Bundesgerichtshof:
Urteil vom 28. Juli 2009
Aktenzeichen: X ZR 9/06

(BGH: Urteil v. 28.07.2009, Az.: X ZR 9/06)

Tenor

Die Berufung gegen das am 19. Oktober 2005 verkündete Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 386 504 (Streitpatents), das unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung 39 07 065 vom 4. März 1989 am 16. Februar 1990 angemeldet worden ist und einen Schließzylinderschlüssel betrifft. Es umfasst 11 Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut hat:

"Schließzylinderschlüssel mit einem aus mehreren aneinander gereihten, einzeln für sich unterscheidbare Großbuchstaben-Umrisse aufweisenden Profilteilen (1, 2, 6) bestehenden Schlüsselprofil, dadurch gekennzeichnet, dass die eine Großbuchstaben- oder Ziffern-Breite (4, 5) von mindestens ihrer zweifachen Schreiblinienbreite (s) aufweisenden Profilteile (1, 2, 6) übereinander zwischenübergangslos angeordnet sind, wobei das den Schlüsselrücken bildende Profilteil (1) den Umriss eines an seinem äußeren Ende mehrere Schreiblinienbreiten (s) breiten Buchstabens oder Ziffer und das die Schlüsselbrust bildende Profilteil (2) die Breite eines an seinem äußeren Ende in eine einfache Schreiblinienbreite (s) auslaufenden Buchstabens oder Ziffer besitzt."

Bezüglich der weiteren Patentansprüche wird auf die Patentschrift Bezug genommen.

Mit der Nichtigkeitsklage hat die Klägerin geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Er sei nicht neu und beruhe jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Sie hat sich hierzu u.a. auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften berufen: Schweizerische Patentschrift CH 355 710 (D 1), deutsches Warenzeichen 966 562 (D 2), Auszüge aus dem Katalog der Stamperia Errebi S.R.L., 32040 Cibiana di Cadore (BL) Italien, 1987, nämlich neben Titelseite, Rubrum und Rückseite (E1.1) die Seiten 11 (E1.2), 22 (E1.3), 91 (E1.4), 25 (E1.5), 49 (E1.6), 7 (E1.7), 16 (E1.8 und E1.9) und 6 (E1.10) sowie Schlüsselprofil der Fa. DOM und Schließplan vom 4. Juni 1988 (E 2).

Die Klägerin hat beantragt, das europäische Patent 0 386 504 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und das Patent mit abgeänderten Fassungen hilfsweise verteidigt.

Die Beklagte ist den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen getreten und hat das Streitpatent insbesondere in den hilfsweise verteidigten Fassungen gegenüber dem Stand der Technik für patentfähig gehalten.

Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie das Streitpatent zuletzt nur noch in folgender Fassung verteidigt (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung kursiv):

"1. Schließzylinderschlüssel mit einem aus mehreren aneinander gereihten, einzeln für sich unterscheidbare Großbuchstaben-Umrisse aufweisenden Profilteilen (1, 2, 6) bestehenden Schlüsselprofil, dadurch gekennzeichnet, dass die eine Großbuchstaben- oder Ziffern-Breite (4, 5) von mindestens ihrer zweifachen Schreiblinienbreite (s) aufweisenden Profilteile (1, 2, 6) übereinander zwischenübergangslos angeordnet sind, wobei das den Schlüsselrücken bildende Profilteil (1) den Umriss eines an seinem äußeren Ende mehrere Schreiblinienbreiten (s) breiten Buchstabens oder Ziffer und das die Schlüsselbrust bildende Profilteil (2) die Breite eines an seinem äußeren Ende in eine einfache Schreiblinienbreite (s) auslaufenden Buchstabens oder Ziffer besitzt, wobei lediglich zwei unterschiedlich konturierte Profilteile vorgesehen sind und dass der Schließzylinderschlüssel zur Anbringung von nachträglichen Profilvariationen in der Weise ausgelegt ist, dass beide Profilteile ihre individualisierende Erkennbarkeit auch bei nachträglich vorgenommenen Profiländerungen im Sinne der Schaffung von Profilvariationen bewahren."

Hilfsweise verteidigt die Beklagte das Streitpatent in folgenden Fassungen:

Hilfsantrag 1 (Änderungen gegenüber Hauptantrag unterstrichen):

Schließzylinderschlüssel mit einem aus mehreren aneinander gereihten, einzeln für sich unterscheidbare Großbuchstaben-Umrisse aufweisenden Profilteilen (1, 2, 6) bestehenden Schlüsselprofil, dadurch gekennzeichnet, dass die eine Großbuchstaben- oder Ziffern-Breite (4, 5) von mindestens ihrer zweifachen Schreiblinienbreite (s) aufweisenden Profilteile (1, 2, 6) übereinander zwischenübergangslos angeordnet sind, wobei das den Schlüsselrücken bildende Profilteil (1) den Umriss eines an seinem äußeren Ende mehrere Schreiblinienbreiten (s) breiten Buchstabens oder Ziffer und das die Schlüsselbrust bildende Profilteil (2) die Breite eines an seinem äußeren Ende in eine einfache Schreiblinienbreite (s) auslaufenden Buchstabens oder Ziffer besitzt, wobei lediglich zwei unterschiedlich konturierte Profilteile vorgesehen sind und dass der Schließzylinderschlüssel zur Anbringung von nachträglichen Profilvariationen in der Weise ausgelegt ist, dass beide Profilteile ihre individualisierende Erkennbarkeit auch bei nachträglich vorgenommenen Profiländerungen im Sinne der Schaffung von derartigen Profilvariationen bewahren, dass mit den Profilvariationen ein zusätzlicher Aufsperrschutz entsteht.

