Landgericht Hagen:
Urteil vom 16. Dezember 2004
Aktenzeichen: 23 O 44/04

(LG Hagen: Urteil v. 16.12.2004, Az.: 23 O 44/04)

Tenor

I.

Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung der gesetzlichen

Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu

Zwecken des Wettbewerbs die Zertifizierung von beruflichen

Fähigkeiten im Internet oder sonst werblich wort- oder inhaltsgleich

zu bewerben mit Aussagen, wie sie in der Anlage wiedergegeben sind.

Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger 189,- € nebst 5 %

Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 04.11.2004 zu bezahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.

III.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- €

vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist als Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs beim Amtsgericht G als Verein eingetragen. Sie unterhält in Deutschland mehrere Zweigstellen.

Die Beklagte wird in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht betrieben. Der Beklagte zu 2. ist ihr Geschäftsführer.

In ihrem Internetauftritt - sowohl bei E-bay als auch anderen Internethändlern aber auch über eine eigene Hompage ("Berufszertifikate.de") - bietet die Beklagte zu 1. die entgeltliche Vornahme von Zertifizierungen an. Insoweit bietet die Beklagte zu 1. eine Zertifizierung für alle möglichen gewerblichen und beruflichen Bereiche mit gesetzlich nicht geschützten Berufsbezeichnungen ohne Prüfung der Fachkenntnisse der Interessenten an. s betrifft an. Die Beklagte zu 1. weist in ihrem Internetauftritt darauf hin, dass eine berufliche Tätigkeit in dem zu zertifizierenden Bereich ausreiche. Als Bestätigung werde eine schriftliche Bestätigung des Kunden (per Email) benötigt, dass der mindestens 18 Jahre alte Interessent über Fachwissen verfüge und evtl. wie und wo er es erworben habe. Andere Dokumente und Unterlagen würden nicht benötigt. Auch werde sein X nicht geprüft.

Das Entgelt für die Berufszertifikate belaufen sich auf 55,- € bis 275,- €.

Als Nachweis der Zertifizierung erhalten die Kunden der Beklagten zu 1. eine so beworbene "repräsentative Urkunde" in einer Dokumentenmappe. Insoweit weist die Beklagte in ihrem Internetauftritt weiter darauf hin, dass das Zertifikat in keinem Büro und bei keiner Lohn/Gehaltsverhandlung fehlen dürfe. Das Zertifikat sei "ideal auch als Geschenk für Freunde, Bekannte und Verwandte".

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass das beworbene Angebot der Beklagten zu 1., für das der Beklagte zu 2. als ihr Geschäftsführer verantwortlich sei, einen Wettbewerbsverstoß darstelle.

Die Beklagte zu 1. habe es - unstreitig - abgelehnt, die von ihm geforderte Unterlassungserklärung abzugeben. Auch das Verfahren vor der Einigungsstelle der IHK-I sei erfolglos verlaufen.

Wegen der erfolglosen Abmahnung vom 05.02.2004 könne er die ihm entstandenen Kosten in Höhe von 189,- € geltend machen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten zu verurteilen,

1.

es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Zertifizierung von beruflichen Fähigkeiten im Internet oder sonst werblich wort- oder inhaltsgleich zu bewerben mit Aussagen, wie sie in der Anlage zur Klageschrift wiedergegeben sind,

2.

als Gesamtschuldner an den Kläger 189,- € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, dass durch die beanstandete Werbung nicht wettbewerbswidrig sei. Die von der Beklagten zu 1. angebotene Werbung erwecke gerade nicht den Eindruck, dass die Zertifizierung durch eine akkreditierte Einrichtung erteilt werde. Auch die Urkunde selbst erwecke nicht diesen Eindruck.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die von dem Kläger beanstandete Internetwerbung der Beklagten zu 1. für Zertifizierungen ist unzulässig. Sie stellt sich als verbotene Unterstützung unlauterer, irreführender Werbetätigkeit Dritter zu Zwecken des Wettbewerbs dar und verstößt damit ihrerseits gegen die §§ 3; 5 UWG. Insoweit ist die Beklagte zu 1. als Störer gem. § 8 Abs. 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen.

Im vorstehenden T unlauter handelt auch, wer wettbewerbsrechtlich relevante Verstöße Dritter fördert (vgl. BGH GRUR 1999, 1009, 1010; LG G2, BauR 2004, 554). So liegt der Fall hier, da die Beklagte zu 1. Zertifizierungen ausstellt, ohne dass insoweit eine ernsthafte Prüfung erfolgt, schon gar nicht im Sinne einer Akkreditierung unter Anwendung der insoweit einschlägigen Normen (DIN EN bzw. ISO/IEC).

