Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Juli 2009
Aktenzeichen: 30 W (pat) 14/08

(BPatG: Beschluss v. 09.07.2009, Az.: 30 W (pat) 14/08)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung Ruhebergfür die Dienstleistungen der Klasse 45

"Bestattungen, insbesondere Urnenbestattungen in der Natur, und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Bestattungen".

Die Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patentund Markenamts hat die Anmeldung durch Beschlüsse vom 6. März 2007 und 25. Oktober 2007 unter Hinweis auf die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen mit der Begründung, die beantragte Marke enthalte im Kontext der beanspruchten Dienstleistungen lediglich den sofort erkennbaren Hinweis, dass es um die Beisetzung von Verstorbenen gehe, die auf einem Berg ihre letzte Ruhestätte erhielten. "Ruheberg" bezeichne lediglich einen besonderen Begräbnisplatz auf einem Berg. Nachdem sich in den letzten Jahren alternative Bestattungsarten etabliert hätten und die Anmeldemarke sich zwanglos in die auf dem Bestattungssektor bereits bekannten Bezeichnungen "Ruhewald, Ruhepark, Ruheforst, Ruhehain, Friedhof, Friedpark, Friedwald" einreihe, werde der Verkehr ihr keine betriebliche Herkunftswirkung beimessen, sondern lediglich die im Vordergrund stehende beschreibende Bedeutung erkennen, auf welche auch die Mitbewerber ungehindert von Rechten Dritter zurückgreifen dürften.

Dagegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie meint mit näheren Ausführungen, dass die angemeldete Marke insbesondere unter Anlegung des erforderlichen großzügigen Maßstabes unterscheidungskräftig sei. Schon die Einzelelemente wiesen keinen Bezug zum Bestattungswesen auf. Weder sei es üblich, im Zusammenhang mit einer Begräbnisstätte von "Berg" zu sprechen, noch könne dem Begriff "Ruhe" hier ohne weiteres der Sinngehalt "letzte, ewige Ruhe" zugeordnet werden. Ruheberg gehöre genauso wenig zum üblichen Sprachgebrauch wie die weiteren von der Markenstelle aufgeführten Begriffe; einzig "Friedhof" sei eine gebräuchliche Bezeichnung. Auch seien vergleichbare Marken eingetragen worden. Auf Hinweis des Gerichts auf zahlreiche der Anmelderin übersandten Rechercheunterlagen, aus denen sich der rein beschreibende Gebrauch des Markenwortes ergebe, hat die Anmelderin erklärt, sie halte an ihrer bisherigen Auffassung fest.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patentund Markenamts vom 6. März 2007 und vom 25. Oktober 2007 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg. Die angemeldete Wortmarke ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dürfen Marken nicht eingetragen werden, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verfolgt die mit Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c) der Richtlinie Nr. 89/104/EWG (= Markenrichtlinie) übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 Nr. 25, 30 -Chiemsee; GRUR 2004, 146, 147 Nr. 31 f. -DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, 676 Nr. 54 -58 -Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 Nr. 35 -38 -BIOMILD; BGH GRUR 2008, 900, 901 Nr. 12 -SPA II). Die Eignung zur beschreibenden Verwendung kann sich aus dem unmittelbaren Sinngehalt einer Bezeichnung ergeben oder aus ihrer tatsächlichen beschreibenden Verwendung im Verkehr (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 199). Die angemeldete Marke ist eine die beanspruchten Dienstleistungen in diesem Sinn beschreibende Angabe.

