete Tagesneuwert ist folglich maßgeblich für die Höhe ihrer kalkulatorischen Abschreibung und die insoweit anzusetzende Eigenkapitalverzinsung. Auf diese Weise soll den zwischenzeitlichen Preissteigerungseffekten Rechnung getragen und so die Investitionsfähigkeit der Netzbetreiber auch mit dem eigenfinanzierten Anteil ihres Netzanlagevermögens sichergestellt werden.

Bei der Festlegung von Preisindizes ist die Regulierungsbehörde daher verpflichtet, auf die in § 6 Abs. 3 GasNEV verwiesenen Fachserien 16 und 17 des Statistischen Bundesamts zurückzugreifen und die Preisindizes aus diesen Indexreihen dergestalt zu entwickeln, dass sie die Preisentwicklung der Anlagengüter des Netzbetriebs unter Berücksichtigung ihrer Zielsetzung bestmöglich abbilden.

Die Fachserie 16 stellt den Index der tariflichen Stundenlöhne und Monatsgehälter dar, die Fachserie 17 den Index der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte. Da ihre Indizes nicht auf das Sachanlagevermögen der Netzbetreiber zugeschnitten sind, ist zunächst zu klären, mit welchen bestehenden Indizes die Preisentwicklung der Anlagengüter - oder Anlagengruppen - bestmöglich abgebildet werden kann.

Bei einer Vielzahl von Anlagengütern kann der Tagesneuwert nur in der Weise sachgerecht ermittelt werden, dass neben den reinen Bezugskosten für Anlagen und Anlagenteile beim Hersteller auch - die nicht unerheblichen - Kosten anlässlich ihrer Einbindung vor Ort, also für die Montage der Netzteile, Erdarbeiten pp. berücksichtigt werden. In solchen Fällen sind geeignete, also die jeweilige Preisentwicklung repräsentativ abbildende Indizes auszuwählen und miteinander zu einem anlagen- oder anlagengruppenspezifischen Index zu "verketten". Dies erfordert zunächst eine sachgerechte Wägung von hierfür in Ansatz zu bringenden Anteilen und damit auch die Ermittlung der maßgeblichen Kostentreiber. Soweit es die Einbindungs- und Montageleistungen angeht, müssen diese über einen repräsentativen Index der tariflichen Stundenlöhne und Monatsgehälter aus der Fachserie 16 abgebildet werden. Schließlich muss der sich so aus den vorhandenen Indexreihen des Statistischen Bundesamts neu zu entwickelnde Mischindex einen Tagesneuwert ergeben, der die technische Entwicklung berücksichtigt. Die Fachserie 17 trägt dem Rechnung, weil bei der Ermittlung der reinen Preissteigerung für ein gewerbliches Produkt die für die Höhe des Preises maßgeblichen preisbestimmenden Faktoren solange wie möglich konstant gehalten und insbesondere Qualitätsverbesserungen daher folgerichtig eliminiert werden (s. die Erläuterungen des Statistischen Bundesamts zum Index der Erzeugerpreise). Anders verhält es sich dagegen bei der Fachserie 16, die allein die Steigerung der Lohnkosten wiedergibt und daher naturgemäß keine Aussage darüber trifft, inwieweit ein Produktionsfortschritt und damit die technische Entwicklung dazu geführt hat, dass sich die zur Herstellung einer Produkteinheit benötigte Arbeitszeit verringert hat. Da die Fachserie 16 Produktivitätsfortschritte bei der Erbringung von Arbeitsleistungen nicht berücksichtigt, § 6 Abs. 3 GasNEV aber die Berücksichtigung der technischen Entwicklung fordert, musste die Regulierungsbehörde daher bei der Verkettung prüfen, ob die maßgeblichen Leistungen einen relevanten und damit berücksichtigenswerten Produktivitätsfortschritt erfahren haben und sie diesbezüglich auf geeignete Informationsquellen zurückgreifen oder sich Informationen mit Hilfe der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten beschaffen kann, um ihn bestmöglich und damit sachgerecht abzubilden.

1.3. Dabei kann die Regulierungsbehörde gemäß § 68 Abs. 1 EnWG, der § 57 GWB und § 128 TKG nachgebildet ist, alle Ermittlungen führen und alle Beweise erheben, die erforderlich sind. Subsidiär findet § 24 VwVfG Anwendung, der sie grundsätzlich verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Welche Ermittlungsmaßnahmen sie wählt, steht in ihrem Ermessen. Grenze ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, so dass unter sachgerechtem und rationellem Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel diejenigen Maßnahmen zu treffen sind, die der Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können (§ 10 Satz 2 VwVfG; HaneB. in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 2. A., 2010, Rdnr. 3 zu § 68; Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. A., Rdnr. 36 zu § 24).

Die Ermittlungen müssen daher angemessen sein, und zwar im Hinblick auf Art, Umfang, Zeit, Auswahl der Mittel und Belastung für den Betroffenen und die Allgemeinheit. Ob eine kostspielige oder zeitraubende Ermittlungstätigkeit angebracht ist, hängt von der Gewichtigkeit des öffentlichen Interesses an der Verwaltungsmaßnahme ab. Dabei hat eine Abwägung zwischen dem öffentlichen und privaten Interesse an einer schnellen Erledigung und dem an einer gründlichen und vollständigen Tatsachenbeschaffung zu erfolgen. In diese Abwägung ist auch das in § 10 Satz 2 VwVfG verankerte Beschleunigungsgebot einzustellen. Je schwerwiegender die Rechtsfolgen der Entscheidung sind, umso eingehender muss die Ermittlung sein. Andererseits aber muss der Verwaltungsaufwand noch sinnvoll eingesetzt werden. Nicht zuzumuten sind der Behörde wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Nachforschungen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und damit der der Verwaltungspraktikabilität zwingt nicht zur "pfenniggenauen" Ermittlung; es darf auch pauschalisiert werden. Soweit weitere Ermittlungen nur mit unvertretbarem Aufwand möglich sind, ist eine Schätzung aufgrund gesicherter Erfahrungssätze möglich. Als Schätzung wird verstanden, dass der angenommene Sachverhalt der wahrscheinlichste ist. Sie kommt v.a. bei der Annahme von Quantitäten und Wertschätzungen in Betracht (Kallerhoff, a.a.O., Rdnr. 38 zu § 24).

