Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. April 2007
Aktenzeichen: 8 W (pat) 320/03

(BPatG: Beschluss v. 24.04.2007, Az.: 8 W (pat) 320/03)

Tenor

Das Patent 199 46 395 wird aufrechterhalten.

Gründe

I.

Die Patentinhaberin hat das Patent am 28. September 1999 beim Patentamt angemeldet. Die Patenterteilung wurde am 28. November 2002 veröffentlicht.

Am 27. Februar 2003 hat die Firma A... AG in B...

Einspruch erhoben.

Die Einsprechende hat ausgeführt, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neu sei zumindest jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Sie hat ihren Einspruch auf folgende Druckschriften gestützt DE 43 19 340 C1 (D1)

EP 0 189 023 B1 (D2)

EP 0 225 931 B1 (D3)

FR 2 694 319 A1 (D4)

Firmendruckschrift der Firma Flumroc AG, Flums: "Steinwolle-Dämmplatten für die verputzte Außenwanddämmung" mit einem Datumsaufdruck 17. Dezember 1997 (D5).

Die Einsprechende hat vorgetragen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber der DE 43 19 340 C1 (D1) nicht neu sei, zumindest jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, weil auch dieses bekannte Dämmelement äußere Markierungen aufweise. Denn die druckausgleichenden Körper, die auch als Dämmstoffhalter zur späteren Plattenbefestigung verwendbar seien, seien entweder als farblich markierte Kunststoff- oder Metallelemente oder aber aus hoch verdichteter Mineralwollescheiben ausgebildet, die aufgrund der unterschiedlichen Verdichtung zwangsläufig eine deutlich unterschiedliche Farbe aufweisen, um das Auffinden der Elemente bei der Montage auf der Baustelle zu erleichtern.

Im Übrigen zeige auch die EP 0 189 023 B1 (D2) direkt auf der Oberfläche der Dämmplatte farblich abgesetzte Markierungen, die für eine normgerechte Befestigung der Platten verwendet werden können, und die beabstandet zu den Rändern punkt- oder achsensymmetrisch angeordnet sind.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der Einsprechenden widersprochen und ausgeführt, dass das Wesentliche beim Streitpatentgegenstand in der Merkmalskombination zu sehen sei, wonach die Markierungen auf der Mineralfaser-Dämmstoffplatte in der erforderlichen Anzahl aufgebracht seien und eine Größe aufweisen, die mit der flächenmäßigen Größe der Dämmstoffhalter, besonders der Dämmstoffteller, übereinstimme. Erst hierdurch ergebe sich nämlich die Möglichkeit, nicht nur die erforderliche Anzahl der Dämmstoffteller durch eine entsprechende Anzahl der Markierung vorzugeben, sondern auch nach der Montage der Dämmelemente durch eine nunmehr mögliche schnelle und einfache Sichtkontrolle zu überprüfen, ob die Dämmstoffelemente ordnungsgemäß, d. h. in der richtigen Anzahl und am richtigen Ort, angebracht worden sind.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent mit den geltenden Unterlagen aufrecht zu erhalten.

Im Prüfungsverfahren sind zum Stand der Technik noch die DE 298 22 362 U1 DE 297 05 691 U1 in Betracht gezogen worden.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:

"Dämmelement aus mit Bindemitteln gebundenen Mineralfasern für die Dämmung von Außenfassaden (8) an Gebäuden, insbesondere als Bestandteil eines Wärmedämmverbundsystems, wobei das Dämmelement plattenförmig ausgebildet und zur Aufnahme eines Putzauftrags geeignet und mittels Dämmstoffhaltern (6) an der Außenfassade (8) befestigbar ist, das Dämmelement zumindest auf einer großen Oberfläche (4) farblich abgesetzte Markierungen (5) für die Anordnung der Dämmstoffhalter (6) aufweist, wobei eine der Anzahl der notwendigen Dämmstoffhalter (6) entsprechende Anzahl von Markierungen (5) vorgesehen ist, die beabstandet zu den Rändern punkt- oder achsensymmetrisch angeordnet sind und eine Größe aufweisen, die mit der flächenmäßigen Größe der Dämmstoffhalter (6) übereinstimmt".