Die Markenstelle hat zutreffend ausgeführt, dass sich der Begriff "Ruheberg" nahtlos in die Reihe von heute üblichen Bezeichnungen für eine Begräbnisstätte wie Friedpark, Ruhehain, Ruheforst, Ruhewald einfügt und damit in sprachüblicher Weise auf eine besondere Grabstätte hinweist, die auf einem Berg angesiedelt ist. Gleichermaßen hat der Senat in einer kürzlich ergangenen Entscheidung die Bezeichnung "Ruhewald" als gebräuchliche Angabe für eine Bestattungsform unter Bäumen in einem Waldgelände eingestuft (vgl. Az. 30 W (pat) 61/08 vom 30. Apri 2009 -Chiemgauer Ruhewald). Wie sich aus den weiteren zahlreichen Rechercheunterlagen, die der Senat vorab der Anmelderin zugesandt hat, ergibt, findet die angemeldete Marke in diesem Sinne auch bereits verbreitet Anwendung. So enthält ein Zeitschriftenbeitrag (Focus Nr. 28 (2008)) die Passage: "Strikt beim "Friedhofszwang" will auch die zuständige Sozialministerin Monika Stolz (CDU) bleiben. Der Friedhof sei schließlich "ein allen Menschen zugänglicher Ort". Das Ministerium verweist auf "Ruheberge", die einzelne Gemeinden bereits eröffnet hätten. Sie böten Bürgern, die einen Platz in freier Natur für die Verstorbenen suchen, genug Auswahl." (vgl. www.focus.de /politik/deutschland/bestattungenabschiedaufsee_aid_316380.html). In einer weiteren Publikation ("Freies Wort vom 29.01.2008) heißt es: "Im Hauptausschuss erläuterte Bürgermeister K... ..., was es mit einem Friedwald ... auf sich hat, der andernorts auch Ruheforst, Friedpark oder neuerdings auch Ruheberg heißt. ... K... nahm auf ein Beispiel aus dem Schwarzwald Bezug, wo ein Berg-Naturfriedhof zur Urnenbestattung eingerichtet wurde, ... Wenn eine Forstfläche zu einem solchen Friedwald/Ruheberg umgenutzt werden soll, muss sie städteplanerisch umgewidmet werden, wies der Bürgermeister hin ... Dass immer mehr Friedwälder und dergleichen Bestattungsorte entstehen, dass sich die Begräbniskultur wandelt, hat seine Gründe" (www.freieswort.de/nachrichten/regienal/meiningen/art2799,766060). Eine Gemeinde schreibt auf ihrer Homepage unter der Überschrift "kein Friedwald in Straubenhardt". "Der Gemeinderat diskutierte in der letzten Zeit über die verschiedenen Möglichkeiten von Urnenbeisetzungen und beauftragte die Verwaltung, grundsätzliche Überlegungen zu einem Friedwald in S. anzustellen. Es gibt zwei bekannte Formen dieser besonderen Art der Bestattung, erläuterte ... Rutschmann, den Friedwald und den Ruheberg. Gegen einen Friedwald sprach sich der Gemeinderat einstimmig aus. Auch einen Ruheberg lehnte er mehrheitlich ab (vgl. www.straubenhardt.de/index.cfm€fuseaction=rathaus&rubrik =ratsnachrichten&...). Ein Bestatter erläutert: "Naturbestattung ist eine Bestattungsform in naturhafter Umgebung und außerhalb traditioneller Friedhöfe. Der Begriff orientiert sich am Bestattungsort und kennzeichnet sich dadurch aus, dass die Grabstellen naturbelassen sind und keiner Pflege bedürfen. Formen der Naturbestattung sind "Friedwälder", "Friedhaine" und "Ruheberge" (www.bestattungenschleihauf.de/index.php€content=naturbestattung); ein anderer offeriert "neue Bestattungsformen: Wir sind Ansprechpartner für alle alternativen Bestattungsformen, wie Luftbestattung, Friedwald, Ruheberg, Naturbestattung, Erinnerungsdiamant oder auch so exklusive Formen wie Weltraumbestattung" (vgl. www.gutbestatter.de/inhalt/bestatterliste/2007_01_24_37_11/show_data_). Die angemeldete Bezeichnung stellt somit in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen lediglich einen Hinweis auf deren Art und Ort der Erbringung dar, nämlich dass die Urnenbestattungen auf einen bergseitig gelegenen Begräbnisplatz sind. Soweit die Anmelderin darauf verweist, dass andere Unternehmen eigene Bezeichnungen verwenden könnten, wie dies schon mit "Friedwald" und Ruhewald" geschehen sei, ist dies für die Entscheidung unerheblich. Ob entsprechende Marken möglicherweise löschungsreif sind, war im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden. Das Schutzhindernis entfiele selbst dann nicht, wenn keine ernsthaften Mitbewerber zu erwarten wären (vgl. EuGH a. a. O. Nr. 54 ff. -Postkantoor).

Darüber hinaus fehlt der angemeldeten Bezeichnung auch die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Diese fehlt nach ständiger Rechtsprechung vor allem solchen Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren bzw. Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH a. a. O. S. 674 -Postkantoor; BGH zuletzt WRP 2009, 960 -DeutschlandCard, Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 8 Rdn. 48). Das ist wie oben ausgeführt der Fall, selbst wenn man mit der Auffassung der Anmelderin einen großzügigen Beurteilungsmaßstab anwenden wollte, was allerdings im Hinblick auf die klaren Vorgaben des EuGH zu einer sorgfältigen und umfassenden Prüfung eher zweifelhaft erscheint (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., Rdn. 100 m. w. N.).

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Dr. Vogel von Falckenstein Winter Paetzold Cl






BPatG:
Beschluss v. 09.07.2009
Az: 30 W (pat) 14/08


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