Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. August 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 193/03

(BPatG: Beschluss v. 03.08.2004, Az.: 33 W (pat) 193/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 IR vom 1. September 1999 und vom 11. April 2003 aufgehoben.

Gründe

I Die Inhaberin der IR-Wortmarke 675 061 CLUB DER UNPÜNKTLICHEN begehrt Markenschutz in Deutschland für die registrierten Waren und Dienstleistungen 14 Montres et leurs parties, y compris boîtes, cadrans et bracelets de montres.

16 Journaux et magazines.

35 Organisation de compilations et d'echanges d'informations, transmission aux membres de telles informations concernant principalement les produits de la societe Swatch.

Die Markenstelle für Klasse 35 hat der Marke den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland durch die Beschlüsse vom 1. September 1999 und vom 11. April 2003 wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses versagt. Es handele sich um einen aus allgemein verständlichen Wörtern gebildeten Werbeslogan. Zwar komme ihm in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich eine übertragene Bedeutung zu. Dem Werbespruch könne aber die Anspielung entnommen werden, mit den Waren und Dienstleistungen werde dem Mangel der Unpünktlichkeit oder der Ungenauigkeit entgegenwirkt. Der Slogan laufe damit auf eine eindeutige, konkrete Sachinformation hinaus, indem er die Zielgruppe der Unpünktlichen anspreche und die Waren und Dienstleistungen für diesen Personenkreis als besondere Form des Clublebens anbiete. Auch nach der neueren Rechtsprechung zur Schutzfähigkeit von Werbeslogans sei die Wortfolge "CLUB DER UNPÜNKTLICHEN" in ihrem Bedeutungsgehalt eine in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage. Es sei auch ein Freihaltebedürfnis festzustellen, da es den Mitbewerbern gleichfalls möglich sein müsse, werbewirksam auf den Zusammenschluss von Personen unter einem bestimmten Motto hinzuweisen. Die Schutzgewährung in verschiedenen anderen europäischen Ländern stehe nicht entgegen, da insoweit keine Bindung bestehe und es auf das Verständnis des inländischen Publikums ankomme.

Die Markeninhaberin hat Beschwerde eingelegt. Sie beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, der angemeldeten Marke könne kein unmittelbar im Vordergrund stehender produktbeschreibender Inhalt entnommen werden. Schon der Begriff "Club" sei mehrdeutig, da darunter auch die Bezeichnung einer Räumlichkeit zu verstehen sei. Der Verkehr erkenne nicht den von der Markenstelle angenommenen beschreibenden Bezug des Slogans zu den betroffenen Waren und Dienstleistungen, den die Markenstelle aufgrund von komplizierten und gekünstelten Gedankenschritten herleite. Konkrete Anhaltspunkte seien weder für ein aktuelles noch ein künftiges Freihaltebedürfnis dargelegt worden. Außerdem verweist sie auf eine Reihe eingetragener Wortfolgen mit dem Bestandteil "Club".

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Marke fehlt weder jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG noch ist sie als freihaltebedürftige beschreibende Angabe nach § 8 Abs 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung in das Markenregister ausgeschlossen, so dass ihr der Schutz in Deutschland nicht zu verweigern ist (§§ 113, 37 Abs. 1 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Dabei nimmt der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so auf, wie es ihm entgegentritt und unterzieht es keiner analysierenden Betrachtungsweise. Jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht demnach aus, um das Schutzhindernis zu überwinden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs fehlt einer Wortmarke jegliche Unterscheidungskraft, wenn sie einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt aufweist, mit dem die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen bzw. deren Merkmale beschrieben werden können oder wenn die angemeldete Marke mit Blick auf das den absoluten Schutzhindernissen jeweils zugrunde liegende Allgemeininteresse der freien Verfügbarkeit aus sonstigen Gründen nicht entzogen werden soll, etwa weil es sich um ein gebräuchliches Wort handelt, das vom Verkehr stets nur in seinem Wortsinn bzw. als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st.Rspr. vgl. zuletzt BGH WRP 2005, 211 - Stabtaschenlampe "MAGLITE" m.w.N. sowie GRUR 2003, 1050 - Cityservice und GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE; EuGH GRUR Int 2003, 641 (Rdn 52) - Libertel; MarkenG 2004,99, 108 (Rdn 86) - KPN/Postkantoor; GRUR 2004, 943 - SAT.2).

