Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 9. Januar 2013
Aktenzeichen: 2a O 87/12

(LG Düsseldorf: Urteil v. 09.01.2013, Az.: 2a O 87/12)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Seilwinden wie nachstehend abgebildet einzuführen, anzubieten, zu vertreiben und/oder in den Verkehr zu bringen:

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und entstehen wird.

3. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der Anträge zu Ziffer I. 3. - 5. erledigt ist.

4. Die Widerklage wird abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

6. Dieses Urteil ist hinsichtlich Ziffer 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 Euro, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist Inhaberin einer dreidimensionalen Gemeinschaftsmarke, mit der die äußere Gestaltung einer von der Klägerin hergestellten Seilwinde markenrechtlich geschützt wird. Die dreidimensionale Gemeinschaftsmarke mit der Registernummer ...#/... wurde mit Priorität zum 3.7.2010 am 16.9.2010 eingetragen. Das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen umfasst u.a maschinelle Seilwinden, Drahtseilwinden und Seildurchlaufwinden.

Die Marke ist wie folgt graphisch wiedergegeben:

Die Beklagte ist ein chinesischer Hersteller von Seilwinden und hat u.a. unter der Bezeichnung "LTD 5" und "LTD 6.3" eine Seilwinde im Angebot, die wie folgt aussieht:

Seilwinde "LTD 6.3"

Seilwinde "LTD 6.3"

Diese Seilwinden der Beklagten sind in verschiedenen Internetportalen, wie www.alibaba.com oder www.madeinchina.com, die jeweils in deutscher Sprache aufgerufen werden können, zu beziehen. Auf der Profilseite der Beklagten auf der Plattform german.alibaba.com wird Westeuropa explizit als einer der Hauptmärkte der Beklagten genannt. Seit Herbst 2012 betreibt die Beklagte zudem eine eigene Internetseite unter www.suspendedworkingplatform.com, die über eine entsprechende Schaltfläche in deutscher Sprache geladen werden kann, und über die die Seilwinden "LTD 6.3" und "LTD 5" nach Deutschland bestellt werden können.

Die Beklagte beantragte am 10.7.2012 beim HABM die Löschung der Marke, wobei eine Entscheidung über diesen Antrag noch aussteht.

Die Klägerin ist der Ansicht, durch den Vertrieb der Seilwinden mit der Bezeichnung "LTD 5" und "LTD 6.3" verletze die Beklagte die Markenrechte der Klägerin. Insbesondere bestehe Verwechslungsgefahr, da die Klagemarke von Haus aus über eine hohe Kennzeichnungskraft verfüge, da sie zahlreiche charakteristische Gestaltungsmerkmale aufweise, die den Gesamteindruck bestimmten und die in den Geräten der Konkurrenz nicht vorhanden seien. Hierzu zählten u.a. die individuelle Anordnung der Kühlrippen zueinander sowie die charakteristische Modulbauweise mit den optisch klar voneinander abgegrenzten Gehäusen. Die Kennzeichnungskraft sei durch die intensive Benutzung und den überdurchschnittlichen Bekanntheitsgrad der Marke noch erheblich gesteigert worden.

Die Zeichenähnlichkeit sei bei bestehender Warenidentität hoch, da die von der Beklagten vertriebenen Winden mit der Seilwinde der Klägerin nahezu identisch seien.

Ursprünglich hat die Klägerin auch einen Auskunfts- und einen Vernichtungsanspruch geltend gemacht, diese jedoch in der mündlichen Verhandlung für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Seilwinden wie nachstehend abgebildet einzuführen, anzubieten, zu vertreiben und/oder in den Verkehr zu bringen:

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und entstehen wird.

3. festzustellen, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der Anträge zu Ziffer I. 3. - 5. erledigt ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt sie,

die Gemeinschaftsmarke Nr. ...#/... der Klägerin und Widerbeklagten für nichtig zu erklären.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die dreidimensionale Marke der Klägerin sei bereits nicht eintragungsfähig gewesen, da sie keine hinreichende Unterscheidungskraft aufweise. Soweit die Anordnung der Kühlrippen von der Klägerin als charakteristisch eingestuft werde, sei diese Anordnung nicht willkürlich gewählt, sondern vielmehr technisch bedingt nicht anders zu lösen. Überdies seien genügend unterschiedliche Details zwischen der Klagemarke und den Winden der Beklagten vorhanden, wie etwa der bei der Beklagten abgerundete Motorblock, Einstanzungen im Deckelbereich und der gestreckte Zylinder im Getriebebereich.