2. Vor diesem Hintergrund haben die die Bildung von Mischindizes betreffenden Rügen der Betroffenen ganz überwiegend Erfolg.

2.1. Zu Recht wendet die Betroffene sich dagegen, dass die Bundesnetzagentur bei den von ihr gebildeten Mischindizes für die Einbindungs- und Montageleistungen der Anlagen und Anlagenteile Lohnindizes des hoch aggregierten Wirtschaftszweigs "Produzierendes Gewerbe" der Fachserie 16 verwandt hat. Dass die Beschlusskammer im Zuge der Bildung von Mischindizes nicht weiter ermittelt hat, welche Unternehmen die vor Ort anfallenden Einbindungs- und Montageleistungen der Netzanlagen und -anlagenteile regelmäßig durchführen bzw. in der Vergangenheit durchgeführt haben, sondern statt dessen hinsichtlich der Lohnentwicklung auf die hoch aggregierten statistischen Daten des Wirtschaftszweigs des "Produzierenden Gewerbes" zurückgegriffen hat, rügt die Betroffene mit Recht. Schon durch die damit zugrunde gelegte Lohnentwicklung wird nicht gewährleistet, dass die Einbindungs- und Montageleistungen im Netzanlagenbau repräsentativ und damit sachgerecht abgebildet werden.

2.1.1. Die Anwendung der Indexreihe "Löhne und Gehälter des Produzierenden Gewerbes" hat die Beschlusskammer in dem angegriffenen Beschluss damit gerechtfertigt, dass Arbeitskräfte dieses Gewerbes die Montage der Anlagegüter ausführen. Weder das Baugewerbe noch das Verarbeitende Gewerbe bildeten den Wirtschaftsbereich für die in Frage stehenden Arbeitsleistungen vollständig ab. Ein Elektroinstallateur könne dem verarbeitenden Gewerbe, dem Dienstleistungsbereich oder dem Baugewerbe zugeordnet werden. Desweiteren seien Installationsarbeiten insbesondere in der Vergangenheit auch von Energieversorgungsunternehmen selbst beziehungsweise anderen Energieversorgungsunternehmen durchgeführt worden. Diese Leistungen seien somit der Branche der Energie- und Wasserversorgung zuzuordnen. Dem lag zugrunde, dass die Beschlusskammer im Rahmen des Konsultationsverfahrens weder belastbare Informationen dazu gewonnen hatte, von welchen Unternehmen die Einbindungs- und Montagearbeiten durchgeführt wurden und werden, noch zu den Produktivitätsveränderungen im Zeitablauf. Wie den Verwaltungsvorgängen zu entnehmen ist, ist die Frage, welche Indexreihen die Lohnentwicklung der Einbindungs- und Montagearbeiten repräsentativ abbilden, wie auch ihr Produktivitätsfortschritt im Verlaufe des Konsultationsverfahrens vehement diskutiert worden. In ihrem ersten Festlegungsentwurf hatte die Beschlusskammer zunächst nur bei den Netzanlagengruppen der Stahlleitungen den Index der tariflichen Stundenlöhne der Energie- (und Wasser-)versorgung in Ansatz gebracht. Auf die im Rahmen der Konsultation von Netzbetreibern und Verbänden geäußerte Kritik hin, dass Einbindungs- und Montageleistungen auch bei weiteren Anlagengütern anfielen und die Arbeiten in der Regel nicht von den Energieversorgern selbst, sondern durch Dritte durchgeführt würden, hat sie sodann unter dem 21.09.2007 einen überarbeiteten Entwurf vorgelegt. Dieser enthielt entsprechende Mischindizes auch bei anderen Anlagegruppen, wobei sie hinsichtlich des Lohnanteils aller Mischindizes nun auf den höher aggregierten Index der tariflichen Stundenlöhne und Gehälter des Produzierenden Gewerbes zurückgegriffen und diese - erstmals - um einen Produktivitätsfortschritt dieses Wirtschaftszweigs bereinigt hatte. Dagegen wandten sich zahlreiche Netzbetreiber und Verbände in ihren Stellungnahmen, die sie innerhalb der ihnen (nur) bis zum 2.10.2007 gewährten Stellungnahmefrist eingereicht hatten. Sie kritisierten einheitlich, dass die Arbeitsleistungen typischerweise dem Baugewerbe zuzuordnen seien und ganz überwiegend Unternehmen dieses Gewerbes die Arbeiten auch durchführten. Da dieser Wirtschaftszweig indessen nur mit ca. 10 % in den höher aggregierten und vom Verarbeitenden Gewerbe dominierten Index der "Löhne und Gehälter des Produzierenden Gewerbes" einfließe, sei die Lohnentwicklung des Produzierenden Gewerbes nicht repräsentativ. Zudem bedürfe der neue methodische Ansatz eines Praxisabgleichs. Wie der Vorsitzende der Beschlusskammer 9, A., im Rahmen des Senatstermins näher erläutert hat, haben die Beschlusskammern 8 und 9 im Rahmen der Konsultation bei den Verbänden der Energiewirtschaft und repräsentativen Netzbetreibern lediglich Recherchen zu den Wägungsanteilen für Lohn und Material sowie etwa hinsichtlich der Zusammensetzung einzelner Mischindizes durchgeführt. Sie sind jedoch trotz der diesbezüglichen Einwände der Frage, welchen Wirtschaftszweigen die Unternehmen zuzuordnen sind, die die fraglichen Einbindungs- und Montagearbeiten in der Vergangenheit durchgeführt haben, nicht weiter nachgegangen und haben damit nicht weiter aufgeklärt, welcher Index der Fachserie 16 die Lohnkosten repräsentativ abbildet. Wie der Vorsitzende der Beschlusskammer 9 in der Senatssitzung erläutert hat, sprach der Umstand, dass historische Daten in erheblichem Umfang hätten abgefragt und ausgewertet werden müssen, aus ihrer Sicht dagegen.