Diese Voraussetzungen sind in gleichem Maße bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Werbeslogans und sonstigen spruchartigen Wortfolgen anzuwenden. Diese sind wie andere Wortmarken zu behandeln und unterliegen daher weder strengeren Schutzvoraussetzungen noch steht ihrer Eintragung die Verwendung als Werbebotschaft als solcher entgegen. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Webeslogan einen ausschließlich auf die Waren bzw. Dienstleistungen bezogenen Inhalt hat oder ob er über diesen hinaus ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft aufweist (vgl. BGH GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft; GRUR 2000, 323 - Partner with the Best m.w.N.). Während Werbeslogans, die sich in beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art erschöpfen, meist jegliche Unterscheidungskraft fehlt, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sowie eine Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit der Werbeaussage Indizien einer hinreichenden Unterscheidungskraft sein. Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der angemeldeten IR-Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Es trifft zwar zu, dass die angemeldete Wortfolge "CLUB DER UNPÜNKTLICHEN" sprachlich korrekt gebildet ist und von den inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres als Benennung einer Vereinigung oder Gruppe von Leuten verstanden wird, die sich als Unpünktliche bezeichnen. So klar die Bezeichnung dem Wortlaut nach erscheinen mag, so wenig werden mit ihr Eigenschaften oder sonstige Merkmale der eingetragenen Waren oder Dienstleistungen der IR-Marke beschrieben, wovon auch die Markenstelle ausgeht. Soweit in den angefochtenen Beschlüssen auf eine übertragene Bedeutung oder Anspielung abgestellt wird, ist eine im Vordergrund stehende Sachaussage in Bezug auf Uhren und ihre Teile, Zeitungen und Zeitschriften oder Informationsdienste über Produkte der Markeninhaberin ebenfalls nicht festzustellen. Die Übertragung von eher negativ besetzten, personenbezogenen Angaben menschlicher Schwächen auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen versteht der Verkehr nicht als eindeutige, konkrete Sachinformation über diese, sondern als ungewöhnliche, phantasievolle Gesamtaussage. Es ist deshalb nicht zu erwarten, dass die angesprochenen Verkehrskreise, hier neben Fachinteressierten das breite Publikum, die ironisch gemeinte Klubbezeichnung als ernsthafte Sachaussage über die Wirkungsweise speziell der Produkte und Dienste der Markeninhaberin zur Behebung von Unpünktlichkeit oder Ungenauigkeit der Klubmitglieder auffassen.

Der IR-Marke kann der Schutz in Deutschland auch nicht unter dem Gesichtspunkt verweigert werden, dass mit der Wortfolge eine bestimmte Zielgruppe angesprochen werde. Zum einen betrifft die Klubbezeichnung eine Personengruppe, die als Abnehmerkreis weder geläufig noch nach objektiven Kriterien zu umreißen ist. Sie lässt schon offen, ob der Klub sich auf Unpünktliche bezieht, die die Unpünktlichkeit lieben, der Pünktlichkeit keine Bedeutung beimessen oder Unpünktlichkeit bekämpfen wollen. Zum anderen handelt es sich bei der Wortfolge "CLUB DER UNPÜNKTLICHEN" nicht um die Bezeichnung eines im Absatz von Waren und Dienstleistungen verkehrsrelevanten Abnehmerkreises, wie dies etwa bei den Zielgruppen "Männer, Frauen, Senioren, Kinder, Kids, Sportler, Taucher u.ä." der Fall sein kann. Der Werbeslogan ist auch mit Blick auf das dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zugrundeliegende Allgemeininteresse als konkretes Unterscheidungsmittel für die registrierten Waren und Dienstleistungen geeignet.

2. Der IR-Marke steht ferner nicht das absolute Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Aus den unter 1. angegebenen Gründen bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Werbeslogan im Verkehr als Bestimmungsangabe im Sinne von "Waren und Dienste für Vereinigungen von Unpünktlichen" dient bzw. künftig dienen kann. Ebenso scheidet die konkrete Klubbezeichnung als ernsthafte Ortsangabe sowie als Angabe des Inhalts oder der Angebotsform im Sinne von Clubware aus. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Freihaltebedürfnisses zu Gunsten der Mitbewerber sind nicht gegeben, weil es nur solche Bezeichnungen von Zusammenschlüssen von Personen unter einem bestimmten Motto erfasst, die als beschreibende Angaben verkehrswesentlicher Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dienen können.

Winkler Kätker Pagenberg Cl






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Az: 33 W (pat) 193/03


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