Zudem ist die Beklagte der Ansicht, es fehle bereits an einer Verletzungshandlung. Sie beabsichtige nämlich nicht, die Winden in Deutschland zu vertreiben. Bei Internetrecherchen führe die deutsche IP-Adresse dazu, dass automatische Übersetzungsprogramme der jeweiligen Verkaufsplattformen Dritter in deutscher Sprache erschienen. Hierauf habe sie keinen Einfluss.

Im Übrigen sei der Rechtsstreit bis zur Entscheidung des HABM über den Löschungsantrag auszusetzen, was sie mit Schriftsatz vom 21.8.2012 beantragt hat.

Ursprünglich hat die Klägerin zunächst allein Ansprüche nach dem UWG geltend und diese Klage vor dem Landgericht Köln anhängig gemacht. Nach einer Klageerweiterung um die streitgegenständlichen Ansprüche hat das Landgericht Köln diese abgetrennt und an das Landgericht Düsseldorf als Gemeinschaftsmarkengericht verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet, die Widerklage ist unbegründet.

I.

Die Klage ist begründet.

1.

Die Klägerin hat einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus Art. § 9 Abs. 1 S. 2 lit. b) GMV.

Nach Art. 9 Abs. 1 S. 2 lit. b) GMV ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt:

Die Klägerin ist seit dem 16.9.2010 Inhaberin der mit der Registernummer ...#/... eingetragenen Gemeinschafts-3D-Marke

Da über den Löschungsantrag der Beklagten beim HABM noch nicht entschieden worden ist, steht die Klagemarke in Kraft und gewährt der Klägerin Markenschutz im gesamten Gebiet der Europäischen Union.

Dem Antrag der Beklagten, den vorliegenden Rechtsstreit bis zur Entscheidung des HABM über den Löschungsantrag auszusetzten, war nicht zu entsprechen:

Die Aussetzung eines Verletzungsprozesses aus einer eingetragenen Marke kommt nach ständiger Rechtsprechung nur dann in Betracht, wenn der gegen die Marke gerichtete Löschungsantrag eine mindestens überwiegend wahrscheinliche Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BGH GRUR 2003, 1040, 1042 - Kinder I; OLG Hamburg GRUR-RR 2006, 321, 322 - Prismenpackung, Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 14, Rdn. 26 m.w.N.), da andernfalls der Beklagte in einem Markenverletzungsprozess auf diese Weise stets eine effektive Rechtsdurchsetzung des Markeninhabers verhindern könnte - und sei der Löschungsantrag noch so aussichtslos.

Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass das HABM dem Löschungsantrag der Beklagten stattgeben wird, lässt sich vorliegend jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht feststellen. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass im Fall einer 3D-Marke nicht nur zusätzlich die die Eintragbarkeit einschränkenden Kriterien des Art. 7 Abs. 1 lit. e) GMV zu beachten sind, sondern auch das Vorliegen der konkreten Unterscheidungskraft besonders sorgfältig zu prüfen ist (vgl. Eisenführ/Schennen, GMV, 3. Aufl. 2010, Art. 7, Rdn. 102). Hinsichtlich der Unterscheidungskraft gilt bei 3D-Marken, dass es sich um eine vom Üblichen erheblich abweichende Gestaltung handeln muss, die für den Verkehr die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen nahelegt (vgl. EUGH GRUR Int. 2008, 43 - Henkel, Tz. 37; EUGH GRUR 2008, 339 - Develey, Tz. 87). Insbesondere ist es nicht ausreichend, dass nur eine Variante der üblichen Formen vorliegt, vielmehr muss der Durchschnittsverbraucher - ohne eine Prüfung vorzunehmen und ohne besonders aufmerksam zu sein - die Form von den Waren anderer Unternehmen unterscheiden können (vgl. EUGH GRUR Int. 2005, 135 - Mag Instrument, Tz. 32; EUGH GRUR 2004, 428 - Henkel (Waschmittelflasche), Tz. 53).

