Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Januar 2007
Aktenzeichen: 32 W (pat) 87/05

(BPatG: Beschluss v. 17.01.2007, Az.: 32 W (pat) 87/05)

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin zu 2) und des Antragstellers zu 3), den Markeninhabern die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 26. März 2001 angemeldete Wortmarke FUSSBALL WM DEUTSCHLAND ist am 3. September 2002 unter der Nr. 301 19 920 für Waren der Klassen 1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 14, 15, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33 und 34 sowie für Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41 und 42 für die Markeninhaberin zu 1) in das Markenregister eingetragen worden. Aufgrund eines Umschreibungsantrags vom 11. Februar 2005 wurde der Markeninhaber zu 2) als weiterer Inhaber eingetragen.

Die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 1), die Antragstellerin zu 2) und der Antragsteller zu 3) haben die vollständige Löschung der Marke beantragt. Die zum damaligen Zeitpunkt alleinige Markeninhaberin zu 1) hat der Löschung widersprochen. Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Löschungsanträgen mit Beschluss vom 20. Juli 2005 stattgegeben. Gegen diese Entscheidung haben die Markeninhaber Beschwerde eingelegt.

Mit Schriftsatz vom 16. Januar 2007 hat die Markeninhaberin zu 1) gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt auf die streitgegenständliche Marke verzichtet. Der Verfahrensbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dieser Verzicht damit auch für den Markeninhaber zu 2) erklärt sei. Außerdem haben die Markeninhaber in der mündlichen Verhandlung ihre Beschwerde zurückgenommen.

Die Antragstellerin zu 2) und der Antragsteller zu 3) beantragen, den Markeninhabern die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Sie machen geltend, die ursprünglich alleinige Markeninhaberin zu 1) habe die streitgegenständliche Marke bösgläubig angemeldet. Sie habe bereits im Zeitpunkt der Anmeldung nicht die Absicht gehabt, die Marke als Kennzeichnung für Waren und Dienstleistungen zu nutzen, sondern die Marke nur als Sperrmarke angemeldet, um gegen mögliche Konkurrenten vorgehen zu können. Die Absicht, die streitgegenständliche Marke ausschließlich zu Defensivzwecken zu nutzen, ergebe sich u. a. aus einem Aktenvermerk des Bundesministeriums der Justiz vom 18. April 2002, in dem ausgeführt werde: "Der FIFA reicht der vorstehend beschriebene Markenschutz aber immer noch nicht aus. ... Deshalb will die FIFA jetzt alle möglichen Begriffe und Wortbestandteile sowie Buchstabenkombinationen als Marke schützen lassen. Diese dienen nicht der eigentlichen Wertschöpfung, sondern sollen die bereits eingetragenen zentralen Marken schützend umgeben - etwa wie Bauern einen König auf dem Schachbrett. Damit soll Dritten, die mit abgewandelten Wort- und Bildzeichen hantieren, das Handwerk gelegt werden." In einem weiteren Aktenvermerk des Bundesministeriums der Justiz vom 6. Dezember 2004 sei im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Marke von "Defensivmarken" der Markeninhaberin zu 1) die Rede. Darüber hinaus habe ein Vertreter der Markeninhaberin zu 1) in der Anhörung vor der Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts am 24. Juni 2004 erklärt, dass die streitgegenständliche Marke als solche nicht benutzt werden, sondern nur der Abwehr von Trittbrettfahrern dienen solle.