2.1.2. Dass die Bundesnetzagentur von der weiteren Aufklärung des Sachverhalts damit aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und Verwaltungspraktikabilität abgesehen hat, rechtfertigt den Rückgriff auf die Lohnentwicklung des hoch aggregierten Wirtschaftszweigs des Produzierenden Gewerbes nicht.

Allerdings wird - wie die Sachverständigen des Statistischen Bundesamts in ihrem Gutachten ausgeführt haben - ein solcher Rückgriff auf höher aggregierte Reihen von dem sog. Auskunftsdienst ihrer Behörde dann empfohlen, wenn ein Tarifindex nicht alle relevanten Unternehmen abdeckt, so dass es zu einer Untererfassung der relevanten Unternehmen kommen würde. Den Erläuterungen des Sachverständigen B. in der Senatssitzung war indes zu entnehmen, dass diese - unverbindliche und unter den Vorbehalt des konkreten Verwendungszwecks gestellte - Empfehlung anders gelagerte Sachverhalte betrifft. Bei den an sie gerichteten Anfragen geht es in der Regel darum, im Rahmen von Vertragsgestaltungen an einen geeigneten Index, etwa zur Wertsicherung anzuknüpfen. Kann der Vertragsinhalt in einem solchen Fall nicht eindeutig einem Wirtschaftszweig, für den ein Index vorliegt, zugeordnet werden, so geht die Empfehlung dahin, den höherrangigen Index zu verwenden. Eine solche Empfehlung kann indessen schon im Grundsatz nicht für den Bereich der Eingriffsverwaltung gelten. Anders als bei einer Vertragsgestaltung stehen sich Behörde und von der Maßnahme Betroffener nicht gleichberechtigt, sondern im Verhältnis der Über-/Unterordnung gegenüber.

Der Rückgriff auf die statistischen Daten des Produzierenden Gewerbes führt auch nicht zu einer repräsentativen Abbildung der Lohnentwicklung. Als hoch aggregierter Wirtschaftszweig umfasst das Produzierende Gewerbe in der Abgrenzung der amtlichen Statistik die Industrie und das Produzierende Handwerk, dazu gehören die Teilbereiche Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Verarbeitendes Gewerbe, Energie- und Wasserversorgung sowie Baugewerbe, wobei das Verarbeitende Gewerbe - mit 80 % (nach der Erhebung im Jahre 2008) bzw. 76 % (im Jahre 1995) - die bedeutendste Rolle spielt. In die Lohnentwicklung dieses Wirtschaftsabschnitts - Verarbeitendes Gewerbe - fließen wiederum das Ernährungsgewerbe und die Tabakverarbeitung, das Textil- und Bekleidungsgewerbe, das Ledergewerbe, das Holzgewerbe, das Papier-, Verlags- und Druckgewerbe, Kokerei, Mineralölverarbeitung, die Herstellung von chemischen Erzeugnissen, von Gummi- und Kunststoffwaren, von Keramik, von Möbeln, Schmuck, Musikinstrumenten, Büromaschinen, DV-Geräten und Einrichtungen, von Geräten der Elektrizitätserzeugung und -verteilung sowie von Metallerzeugnissen, die Metallerzeugung und -bearbeitung, das Glasgewerbe sowie - mit einem ganz erheblichen Anteil - der Maschinen- und Fahrzeugbau ein. Wie in der Senatssitzung anhand der - nachstehend wiedergegebenen - graphischen Darstellungen eines betroffenen Netzbetreibers mit den Beteiligten erörtert, ist damit bei 67 % der Wirtschaftsbereiche, die in den Wirtschaftszweig Produzierendes Gewerbe eingehen, eine Sachnähe zu den Einbindungs- und Montageleistungen nicht ersichtlich, so dass in erheblichem Ausmaß sachfremde Lohnentwicklungen in ihre Abbildung einfließen.

Als sachfremd erachtet auch der Senat die Wirtschaftszweige

Sie gehen mit einem Anteil von 67 % in die maßgeblichen Daten der Fachserien für den hoch aggregierten Wirtschaftszweig "Produzierendes Gewerbe" ein.

Herstellung von Metallerzeugnissen: 7%

Herstellung von Geräten d. Elektrizitätserzeugung,-verteilung u.ä.: 5%

Energieversorgung: 7%

Baugewerbe: 14%

€ Sachfremd: 67%

2.1.3. Ob das Unterlassen der weiteren Aufklärung in der Sache zu beanstanden ist und daher einen Verfahrensfehler begründet, bedarf keiner Entscheidung.