Hilfsantrag 2 (Änderungen gegenüber Hauptantrag fett):

Schließzylinderschlüssel mit einem aus mehreren aneinander gereihten, einzeln für sich unterscheidbare Großbuchstaben-Umrisse aufweisenden Profilteilen (1, 2, 6) bestehenden Schlüsselprofil, dadurch gekennzeichnet, dass die eine Großbuchstaben- oder Ziffern-Breite (4, 5) von mindestens ihrer zweifachen Schreiblinienbreite (s) aufweisenden Profilteile (1, 2, 6) übereinander zwischenübergangslos angeordnet sind, wobei das den Schlüsselrücken bildende Profilteil (1) den Umriss eines an seinem äußeren Ende mehrere Schreiblinienbreiten (s) breiten Buchstabens oder Ziffer und das die Schlüsselbrust bildende Profilteil (2) die Breite eines an seinem äußeren Ende in eine einfache Schreiblinienbreite (s) auslaufenden Buchstabens oder Ziffer besitzt, und dass hierzu die Schlüsselbrust entweder eine arabische Ziffer 4 oder der Großbuchstabe S ist und der Schlüsselrücken entweder die arabische Ziffer 2 oder der Großbuchstabe E.

Hilfsantrag 3 (Änderungen gegenüber Hauptantrag fett und unterstrichen):

Schließzylinderschlüssel mit einem aus mehreren aneinander gereihten, einzeln für sich unterscheidbare Großbuchstaben-Umrisse aufweisenden Profilteilen (1, 2, 6) bestehenden Schlüsselprofil, dadurch gekennzeichnet, dass die eine Großbuchstaben- oder Ziffern-Breite (4, 5) von mindestens ihrer zweifachen Schreiblinienbreite (s) aufweisenden Profilteile (1, 2, 6) übereinander zwischenübergangslos angeordnet sind, wobei das den Schlüsselrücken bildende Profilteil (1) den Umriss eines an seinem äußeren Ende mehrere Schreiblinienbreiten (s) breiten Buchstabens oder Ziffer und das die Schlüsselbrust bildende Profilteil (2) die Breite eines an seinem äußeren Ende in eine einfache Schreiblinienbreite (s) auslaufenden Buchstabens oder Ziffer besitzt, wobei lediglich zwei unterschiedlich konturierte Profilteile vorgesehen sind und dass der Schließzylinderschlüssel zur Anbringung von nachträglichen Profilvariationen in der Weise ausgelegt ist, dass beide Profilteile ihre individualisierende Erkennbarkeit auch bei nachträglich vorgenommenen Profiländerungen im Sinne der Schaffung von derartigen Profilvariationen bewahren, dass mit den Profilvariationen ein zusätzlicher Aufsperrschutz entsteht, und dass hierzu die Schlüsselbrust entweder eine arabische Ziffer 4 oder der Großbuchstabe S ist und der Schlüsselrücken entweder die arabische Ziffer 2 oder der Großbuchstabe E."

Weiter hilfsweise verteidigt die Beklagte das Streitpatent in der Fassung nach dem Haupt- und den Hilfsanträgen, indem es zu Beginn der jeweiligen Fassung des Patentanspruchs 1 heißt:

"Schließzylinderschlüssel mit einem aus mehreren aneinander gereihten, bei auf die Schlüsselspitze gerichtetem Blick ..."

Die Unteransprüche sollen sich an den jeweiligen Patentanspruch 1 anschließen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Streitpatent auch in dem nunmehr nur noch verteidigten Umfang nicht für patentfähig.

Der Senat hat ein schriftliches Gutachten des Prof. Dr.-Ing. P. , Insti- tut für Technische Mechanik der Universität K. , eingeholt, das der ge- richtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Gründe

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg, soweit das Streitpatent nicht mehr verteidigt wird und deshalb in diesem Umfang ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären ist (vgl. nur Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren 3. Aufl., Rdn. 166 m.N.). Die Berufung bleibt aber auch im Übrigen ohne Erfolg, da der Gegenstand nach Patentanspruch 1 des Streitpatents in dem Umfang, in dem er noch verteidigt wird, nicht patentfähig ist (Art. 56, 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜbkG).