Dem Vorbringen der Beklagten, hinsichtlich der Seilwinde der Klägerin bestehe ein absolutes Eintragungshindernis im Sinne von Art. 7 Abs. 1 lit. b) und c) GMV, ist die Klägerin substantiiert entgegengetreten und hat dargetan, worin sich ihre mit der 3D-Marke geschützte Winde von Winden anderer Hersteller unterscheidet und welche äußeren Merkmale so charakteristisch für die Winde sind, dass sie mit der Klägerin als Herstellerin in Verbindung gebracht wird:

Der maßgebliche Gesamteindruck wird geprägt von dem Zusammenwirken einer Vielzahl von Gestaltungselementen.

Dies sind vor allem die modulartige Anordnung des länglichen, zylinderförmigen Motorengehäuses, der seitlich am Motorengehäuse angebrachte, quaderförmige Steuerungskasten, das unterhalb des Motorengehäuses etwas zurückversetzt angeordnete Getriebegehäuse sowie das auf der Rückseite der Winde angeordnete flache Treibscheibengehäuse und die Rippenstruktur, die durch die senkrecht am Motorengehäuse angebrachten Rippen sowie die im rechten Winkel hierzu stehenden waagerechten Rippen am Getriebegehäuse geprägt wird. Desweiteren hat die Klägerin substantiiert vorgetragen, dass diese charakteristischen Kennzeichen ihrer Winde erheblich von der Norm bzw. der Branchenüblichkeit innerhalb der entsprechenden Warenklassen abweichen und diese Besonderheiten nicht technisch bedingt, sondern aus ästhetischen Gründen so gewählt worden sind.

Soweit die Beklagte hiergegen einwendet, die Grundform der klägerischen Seilwinde entspreche der üblichen Grundform solcher Waren und es handele sich lediglich um eine Formvariante im vorhandenen Formenschatz, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen ist nicht nachzuvollziehen, dass die senkrechte Anordnung des Rippenverlaufs des Motorgehäuses zum Rippenverlauf des eckigen Getriebekastens ein lediglich funktionsbedingtes Dekor sei, das von einem durchschnittlich aufmerksamen Publikum nicht als Herkunftshinweis verstanden werde, und zum anderen erschließt sich der Kammer nicht, dass diese charakteristischen Merkmale als allein sich aus der technischen Funktion ergebend wahrgenommen würden.

Dass vorliegend das Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 lit. e) ii) gegeben sein könnte, da nach Auffassung der Beklagten diese charakteristischen Merkmale der Winde technisch bedingt seien, überzeugt die Kammer allein deshalb schon nicht, da funktionsgleiche Seilwinden anderer Hersteller existieren, die indes völlig anders aussehen und ebenso funktionstüchtig sind. Deswegen ist nicht nachzuvollziehen, dass die charakteristischen Merkmale der klägerischen Seilwinde hier technisch bedingt und damit vom Verkehr nicht als herkunftshinweisend zu verstehen seien.

Die von der Klägerin vorgelegten Abbildungen von Konkurrenzprodukten (Anlage K 11/1-4, 28, 29) belegen, dass bei keinem Produkt eines Wettbewerbers eine vergleichbar klar strukturierte Modulbauweise mit optischer Trennung der einzelnen Gehäuseelemente zu finden ist. Auch weist keine dieser Winden eine Kombination von senkrechten und waagerechten Kühlrippen auf, oftmals sind überhaupt keine Kühlrippen zu erkennen. Dies gilt im Übrigen auch für die von der Beklagten vorgelegten Abbildungen von Seilwinden anderer Wettbewerber (Anlage 3 zu Anlage B 1).

Festzustellen ist allenfalls, dass sich teilweise in Konkurrenzprodukten einzelne Elemente der technischen Gestaltung wiederfinden, was aber für die hier zu beurteilende Fragestellung ohne Belang ist, da sich hieraus insbesondere nicht die Notwendigkeit der Übernahme sämtlicher Gestaltungsmerkmale ergibt.

Eine überwiegend wahrscheinliche Erfolgsaussicht des Löschungsantrags der Beklagten liegt demgemäß nicht vor.