Eine weitere Aufklärung wäre allerdings - wie die Anhörung der Sachverständigen im Senatstermin ergeben hat - mit einigem personellen und zeitlichen Aufwand verbunden gewesen. In der Vergangenheit sind solche Arbeiten - wie den Stellungnahmen der Netzbetreiber und Verbänden im Verwaltungsverfahren zu entnehmen ist - in nicht unerheblichem Umfang auch von den Netzbetreibern selbst und nicht von Unternehmen des Baugewerbes durchgeführt worden. Der Anteil der Fremdleistungen hat sich indessen im Laufe der Zeit zu Lasten der Eigenleistungen verschoben. Von daher hätten Ermittlungen sich auf einen erheblichen Zeitraum - im Strombereich bis zu 50 Jahren, im Gasbereich sogar bis zu 65 Jahren - und eine repräsentative Auswahl an Netzbetreibern erstrecken müssen, um zu repräsentativen Ergebnissen zu führen. Hinzu kommt der Umstand, dass bei einem solchen Zeitraum fraglich ist, ob dieser bei den einzelnen Unternehmen noch dokumentiert ist. Angesichts dessen mag es vertretbar sein und keinen Verfahrensfehler begründen, dass die Beschlusskammer den Versuch einer weiteren Aufklärung nicht unternommen hat. Für sie hätte allerdings gesprochen, dass der Versuch einer zumindest stichprobenartigen Erhebung der Beschlusskammer eine gesicherte Datengrundlage und damit bessere Erkenntnisse für eine zuverlässige Einschätzung hätte verschaffen können, mit Hilfe welcher Daten die um einen etwaigen Produktivitätsfortschritt bereinigte Lohnentwicklung repräsentativ abgebildet werden kann. Wie auch die Sachverständigen schon in ihrem schriftlichen Gutachten ausgeführt haben, hätten Informationen über die quantitative Bedeutung der in der Vergangenheit am Netzanlagenbau beteiligt gewesenen Unternehmen es der Beschlusskammer ermöglicht, einen Tarifindex aus den relevanten und damit repräsentativen Wirtschaftszweigen zu konstruieren, der die Lohnentwicklung zuverlässig(er) abgebildet hätte. Dafür, dass derartige Ermittlungen nicht von vorneherein aussichtslos gewesen wären, sprechen die Recherchen, welche das Institut für Wirtschaftsstudien Basel GmbH im Rahmen seiner Studie "Preisindizes für das schweizerische Netz" getätigt hat. Sie haben rund 240 Abrechnungen aus einer Zeitspanne von den 1960er- Jahren bis ins erste Jahrzehnt, die auch verschiedene geographische Gegebenheiten abdeckten, ausgewertet, um u.a. die Wägungsanteile zu ermitteln (s. dort S. 19).

In der Sache hat das Unterlassen einer möglichen Aufklärung zur quantitativen Bedeutung der einzelnen Wirtschaftszweige bei den Einbindungs- und Montageleistungen zur Folge, dass die Bundesnetzagentur auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen hätte abwägen müssen, mit Hilfe welches der in Betracht kommenden Lohnindexes die Lohnentwicklung bestmöglich abgebildet werden kann. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass die unterbliebene Aufklärung nicht ohne weiteres zu Lasten der Netzbetreiber gehen darf, da die Regulierungsbehörde im Bereich der Eingriffsverwaltung die materielle Beweislast und damit das Risiko der Unaufklärbarkeit des Sachverhalts trägt (HaneB., a.a.O., Rdnr. 6 f. zu § 68; BerlKommEnR/Paul, 2. A., 2010, Rdnr. 5 ff.zu § 68; Zeidler in: Baur/Salje/Schmidt-Preuß, Regulierung in der Energiewirtschaft, 2011, Kapitel 47, Rdnr. 10 ff.; ebenso: Schneider in: Langen/Bunte, Kartellrecht, 11. A., 2011, Rdnr. 19 f. zu § 57 GWB; Kallerhoff, a.a.O., Rdnr. 55 zu § 24). Bei der Unsicherheit der Datengrundlage hätte es nahegelegen, den Lohnindex zugrundezulegen, der nach heutigem Stand die Lohnentwicklung am repräsentativsten abbildet und damit sachgerecht ist, zumal der Index für die Zukunft fortgeschrieben wird. Das dürfte der Index der Löhne und Gehälter des Baugewerbes sein. Für ihn spricht nicht nur, dass diese Installations- und Montagearbeiten typischerweise dem Baugewerbe zuzuordnen sind, sondern sie - nach dem Vorbringen der Netzbetreiber - jedenfalls heute tatsächlich auch überwiegend von Bauunternehmen durchgeführt werden. Auch hat die Bundesnetzagentur im Übrigen - soweit nämlich vorhanden - auf Indizes für Bauleistungen abgestellt, also auf die Indizes für Bauleistungspreise, die "die Entwicklung der Preise für den konventionell gefertigten Neubau ausgewählter Bauwerksarten des Hoch- und Tiefbaus sowie für Instandhaltungsmaßnahmen an Wohngebäuden darstellen". Dort werden u.a. die Preisentwicklungen im "Straßenbau", bei "Brücken im Straßenbau" und bei "Ortskanälen" aufgeführt, für entsprechende Tiefbauarbeiten hat die Beschlusskammer daher die Bauleistungsindizes verwandt. Bewertungskonsistent wäre es aus der Sicht des Senats daher gewesen, auch bei den übrigen Einbindungs- und Montageleistungen auf das Baugewerbe abzustellen. Entsprechend wurde auch in der Studie "Preisindizes für das schweizerische elektrische Netz" (April 2010) verfahren, die das Institut für Wirtschaftsstudien Basel GmbH im Auftrag der Eidgenössischen Elektrizitätskommission durchgeführt hat. Die Studie hatte zum Ziel, für die Rückindexierung von Elementen des schweizerischen Elektrizitätsnetzes repräsentative Indexreihen zu entwickeln. Ausgangslage ist dort, dass die Anschaffungswerte aufgrund unvollständiger historischer Investitionskosten durch Rückindizierung der aktuellen Wiederbeschaffungspreise berechnet werden. Das Institut hat es als sachgerecht angesehen, für den Arbeitsanteil der "Erschließung der Baustelle, des Transports, der Montage und der Projektierung" etwa bei Freileitungen, Kabelleitungen, Unterwerken und Transformatoren den schweizerischen Lohnindex Baugewerbe anzusetzen. Schließlich spricht für seine Verwendung auch, dass - wie noch ausgeführt werden wird - Produktivitätsfortschritte der maßgeblichen Leistungen sachgerecht nur durch statistische Daten des für sie spezifischen Wirtschaftszweigs abgebildet werden können.

2.2. Mit Erfolg wendet sich die Betroffene auch dagegen, dass die Beschlusskammer einen Produktivitätsfortschritt bei den Einbindungs- und Montagearbeiten berücksichtigt hat, indem sie die Lohnkosten um die Arbeitsproduktivität des Produzierenden Gewerbes bereinigt hat. Auch für Produktivitätsveränderungen bei den Einbindungs- und Montageleistungen des Netzanlagenbaus sind die in der Fachserie 18 enthaltenen statistischen Daten des Produzierenden Gewerbes nicht repräsentativ; sie werden nicht sachgerecht abgebildet.