I. 1. Das Streitpatent betrifft Schlüssel, mit denen Schließzylinder geschlossen werden können und bei denen das Schlüsselprofil aus einzeln sich unterscheidenden Profilteilen besteht (Beschreibung Sp. 1, Z. 3 - 7). Die Profilteilkonturen eines Schließzylinderschlüssels so auszubilden, dass sie bei auf die Schlüsselspitze gerichtetem Blick eine lesbare Buchstabenfolge ergeben, war an sich bekannt. Das Streitpatent nennt hierzu die Ausbildung der Profilteile nach dem deutschen Warenzeichen 966 562 (D 2), bei denen die Schlüsselprofilierung nicht allein in Verbindung mit der entsprechenden Ausbildung des zugehörigen Schließzylinder-Schlüsselkanals der Vergrößerung der Zylinder-Aufsperrsicherheit diene, sondern auch noch Kennzeichnungszwecke erfülle, etwa zur Kurzbezeichnung der Herstellerfirma (Sp. 1, Z. 8 - 20). An diesen Profilen kritisiert das Streitpatent, dass die großbuchstabenmäßig konturierten Profilteile durch Zwischenstege verbunden werden, was die Erkennbarkeit der Buchstaben erschwere, und dass der Schlüssel zur Erkennung der Buchstabenfolge in Horizontallage gebracht werden müsse (Sp. 1, Z. 21 - 28). Ferner wird als nachteilig kritisiert, dass das auf der Brustseite des Schlüssels gelegene Profil ebenso breit sei wie das im Rückenbereich des Schlüssels gelegene Profil und daher seine Kontur durch die hier (an der Brustseite) anzubringenden Schlüsseleinschnitte bzw. -kerben für die Steuerung der Zuhaltungsstifte im Schließzylinder regelmäßig stark abgeändert und dadurch letztlich ununterscheidbar werde (Sp. 1, Z. 28 - 37).

Diesen Nachteilen soll durch die Lehre des Streitpatents abgeholfen und ein Schlüssel für Schließzylinder bereitgestellt werden, dessen Profilierung eine leichter erkennbare und weniger verfälschende Kennzeichnungsmöglichkeit bietet, ohne dass hierdurch die eigentliche Aufgabe des Schlüssels, als zusätzlicher Aufsperrschutz in Verbindung mit der Möglichkeit nachträglicher Profilvariationen zu dienen, verlustig geht (Sp. 1, Z. 38 - 47).

2. Dies wird nach dem in der Berufungsinstanz allein noch verteidigten Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags durch folgende Ausbildung des Schießzylinderschlüssels erreicht:

1. Der Schließzylinderschlüssel besteht aus lediglich zwei unterschiedlich konturierten Profilteilen, die (bei auf die Schlüsselspitze gerichtetem Blick)

a) übereinander und zwischenübergangslos aneinandergereiht sind, b) einzeln für sich unterscheidbare Großbuchstaben- (oder Zahlen-)Umrisse aufweisen.

2. Die beiden Profilteilea) weisen eine Großbuchstaben- oder Ziffernbreite von mindestens ihrer zweifachen Schreiblinienbreite (s) auf, b) das den Schlüsselrücken bildende Profilteil (1) hat den Umriss einer an seinem äußeren Ende mehrere Schreiblinienbreiten (s) breiten Buchstabens oder Ziffer, c) das die Schlüsselbrust bildende Profilteil (2) hat die Breite einer an seinem äußeren Ende in eine einfache Schreiblinienbreite (s) auslaufenden Buchstabens oder Ziffer.

3. Der Schließzylinderschlüssel ist zur Anbringung von nachträglichen Profilvariationen in der Weise ausgelegt, dass beide Profilteile ihre individualisierende Erkennbarkeit auch bei nachträglich vorgenommenen Profiländerungen im Sinne der Schaffung von Profilvariationen bewahren.

