Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. November 2010
Aktenzeichen: 26 W (pat) 78/10

(BPatG: Beschluss v. 10.11.2010, Az.: 26 W (pat) 78/10)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehrt die Löschung der am 07.10.2008 für die Dienstleistung "Telekommunikation" eingetragenen Wortmarke 30 2008 056 345 FONIMAP des Antragsgegners mit der Begründung, sie sei entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG eingetragen worden. Die Voraussetzungen einer bösgläubigen Markenerschleichung seien gegeben. Der Antragsgegner habe die angegriffene Marke nur zu dem Zweck ersonnen und eingetragen, das gestaffelte Zuteilungsverfahren der Bundesnetzagentur für so genannte Vanity-Nummern zu umgehen und mit der eingetragenen Marke die bevorrechtigte Zuteilung der freiwerdenden Rufnummer 09005-DOMINA zu erlangen. Gebe man das Wort "FONIMAP" auf der Tastatur eines handelsüblichen Telefons ein, entspreche diese Eingabe in den ersten sechs Ziffern der Eingabe jenes Wortes bzw. der Ziffernfolge "306462". Dabei habe der Antragsgegner in Kauf genommen, dass der "... GmbH", deren Geschäfte der Antragsteller führt, die begehrte Rufnummer von der Bundesnetzagentur nicht zugeteilt worden sei, weil ihr der Antragsgegner zuvorgekommen sei. Der Antragsgegner hat der Löschung innerhalb der Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen.

Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patentund Markenamtes hat mit Beschluss vom 19.05.2010 den Löschungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Anmelder die umstrittene Marke weder erschlichen noch die Absicht gehabt habe, andere am Gebrauch dieser Bezeichnung zu hindern. Auch sei die Marke nicht lediglich dazu bestimmt, gutgläubige Dritte, die identische oder ähnliche Kennzeichnungen im Verkehr benutzen, unter Druck zu setzen oder zu erpressen. Der Umstand, dass es möglicherweise ein vordringliches Motiv des Markeninhabers für die Anmeldung der angegriffenen Marke gewesen sei, einen Vorteil gegenüber seinen Mitbewerbern für die Zuteilung einer Vanity-Nummer zu erhalten, erfülle nicht den Tatbestand einer bösgläubigen Markenanmeldung. Der Antragsgegner behindere Konkurrenten nicht in der Benutzung der angegriffenen Marke "FONIMAP". Dementsprechend sei auch nach dem Vortrag des Antragstellers mit einem eventuell fehlenden Benutzungswillen des Antragsgegners nicht die Absicht verbunden, Mitbewerber in der Benutzung dieser Bezeichnung zu behindern.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragsstellers. Dieser verweist ergänzend auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-569/08, in welcher der EuGH festgestellt habe, dass Bösgläubigkeit vorliege, wenn "(...) die Domäne aufgrund einer Marke registriert wurde, die der Domäneninhaber nur erworben hat, um die Registrierung der Domäne in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung beantragen zu können und damit anderen Interessenten (...) zuvorzukommen". Dem Markeninhaber habe schließlich, wie näher dargelegt wird, bereits im Anmeldezeitpunkt der erforderliche generelle Benutzungswille gefehlt.

Der Antragsteller beantragt, 1.

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Marke 30 2008 056 345 zu löschen, 2.

hilfsweise einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. . Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten des Deutschen Patentund Markenamtes Az. 30 2008 056 345 und S 177/09 Lö Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Mit zutreffender Begründung, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, hat die Markenstelle 3.4 des Deutschen Patentund Markenamtes den Antrag auf Löschung der eingetragenen Marke "FONIMAP" gem. §§ 54, 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG zurückgewiesen, weil der Antragsgegner und Markeninhaber im Zeitpunkt der Anmeldung der streitgegenständlichen Marke am 29.08.2008 nicht bösgläubig i. S. d. §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG war.

Auf die Beschwerdebegründung des Antragstellers sind lediglich ergänzend zwei Punkte näher auszuführen:

Die vom Antragsteller zitierte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3.6.2010 (C-569/08) ist nicht zum Markenrecht ergangen, sondern befasst sich mit der Auslegung der Verordnung (EG) Nummer 874/2004 der Kommission vom 28. April 2004 zur Festlegung von allgemeinen Regeln für die Durchführung und die Funktionen der Domäne oberster Stufe ".eu" und den allgemeinen Grundregeln für die Registrierung. Auch die zitierten Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs zur Frage der Bösgläubigkeit beziehen sich auf den Begriff der Bösgläubigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 3 dieser Verordnung, nicht aber auf den Begriff der Bösgläubigkeit im Sinne der §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG oder Art. 3 Abs. 2 d) der diesem Gesetz zu Grunde liegenden Richtlinie (vgl. Erste Richtlinie Nr. 89/104/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken vom 21.12.1988, ABl.-EG Nr. L 40 vom 11.02.1989). Im hier einschlägigen Markenrecht hat der deutsche Gesetzgeber durch § 8 Abs. 2 Nummer 10 MarkenG eine lediglich fakultative Richtlinienvorgabe umgesetzt. Bereits der amtlichen Begründung zu dieser Vorschrift (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, 79, 95 = Bl.f.PMZ 1994, Sonderheft, 73, 89) ist zu entnehmen, dass der Begriff der Bösgläubigkeit einer eigenständigen kennzeichenrechtlichen Auslegung bedarf.