2.2.1. Fehl geht allerdings die Rüge, die Beschlusskammer sei nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GasNEV schon im Grundsatz nicht befugt gewesen, auf die Fachserie 18 des Statistischen Bundesamts zurückzugreifen, um einen Produktivitätsfortschritt im Herstellungsprozess zu berücksichtigen.

Grundsätzlich ist es sachgerecht, gestiegene Lohnkosten und Produktivitätsfortschritte in ihren saldierten Auswirkungen zu betrachten. Bei der Verkettung von Mischindizes ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Kosten der Montage durch eine verbesserte Technologie im Vergleich zu den Materialkosten an Gewicht verlieren. Derartige Produktivitätsfortschritte, die bei der Erstellung von Netzanlagen erzielt worden sind, können durch eine kontinuierliche Anpassung der Wägungsanteile berücksichtigt werden. Eine andere Möglichkeit ist es, die Produktivitätsentwicklung durch einen offiziell ausgewiesenen Index abzubilden und mit seiner Hilfe den Lohnindex zu korrigieren. Wie die Beschlusskammer in der angegriffenen Festlegung ausgeführt hat, hatte sie im Rahmen der Konsultation keine Daten zur Veränderung der Mengengerüste im Zeitverlauf erhalten und daher auf statistische Daten der Fachserie 18 des Statistischen Bundesamts zurückgegriffen, um auf diese Weise die Veränderung der Wägungsanteile durch Produktivitätsfortschritte abzubilden.

Der Rückgriff auf statistische Daten der Fachserie 18 ist im Grundsatz nicht zu beanstanden. Die Fachserie 16 gibt allein die Steigerung der Lohnkosten wieder und trifft daher naturgemäß keine Aussage darüber, inwieweit der Produktionsfortschritt und damit die technische Entwicklung dazu geführt hat, dass sich die zur Herstellung einer Produkteinheit benötigte Arbeitszeit verringert hat. Da § 6 Abs. 3 GasNEV aber die Berücksichtigung der technischen Entwicklung fordert, musste die Regulierungsbehörde auf andere Informationsquellen zurückgreifen oder sich diese Informationen mit Hilfe der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten beschaffen. Von daher begegnet der Rückgriff auf die Fachserie 18 keinen grundsätzlichen Bedenken. Er ändert nichts daran, dass die von der Bundesnetzagentur entwickelten Indexreihen auf den Fachserien 16 und 17 beruhen, denn durch ihn sind die Lohnkosten der Fachserie 16 lediglich modifiziert worden.

2.2.2. Indessen ist der Rückgriff auf die Daten zur Arbeitsproduktivität des Produzierenden Gewerbes nicht sachgerecht, weil diese für einen Produktivitätsfortschritt bei der Herstellung von Netzanlagen nicht repräsentativ sind. Die Beschlusskammer hat pauschal den von ihr ermittelten durchschnittlichen Produktivitätsfortschritt aller Branchen des Produzierenden Gewerbes von 2,2 % p.a. auf die beim Leitungsbau anfallenden Arbeiten, die Einbindungs- und Montageleistungen vor Ort, übertragen. In der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung werden - wie der Sachverständige Dr. C. in der Senatssitzung näher erläutert hat - nur das Verarbeitende Gewerbe, die Energie- und Wasserversorgung und das Baugewerbe mit Einzelwerten ausgewiesen (Fachserie 18). Dabei liegt die Arbeitsproduktivität im Baugewerbe mit 0,1 % p.a. deutlich unter den Werten der übrigen Wirtschaftszweige, die des Verarbeitenden Gewerbes liegt bei 2,5 %, die der Energie- und Wasserversorgung bei 3,1 % p.a.. Von dem Verarbeitenden Gewerbe wird - wie schon ausgeführt - auch der Maschinen- und Fahrzeugbau und die Computerindustrie erfasst, die durch technologischen Fortschritt und die Substitution menschlicher Arbeitskraft in den vergangenen Jahrzehnten erhebliche Produktivitätsfortschritte aufweisen konnten.

Durch den Rückgriff auf solche allgemeinen Daten zur Arbeitsproduktivität des Produzierenden Gewerbes werden sektorspezifische Eigenheiten nicht berücksichtigt. Sie können daher einen etwaigen Produktivitätsfortschritt bei der Erstellung von Netzanlagen nicht repräsentativ abbilden. Auch die Gutachter des Instituts für Wirtschaftsstudien Basel GmbH haben einen solchen daher im Rahmen der Studie "Preisindizes für das schweizerische elektrische Netz" (April 2010) zur Bemessung der Produktivitätsentwicklung abgelehnt (Studie, S. 5, 18, 40).

Mit der höheren Produktivitätssteigerung von 3,1 % p.a. in der Branche der Energie- und Wasserversorgung lässt sich der angenommene Produktivitätsfortschritt nicht stützen. Dieser Wachstumssatz betrifft die leitungsgebundene Energiewirtschaft in toto, d.h. ihre gesamten Versorgungsleistungen von der Energiegewinnung über die Verteilung bis zum Vertrieb. Produktivitätsfortschritte in dem gesamten Bereich aber lassen einen Rückschluss weder auf solche im Bereich des Netzanlagenbaus noch auf solche im Bereich der fraglichen Einbindungs- und Montageleistungen zu.

Nichts anderes gilt für die ebenfalls höhere Produktivitätssteigerung in der Elektrobranche, die mit der Herstellung von elektrotechnischen Anlagen befasst ist (3,3 %). Dass ein "bedeutender Systemlieferant für die schlüsselfertige Installation von Strom- und Rohrleitungsnetzen" dieser Branche zuzuordnen ist, lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass bei der Montage und dem Aufstellen der Netze entsprechende Produktivitätsfortschritte zu verzeichnen sind.