3. Die Beschreibung des Streitpatents weist die Fachwelt darauf hin, dass die vertikal angeordneten Profilteile in ihrer Lage aus einer Sicht definiert werden, bei welcher der Schlüssel in Hochkantstellung mit Blick auf die Schlüsselspitze betrachtet wird (Merkmal 1, Beschreibung Sp. 2, Z. 3 - 5). Bei einer solchen Betrachtung, wie sie auch in den Fig. 1 bis 6 des Streitpatents dargestellt ist, wird der Schüssel - in dieser Darstellung aus der Papierebene - in Richtung auf den Betrachter in den Schließzylinder eingeführt, wobei das obere Profilteil (Fig. 1 Großbuchstabe E) den Schlüsselrücken (Sp. 1, Z. 52) und das untere Profilteil (Fig. 1 Großbuchstabe S) die Schlüsselbrust darstellt (Sp. 1, Z. 55). Das den Schlüsselrücken darstellende Profilteil (in dem Ausführungsbeispiel nach Fig. 1 des Streitpatents der Großbuchstabe E) ist patentgemäß (Merkmal 2 b) mehrfach so breit wie die (zur Darstellung der Buchstaben/Ziffern dienende) Linienschreibbreite (s) und erlaubt, eine erwünscht breitflächige Führung des Schlüssels im Schließzylinder-Schlüsselkanal sicherzustellen (Sp. 2, Z. 19 - 22). Das die Schüsselbrust darstellende Profilteil (in dem Ausführungsbeispiel nach Fig. 1 des Streitpatents Großbuchstabe S) dient der Aufnahme der Schlüsseleinschnitte oder -kerben (in den Figuren des Streitpatents wegen Draufsicht auf die Schlüsselspitze nicht erkennbar), mit denen die Zuhaltungsstifte im Schließzylinder betätigt und damit der Schließzylinder geschlossen oder geöffnet wird (Sp. 2, Z. 11 - 16). Daraus ist ersichtlich, dass durch die Kontur sowohl des oberen wie des unteren Profilteils, dem die Kontur des Schließzylinder-Schlüsselkanals entspricht, die Schlüsselkennung (Sp. 2, Z. 46, 47) in der Weise sichergestellt wird, dass die Zuhaltungsstifte des Schließzylinders nur von einem Schlüssel erreicht werden können, der die durch das Profil des Schließzylinder-Schlüsselkanals vorgegebene Kontur aufweist. Das den Schlüsselrücken darstellende Profilteil hat demzufolge im Wesentlichen die Funktion einer Führung des Schlüssels im Schlüsselkanal des Schließzylinders, während der Schlüsselbrust neben einer solchen Führungsfunktion vor allem eine Schließfunktion zukommt. Zwar heißt es eingangs des Patentanspruchs, dass die beiden Profilteile einzeln für sich unterscheidbare Großbuchstabenumrisse aufweisen sollen. Im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs ist jedoch klargestellt, dass es sich bei den Umrissen der Profilteile nicht nur um eine Buchstaben-, sondern auch eine Buchstaben/Ziffernkombination handeln kann.

Die vertikale Anordnung der je für sich als Buchstaben und/oder Ziffern ausgebildeten Profilteile sorgt zusammen mit der Maßnahme, die vertikale Anordnung ohne Ausbildung von Übergängen (Stegen und dergleichen) zwischen den Buchstaben und/oder Ziffern auszubilden (Merkmale 1 a, b), dafür, dass die Buchstaben und/oder Ziffern als solche durch die Benutzer des Schlüssels leichter gelesen (individualisiert) werden können (Sp. 2, Z. 5 - 10). Hierdurch wird das im Vordergrund der patentgemäßen Ausbildung der Schließzylinderschlüssel stehende Ziel erreicht, die Lesbarkeit der Buchstaben oder Ziffern, die insbesondere für Schlüsseldienste von Bedeutung ist, zu verbessern. Insbesondere die Anordnung der Buchstaben und/oder Ziffern ohne störende Übergänge wie Stege und dergleichen wirkt einer Verfälschung des Schriftbildes entgegen (Sp. 1, Z. 40 - 43). Daneben wird durch die unterschiedlichen Breiten der Profilteile, nämlich die vergleichsweise große Breite des Schlüsselrückens und die vergleichsweise geringe Breite der Schlüsselbrust an ihrem auslaufenden Ende (Sp. 2, Z. 10 - 22) eine gute Führung des Schlüssels im Schlüsselkanal des Schließzylinders bewirkt. Soweit die Beschreibung des Streitpatents davon spricht, dass mit der patentgemäßen Ausbildung von Schließzylinderschlüsseln nicht nur der Vorteil einer weniger verfälschbaren Kennzeichnungsmöglichkeit, sondern auch ein "zusätzlicher" Aufsperrschutz erreicht wird, wird mit dieser Angabe nach den von den Parteien nicht in Zweifel gezogenen Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, dass mit den Konturen der Profilteile in Form von Buchstaben und/oder Zahlen ein gleich guter und gegenüber der Profilierung nur des unteren Endes der Schlüsselbrust durch Kerben und dergleichen zusätzlicher Aufsperrschutz erreicht wird wie mit anderen Profilierungen der Profilteile auch.