Durch die angebotene Zertifizierung will die Beklagte zu 1. ihren Kunden ausdrücklich die Möglichkeit eröffnen, in beliebigen, gesetzlich nicht näher geregelten Berufsbereichen wettbewerbsrelevante Vorteile durch die Verwendung der das Zertifikat beinhaltenden Urkunde zu erzielen, ohne dass überhaupt eine Prüfung und anschließende Testierung der beruflichen Fähigkeiten bzw. Fachkenntnisse des Bewerbers erfolgt. Es genügt insoweit eine Bestätigung durch den Interessenten selbst.

Demgegenüber wird allein durch die Vorlage und Verwendung des Zertifikats die Möglichkeit eröffnet, den Eindruck besonderer beruflicher und gewerblicher Fähigkeiten und Leistungen zu erzielen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass in der Urkunde kein Hinweis auf die entsprechenden für eine Akkreditierung einschlägigen Normen erfolgt und sie nur für gesetzlich nicht besonders geschützte Berufsbezeichnungen erteilt wird.

Das Vorliegen der tatsächlich von den Beklagten nicht überprüften, aber ausgezeichneten "zertifizierten" Fähigkeiten des Kunden ergibt sich nach den Werbeversprechen der Beklagten zu 1. bereits aus der "repräsentativen" Urkunde selbst, die - so die Beklagte in ihrem Internetauftritt - in keinem Büro und bei keiner Lohn/Gehaltsverhandlung fehlen dürfe. Insoweit zielt die von der Beklagten zu 1. angebotene Urkunde auf eine irreführende Werbung ihrer Kunden im Sinne von § 5 UWG ab. Bloße Scheinauszeichnungen, bei denen - wie hier der Fall - die Voraussetzungen eines objektiven Prüfungsverfahrens nicht erfüllt sind, führen in wettbewerbsrelevanter Weise irre (vgl. Baumbach/Hefermehl/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. § 5 UWG Rdz. 5.157).

Damit unterstützt und ermöglicht die Beklagte zu 1. wettbewerbswidriges Verhalten ihrer Kunden, wobei ausweislich der geschilderten Zielsetzung - Einsatz der Zertifikate im gewerblichen Bereich - durch den Verkauf der Urkunden der Wettbewerb fremder Unternehmen gefördert wird. Durch ihre so beworbene Tätigkeit nimmt die Beklagte zu 1. Wettbewerbshandlungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vor, zu denen auch die Förderung des Wettbewerbs fremder Unternehmen zählt.

Die Kammer bejaht vorliegend auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr im Sinne von § 8 Abs. 1 UWG, da die Beklagte zu 1. den - ungeprüften -Verkauf der "Zertifizierung" nach wie vor und nach den Erörterungen im Termin auch mit Erfolg anbietet.

Der Kläger ist als Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG berechtigt, den Unterlassungsanspruch geltend zu machen.

Der Klageantrag zu 1. ist auch gegenüber dem Beklagten zu 2. begründet. Er ist als alleinige, die Geschäfte der Gesellschaft führendes Organ der Beklagten zu 1. im Sinne der §§ 89; 31 BGB für das beanstandete Internetangebot ebenfalls verantwortlich (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler a. a. O. § 8 UWG Rdz. 2.19).

Die von dem Kläger mit 189,- € bezifferten Kosten der Abmahnung sind von der Beklagten zu 1. nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag zu bezahlen (vgl. dazu Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl. Einl. Rdz. 554). Zum

Zeitpunkt der Abmahnung (05.02.2004) galt noch das UWG alter Fassung. Eine Anwendung von § 12 Abs. 1 S. 2 UWG n. F. scheidet daher aus.

Schuldner der Zahlung ist allein die Beklagte zu 1, an die sich als Geschäftsherr die Abmahnung des Klägers gerichtet hat. Dass die Abmahnung auch direkt gegenüber dem Beklagten zu 2. ausgesprochen worden ist, ist nicht ersichtlich.

Die dem Kläger zugesprochenen Zinsen sind gem. §§ 291; 288 Abs. 1 S. 1 BGB begründet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1 S. 1; 92 Abs. 2 Nr. 1; 709 ZPO.






LG Hagen:
Urteil v. 16.12.2004
Az: 23 O 44/04


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