Die Bösgläubigkeit der Markeninhaberin zu 1) ergebe sich auch daraus, dass sie die Marke angemeldet habe, obwohl sie gewusst habe, dass die Marke wegen ihres beschreibenden Charakters nicht schutzfähig sei. In einem Gesprächsprotokoll der damaligen Leiterin der Hauptabteilung 3 - Marken und Muster - des Deutschen Patent- und Markenamts über eine Präsentation der FIFA zur WM 2006 am 23. November 2001 sei ausgeführt, dass die Bedenken der Vertreter des Deutschen Patent- und Markenamts, eine so allgemeine Bezeichnung wie beispielsweise "WM 2006" für die FIFA zu monopolisieren, erörtert worden seien. Die Markeninhaberin zu 1) habe daher gewusst, dass die streitgegenständliche Marke eigentlich nicht schutzfähig sei. Dennoch sei die Markeninhaberin zu 1) - wie sich aus verschiedenen dem Senat vorgelegten Unterlagen ergebe - beim Bundesministerium des Inneren und beim Bundesministerium der Justiz vorstellig geworden, um so eine ihr günstige Einflussnahme auf die Entscheidung des zuständigen Prüfers im Deutschen Patent- und Markenamt zu erreichen. Dies habe letztlich auch zur (unrechtmäßigen) Eintragung der Marke geführt.

Schließlich sei eine bösgläubige Markenanmeldung auch deshalb zu bejahen, weil sich die Markeninhaberin zu 1) die Eintragung mit der unwahren Behauptung erschlichen habe, alleinige Ausrichterin von Fußball-Weltmeisterschaften zu sein.

Die Markeninhaber sind dem entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Der Antrag der Antragstellerin zu 2) und des Antragstellers zu 3), den Markeninhabern die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, war zurückzuweisen.

In mehrseitigen markenrechtlichen Beschwerdeverfahren hat jeder Beteiligte seine Kosten grundsätzlich selbst zu tragen (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Eine hiervon abweichende Anordnung kommt nur in Betracht, wenn besondere Umstände vorliegen, welche die Belastung eines Beteiligten mit seinen Kosten unbillig erscheinen lassen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Es entspricht zwar im Regelfall der Billigkeit, dem Markeninhaber die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wenn seine Marke gelöscht wird, weil er sie bösgläubig angemeldet hat. Entsprechend kommt eine Kostenauferlegung grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn - wie hier - die mit einem (auch) auf das Schutzhindernis der bösgläubigen Anmeldung gestützten Löschungsantrag angegriffene Marke nicht deswegen, sondern aus einem anderen Grund gelöscht wird, der Löschungsantrag wegen Bösgläubigkeit aber (auch) erfolgreich gewesen wäre (vgl. Ströbele, in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 71 Rdn. 14). Diese Voraussetzungen für eine Kostenauferlegung sind hier jedoch nicht gegeben.

Von einer Bösgläubigkeit des Anmelders i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ist dann auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt ist (vgl. zu § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG a. F. BGH GRUR 2004, 510, 511 -S .100; GRUR 2000, 1032, 1033 f. - EQUI 2000; BPatG GRUR 2000, 809, 810 - SSZ). Dabei erfüllt das Fehlen eines generellen Benutzungswillens für sich gesehen noch nicht zwangsläufig den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG. Vielmehr müssen darüber hinaus konkrete Unlauterkeitsmerkmale vorliegen, die die Anmeldung als bösgläubig erscheinen lassen (vgl. BGH GRUR 2001, 242, 245 - Classe E; Ströbele, in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 430). Eine Löschung wegen Bösgläubigkeit kommt danach beispielsweise bei sog. Sperrmarken in Betracht, die in erkennbar wettbewerbswidriger Behinderungsabsicht angemeldet werden, um Dritte von der Aufnahme oder der Fortführung dieser Kennzeichnungen auszuschließen. Dabei kann Bösgläubigkeit insbesondere dann zu bejahen sein, wenn die Monopolwirkung der angemeldeten Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt werden soll (Ströbele, in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 435).