Ohne Erfolg verweist die Bundesnetzagentur schließlich auf einzelne technologische Neuerungen im Bereich des Netzanlagenbaus. Insbesondere mit neuen Verfahren der Rohrverlegung, etwa mittels Einpflugtechnik lässt sich die Annahme einer Produktivitätssteigerung von 2,2 % p.a. nicht stützen. Unabhängig davon, dass es diese nach Angaben der Netzbetreiber schon seit den 1960er Jahren gibt und diese Technik auch nur in ländlichen Gegenden zum Einsatz kommen kann, sind die dabei anfallenden Arbeiten auch nicht einschlägig. Letztere hat die Beschlusskammern vornehmlich mit den spezifischen Bauleistungsindizes erfasst ("Leitungsgraben ausheben"), sie unterfallen daher nicht den "Einbindungs- und Montageleistungen vor Ort". Auch das weiter angeführte "Zählersetzen in Neuanlagen" betrifft nur eine technische Neuerung - den Sicherheitskontaktuniversalstecker -, die nicht repräsentativ für die zu erbringenden Arbeitsleistungen ist. Die angeführten Beispiele sprechen daher dafür, dass der Produktivitätsfaktor - wie auch von den Gutachtern der Studie "Preisindizes für das schweizerische elektrische Netz" (April 2010) für die Erstellung von Kabel- und Freileitungen angenommen - als gering einzustufen ist (Studie, S. 4, 17).

2.2.3. Bei dieser Sachlage führt die gebotene Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände dazu, dass der Produktivitätsfortschritt der Einbindungs- und Montagearbeiten vor Ort hier allenfalls durch einen Rückgriff auf die statistischen Daten zur Arbeitsproduktivität des Baugewerbes hätte repräsentativ und damit sachgerecht abgebildet werden können. Der Umstand, dass es sich um Arbeiten handelt, die vornehmlich von Unternehmen des Baugewerbes durchgeführt werden, spricht aus Sicht des Senats für eine tätigkeitsbezogene Betrachtung und damit dafür, sich dem Produktivitätsfortschritt durch die Verwendung der Arbeitsproduktivität dieses Wirtschaftszweigs - mit 0,1 % p.a. - plausibel anzunähern. Die Verwendung des Lohnindexes des Baugewerbes und seine Bereinigung um den entsprechenden Produktivitätsfortschritt hätte die Lohnentwicklung der Einbindungs- und Montagearbeiten nicht nur repräsentativer, sondern auch den Netzbetreibern günstiger abgebildet. Wie in der Senatssitzung mit den Beteiligten erörtert, stellt sich die Lohnentwicklung im Produzierenden Gewerbe zwar im Zeitverlauf etwas günstiger dar als im Baugewerbe, denn letztere liegt leicht unter der des Produzierenden Gewerbes. Indessen dreht sich dieses Verhältnis bei einer Bereinigung um den Produktivitätsfortschritt um. Die deutlich höhere Produktivitätsentwicklung im Produzierenden Gewerbe führt dazu, dass - wie der Sachverständige Dr. C. im Senatstermin bestätigt hat - die um sie bereinigte Lohnentwicklung deutlich unter der entsprechenden des Baugewerbes liegt. Diese Einschätzung, die der Sachverständige im Senatstermin auf der Grundlage einer überschlägigen Rechnung vorgenommen hat, ist durch die nachträglich vorgenommene und zu den Akten gereichte Berechnung der Sachverständigen bestätigt worden; die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der bereinigten Tariflöhne im Baugewerbe liegt um etwa 2 Prozentpunkte über den vergleichbaren Werten des Produzierenden Gewerbes.

Alternativ dazu hätte die Bundesnetzagentur - wie die schweizerischen Gutachter - aber auch historische Abrechnungen auswerten können, um einen Produktivitätsfortschritt unmittelbar mit Hilfe der so ermittelten Veränderung der Wägungsanteile abzubilden (Studie, S. 19).

2.3. In diesem Zusammenhang ist weiter zu beanstanden, dass die Beschlusskammer die von ihr gebildeten Mischindizes nicht verprobt, also einer Plausibilitätskontrolle unterzogen hat. Entgegen der Auffassung der Beschlusskammer schied eine Plausibilisierung nicht schon deshalb aus, weil etwa der von den Netzbetreibern geforderte Abgleich mit aktuellen Beschaffungsvorgängen angesichts des technischen Fortschritts, der sich in einer neu errichteten Anlage widerspiegelt, nur eingeschränkt aussagekräftig wäre.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme ist es bei einer Verkettung von Indizes vielmehr unerlässlich, die gefundenen Indizes bzw. die sich aus ihnen ergebende durchschnittliche jährliche Teuerung überschlägig daraufhin zu überprüfen, ob sie überhaupt plausibel, also annehmbar, einleuchtend und nachvollziehbar sind oder völlig außerhalb eines solchen Rahmens liegen. Ziel einer Plausibilitätskontrolle ist es, eine ggfs. vorhandene offensichtliche Unrichtigkeit zu erkennen, die Richtigkeit eines Werts oder Ergebnisses kann und soll nicht verifiziert werden. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei den mit Hilfe der Indizes zu ermittelnden Tagesneuwerten um synthetische Tagesneuwerte handelt, insbesondere aber auch mit Blick auf das fehlende Datenmaterial war sie vorliegend zwingend geboten. Gerade weil die Beschlusskammer im Zuge der Zuordnung der Einbindungs- und Montagearbeiten zu einem Lohnindex und der Abbildung des Produktivitätsfortschritts bei dem Bau von Netzanlagen von Ermittlungen abgesehen und mangels sektorspezifischer Daten auf hochaggregierte statistische Daten zurückgegriffen hat, hätte es einer Plausibilisierung bedurft. Sie ist unabhängig davon immer dann schon notwendig, wenn Preisentwicklungen von Gütern mangels spezifischer Indexreihen durch die Verkettung von (Material- und Lohn-)Indizes abgebildet werden, da die Datengrundlage in solchen Fällen unsicher ist. Je höher der Aggregations- und damit der Abstraktionsgrad der herangezogenen statistischen Daten ist, desto strenger müssen die Anforderungen an eine Plausibilitätskontrolle sein.

