Oberlandesgericht Rostock:
Urteil vom 30. Januar 2013
Aktenzeichen: 1 U 75/11

(OLG Rostock: Urteil v. 30.01.2013, Az.: 1 U 75/11)

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 27.05.2011, Az. 3 O 215/10, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Rostock ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 220.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 185.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem notariellen Vertrag, mit dem der Beklagte seine Geschäftsanteile an der Klägerin an diese veräußert und abgetreten hat, wobei der als Gegenleistung zu erbringende Kaufpreis, hinsichtlich dessen die Klägerin sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hatte, in Raten zu bezahlen war.

Die den Kaufpreis betreffende Regelung in Abschnitt II, § 1 Nr. 2 des Vertrages vom 22.10.2009 lautet wie folgt:

"Der Erwerber hat an den Veräußerer einen Kaufpreis in Höhe von

185.000,00 Euro

(in Worten: einhundertfünfundachtzigtausend Euro)

zu bezahlen.

Der Kaufpreis ist wie folgt zu zahlen:

Der Kaufpreis ist in Raten zu zahlen. Die erste Rate beträgt 5.000,00 Euro und ist fällig im Februar 2010. Ab März 2010 folgen monatliche Raten in Höhe von 10.000,00 Euro.

Bei verspäteter Zahlung ist der Kaufpreis mit 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen."

Bereits zuvor, am 14.07.2009 hatten der Beklagte und der heutige Alleingeschäftsführer der Klägerin, beide damals je zur Hälfte an der Klägerin beteiligt und deren Geschäftsführer, eine Gewinnausschüttung zum 17.07.2009 in Höhe von insgesamt 140.000,00 Euro beschlossen, wobei die Klägerin die anfallende Kapitalertragssteuer sowie den Solidaritätszuschlag übernahm. An jeden der beiden damaligen Gesellschafter wurde daher ein Betrag von 51.537,50 Euro ausbezahlt, und zwar aufgrund eines weiteren Gesellschafterbeschlusses vom 17.07.2009 in 9 Raten zu je 5.150,00 Euro und einer Schlussrate von 5.187,50 Euro.

Die Klägerin hat mit ihrer am 29.03.2010 erhobenen Klage die Unzulässigkeit der zwischenzeitlich von dem Beklagten betriebenen Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde geltend gemacht und dazu zunächst verschiedene eigene Gegenansprüche gegen den Beklagten, insbesondere aus Gewährleistung für vom Beklagten für die Klägerin durchgeführte Bauvorhaben und aus einer angeblichen verdeckten Gewinnausschüttung, behauptet und insoweit die Aufrechnung erklärt. Mit Schriftsatz vom 15.11.2010 hat sie erstmals die Nichtigkeit des Anteilskaufvertrages gemäß § 33 Abs. 2 GmbHG geltend gemacht und sich zur Begründung u.a. auf ihre Bilanz zum 31.12.2009 gestützt. Der Beklagte hat den klägerischen Vortrag im Einzelnen bestritten und sich bezüglich § 33 Abs. 2 GmbHG auf den Standpunkt gestellt, es komme auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Rate an.