Weder die Patentansprüche noch die Beschreibung des Streitpatents verhalten sich zu der Frage, ob es sich bei den patentgemäßen Schlüsseln um solche für einzelne Schließzylinder oder solche für Schließanlagen handelt. Eine Auslegung dahin, dass eine spezifische Lehre für Schlüssel von Schließanlagen gegeben werde, die ein besonderes Verständnis der Gestaltung im Hinblick auf Profilvariationen erfordere, ist deshalb nicht möglich. Patentanspruch 1 in der erteilten wie in den verteidigten Fassungen erfasst daher beide Arten von Schlüsseln. Wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten (S. 4) dargelegt und in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, werden nach dem Verständnis der Fachwelt mit den in der Beschreibung des Streitpatents (Sp. 1, Z. 41 - 47) erwähnten bekannten Profilvariationen - in der Regel geringfügige - Abänderungen des Grundprofils eines Schlüssels durch mechanische Bearbeitung bezeichnet, wobei die Profilvariationen der Bildung von Gruppen von Schlüsseln dienen können, die auch eine hierarchische Ordnung aufweisen können, wie sie bei Schlüsseln für Schließanlagen vorgesehen wird. Damit spricht das Streitpatent den vom gerichtlichen Sachverständigen als Spezialfall der Stellungsverschiedenheit von Profilrippen zur Bildung einer Hierarchie innerhalb einer Gruppe von Schlüsseln an. Nach den von den Parteien nicht in Zweifel gezogenen Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung werden derartige Profilvariationen aber bereits bei der Entwicklung des Grundprofils von Schlüsseln für Schließzylinder berücksichtigt und durch mechanische Bearbeitung der Kontur der Profilteile bei der Herstellung des Schlüssels oder der Schlüssel einer Schlüsselgruppe realisiert. Die Anweisung, die Schließzylinderschlüssel zur Anbringung von "nachträglichen" Profilvariationen in der Weise auszulegen, dass die beiden Profilteile ihre individualisierende Erkennbarkeit auch bei nachträglich vorgenommenen Profiländerungen im Sinne der Schaffung von Profilvariationen bewahren (Merkmal 3), ist daher dahin auszulegen, dass bei der Entwicklung des Grundprofils eines Schlüssels, das den Umrissen von Buchstaben und/oder Zahlen entspricht, darauf zu achten ist, dass das Grundprofil einerseits die Entwicklung von Profilvariationen zur Bildung von - auch hierarchisch gegliederten - Schlüsselgruppen zulässt und dass andererseits diese Konturen der Profilteile in Form von Buchstaben und/oder Zahlen durch die Profilvariationen nicht so in ihrem Erscheinungsbild verändert (verfälscht) werden, dass sie nicht mehr in der vom Streitpatent angestrebten Weise gut lesbar (individuell erkennbar) sind. Mit der Frage, wie die Profilvariationen herzustellen sind, beispielsweise durch Materialabtrag oder Materialauftrag, verhalten sich weder die Patentansprüche noch die Beschreibung des Streitpatents, sondern überlassen es dem Können des Fachmanns, die Schlüsselkennung so auszubilden, dass Variationen im Profil der Profilteile, wie sie etwa zur Bildung einer Schlüsselhierarchie bei Schließanlagen benötigt wird, möglich sind. Dass die für eine gegebenenfalls gewünschte Gruppenbildung erforderlichen Profilvariationen erfindungsgemäß (nur) durch Materialauftrag zu bewerkstelligen seien, ist - entgegen dem Vorbringen der Beklagten - dem Streitpatent nicht zu entnehmen.

II. Die Beklagte verteidigt das Streitpatent mit dem nach dem Hauptantrag neu gefassten Patentanspruch 1 auf zulässige Weise.

Das zusätzliche Merkmal, wonach lediglich zwei unterschiedlich konturierte Profilteile vorgesehen sind, ist Gegenstand des Patentanspruchs 3 der erteilten Fassung, so dass die in der Aufnahme dieses Merkmals in die Fassung des nunmehr verteidigten Patentanspruchs 2 liegende Beschränkung auf diese Ausführungsform der Erfindung ohne weiteres zulässig ist.

Das weitere in diese Fassung des Patentanspruchs 1 aufgenommene Merkmal, wonach der Schließzylinderschlüssel zur Anbringung von nachträglichen Profilvariationen in der Weise ausgelegt ist, dass beide Profilteile ihre individualisierende Erkennbarkeit auch bei nachträglich vorgenommenen Profiländerungen im Sinne der Schaffung von Profilvariationen bewahren, ergibt sich als ein mit der patentierten Ausgestaltung des Schlüssel erzielbarer Vorteil aus der Beschreibung Sp. 1, Z. 43 - 47, und Sp. 2, Z. 41 - 45, so dass die weitere Ausgestaltung des patentierten Schlüssels mit weiteren nachträglichen Profiländerungen als zur Erfindung gehörend im Streitpatent offenbart ist. Da Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung sowohl Schlüsselformen erfasst hat, deren Ausgestaltung diese Möglichkeit eröffnet, als auch Ausgestaltungen, die diese Möglichkeit nicht eröffnen, liegt in der Aufnahme des Merkmals eine Beschränkung des Schutzbereichs des erteilten Patents und ist mithin auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 138 Abs. 1 Buchst. d EPÜ zulässig.

III. Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie das Bundespatentgericht angenommen hat - die patentgemäßen Schlüssel durch die Schließzylinderschlüssel CEM 4 im Katalog Errebi (Anlage E 1.2, 2. Reihe links mit anhängender Vergrößerung) vorweggenommen (Art. 54 EPÜ) sind, weil die Fachwelt Profilvariationen wie sie im angefochtenen Urteil Seite 10 unter "CEM 4 profilvariiert" dargestellt sind, von der Fachwelt "in Gedanken mitgelesen" würden (zu den Grenzen einer solchen Betrachtung vgl. Sen.Urt. v. 16.12.2008 - X ZR 89/07, GRUR 2009, 382 - Olanzapin, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Denn jedenfalls kann der Gegenstand des mit dem Hauptantrag verteidigten Streitpatents nicht als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend gewertet werden (Art. 56 EPÜ).

1. Nach den Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen wurden in der einschlägig tätigen Industrie am Prioritätstag typischerweise Meister oder Techniker mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung von Schließzylindern nebst Schließzylinderschlüsseln mit Entwicklungsarbeiten der hier fraglichen Art betraut. Die Parteien haben dies nicht in Zweifel gezogen.

