Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Januar 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 174/99

(BPatG: Beschluss v. 31.01.2000, Az.: 30 W (pat) 174/99)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

In das Markenregister eingetragen ist unter der Rollennummer 395 16 582.2 die Bezeichnung Pinifür die Waren

"Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel.

Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial".

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren, seit 1912 unter der Nummer 153754 für die Waren

"Pharmazeutische Präparate, Pflanzenöle und -extrakte für medizinische und hygienische Zwecke, Badesalze, kosmetische Präparate"

eingetragenen Marke Pinodor, deren Schutzdauer zuletzt mit Wirkung vom 18. Dezember 1990 verlängert worden ist.

Die Markeninhaberin hat im patentamtlichen Verfahren die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, ausgehend von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei ein ausreichender klanglicher und schriftbildlicher Abstand gegeben. Die Übereinstimmung im Anfangsbestandteil "Pin" dürfe wegen des beschreibenden Hinweises auf die Gattung der Kieferngewächse (Pinus) als Wirkstofflieferant nicht überbewertet werden. Eine assoziative Verwechslungsgefahr bestehe nicht. Auch wenn zugunsten der Widersprechenden unterstellt werde, daß der Markenanfang "Pino" Hinweischarakter auf das Unternehmen der Widersprechenden erlangt habe, sei dieses Firmenschlagwort nicht wesensgleich mit der angegriffenen Marke.

Die Widersprechende hat Beschwerde erhoben. Zur Begründung ist ausgeführt, es bestehe eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens. In diesem Zusammenhang komme es nicht allein auf die Wesensgleichheit des Stammbestandteils an. Auch der angeblich beschreibende Anklang des Bestandteils "Pin" sei nicht geeignet, eine Verwechslungsgefahr unter diesem Gesichtspunkt auszuschließen. Gegenüberzustellen seien die Anfangsbestandteile "Pin" bzw das angegriffene Zeichen "Pini" insgesamt zum hochgradig ähnlichen Eingangsbestandteil der Widerspruchsmarke in Gestalt von "Pino". Im übrigen sei der Endbestandteil "dor" der Widerspruchsmarke schon deshalb unbeachtlich, weil aufgrund der Häufigkeit des Vorkommens dieser Endsilbe in Marken aus dem relevanten Produktbereich der Verkehr dieser keine Beachtung mehr schenken werde. Die Abweichung im zweiten Vokal der sich gegenüber stehenden Marken werde vom Verkehr nicht wahrgenommen. Zudem ergebe sich eine assoziative Verwechslungsgefahr daraus, daß der gemeinsame Bestandteil "Pin" auch auf Piniengewächse hinweise.

Die Widersprechende hat Unterlagen zur Benutzung der Widerspruchsmarke eingereicht. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich hierzu nicht geäußert.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Löschung des angegriffenen Zeichens anzuordnen.

Die Markeninhaberin hat sich zur Sache nicht geäußert, keinen Antrag gestellt und den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht wahrgenommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Es besteht in Übereinstimmung mit der Auffassung der Markenstelle keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Was die Benutzungslage der Widerspruchsmarke anbetrifft, so hat die Widersprechende auf die von der Markeninhaberin schon im patentamtlichen Verfahren statthaft erhobene Nichtbenutzungseinrede eine Benutzung für Badezusätze und Duschbäder dargetan. Diese Produkte sind unter die Waren "kosmetische Präparate" der Widerspruchsmarke zu subsumieren, so daß insoweit eine rechtserhaltende Benutzung gegeben ist. Die Markeninhaberin ist dem entsprechenden Vorbringen nicht entgegengetreten. Eine Zurückweisung dieses Vorbringens als verspätet nach § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG, § 296 Abs 2 ZPO kommt nicht in Betracht. Zwar hat die Widersprechende erst unmittelbar vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung eine Benutzung behauptet und belegt. Diese Verspätung hat jedoch keine Verzögerung in der Erledigung dieses Beschwerdeverfahrens zur Folge, da das Vorbringen der Widersprechenden zur Benutzung unbestritten geblieben ist. Die ordnungsgemäß geladene Markeninhaberin ist trotz des Hinweises, daß auch bei ihrem Ausbleiben verhandelt und entschieden werden kann, nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen. Sie hat daher die Gelegenheit, zum Vorbringen zur Benutzung und den Benutzungsunterlagen Stellung zu nehmen, nicht wahrgenommen und somit selbst ihren Anspruch auf rechtliches Gehör aufgegeben (vgl BPatG 28 W (pat) 168/97, PAVIS PROMA - Kliems, BLUE BOAT/Blue Ship).

