Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Juli 2002
Aktenzeichen: 23 W (pat) 27/00

(BPatG: Beschluss v. 11.07.2002, Az.: 23 W (pat) 27/00)

Tenor

Die Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse B 60 Q des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. März 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die vorliegende Patentanmeldung ist unter der Bezeichnung "Automatische Abblendlicht-Einschaltung im Fahrbetrieb eines Automobils bei notwendiger Einschaltungspflicht und/oder Hinweis im Cockpit" am 3. Juli 1998 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden. Die ursprünglichen Unterlagen enthalten 2 Patentansprüche mit einer Beschreibungsseite und 1 Blatt Zeichnung.

Mit Beschluß vom 1. März 2000 hat die zuständige Prüfungsstelle für Klasse B 60 Q des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung aus den Gründen des Bescheides vom 21. Juli 1999 zurückgewiesen, nachdem der Anmelder innerhalb der - einmal verlängerten - Äußerungsfrist sachlich nicht Stellung genommen hat. In dem Bezugsbescheid ist dargelegt, daß - wie im vorangegangenen Bescheid vom 17. März 1999 im einzelnen erläutert - die ursprünglichen Patentansprüche 1 und 2 im Hinblick auf den nachgewiesenen Stand der Technik nach der deutschen Patentschrift 196 20 779 und der deutschen Offenlegungsschrift 30 41 968 nicht gewährbar seien und daß auch die übrigen Anmeldungsunterlagen nichts Patentbegründendes erkennen lassen.

Gegen diesen Zurückweisungsbeschluß hat der Anmelder mit Schriftsatz vom 31. März 2000 Beschwerde eingelegt. Er vertritt die Auffassung, daß der Anmeldungsgegenstand gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik patentfähig sei, weil er sich demgegenüber insbesondere durch ein spezielles "Dialog- und Kommunikationssystem" unterscheide.

Auf die Zwischenverfügung des Senatsberichterstatters vom 14. Mai 2002, in der dargelegt worden ist, daß zum einen das in der Beschwerdebegründung vom 31. März 2000 geltend gemachte spezielle "Dialog- und Kommunikationssystem" ursprünglich nicht offenbart sei und daß zum anderen in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ein patentbegründender Unterschied gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik, einschließlich der noch genannten deutschen Offenlegungsschrift 41 11 210 nicht ersichtlich sei, hat der Anmelder innerhalb der Äußerungsfrist sachlich nicht Stellung genommen.

Der Anmelder beantragt sinngemäß (Beschwerdeschrift vom 31. März 2000), den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Prüfungsstelle für Klasse B 60 Q - vom 1. März 2000 aufzuheben und das Patent mit den ursprünglichen, am 5. Januar 2000 offengelegten Unterlagen zu erteilen, nämlich Patentansprüche 1 und 2 und Beschreibung Sp 1 Z 1 bis 34 gemäß Anmelde-Offenlegungsschrift, und 1 Blatt offengelegte Zeichnung.

Die geltenden - ursprünglichen - Patentansprüche 1 und 2 haben folgenden Wortlaut:

"1. Automatische Abblendlicht-Einschaltung mit Schlußleuchten (Fahrlicht) im Fahrbetrieb eines Automobils - Personenkraftwagen (PKW) / Lastkraftwagen (LKW) - bei notwendiger Einschaltungspflicht.

Der Helligkeitsprüfer schaltet im Fahrbetrieb eines PKW/LKW bei den erforderlichen Lichtverhältnissen, hierzu gehören insbesondere die einsetzende Abenddämmerung, Lichtverhältnisse bei Nebel oder die sich ergebenden Lichtverhältnisse bei Tunnelfahrten oder Fahrten durch Waldgebiete.

Das oben genannte automatische Einschalten des Abblendlichtes soll direkt erfolgen. Zusätzlich soll am Armaturenbrett ein optisches/akustisches Signal von kurzer Dauer erfolgen.

2. Automatische Abblendlicht-Einschaltung mit Schlußleuchten (Fahrlicht) im Fahrbetrieb eines Automobils - Personenkraftwagen (PKW) / Lastkraftwagen (LKW) - bei notwendiger Einschaltungspflicht nach Anspruch 1 mit der Erweiterung folgender Wahlmöglichkeit, so daß nun durch eine weitere Schaltung im Cockpit (manueller Schalter am Armaturenbrett) der Fahrzeugführer/die Fahrzeugführerin vor Fahrtantritt bestimmen kann, ob lediglich bei den genannten Sichtverhältnissen das optische/akustische Signal am Armaturenbrett darauf hinweist, das Fahrlicht einzuschalten."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Gegenstand des Patentbegehrens ist nicht patentfähig.

1.) Die Patentanmeldung betrifft eine automatische Abblendlicht-Einschaltung im Fahrbetrieb eines Automobils bei notwendiger Einschaltungspflicht und/oder Hinweis im Cockpit.

Mit den in den Patentansprüchen 1 und 2 genannten Merkmalen soll das der Anmeldung zugrundeliegende Problem gelöst werden, nämlich das Führen eines Personenkraftwagens (PKW) und Lastkraftwagens (LKW) zu vereinfachen und die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen (ursprüngliche Beschreibung S 1 Abs 3).

Als Vorteil der Erfindung wird nach den weiteren Angaben in der Beschreibung (S1 Abs 4 und 5) insbesondere ein Sicherheitsaspekt für den Automobilverkehr gesehen, indem die bemerkbare Vergesslichkeit, das Fahrtlicht einzuschalten, reduziert wird und bei plötzlichen Veränderungen der Lichtverhältnisse Sicherheit gewährleistet wird.