Die Sachverständigen Dr. C. und D. haben im Rahmen ihrer Anhörung bestätigt, dass aus statistischer Sicht eine Plausibilisierung der Ergebnisse gerade bei Entscheidungen unter Unsicherheit über die tatsächlich gegebenen Verhältnisse unentbehrlich ist. Wie der Sachverständige Dr. C. erläutert hat, gibt es vielfältige Methoden der Plausibilisierung. Eine solche kann entweder "endogen" durchgeführt werden, etwa durch Sensitivitätsanalysen oder "exogen", durch Vergleiche mit anderen Indikatoren, so etwa mit Baupreisindizes oder den Erzeugerpreisindizes gewerblicher Produkte in geeigneter Abgrenzung. Auch internationale Vergleiche ähnlicher Sachverhalte sind für eine Plausibilisierung geeignet. Dass Möglichkeiten der Plausibilisierung für vergleichbare Sachverhalte zur Verfügung stehen und angewandt werden, ist auch der Studie "Preisindizes für das schweizerische elektrische Netz" (April 2010) zu entnehmen, die das Institut für Wirtschaftsstudien Basel GmbH im Auftrag der Eidgenössischen Elektrizitätskommission durchgeführt hat. Die Robustheit der von ihm entwickelten Indexreihen hat es u.a. mit Hilfe einer Sensitivitätsanalyse getestet, bei der die Zusammensetzung der verwandten Warenkörbe bzw. die zugrunde liegenden Indizes verändert und diese Auswirkungen analysiert worden sind. Eine solche Analyse zeigt - wie der Sachverständige D. näher ausgeführt hat - bei verketteten Indizes das Spektrum möglicher Ergebnisse auf und kann damit wertvolle Hinweise darauf geben, an welchen Stellen es "sich lohnt", mehr Aufmerksamkeit und Aufwand zu verwenden, etwa um die Ergebnisse zu verfeinern bzw. besser abzusichern. Eine weitere sinnvolle Überprüfung des methodischen Vorgehens kann erfolgen - so der Sachverständige D. weiter -, indem man eine entwickelte Methodik auf solche Teilkomponenten anwendet, für die Baupreisindizes vorliegen, so etwa für die Gewerke "Graben ausheben" oder "Beton der Fundamente". Für diese Teilkomponenten können die betrachteten Einflussgrößen, Material, Lohn und Produktivitätsindikatoren identifiziert, durch geeignete Indizes hinterlegt, Gewichte ermittelt und die erzielten Ergebnisse den Baupreisindizes gegenüber gestellt werden. Schließlich hat er als weitere Plausibilisierungsmöglichkeit den auch in der Studie des schweizerischen Instituts für Wirtschaftsstudien angeführten Abgleich der konstruierten Preisentwicklung mit der "Realität" angeführt, bei dem im Rahmen von Fallstudien z.B. aus historischen Unterlagen die tatsächlichen Anschaffungskosten ermittelt und nach einer Qualitätsanpassung den konstruierten Preisentwicklungen gegenüber gestellt werden.

2.4. Nach dem Ergebnis der Begutachtung rügt die Betroffene allerdings darüber hinaus ohne Erfolg, der Materialanteil der Anlagengruppen der Stahlleitungen werde nicht sachgerecht abgebildet, indem die Beschlusskammer für die Jahre 2000 - 2006 auf die allgemeinen Daten "Rohre aus Eisen oder Stahl" zurückgreife.

2.4.1. Die Bundesnetzagentur hat in der angegriffenen Entscheidung unter Ziffer 12 nachvollziehbar dargelegt, dass sie für die Anlagengruppen IV. 1.1. - 1.3. nicht auf einen Subindex - wie etwa den für "Kunststoffrohre" oder "Gusseiserne Abflussrohre" - zurückgreifen konnte, der sowohl den Material- als auch den Personalaufwand für die Verlegung berücksichtigt. Aus diesem Grund hat sie für diese drei Anlagengruppen der Stahlleitungen zunächst einen Subindex gebildet, der sich aus einem Material- und einem Lohnindex zusammensetzt. Für den Materialindex hat sie primär die Materialreihe "Rohre aus Eisen oder Stahl" herangezogen, weil diese sich - wie der Herleitung der Indizes in der Anlage BG 2 zu entnehmen ist -am besten für die Darstellung der Preisentwicklung eignet, allerdings nur bis zum Jahre 2000 zurückreicht. Für die davor liegenden Jahre hat sie daher auf den Index "Präzisionsrohre nahtlos und geschweißt" zurückgegriffen, der für den Zeitraum 1968 - 1999 vorliegt und für die Jahre davor auf den Index "Eisen und Stahl", der für die Jahre 1950 - 1967 angewandt wurde.