Die Aufgabe der Erfindung besteht gemäß der Beschreibung Absatz [0010] darin, ein Dämmelement nach dem Stand der Technik (DE 43 19 340 C1) derart weiter zu entwickeln, dass die Verarbeitung bei der Fassadendämmung wesentlich vereinfacht wird.

Hinsichtlich der Patentansprüche 2 bis 11 sowie weiterer Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II.

1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis einschließlich 30. Juni 2006 geltenden Fassung (vgl. BLPMZ 2005, 3 und 2006, 225) durch den zuständigen Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig.

In der Sache hat er jedoch keinen Erfolg, denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist patentfähig.

3. Die erteilten Patentansprüche 1 bis 11 sind zulässig.

Anspruch 1 stellt eine Zusammenfassung der ursprünglichen Ansprüche 1, 5 und 8 dar. Die Ansprüche 2 - 11 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2, 4, 6, 7, 9, 10, und 12 - 15.

4. Die Neuheit des Gegenstands des Patentanspruchs 1, der zweifellos gewerblich anwendbar ist, ist gegeben.

Bei der DE 43 19 340 C1 sind die Dämmstoffhalter farblich markiert und nicht die Dämmplatte.

Die Dämmplatten gemäß der EP 0 189 023 B1, der FR 2 694 319 A1 und der Firmendruckschrift der Firma Flumroc AG, Flums: "Steinwolle - Dämmplatten für die verputzte Außenwanddämmung" weisen keine farblichen Markierungen in einer Größe auf, die mit der flächenmäßigen Größe der Dämmstoffhalter übereinstimmen.

5. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Streitpatentgegenstand betrifft ein Dämmelement aus mit Bindemitteln gebundenen Mineralfasern für die Dämmung von Außenfassaden an Gebäuden, insbesondere als Bestandteil eines Wärmedämmverbundsystems, wobei das Dämmelement plattenförmig ausgebildet und zur Aufnahme eines Putzauftrags geeignet und mittels Dämmstoffhaltern an der Außenfassade befestigbar ist. Das Dämmelement weist zumindest auf einer großen Oberfläche farblich abgesetzte Markierungen für die Anordnung der Dämmstoffhalter auf. Dabei soll eine der Anzahl der notwendigen Dämmstoffhalter entsprechende Anzahl von Markierungen vorgesehen sein, die beabstandet zu den Rändern punkt- oder achsensymmetrisch angeordnet sind und eine Größe aufweisen, die mit der flächenmäßigen Größe der Dämmstoffhalter übereinstimmt.

Nach den Ausführungen in den Absätzen [0018] und [0019] des Streitpatents ist es ein wesentliches Merkmal der Erfindung, dass die Markierungen auf dem Dämmelement in der erforderlichen Anzahl aufgebracht sind und eine Größe aufweisen, die mit der flächenmäßigen Größe der Dämmstoffhalter, insbesondere der Dämmstoffteller, übereinstimmt. Dadurch sind die Markierungen als optisch wirksame Symbole ausgebildet, die mit Hilfe von Farben oder durch Einbrennen hergestellt werden. Erst dadurch ist es möglich, nicht nur die erforderliche Anzahl der Dämmstoffteller durch eine entsprechende Anzahl der Markierung vorzugeben, sondern auch nach der Montage der Dämmelemente durch eine schnelle und einfache Sichtkontrolle zu überprüfen, ob die Dämmstoffelemente ordnungsgemäß d. h. in der richtigen Anzahl und am richtigen Ort, angebracht worden sind.

Für diese Maßnahmen vermittelt der aufgezeigte Stand der Technik dem Durchschnittsfachmann, einem Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Bautechnik, der mit der Verlegung und/oder Herstellung von Dämmstoffplatten befasst ist, keine Anregungen.