2. a) Entwicklern mit der genannten beruflichen Qualifikation war die Verwendung bestimmter Buchstaben zur Gestaltung von Schlüsselprofilen bekannt. Der gerichtliche Sachverständige hat dies in seinem Gutachten (S. 12) dargelegt. Dies wird durch das Schlüsselprofil, wie es in dem deutsche Warenzeichen 966 562 wiedergegeben ist und die Buchstabenfolge "WILKA" zeigt, belegt.

Darüber hinaus ist durch den Katalog "Errebi" (1987 Anlage E), der - wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - vor dem Prioritätstag veröffentlich worden ist, belegt, dass nicht nur eine Profilbildung mit den Umrissen von Großbuchstaben und Großbuchstabenkombinationen bekannt war, sondern auch eine Profilbildung mit der Kontur einer Kombination von Großbuchstaben und Ziffern. So zeigt, wie in der mündlichen Verhandlung von den Parteien und dem Sachverständigen übereinstimmend klargestellt worden ist, die Anlage E 1.2 unter CEM 1 bis CEM 4 (linker Schlüssel der zweiten Spalte) den zu den mit "CEMA" bezeichneten Schlüsseln passenden Schlüsselkanal. Mit der Entwicklung von Schließzylindern und Schließzylinderschlüsseln befasste Fachleute wissen, dass die Schlüssel für Schließzylinder mit einer Schlüsselkennung versehen sein müssen, die passgenau auf die Kontur des Schlüsselkanals abgestimmt ist, damit der durch die Profilierung des Schlüssels erstrebte zusätzliche Aufsperrschutz gewährleistet ist. Fachleute mit der hier erforderlichen Qualifikation ersehen daher aus der Form des Schlüsselkanals der Abbildung "CEM 4 R", dass der zugehörige Schlüssel im Bereich des Schlüsselrückens das Profil des Großbuchstabens "C" und im Bereich der Schlüsselbrust das Profil der Ziffer "1" aufweist, da andernfalls die Schlüsselkennung ein Schließen des Schließzylinders mit der Form des Schlüsselkanals, wie er in der genannten Abbildung dargestellt ist, nicht erlaubt.

Aus der genannten Abbildung ergibt sich ferner, dass die Schlüsselkennung des zu dem unter "CEM 4 R" dargestellten Schlüsselkanal passenden Schlüssels aus lediglich 2 Profilteilen besteht, die ohne die Erkennbarkeit der Profile störende Stege oder dergleichen übereinander angeordnet sind, wobei die Konturen der Profilteile je für sich den Umriss eines Großbuchstabens (Schlüsselrücken mit dem Profil des Großbuchstabens "C" ) oder einer Zahl (Schlüsselbrust Ziffer "1") aufweisen (Merkmalsgruppe 1). Dass hierdurch die individuelle Erkennbarkeit der zur Profilbildung verwendeten Buchstaben oder Ziffern erheblich verbessert wird, erschließt sich der Fachwelt jedenfalls aus einem Vergleich der Lesbarkeit der Buchstaben oder Ziffern, die dem deutschen Warenzeichen 966 562 (D 2) entsprechend angeordnet sind, mit einer Anordnung, wie sie in dem genannten Ausführungsbeispiel des Katalogs "Errebi" (CEM 4 R) gewählt ist.

b) Aus der Darstellung "CEM 4 R" ergibt sich ferner, dass beide Profilteile eine mindestens zweifache Schreiblinienbreite aufweisen (Merkmal 2 a), nämlich der Schlüsselrücken in Form eines "C" im Bereich der Schenkel des Buchstabens und die Schlüsselbrust im Bereich des Anstrichs der Ziffer "1". Dabei ist der Schlüsselrücken an seinem äußeren (oberen) Ende mehrere Schreiblinien breit (oberer Schenkel des "C"; Merkmal 2 b) und die Schlüsselbrust läuft an ihrem äußeren (unteren) Ende in einfacher Schreiblinienbreite aus (Merkmal 2 c). Der gerichtliche Sachverständige hat dies ebenso gesehen.

Die Kombination der Merkmale der Merkmalsgruppen 1 und 2 war der Fachwelt somit bekannt und die Verbesserung der Lesbarkeit ohne weiteres ersichtlich. Hierauf zu achten bestand für die Fachwelt auch Veranlassung, da, wie der gerichtliche Sachverständige dargelegt hat, eine einfache Erkennbarkeit des Schlüsselprofils bei der Identifikation des Schlüssels vor allem für Drittfirmen wie Schlüsseldienste hilfreich ist (Gutachten S. 12). Die beiden Möglichkeiten, die Lesbarkeit der Buchstaben oder Buchstaben/Ziffernkombination dadurch herbeizuführen, dass die Profilteile entweder horizontal oder vertikal sowie mit Stegen oder zwischenübergangslos angeordnet werden, hatte die Fachwelt somit zur Hand. Während die Lesbarkeit im Falle des deutschen Warenzeichens 966 562 durch horizontale Anordnung der Profilteile zum Wort "WILKA" herbeigeführt wird, geschieht dies im Falle des Schlüssels CEM 4 R durch die vertikale Anordnung des Buchstabens "C" und der Ziffer "1". Dabei ist durch zum Schlüsselkanal "CEM 4 R" passenden Schlüssel belegt, dass eine zwischenübergangslose vertikale Anordnung der Profilteile möglich ist und die Lesbarkeit der Kombination hierdurch sowie durch die Verwendung von nur zwei Profilteilen verbessert wird.