Von einer Bösgläubigkeit des Anmelders im Sinne von §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ist danach auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt ist (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, 95 = Bl.f.PMZ 1994, Sonderheft, 89). Damit knüpft die Bestimmung an die Rechtsprechung zum außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch aus § 1 UWG oder § 826 BGB unter Geltung des Warenzeichengesetzes an. Zur Beurteilung der Bösgläubigkeit des Anmelders sind daher diese Grundsätze weiter heranzuziehen (vgl. BGH GRUR 1998, 412, 414 = WRP 1998, 373 -Analgin; BGH GRUR 2000, 1032, 1035 - EQUI 2000). Der Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG kann erfüllt sein, wenn auf Seiten des Zeicheninhabers besondere Umstände vorliegen, die die Erwirkung der Zeicheneintragung als sittenwidrig im Sinne der genannten Vorschriften erscheinen lassen. Derartige Umstände können darin liegen, das der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder gleichartige Waren die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen. Das wettbewerblich Verwerfliche kann auch darin gesehen werden, dass ein Markenanmelder die mit der Eintragung der Marke entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (vgl. BGH GRUR 1998, 1034, 1037 -Makalu). Für das Vorliegen derartiger Umstände bei Anmeldung der Marke "FONIMAP" fehlen indessen auch nach dem Vortrag des Antragstellers zureichende Anhaltspunkte:

Dass eine Marke mit dem Ziel angemeldet wird, bei der Bundesnetzagentur eine der Buchstabenfolge des Markenwortes entsprechende Vanity-Nummer zu erhalten, ist für sich genommen nicht wettbewerblich verwerflich. Die Besonderheit einer Vanity-Nummer besteht gerade darin, dass sich eine bestimmte Ziffernfolge nicht eindeutig einer bestimmten Umschrift zuordnen lässt. Die einer schutzfähigen Marke innewohnende Kennzeichnungskraft als betrieblicher Herkunftshinweis geht allerdings verloren, wenn das Markenwort als Vanity-Nummer in eine -grundsätzlich als solche schutzunfähige -Telefonnummer transkribiert wird. Das Markenrecht schützt den Inhaber einer Buchstabenfolge, die als Vanity-Nummer einer bestimmten Ziffernfolge entspricht, folglich nicht davor, dass ein Wettbewerber eine weitere Buchstabenfolge als Marke anmeldet, die sich als Vanity-Nummer mit derselben Ziffernfolge ausdrücken lässt.

Der Umstand, dass Markeninhaber bei der Zuteilung frei werdender Vanity-Nummern von der Bundesnetzagentur bevorzugt werden, hat seine Grundlage in den Ausführungsbestimmungen zum Telekommunikationsgesetz vom 22.06.2004 (vergl. Anl. zur Beschwerdebegründung, Verfügung 037/2004 vom 11.08.2004, Reg TP Amtsbl. 16/2004). Eine Antwort auf die Frage, welcher von mehreren Inhabern von Marken, deren Buchstabenfolgen derselben Ziffernfolge entsprechen, bei der Zuteilung freiwerdender Vanity-Nummern zu bevorzugen ist, ist daher in diesen Ausführungsbestimmungen oder deren Auslegung, nicht aber im Markenrecht zu suchen.

Die zweite Ergänzung zu den Ausführungen der Markenstelle betrifft das Tatbestandmerkmal eines fehlenden generellen Benutzungswillens des Markeninhabers im Anmeldezeitpunkt. Im vorliegenden Fall vermag der Senat nicht festzustellen, dass dem Antragsgegner dieser Wille fehlte. Ein genereller Benutzungswille des Anmelders im Anmeldezeitpunkt wird grundsätzlich vermutet (vgl. näher Hacker/Ströbele, MarkenR, 9. Aufl. Rn. 540 ff. zu § 8), und diese Vermutung ist auch unter Berücksichtigung der umfangreichen Ausführungen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung nicht durch das Gesamtverhalten des Markeninhabers widerlegt worden.

Der Antragsgegner ist ausweislich des vorgelegten Handelsregisterauszugs seit 26.10.2009 Geschäftsführer der ... GmbH. Wie eine Internetrecherche belegt (vgl. www.strafverteidigersuche.info/impressum.php), bietet diese Gesellschaft -ebenso wie das Unternehmen des Antragstellers -Kommunikationsdienstleistungen an und betreibt eine Homepage zur Vermittlung von Strafverteidigern. Eine Benutzung der Marke wird bereits angenommen, wenn eine Firma zum Register angemeldet wird (vgl. Pahlow in HK-Markenrecht 2. Aufll. § 15 Rn. 33). Sofern der Anmelder im Anmeldezeitpunkt am 07.10.2008 noch über keinen Geschäftsbetrieb verfügte, lässt dies für sich genommen nicht den Schluss auf eine Bösgläubigkeit zu. Auch aus zahlreichen weiteren Markenanmeldungen kann nicht ohne weiteres auf eine Bösgläubigkeit geschlossen werden. Selbst die Nichtbenutzung einer Marke begründet für sich genommen noch kein wettbewerbliches Unwerturteil (vgl. näher Hacker/Ströbele, a. a. O, Rn. 540 ff. zu § 8). Da, wie die Markenstelle dargelegt hat, im vorliegenden Fall zusätzlich konkrete Unlauterkeitsmerkmale fehlen, die eine Anmeldung als bösgläubig erscheinen lassen, war der Beschwerde des Antragstellers der Erfolg zu versagen.

Dr. Fuchs-Wissemann Reker Dr. Schnurr Bb






BPatG:
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