Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Oktober 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 118/03

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

In das Markenregister eingetragen ist unter 396 37 911 Digitennefür die Waren "Empfangseinheiten für Video-, Audio- und Datensignale".

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren, seit 1998 für die Waren

"Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer sowie magnetische und optische Datenaufzeichnungsträger im Zusammenhang mit Telekommunikation; Telekommunikation; Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation"

eingetragenen Marke 396 20 221 DigitOne.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in einem Erstbeschluß die Löschung der angegriffenen Marke wegen schriftbildlicher Verwechslungsgefahr angeordnet. Auf die Erinnerung ist dieser Beschluß aufgehoben und der Widerspruch zurückgewiesen worden. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt worden, wegen der abweichenden Vokalfolge und der insbesondere bei der zu erwartenden englischen Aussprache völlig verschiedenen Gesamtklangbilder sei von einem ausreichenden Zeichenabstand auszugehen. Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr sei wegen der erkennbar unterschiedlichen Wortlänge, der Binnengroßschreibung im Widerspruchszeichen und des jedenfalls äußerst geringen Schutzumfang des Bestandteils "Digit", der auch einer assoziativen Verwechslungsgefahr entgegenstehe, nicht gegeben.

Die Beschwerde der Widersprechenden stützt sich im wesentlich auf die Übereinstimmung an den für eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr besonders maßgeblichen Wortanfängen und -enden. Bei einer anzunehmenden deutschen Aussprache reiche auch der klangliche Abstand nicht aus.

Die Widersprechende beantragt, den Erinnerungsbeschluß des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, lediglich das angegriffene Zeichen werde deutsch ausgesprochen. Die Zeichenbestandteile "Digi" bzw. "Digit" seien zudem kennzeichnungsschwach.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. In Übereinstimmung mit dem Erinnerungsbeschluß der Markenstelle ist eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht gegeben.

Nach der maßgeblichen Registerlage können sich die gegenständlichen Marken auf identischen Produkten gegenüberstehen. Die Waren der angegriffenen Marke sind mit den Waren "Apparate zur Übertragung von Ton, Bild oder Daten" des Widerspruchszeichens deckungsgleich.

Der Senat hat eine noch durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit einen noch normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke zugrundegelegt. Diese kann wörtlich mit "Stelle/Ziffer eins" übersetzt werden. Ein beschreibender - hier aber zu vager - Zusammenhang mit den gegenständlichen Waren und Dienstleistungen könnte allenfalls darin bestehen, daß diesen durch eine derartige Bezeichnung eine Spitzenstellung im Verhältnis zu anderen Produkten zugeschrieben werden soll.

Der unter diesen Umständen erforderliche besondere Abstand wird von der angegriffenen Marke noch eingehalten.

Bei dem gebotenen Vergleich sind die Zeichen grundsätzlich in ihrer Gesamtheit gegenüberzustellen. Zu einer Abweichung von diesem Regelsatz besteht vorliegend keine Veranlassung.

Der Bestandteil "Digit-" in der Widerspruchsmarke tritt insbesondere nicht als weniger kollisionsrelevant in der Hintergrund. Über die vorstehend bereits diskutierte, lediglich das Gesamtzeichen betreffende Andeutung hinaus ist ein beschreibender Sinngehalt dieses Bestandteils für die gegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht erkennbar. Auch aus der Drittzeichenlage ergibt sich keine echte Schwächung. Bei vielen dort gelisteten Zeichen handelt es sich um Bestandteile mit dem Zeichenelement "Digi", denen erst in dem anschließenden Wortteil ein dort zugehöriges "t" folgt. Da zudem über die Benutzung der angeführten Drittmarken nichts ausgesagt werden kann und ihre Zahl nicht besonders hoch liegt, kann nicht auf einen von Haus aus bestehenden Originalitätsmangel des Bestandteils "Digit-" geschlossen werden.

Bei dem angegriffenen Zeichen handelt es sich um ein Kunstwort, das verkürzend wohl für "digitale Antenne" steht. Da jedenfalls "Digi-" nicht mit einem weiteren, isoliert unmittelbar sinntragenden Begriff korrespondiert, läßt sich dieser Zeichenteil nicht gedanklich als gängige Abkürzung für "digital" vom Zeichenrest ablösen.

Auf dieser Grundlage liegt eine klangliche Verwechslungsgefahr nicht vor. Dieses Ergebnis gründet sich über die bloße Buchstabenfolge hinaus auf eine unterschiedliche Aussprache der sich gegenüberstehenden Zeichen.

So wird die Widerspruchsmarke überwiegend als Zweiwortzeichen und in englischer Aussprache wiedergegeben werden. Sie besteht aus zwei englischen Zeichenteilen, die durch die Binnengroßschreibung erkennbar voneinander abgesetzt sind. Zumindest "one" als englisches Zahlwort dürfte von praktisch jedermann erkannt werden, so daß insgesamt eine englische Aussprache nahegelegt ist. Diesem Ergebnis steht die Entscheidung des BGH (GRUR 2004, 240 - medAS/MI-DAS) nicht entgegen. Im Gegensatz zur dortigen Sachlage ist vorliegend in einem maßgeblichen Umfang eine flüssige Aussprache des Widerspruchszeichens nicht zu erwarten. Während in dem von BGH entschiedenen Fall in Anbetracht der dort gegenständlichen Dienstleistungen ohne Bezug zum medizinischen Bereich für eine zergliedernde Betrachtung des Zeichens "medAS" im Sinne einer medizinischen Spitzenleistung keine Veranlassung bestand, ist vorliegend eine deutliche Abstufung durch das überaus bekannte englische Zahlwort "one" und die damit verbundene Andeutung einer besonderen Produktqualität nahegelegt.

Demgegenüber wird die Widerspruchsmarke üblicherweise nach deutschen Ausspracheregeln wiedergegeben. Sie läßt aus sich heraus keine Umstände erkennen, die den Verkehr dazu veranlassen könnten, sie nach den Regeln der englischen Sprache wiederzugeben (vgl. BPatG, Pavis Proma, Kliems, 24 W (pat) 200/02 - Bialind/biafine). Vielmehr ist wegen der zweiten Zeichenhälfte "tenne", die nicht mit dem englischen "antenna" korrespondiert, eine derartige Aussprache gerade nicht zu erwarten.

Somit ergibt sich ausgehend von einer Wiedergabe des angegriffenen Zeichens nach deutschen Ausspracheregeln und der Widerspruchsmarke als Zweiwortzeichen mit englischer Aussprache ein ausreichend unterschiedliches Klangbild.

Auch in schriftbildlicher Hinsicht sind Verwechslungen nicht zu besorgen. Für den schriftbildlichen Vergleich sind auf seiten der Widerspruchsmarke die besonders bildlich ausgestaltete Form in Gestalt der Binnengroßschreibung zugrundezulegen (BGH GRUR 2002, 1067, 1069 - DKV/OKV; BPatG a.a.O.), die in der angegriffenen Marke keine Entsprechung findet.

Die von der Widersprechenden geltend gemachte mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer Serienmarke scheitert schon daran, dass der in der jüngeren Marke als Stammbestandteil in Betracht kommende Wortteil "Digi" mit dem Wort "Digit" der Widerspruchsmarke weder übereinstimmt noch damit wesensgleich ist.

Eine Kostenauflegung (§ 71 Abs. 1 MarkenG) ist nicht veranlaßt.

Winter Hartlieb Schramm Hu






BPatG:
Beschluss v. 11.10.2004
Az: 30 W (pat) 118/03


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