An die Eintragung der Klagemarke ist die Kammer aufgrund dessen gebunden, von deren Schutzfähigkeit ist im vorliegenden Rechtsstreit auszugehen.

Darüber hinaus besteht auch eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 9 Abs. 1 S. 2 lit. b) GMV. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kommt es unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls im wesentlichen auf drei Faktoren an, nämlich die Kennzeichnungskraft der geschützten Bezeichnung, die Zeichenähnlichkeit sowie die Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit, wobei diese drei Faktoren dergestalt in Wechselwirkung zueinander stehen, dass ein hochgradiges Vorliegen eines Faktors dazu führen kann, dass Verwechslungsgefahr auch bei einem geringeren Grad der Verwirklichung eines anderen Faktors zu bejahen ist (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 14, Rdn. 371 ff. m.w.N.).

An der Kennzeichnungskraft der Klagemarke bestehen nach Auffassung der Kammer keine durchgreifenden Bedenken. Diese wird bestimmt durch die der Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Kennzeichnungskraft ist bei der 3D-Marke gegeben, da die Abbildung sie als technisches Gerät ausweist, das aufgrund seiner charakteristischen Merkmale geeignet ist, als Herkunftsnachweis für Seilwinden der Klägerin im Gegensatz zu entsprechenden Produkten ihrer Konkurrenzunternehmen erkannt, in Erinnerung behalten und wiedererkannt zu werden. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen, aus denen eine zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Gemeinschaftsmarke folgt.

Dies gilt umso mehr, als die Klägerin die Winde "Tirak", die der Klagemarke entspricht, bereits seit Jahrzehnten vertreibt und in Deutschland damit einen hohen Marktanteil hält.

Zwischen der Klagemarke und den von der Beklagten vertriebenen Winden besteht Warenidentität.

Auf der Grundlage der Unterscheidungskraft der Klagemarke reichen die Unterschiede zwischen der Klagemarke und den von der Beklagten vertriebenen Winden vor dem Hintergrund der bestehenden Warenidentität nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 9 Abs. 1 S. 2 lit. b) GMV auszuschließen. Die vorhandenen Unterschiede zwischen der Seilwinde der Klägerin und den Seilwinden "LTD 5" und "LTD 6.3" der Beklagten sind nur gering und bestehen vor allem in Bereichen, die gerade nicht die charakteristischen Merkmale der Klagemarke betreffen. Diese nämlich, der modulartige Aufbau der einzelnen Gehäuse und die besondere Rippenstruktur, sind bei der Klagemarke und den Winden der Beklagten identisch.

Auch die Winde der Beklagten hat ein zylindrisches Motorengehäuse, das im oberen Teil aus einer glatten Umhausung und im unteren Teil aus senkrecht angeordneten Rippen besteht. Dieses Motorengehäuse ist wie bei der Klagemarke auf einer Befestigungsplatte angebracht, die sich über den gesamten Durchmesser des Gehäuses erstreckt. Das Getriebegehäuse ist wie bei der Klagemarke quaderförmig und auf der Vorderseite mit waagerecht angeordneten Rippen versehen. Auch die Anordnung des Motorengehäuses zum Getriebegehäuse entspricht der Klagemarke genauso wie das jeweils auf der Rückseite der Winde angebrachte rechteckige, flache Treibscheibengehäuse. Auch die Abmessungen sind hier identisch.

Wie bei der Klagemarke ist seitlich am Motorengehäuse ein quaderförmiger Steuerungskasten angebracht, der nahezu die gleichen Abmessungen hat wie bei der Klagemarke.

Lediglich ist dieser Steuerungskasten bei der Winde der Beklagten im Gegensatz zur Klagemarke spiegelverkehrt angebracht, was den auffälligsten Unterschied zwischen den Geräten der Beklagten und der Klagemarke darstellt. Dieser Unterschied ist aber für einen interessierten Verkehrskreis nicht so signifikant, dass keine Verwechslungsgefahr bestünde. Auf den ersten Blick wirken die Geräte identisch, die spiegelverkehrte Anbringung des Steuerungskastens fällt einem interessierten Kunden nicht sofort ins Auge. Dieses Detail ist nicht geeignet, einen von dem der Klagemarke abweichenden Gesamteindruck der Winde der Beklagten zu prägen. Weitere Unterschiede zwischen den Geräten sind marginal und ohnehin nur bei einer näheren Prüfung festzustellen.