c) Die patentgemäße Ausbildung eines Schließzylinderschlüssels unterscheidet sich demnach von der Form des zu dem Schlüsselkanal gemäß der Abbildung "CEM 4 R" gehörenden Schlüssels zwar dadurch, dass in dem Katalog "Errebi" kein Hinweis darauf zu finden ist, dass bei der Profilbildung auf Variationen des Profils zur Bildung von Schlüsselgruppen zu achten ist und dass des Weiteren durch derartige Profilvariationen die individuelle Erkennbarkeit der Buchstaben oder Ziffern darstellenden Grundprofils nicht verschlechtert werden darf, sondern bewahrt werden soll. Beide Maßnahmen sind für Fachleute mit der hier vorauszusetzenden Qualifikation jedoch dann, wenn sie Schlüsselprofile wie im Stand der Technik bekannt mit Profilen in Form von Buchstaben und/oder Ziffern ausbilden, wenn nicht als selbstverständlich, so doch jedenfalls als naheliegend zu werten.

Der gerichtliche Sachverständige hat dargelegt, dass die Entwicklung auf dem Fachgebiet der Schließtechnik in den letzten Jahrzehnten und demzufolge bereits vor dem Prioritätstag des Streitpatents von einem Bestreben nach Erfüllung größter Sicherheitsanforderungen bei gleichzeitig hohem Variantenreichtum sowie von der Einführung mechatronischer Komponenten geprägt war (Gutachten S. 16). In der mündlichen Verhandlung hat er dies dahin weiter konkretisiert, dass Fachleute auf dem hier einschlägigen Gebiet gehalten waren, bei der Entwicklung von Schlüsselprofilen insbesondere im Hinblick auf den geforderten Variantenreichtum die Möglichkeit der Bildung von Schlüsselgruppen - je nach Verwendungszweck des Schlüssels für einen einzelnen Schließzylinder bis zu Schließanlagen mit hierarchisch gegliederten Gruppe von Schlüsselprofilen - in ihre Überlegungen zur Ausbildung von Schlüsselprofilen einzubeziehen. Diese Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen wird durch den Umstand belegt, dass Schließanlagen, bei denen durch die Ausbildung einer Schlüsselhierarchie unterschiedliche Schlüssel, die trotz eines gemeinsamen Schlüsselgrundprofils in unterschiedlichem Umfang in der Lage sind, die verschiedenen Schließzylinder einer Schließanlage zu betätigen, unter anderem aus der schweizerischen Patentschrift 355 710 bekannt waren. Die Schrift befasst sich mit Profilvariationen von Schlüsseln für Schließanlagen und zeigt die Möglichkeiten der Vermehrung von Schließfunktionen durch Profilvariationen auf (vgl. beispielhaft Beschreibung S. 3, Z. 106 - 117).

Der Fachwelt waren daher nicht nur die Ausbildung von Schlüsselgruppen - erforderlichenfalls auch mit hierarchischer Ordnung - bekannt, sondern auch die Mittel zur Ausbildung von Profilvariationen auf der Grundlage eines Grundprofils. Soweit sich die Auslegung des Schlüsselprofils in einer Weise, die Profilvariationen erlaubt, nicht schon notwendig daraus ergab, dass ein Schlüssel der patentgemäßen Art für eine Schließanlage bestimmt ist, ist eine entsprechende Auslegung des Schlüsselprofils als eine wegen der generellen Forderung nach Variantenreichtum in den Schlüsselprofilen der Fachwelt am Prioritätstag jedenfalls naheliegende Maßnahme zu werten. Bei der Durchführung dieser Maßnahme den Schlüssel so auszulegen, dass durch Variationen im Profil der Profilteile die individualisierende Erkennbarkeit nicht verschlechtert sondern bewahrt wird, ist eine Maßnahme, die sich von selbst versteht, wenn ein Grundprofil gewählt wird, das aus Buchstaben und/oder Zahlen besteht, damit diese gelesen werden können.

Das Streitpatent kann daher mit Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags keinen Bestand haben.