2.4.2. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Insbesondere dass die Beschlusskammer bei der Bildung eines Index für die Anlagengruppe der Stahlleitungen primär auf die allerdings nur bis zum Jahre 2000 zurückreichende Materialreihe "Rohre aus Eisen und Stahl" und lediglich für die Jahre davor u.a. auf den Index "Präzisionsrohre nahtlos und geschweißt" zurückgegriffen hat, ist aus Sicht der Sachverständigen technisch und methodisch nicht zu rügen. Die Sachverständigen E. und F. haben dazu erläuternd ausgeführt, dass die Bundesnetzagentur zur Abbildung der Preisentwicklung der Stahlleitungen einerseits Subindizes der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte für den Inlandsabsatz und andererseits solche der Baupreisstatistik herangezogen habe. Bei den in Frage gestellten Indizes handele es sich um Subindizes des Erzeugerpreisindex gewerblicher Produkte für den Inlandsabsatz, die monatlich in Fachserie 17 Reihe 2 veröffentlicht werden. Im Laufe der Erhebungen entwickelten sich so genannte Lange Reihen, die unterbrochen werden durch die im Abstand von in der Regel fünf Jahren stattfindenden Indexrevisionen. Im Rahmen einer solchen werde das Wägungsschema auf der Grundlage der veränderten Gütermarktstrukturen neu berechnet. Dies beinhalte einerseits die Festlegung der Güterbereiche, die in die Preisbeobachtung einfließen sollen, andererseits deren Gewichtung zur Berechnung der Teilaggregate und des Gesamtindex. Das führe teilweise dazu, dass Produktgruppen neu in die Preisbeobachtung aufgenommen würden, weil sie seit der vorhergehenden Indexrevision eine höhere Bedeutung gewonnen hätten. Andere würden nicht mehr weiter beobachtet, weil sie nicht oder kaum mehr in Deutschland produziert und abgesetzt würden. Oftmals sei mit der Durchführung einer Indexrevision auch die Einführung einer neuen Klassifikation verbunden, was die Vergleichbarkeit der Daten vor und nach der Indexrevision zusätzlich beeinträchtige. Nur die Datenreihen, die vor und nach der Indexrevision inhaltlich vergleichbar seien, würden abschließend miteinander verkettet und dann als so gen. Lange Reihen den Nutzern zur Verfügung gestellt. Somit existierten in der Erzeugerpreisstatistik jeweils auf der aktuellen Basis für die einzelnen Subindizes unterschiedlich lange Zeitreihen.

Da die verfügbaren Indexzeitreihen in der Regel nicht für die von der Verordnung vorgeschriebenen Zeiträume zur Verfügung gestanden hätten, habe ein Verfahren entwickelt werden müssen, mit dessen Hilfe man künstlich Lange Reihen speziell für den Zweck der Verordnung habe berechnen können. Hierzu seien zunächst auf der aktuellen Basis (2000 = 100) Indexreihen festgelegt worden, die inhaltlich den von der Verordnung geforderten Gütern am besten entsprachen. Wenn für diesen gewählten Subindex keine entsprechend lange Indexreihe vorlag, sei für die Zeit vor dem Start der Indexreihe ein möglichst ähnlicher Index gesucht worden. Dessen Veränderungsraten von Jahr zu Jahr bildeten die Grundlage für die Entwicklung der von der Verordnung geforderten langen Indexreihen, die annähernd die Entwicklung im fraglichen Bereich widerspiegeln sollten.

Vor diesem Hintergrund haben sie schließlich festgestellt, dass die von der Beschlusskammer für den Zeitraum ab 2000 herangezogene Indexreihe "2722 Stahlrohre, Rohrform-, Rohrverschluss- und Rohrverbindungsstücke, aus Eisen oder Stahl" nicht zu beanstanden ist. Auf die von der Betroffenen bevorzugte Indexreihe Präzisionsstahlrohre habe nur hilfsweise für den Zeitraum von 1968 bis 1999 zurückgegriffen werden müssen, weil für diesen Zeitraum die erst ab dem Jahr 2000 erhobene Reihe nicht zur Verfügung gestanden habe. Diese ist aber - wie die Sachverständigen näher erläutert haben - der von der Bundesnetzagentur für die Jahre ab 2000 verwandten nicht vorzuziehen, da der gewählte Index unter den von ihnen näher geschilderten methodischen und technischen Aspekten die gewünschte Position besser abdeckt.

Den Ausführungen der Sachverständigen ist in ihrem Gesamtkontext klar zu entnehmen, dass die Wahl des Index "2722 Stahlrohre, Rohrform-, Rohrverschluss- und Rohrverbindungsstücke, aus Eisen oder Stahl" für den Zeitraum ab 2000 nicht zu beanstanden ist. Da diese Reihe - und damit auch die zugrunde liegende Erhebung der maßgeblichen Positionen - jedoch erst seit dem Jahr 2000 existiert, musste (nur) für die Jahre davor auf die von der Betroffenen gewünschte Reihe zurückgegriffen werden. Hinzu kommt aus der Sicht des Senats, dass bei der Wahl eines Index auch zu berücksichtigen ist, ob dieser für die Zukunft fortgeschrieben wird. Auch von daher ist es im Grundsatz sachgerecht, ab dem Jahre 2000 den fortgeschriebenen spezielleren Index zu verwenden, der die Kostenentwicklung des Materials zuverlässiger abbildet, statt weiter auf den für den davorliegenden Zeitraum - hilfsweise - verwandten Index zurückzugreifen. Unabhängig davon gilt aber auch insoweit, dass das Ergebnis der Verkettung dieses Index mit anderen Indizes wegen der damit einhergehenden Unsicherheit es erforderte, die erzielten Ergebnisse mit besonderer Sorgfalt zu verproben, also einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen.

C.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 2 EnWG. Da die Beschwerde ganz überwiegend Erfolg hat, entspricht es der Billigkeit, dass die Bundesnetzagentur die Gerichtskosten zu tragen und der Betroffenen die entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten hat.

2. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO. Das mit der Beschwerde verbundene Interesse der betroffenen Netzbetreiber an einer Aufhebung der Festlegung bemisst der Senat - wie mit den Beteiligten in der Senatssitzung erörtert - jeweils pauschal auf 50.000 €. Soweit die Festlegung sich wirtschaftlich auf die Höhe der gemäß § 23a EnWG genehmigten Entgelte und die nach der ARegV festgelegten Erlösobergrenzen auswirkt, ist dies erst im Rahmen der Beschwerden gegen die individuellen Entscheidungen zu berücksichtigen.

D.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs entsprechend § 86 Abs. 2 Nr. 2 EnWG erfordert.

Rechtsmittelbelehrung:

Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 S. 2, 80 S. 2 EnWG).






OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 06.06.2012
Az: VI-3 Kart 281/07 (V)


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/745816b0230f/OLG-Duesseldorf_Beschluss_vom_6-Juni-2012_Az_VI-3-Kart-281-07-V




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share