Vorliegend lässt sich für den maßgeblichen Zeitpunkt der Markenanmeldung schon das Fehlen eines Benutzungswillens nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen. Weder die Ausführungen in den Aktenvermerken des Bundesministeriums der Justiz noch die Äußerung eines Vertreters der Markeninhaberin zu 1) in der Anhörung vor der Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts lassen darauf schließen, dass die Markeninhaberin zu 1) schon im Zeitpunkt der Anmeldung der Streitmarke keinen ernsthaften Benutzungswillen gehabt und die Marke nur zur Verfolgung sittenwidriger Behinderungszwecke angemeldet hat. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Aktenvermerke und der Äußerung des Vertreters der Markeninhaberin zu 1) war die Marke bereits wegen absoluter Schutzhindernisse beanstandet, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Markeninhaberin zu 1) die Marke zum Zeitpunkt der Anmeldung noch als Herkunftskennzeichen nutzen wollte und diese Absicht erst aufgegeben hat, als sich abzeichnete, dass die Streitmarke nicht ohne weiteres eingetragen werden würde. Für das absolute Schutzhindernis der Bösgläubigkeit ist aber allein auf den Zeitpunkt der Anmeldung abzustellen (Ströbele, in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 427).

Die Bösgläubigkeit der Markeninhaberin zu 1) kann auch nicht damit begründet werden, dass sie, weil ihr die mangelnde Schutzfähigkeit der Marke von Anfang bewusst gewesen sei, über das Bundesministerium der Justiz Druck auf den zuständigen Prüfer des Deutschen Patent- und Markenamts ausgeübt habe, um die Eintragung zu erlangen. Die Markeninhaberin hat versucht, für die von ihr veranstaltete Weltmeisterschaft einen maximalen markenrechtlichen Schutz zu erhalten. Die unterschiedlichen Entscheidungen zur Schutzfähigkeit der streitgegenständlichen Marke sowie zu den vergleichbaren weiteren Marken der Markeninhaberin zu 1) in den einzelnen Verfahrensabschnitten zeigen jedoch, dass die Frage der Schutzfähigkeit im Zeitpunkt der Anmeldung nicht eindeutig zu beantworten war. Dass die Beurteilung der Schutzfähigkeit durch die Beschlüsse des Bundesgerichtshofs in den vergleichbaren Parallelverfahren (GRUR 2006, 850 - FUSS-BALL WM 2006; Beschl. v. 27. April 2006 - I ZB 97/05 - WM 2006) letztlich überwiegend zu Lasten der Markeninhaberin zu 1) ausgegangen ist, kann die Annahme einer sittenwidrigen Behinderungsabsicht im Zeitpunkt der Anmeldung nicht begründen. Ebenso wenig erfüllt der Umstand, dass die Markeninhaberin zu 1) aufgrund ihrer Position leichteren Zugang zur Leitung des Bundesministeriums des Innern und des Bundesministeriums der Justiz hatte und hier nachdrücklich ihre Interessen vertreten konnte, die Voraussetzungen für eine Löschung wegen Bösgläubigkeit.

Der insbesondere vom Antragsteller zu 3) geltend machte Tatbestand der Markenerschleichung liegt ebenfalls nicht vor. Von einer bösgläubigen Anmeldung im Wege der Markenerschleichung ist auszugehen, wenn der Anmelder bei der Markenanmeldung bewusst falsche Angaben macht oder wichtige Umstände verschweigt und damit die ungerechtfertigte Eintragung einer Marke erreicht (Ströbele, in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 433). Zwar hat sich die Markeninhaberin zu 1) auf eine Monopolstellung für die Durchführung der Fußballweltmeisterschaft berufen, die ihr - wie die ebenfalls im Jahr 2006, aber von einer anderen Organisation veranstaltete Fußballweltmeisterschaft der Menschen mit Behinderung zeigt - nicht zukommt. Nachdem eine Monopolstellung aber nicht zwingend die Schutzfähigkeit eines Zeichens begründet (BGH GRUR 2006, 503 - Casino Bremen; GRUR 2006, 760, 761 - LOTTO), kann in der Geltendmachung einer solchen Position auch kein Erschleichen der Markeneintragung gesehen werden.

Nach alledem bestand keine Veranlassung, von dem in § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zum Ausdruck kommenden Grundsatz, dass grundsätzlich jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat, abzuweichen und den Markeninhabern die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Der Kostenantrag der Antragstellerin zu 2) und des Antragstellers zu 3) war daher zurückzuweisen.






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