Die Weiterbildung nach dem Patentanspruch 2 ermögliche noch eine zusätzliche Technik, vor Fahrtantritt zu wählen, ob lediglich akustische/optische Signalgebung im Cockpit erfolgen und somit die direkte Fahrlichteinschaltung dann nicht erfolgen soll.

2.) Der Gegenstand nach dem Anspruch 1 - und damit auch die Weiterbildung nach dem auf den Hauptanspruch zurückbezogenen Anspruch 2 - mag zwar neu sein. Die Lehren nach den Ansprüchen 1 bzw 2 beruhen jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit; vielmehr ergeben sie sich für den zuständigen Durchschnittsfachmann, einen mit der sensorgesteuerten automatischen Fahrlicht-Einschaltung bei Kraftfahrzeugen befassten, berufserfahrenen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit Fachhochschulabschluß, in naheliegender Weise aus dem nachgewiesenen Stand der Technik.

So ist aus der eine Fahrzeuglichtanlage betreffenden deutschen Patentschrift 196 20 779 - entsprechend der Lehre des Anspruchs 1 - eine automatische Abblendlicht(Fahrlicht)-Einschaltung für Kraftfahrzeuge bekannt, bei der mittels eines die Lichtverhältnisse detektierenden Helligkeitsfühlers (Lichtsensors) das verkehrssicherheitserhöhende automatische Einschalten des Fahrlichts zB bei Dämmerung, Tunnelfahrt usw erfolgt. Diese Lichtautomatik-Betriebsart (LA) des Fahrlichts kann dabei - entsprechend der weitergehenden Lehre des Anspruchs 2 - vom Fahrer wahlweise benutzerangefordert bei Fahrtantritt mittels eines manuellen Schalters am Armaturenbrett (Bedienschalter) eingestellt werden, und zwar alternativ zu einer weiteren Einstellmöglichkeit der Bedienschalterstellung "0" (=Licht aus) oder "S" (=Standlicht ein), in der bei Eintritt der Dämmerung (lediglich) eine akustische und/oder optische Dämmerungswarnmeldung erzeugt wird, um den Fahrer daran zu erinnern, das Fahrlicht selbst manuell einzuschalten, vgl dort insbesondere die Figur mit zugehöriger Beschreibung Sp 3 Z 18 bis Sp 4 Z 45 sowie die Ansprüche 1, 2 und 7.

Zwar ist in dieser Entgegenhaltung nicht ausdrücklich erwähnt, ein solches akustisches und/oder optisches Dämmerungswarnsignal für den Fahrer zusätzlich auch dann abzugeben, wenn das Fahrlicht (bei Dämmerung) automatisch eingeschaltet wird, wie dies im letzten Merkmal des Anspruchs 1 angegeben ist. Jedoch ist diese ergänzende Schaltungsmaßnahme, nämlich ein solches zusätzliches Warnsignal gleichzeitig mit der Lichtsensorgesteuerten automatischen Fahrlicht-Einschaltung abzugeben, aus der eine Beleuchtung für Kraftfahrzeuge betreffenden - und daher einschlägigen - deutschen Offenlegungsschrift 41 11 210 bekannt (vgl den dortigen Anspruch 3 sowie Sp 2 Z 43 bis 49 -"Warnblinker"), so daß es im Rahmen fachmännischen Handelns liegt, diese ergänzende Schaltungsmaßnahme auch bei der aus der og deutschen Patentschrift 196 20 779 bekannten automatischen Fahrlicht-Einschaltung vorzusehen, zumal auch dort bereits - wie dargelegt - am Armaturenbrett ein optischer/akustischer Dämmerungssignalgeber vorhanden ist.

Somit gelangt der Fachmann ausgehend vom nachgewiesenen Stand der Technik ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand der Ansprüche 1 bzw 2.

Die Ansprüche 1 und 2 sind daher nicht patentfähig.

Soweit der Anmelder in seiner mit Schriftsatz vom 31. März 2000 eingereichten Beschwerdebegründung die Auffassung vertreten hat, daß sich der Gegenstand der Patentanmeldung schon durch ein spezielles "Dialog- und Kommunikationssystem" vom entgegengehaltenen Stand der Technik unterscheide, so ist ein derartiges "Dialog- und Kommunikationssystem" in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen, nämlich den am 3. Juli 1998 eingereichten Patentansprüchen 1 und 2 mit einer (einzigen) Beschreibungsseite und 1 Blatt Zeichnung, ebensowenig offenbart wie die diesbezüglich genannten Einzelheiten des Systems hinsichtlich einer "optischen Signalgebung" beim Einschalten der Zündung des Fahrzeugs bzw bei funktionstüchtigem System. Soweit nämlich in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen von einer optisch/akustischen Signalgebung im Cockpit (am Armaturenbrett) die Rede ist, bezieht sich diese offensichtlich (allein) auf den Eintritt eines vom Helligkeitsprüfer (Sensor) detektierten Ereignisses zB bei Dämmerung. Auch fehlt in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen jeglicher Hinweis, daß das System nur funktioniere, wenn die Anschnallpflicht erfüllt ist, dh wenn der Sicherheitsgurt das Gurtschloss kontaktiert.

Aus Änderungen, die den Gegenstand der Anmeldung gegenüber dem Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung erweitern, können Rechte aber nicht hergeleitet werden (§ 38 PatG).

Da demnach den gesamten ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ein patentbegründender Unterschied gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik nicht zu entnehmen ist, war die Beschwerde zurückzuweisen.

Dr. Beyer Dr. Meinel Dr. Gottschalk Knoll Pr






BPatG:
Beschluss v. 11.07.2002
Az: 23 W (pat) 27/00


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