IV. Nichts anderes gilt für die mit den Hilfsanträgen verteidigte Fassung des Streitpatents.

1. Nach Hilfsantrag 1 soll als weiteres Merkmal in den Patentanspruch aufgenommen werden, dass mit den Profilvariationen ein zusätzlicher Aufsperrschutz entsteht. Schlüsselprofile der hier fraglichen Art haben allgemein den Zweck, gegenüber einem allein im Bereich des unteren Endes der Schlüsselbrust vorgesehenen Einkerbungen einen zusätzlichen Aufsperrschutz sicherzustellen. Variationen eines Grundprofils, wie sie zur Bildung - gegebenenfalls hierarchisch gegliederter - Schlüsselgruppen erforderlich sind, haben den Zweck, trotz der Verwendung eines gemeinsamen Grundprofils den einzelnen Schlüsseln der Gruppe unterschiedliche Möglichkeiten der Schließung von Schließzylindern mit einem entsprechenden Grundprofil des Schlüsselkanals zuzuweisen und dadurch einen zusätzlichen Aufsperrschutz innerhalb der Gruppe von Schlüsseln mit gemeinsamem Grundprofil zu gewährleisten. Dass mit den Profilvariationen ein zusätzlicher Aufsperrschutz sichergestellt wird, benennt daher nur den Zweck, zu dem die hier fraglichen Profilvariationen vorgenommen werden.

2. Nach Hilfsantrag 2 sollen die Schlüsselbrust eine arabische Ziffer "4" oder der Großbuchstabe "S" und der Schlüsselrücken entweder die arabische Ziffer "2" oder der Großbuchstabe "E" sein.

Welche technischen Vorteile durch diese Auswahl an Buchstaben und Ziffern erreicht werden können oder sollen, wird in der Patentschrift nicht dargelegt. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, dass mit der Ausgestaltung von Schlüssel mit Profilteilen, welche die genannte Kombination von Buchstaben und Zahlen aufweisen, eine parazentrische Ausgestaltung des Schlüsselprofils und damit Hinterscheidungsfreiheit hinter der Schlüsselmittellinie erreicht werde, hat der gerichtliche Sachverständige dies zwar bestätigt. Hierbei handelt es sich aber um eine bei der Gestaltung von Schlüsselprofilen für Schließzylinderschlüssel der Fachwelt ohne Weiteres zur Verfügung stehende Maßnahme. Der gerichtliche Sachverständige hat dies plastisch mit der Wendung zum Ausdruck gebracht, die parazentrische Ausgestaltung von Schlüsselprofilen sei ein "Klassiker", auf den Fachleute auf dem Gebiet des Streitpatents bei der Gestaltung von Schlüsselprofilen zur Erzielung zusätzlichen Aufsperrschutzes ohne weiteres zurückgreifen. Dies gilt nach den unwidersprochenen Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen auch für die Zeit vor dem Prioritätstag des Streitpatents.

Eine solche parazentrische Gestaltung des Schlüsselprofils lässt sich, wie der Sachverständige - auch insoweit von den Parteien nicht in Zweifel gezogen - dargelegt hat, mit verschiedenen Profilen erreichen, darunter auch mit einigen Buchstaben- oder Buchstaben/Ziffernkombinationen. Die mit der verteidigten Fassung des Patentanspruchs 1 beanspruchte Kombination stellt mithin eine willkürliche Auswahl aus den für die Profilbildung in Betracht kommenden Ziffern und Buchstaben. Eine solche willkürliche Auswahl kann die Wertung des beanspruchten Gegenstandes als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend nicht tragen (BGHZ 156, 179 - blasenfreie Gummibahn I).

3. Nach Hilfsantrag 3 sollen alle zuvor genannten zusätzlichen Merkmale gemeinsam in den Patentanspruch 1 aufgenommen werden. Wie dargelegt, handelt es sich bei ihnen teils um selbstverständliche, teils um naheliegende oder willkürlich gewählte nähere Ausgestaltungen des Gegenstandes nach dem Patentanspruch in der Fassung des Hauptantrags, die auch in ihrer Zusammenfassung keine erfinderischen Gehalt aufweisen, so dass das Streitpatent auch in der Fassung des Hilfsantrags 3 keinen Bestand haben kann.

4. Soweit nach dem letzten Hilfsbegehren die Worte "bei auf die Schlüsselspitze gerichtetem Blick" in die Fassungen des Patentanspruchs 1 nach dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen eingefügt werden sollen, ist die Verteidigung zwar zulässig, da mit diesem Merkmal - wie bereits dargelegt - die Position der Profilteile beschrieben wird (Beschreibung Sp. 2, Z. 4, 5). Mehr als eine nähere Umschreibung der Lage der Profilteile kommt mit diesem Merkmal aber nicht zum Ausdruck, so dass die Aufnahme dieses Merkmals eine vom Vorstehenden abweichende Beurteilung der Patentfähigkeit nicht zu tragen vermag.

V. Die Unteransprüche betreffen nähere Ausgestaltungen des Gegenstandes nach Patentanspruch 1, die erfinderische Qualität nicht erkennen lassen. Eine solche wird von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG, § 97 ZPO.

Scharen Asendorf Gröning Berger Grabinski Vorinstanz:

Bundespatentgericht, Entscheidung vom 19.10.2005 - 2 Ni 62/04 (EU) -






BGH:
Urteil v. 28.07.2009
Az: X ZR 9/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6fd7d17a2c41/BGH_Urteil_vom_28-Juli-2009_Az_X-ZR-9-06




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