Ausgehend von einer Benutzung der Widerspruchsmarke für "kosmetische Präparate" können sich die gegenüber stehenden Marken auch auf identischen Waren begegnen. Diese Warensituation sowie der Umstand, daß uneingeschränkt die allgemeinen Verkehrskreise angesprochen sind, bedingen grundsätzlich sehr strenge Anforderungen an den Markenabstand.

Der Senat hat eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit einen normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke zugrunde gelegt. Zwar weist der Anfangsbestandteil "Pin" beschreibend auf das lateinische "pinus" (= Fichte, Kiefer, Pinie) hin und enthält damit eine Angabe über die mögliche Zusammensetzung des Produkts. Gleichwohl liegt bei der gebotenen Betrachtung des Gesamtzeichens noch eine ausreichend phantasievolle Zeichengestaltung vor.

Der unter diesen Umständen zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr gebotene besonders deutliche Abstand der Marken wird von der angegriffenen Marke eingehalten.

Die Voraussetzungen einer klanglichen Verwechslungsgefahr liegen nicht vor. Durch die unterschiedliche Zeichenlänge bei einer abweichenden Silbenzahl und einer unterschiedlichen Vokalfolge ergibt sich ein deutlicher klanglicher Abstand. Das Widerspruchszeichen wird auch nicht durch den Zeichenbestandteil "Pin" bzw "Pino" geprägt oder wesentlich mitbestimmt. Gegen eine derartige Annahme spricht bereits, daß der Zeichenrest sich gerade nicht als kennzeichnungsschwach darstellt und beschreibende Anklänge allenfalls dem Zeichenanfang zu entnehmen sind.

Ebensowenig liegen die Voraussetzungen einer Abspaltung des Zeichenteils "odor" bzw "dor" in der Widerspruchsmarke vor. Bei der Annahme dieser Form einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr ist große Zurückhaltung geboten (Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 169 mwNachw). Sie kommt allenfalls im Hinblick auf glatt beschreibende Angaben, die vom Verkehr nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefaßt werden, in Betracht (Althammer/ Ströbele, aaO). Diese Voraussetzungen liegen bezüglich der Zeichenendung der Widerspruchsmarke - wie ausgeführt - gerade nicht vor.

Ebensowenig kann eine assoziative Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens angenommen werden. Auch insoweit ist Zurückhaltung geboten. Gegen eine derartige Annahme spricht vorliegend insbesondere, daß keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Gewöhnung des Verkehrs durch die Benutzung mehrerer eigener entsprechender Serienmarken an diesem Stammbestandteil bestehen. Die Widersprechende hat zwar im patentamtlichen Verfahren darauf hingewiesen, daß sie Inhaberin ähnlich gebildeter Marken (Pinoidal, Pino-Pak, PINOPON, PINOFIT) sei. Anhaltspunkte für eine Gewöhnung des Verkehrs an den übereinstimmenden Stammbestandteil "Pino" liegen jedoch nicht vor, da über die Benutzung der vorstehenden Marken nichts ausgesagt ist. Entsprechend dem natürlichen Sprechrhythmus und dem Aufbau der vorstehend genannten Marken wäre als Stammbestandteil ohnehin "Pino" und nicht "Pin" zugrunde zu legen. Der Stammbestandteil "Pino" unterscheidet sich jedoch von dem angegriffenen Zeichen deutlich und kann nicht mit diesem als wesensgleich angesehen werden. Hinzu kommt, daß es sich bei "Pino" auch nicht etwa um eine Firmenkennzeichnung der Widersprechenden handelt.

Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne liegt ebenfalls nicht vor, da der Verkehr den Anfangsbestandteil "Pin" eher als Hinweis auf die Zusammensetzung des Produkts sehen und daraus nicht auf eine übereinstimmende betriebliche Herkunft schließen wird.

Wegen der unterschiedlichen Zeichenlänge kommt auch eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr nicht in Betracht.

Die Beschwerde der Widersprechenden bleibt daher ohne Erfolg.

Eine Kostenauferlegung (§ 71 Abs 1 MarkenG) ist nicht veranlaßt.

Stoppel Sommer Schramm Mü/Fa






BPatG:
Beschluss v. 31.01.2000
Az: 30 W (pat) 174/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/721844cd6619/BPatG_Beschluss_vom_31-Januar-2000_Az_30-W-pat-174-99




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share