Die DE 43 19 340 C1 betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Mineralfaser-Dämmstoffplatten und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens, aus der auch ein Dämmelement mit aus mit Bindemitteln gebundenen Mineralfasern für die Dämmung von Außenfassaden an Gebäuden hervorgeht. Die bekannten Mineralfaser-Dämmstoffplatten, die insbesondere gemäß Figuren 2, 6 und 7 in Verbindung mit den entsprechenden Textstellen plattenförmig ausgebildet und zur Aufnahme eines Putzauftrags geeignet sind, werden an mindestens einer großen Oberfläche mit zylindrischen Vertiefungen (14, 26) versehen, in die bereits bei der Herstellung der Mineralfaser-Dämmstoffplatten zylindrische, druckausgleichende Körper (27) bündig mit der Oberfläche eingesetzt werden, die als Dämmstoffhalter zur späteren Plattenbefestigung verwendbar sind. Die druckausgleichenden Körper (27) können gemäß Patentanspruch 10 entweder Kunststoff- oder Metallelemente sein, die vollständig materialmäßig eingebettet sind, so dass eine geringe Dicke der außen aufliegenden Faserschicht vorhanden ist. Für diesen Fall wird gemäß Spalte 4, Zeilen 58 - 67 vorgeschlagen, die Dämmstoffhalter mit äußeren Markierungen zu versehen, um das Auffinden der Elemente bei der Montage auf der Baustelle zu erleichtern. In einem weiteren Ausführungsbeispiel gemäß Spalte 4, Zeilen 32 bis 44 werden die den Druck ausgleichenden Körper (27), die auch als Dämmstoffhalter zur späteren Plattenbefestigung verwendbar sind, aus hochverdichteter Mineralwolle gebildet. Auch hier ist nach der Überzeugung des Senats ein farblicher oder ein durch die unterschiedlichen Dichten hervorgerufener struktureller Unterschied insoweit erkennbar, als das Auffinden der Druck ausgleichenden Körper bei der Montage auf der Baustelle problemlos möglich ist.

In beiden Fällen weisen somit die in die Mineralfaser-Dämmstoffplatte eingebetteten Dämmstoffhalter die farblichen Markierungen auf, um die Wiederauffindbarkeit auf der Baustelle zu erleichtern und nicht, wie es beim Streitpatentgegenstand der Fall ist, die Plattenoberfläche selbst, um die richtige Anzahl und den richtigen Ort für die Anordnung der Dämmstoffhalter zu kennzeichnen.

Zwar sind bei der bekannten Mineralfaser-Dämmstoffplatte die richtige Anzahl und der richtigen Ort für die Anordnung der Dämmstoffhalter durch das werksseitige Einbetten der Dämmstoffhalter in die Mineralfaser-Dämmstoffplatte sichergestellt. Ob jedoch auf der Baustelle jeder einzelne Dämmstoffhalter mit einer Schraubbefestigung versehen wird, ist bei der bekannten Mineralfaser-Dämmstoffplatte nicht in einer derart einfachen Weise sicher zu stellen wie beim Streitpatentgegenstand, bei dem die auf der Dämmelementoberfläche angeordneten farblichen Markierungen aufgrund ihrer Größe optisch deutlich wirksame Symbole bilden, die es sowohl dem Monteur als auch einem Bauleiter auf schnelle und einfache Weise ermöglichen, festzustellen, ob alle Dämmstoffhalter vollständig und am richtigen Ort angebracht worden sind.

Wegen deren andersartiger Lösung gibt die DE 43 19 340 C1 dem Fachmann keinen Anlass, sich davon zu lösen und ein Dämmelement entsprechend dem Streitpatentgegenstand mit den angegebenen Wirkungen und Vorteilen zu gestalten.

Die EP 0 189 023 B1 zeigt eine Bauplatte, insbesondere eine Gipskartonplatte, die auf ihrer Oberfläche Markierungen in Form von randparallelen, in regelmäßigen Abständen voneinander verlaufende Linien aufweist. Nach Spalte 1, Zeilen 35 bis 50 bilden diese Linien eine über die Plattenoberfläche verteilte Längenmessskala, so dass die Platten ohne zusätzliche Maßbänder oder Maßstäbe zugeschnitten und an den gewünschten Punkten befestigt werden können, wobei sich nach Spalte 2, Zeilen 40 - 47 durch Normen festgelegte Befestigungspunkte in den Längenmaßeinteilungen durch entsprechende Zeichen berücksichtigen lassen.