Die Beklagte muss sich auch Verletzungshandlungen vorwerfen lassen. So ist die Winde der Beklagten unstreitig über diverse Internetplattform auch von Deutschland aus bei der Beklagten zu bestellen. Dabei kommt es nach Auffassung der Kammer nicht entscheidend darauf an, ob bei Internetrecherchen allein die deutsche IP-Adresse dazu führt, dass automatische Übersetzungsprogramme der jeweiligen Verkaufsplattformen Dritter in deutscher Sprache erscheinen und die Beklagte hierauf möglicherweise keinen Einfluss hat. Zumindest ist es möglich, dass von Deutschland aus über diese Internetplattformen die Winde der Beklagten bei ihr zu bestellen ist und gegebenenfalls auch ausgeliefert wird. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte die Winden auch auf ihrer eigenen Homepage zum Versand anbietet, auch hier die deutsche Sprache auswählbar und nicht erkennbar ist, inwiefern ein Versand nicht in den Raum der Europäischen Union stattfinden sollte.

Der Vortrag der Beklagte, ein Vertrieb der Winde nach Deutschland sei nicht beabsichtigt, ändert hieran nichts. Zwar mag die Beklagte tatsächlich nicht beabsichtigen, speziell in Deutschland eine Vertriebsstruktur für ihre Winde aufzubauen, gleichwohl ist die Winde aber über ihre Homepage auch von hier aus zu bestellen. Dies genügt, um eine markenrechtliche Verletzungshandlung anzunehmen.

2.

Der Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten folgt aus Art. 14 GMV in Verbindung mit § 14 Abs. 6 MarkenG.

Die Beklagte hätte die Rechtsverletzung ohne weiteres erkennen können.

3.

Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.

Die Zulässigkeit der Feststellungsklage ist zu bejahen, da die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO vorliegen. Die Klägerin hat ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Erledigung, da sie bei nachträglicher Erledigung ohne die begehrte Feststellung immer die Kosten des Rechtsstreits tragen müsste.

Die Umstellung des Klageantrags war ebenfalls zulässig, da die Sachdienlichkeit zu bejahen ist und insoweit eine zulässige Klageänderung vorliegt.

Der Antrag auf Feststellung, dass der Rechtsstreit erledigt ist, ist begründet, da ein erledigendes Ereignis vorlag, die Klage bei Zustellung zulässig und begründet war und durch den Eintritt des erledigenden Ereignisses unbegründet geworden ist.

Neben dem Unterlassungsanspruch stand der Klägerin gegen die Beklagte gemäß Art. 14 GMV, § 19 MarkenG in Verbindung mit § 242 BGB ein Anspruch auf Auskunft über die erfolgten Verletzungshandlungen zu, damit die Klägerin einen Schadensersatzanspruch der Höhe nach bestimmen kann.

Desweiteren standen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Vernichtung der Winden sowie Rückruf derselben aus den Vertriebswegen gemäß Art. 14 GMV in Verbindung mit § 18 Abs. 1, 2 MarkenG zu.

Diese darauf gerichteten Anträge der Klägerin sind erst durch die in der Klageerwiderung erteilte Auskunft unbegründet geworden. Ansonsten hätte die Klägerin auch insoweit den Rechtsstreit gewonnen.

II.

Die Widerklage ist nach Art. 100 GMV zulässig, aber unbegründet.

Der Beklagten steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch zu, die Gemeinschaftsmarke Nr. ...#/... für nichtig zu erklären.

Ein Nichtigkeitsgrund nach Art. 7 GMV liegt nicht vor. Auf die diesbezüglichen obigen Ausführungen unter Ziffer I. 1. wird insoweit zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert:

Klage: 125.000,00 Euro

Widerklage: 100.000,00 Euro






LG Düsseldorf:
Urteil v. 09.01.2013
Az: 2a O 87/12


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/708cdfd0be72/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_9-Januar-2013_Az_2a-O-87-12




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share