Bevorzugt ist diese bekannte Bauplatte als eine Gipskartonplatte ausgebildet. Gipskartonplatten werden bekanntlich nur in trockenen Bereichen und somit nur im Innenbereich von Gebäuden angebracht, so dass die EP 0 189 023 B1 keine Anregungen zur Ausgestaltung eines Dämmelements aus mit Bindemitteln gebundenen Mineralfasern für die Dämmung von Außenfassaden an Gebäuden geben kann. Auch gibt die bekannte Bauplatte keine Hinweise, farbliche Markierungen in einer Größe anzubringen, die mit der flächenmäßigen Größe der Dämmstoffhalter übereinstimmt, um die Markierungen als optisch deutlich wirksame Symbole auszubilden, die es sowohl dem Monteur als auch einem Bauleiter auf schnelle und einfache Weise ermöglichen, festzustellen, ob alle Dämmstoffhalter vollständig und am richtigen Ort angebracht worden sind.

Die EP 0 189 023 B1 kann daher den Streitpatentgegenstand nicht nahe legen.

Durch die FR 2 694 319 A1 ist ein Dämmelement aus Polystyrolschaumstoff in Form einer Platte (2) bekannt, bei dem Befestigungselemente (3) bei der Herstellung der Platte eingebettet werden. Im Bereich der Befestigungselemente (3) verbleiben zunächst zylindrische Ausnehmungen, die nach der Montage mit Pfropfen (5) verschlossen werden. Somit sind auch hier, ähnlich wie bei der DE 43 19 340 C1, die Dämmstoffhalter bereits bei der Herstellung der Platte in diese eingebettet worden. Daher geht die FR 2 694 319 A1 nicht über das hinaus, was bereits aus der DE 43 19 340 C1 bekannt geworden ist. Auf entsprechende Ausführungen wird verwiesen.

Auch die Firmendruckschrift der Firma Flumroc AG, Flums: "Steinwolle - Dämmplatten für die verputzte Außenwanddämmung" zeigt lediglich Markierungen in Form eines Rasters zur Erleichterung des Zuschneidens auf der Oberfläche der dort dargestellten Dämmplatte auf. Aus diesem Grund entnimmt der Fachmann auch aus dieser Druckschrift keine Anregungen zu der erfindungsgemäßen Mineralfaser-Dämmstoffplatte mit den farblichen Markierungen auf der Oberfläche, die in der erforderlichen Anzahl und in einer Größe aufgebracht sind, die mit der flächenmäßigen Größe der Dämmstoffhalter übereinstimmen.

Auch eine Kombination der oben genannten Druckschriften führt nicht zum Streitpatentgegenstand. Denn weil keine einzige der im Verfahren befindlichen Druckschriften die Merkmale aufweist, wonach die Markierungen auf dem Dämmelement in der erforderlichen Anzahl aufgebracht sind und gleichzeitig eine Größe aufweisen, die mit der flächenmäßigen Größe der Dämmstoffhalter, insbesondere der Dämmstoffteller, übereinstimmen, so dass die Markierungen dadurch als optisch wirksame Symbole ausgebildet sind, die auf schnelle und einfache Weise eine Sichtkontrolle ermöglichen, ob alle Dämmstoffhalter vollständig und am richtigen Ort angebracht worden sind, kann auch eine Zusammenschau dieser Druckschriften dem Fachmann keinerlei Anregung in diese Richtung geben.

Auch die im Zuge des Erteilungsverfahrens in Betracht gezogenen Druckschriften DE 298 22 362 U1, DE 297 05 691 U1 und EP 0 225 931 B1, die weiter ab liegen vom Streitpatentgegenstand und die in der mündlichen Verhandlung nicht aufgegriffen worden sind, stehen dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht patenthindernd entgegen, wie der Senat überprüft hat.

Der entgegengehaltene Stand der Technik konnte somit weder für sich genommen, noch in einer Zusammenschau betrachtet dem Fachmann den Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 nahe legen. Dessen Merkmale waren auch nicht durch einfache fachübliche Erwägungen ohne weiteres auffindbar, sondern bedurften darüber hinaus gehender Gedanken und Überlegungen, die auf erfinderische Tätigkeit schließen lassen.

Der Patentanspruch 1 hat daher Bestand.

6. Die Unteransprüche 2 bis 11 betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen des Gegenstandes des Patentanspruchs 1, die über Selbstverständlichkeiten hinausreichen. Die Unteransprüche 2 bis 11 haben daher ebenfalls Bestand.

Bei dieser Sachlage war das Patent aufrecht zu erhalten.






BPatG:
Beschluss v. 24.04.2007
Az: 8 W (pat) 320/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6c2758208f45/BPatG_Beschluss_vom_24-April-2007_Az_8-W-pat-320-03




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