Wegen der Einzelheiten zum unstreitigen Sachverhalt und dem erstinstanzlichen Parteivorbringen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 22.10.2009 für unzulässig erklärt und den Beklagten dazu verurteilt, die vollstreckbare Ausfertigung des Vertrages an die Klägerin herauszugeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der schuldrechtliche Teil des Vertrages sei nach § 33 Abs. 2 Satz 3 GmbHG nichtig. Die Klägerin habe zum 31.12.2008 über ein freies Vermögen in Höhe von 241.047,03 Euro verfügt, das sich nach der Gewinnausschüttung auf 101.047,03 Euro reduziert habe. Da der Kaufpreis des gerade drei Monate später abgeschlossenen Anteilsabtretungsvertrages diesen Betrag übersteige, liege ein Verstoß gegen § 33 Abs. 2 Satz 1 GmbHG vor, der zur Nichtigkeit des schuldrechtlichen Geschäftes führe. Der Beklagte könne daher aus dem Vertrag keinen Zahlungsanspruch herleiten und deshalb nicht daraus vollstrecken. Auf welchen Zeitpunkt (Auszahlung und/oder Vertragsschluss) es für die Beurteilung der Frage ankomme, ob eine Rücklage aus freiem Vermögen gebildet werden könne, hat das Landgericht nicht entschieden. Zwar könne durchaus von Bedeutung sein, dass hier die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung nur monatsweise und nur jeweils in Höhe von 10.000,00 Euro entstanden sei, die Parteien hätten jedoch zu den finanziellen Verhältnissen zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen nichts Konkretes vorgetragen. Auf die weiteren, zwischen den Parteien streitigen Fragen komme es daher nicht an. Zu der Begründung des Landgerichts im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung macht der Beklagte u.a. geltend, das Landgericht habe die Regeln der Beweislast verkannt. So habe die Klägerin zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen vortragen müssen, da sie sich auf die Nichtigkeit des Vertrages berufe. Jedenfalls treffe die Klägerin die sekundäre Darlegungslast, da er, der Beklagte, mit Vertragsschluss aus der Gesellschaft ausgeschieden sei und daher keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen mehr habe. Nicht er, sondern die Klägerin sei daher beweisfällig geblieben. Dies gelte auch dann, wenn allein auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abgestellt werden sollte, weil die Klägerin lediglich eine Bilanz zum 31.12.2008 vorgelegt habe. Entscheidend müsse aber eine auf das Datum des Vertragsschlusses bezogene Stichtagsbilanz sein. Darüber hinaus habe das Landgericht die mit der Einführung des BilMoG geänderte Rechtslage nicht beachtet. Danach werde die Bilanzierung eigener Geschäftsanteile einer GmbH wie eine Kapitalherabsetzung behandelt. Maßgebend für die Feststellung, ob die GmbH für den Erwerb ihr gesetzliches oder statutarisch gebundenes Vermögen einsetzen müsse, sei allein die fortgeschriebene Ertragsbilanz nach §§ 264 ff. HGB, so dass nach neuem Recht die wirksame Zahlungsverpflichtung zu den jeweiligen Ratenterminen zu ermitteln sei. Schließlich werde in der Literatur mit Recht die Auffassung vertreten, ein Verstoß gegen § 33 Abs. 2 GmbHG führe nicht unbedingt zur Nichtigkeit des Vertrages, sondern zu einer Auszahlungssperre, die ggfs. wieder entfallen könne, wenn genügend freie Mittel vorhanden sind. Auch deshalb könne sich die Klägerin nicht auf die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts berufen, sondern müsse für jeden Fälligkeitstermin darlegen, dass eine Auszahlungssperre vorliege. Das habe sie nicht getan.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und tritt der Argumentation der Berufung entgegen. Insbesondere habe sie, die Klägerin, ausreichend zu ihrer wirtschaftlichen Situation vorgetragen und nicht etwa nur eine Bilanz, sondern auch verschiedene Betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) von Januar bis Dezember 2009 vorgelegt. Daraus ergebe sich, dass bei Vertragsschluss im Oktober 2009 die freien Rücklagen nicht für eine Erfüllung des Anteilskaufvertrages ausgereicht hätten. Außerdem seien zu Beginn der Ratenzahlungen im Februar 2010 überhaupt keine freien Rücklagen mehr vorhanden gewesen, so dass keine einzige Rate hätte bezahlt werden dürfen.

Der Senat hat den Beklagten mit Verfügung vom 09.02.2012 unter Darstellung des Meinungsstandes in der Literatur sowie unter Bezugnahme auf den Wortlaut des Gesetzes darauf hingewiesen, dass die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen sein dürfte. Auf den Inhalt dieses Hinweises wird Bezug genommen.

Der Beklagte hat hierzu ausführlich Stellung genommen, nochmals auf die Ratenzahlungsvereinbarung sowie die Beweislastverteilung und angesichts der noch ungeklärten Rechtsfragen zu § 33 Abs. 2 GmbHG auf die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung und einer Zulassung der Revision verwiesen. Die Klägerin hat ebenfalls Stellung genommen, ist den Ausführungen des Beklagten entgegen getreten und hat zum weiteren Beleg dafür, dass sie den Kaufpreis zu keinem Zeitpunkt aus den freien Rücklagen hätte aufbringen können, ihren Jahresabschluss zum 31.12.2010 vorgelegt.

Wegen der Einzelheiten zum Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 23.05.2012 und 16.01.2013 Bezug genommen.

Nachdem der Senat zunächst am 23.05.2012 verhandelt hatte, wegen einer langwierigen Erkrankung des Senatsvorsitzenden eine Entscheidung jedoch nicht abgesetzt werden konnte, wurde die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und am 16.01.2013 erneut verhandelt.

II.

Die statthafte Berufung ist gemäß §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat jedoch keinen Erfolg.

Der notarielle Geschäftsanteilsabtretungsvertrag vom 22.10.2009, UR-Nr. €./2009 der Notarin J. in R. (Anlage K 1, Bd. I Bl. 33 ff. d.A.) ist wegen Verstoßes gegen § 33 Abs. 2 S. 3 GmbHG nichtig, weshalb die Zwangsvollstreckung aus dieser notariellen Urkunde - unbeschadet der Vereinbarung von Ratenzahlungen gemäß Abschnitt II § 1 Ziff. 2 des Vertrags - unzulässig ist. Auf die Begründetheit der von der Klägerin zunächst geltend gemachten und zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche kommt es daher nicht an.

1.

Nach § 33 Abs. 2 GmbHG darf eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung eigene Geschäftsanteile nur unter bestimmten Voraussetzungen erwerben.

a)

Anders als bei einer Aktiengesellschaft €vergleiche die Zehnprozentschranke in § 71 Abs. 2 Satz 1 AktG - sieht das Gesetz bei einer GmbH keine prozentuale Begrenzung des Erwerbs eigener Anteile vor. Allerdings beschränkt § 33 GmbHG diese Erwerbsmöglichkeit im Interesse der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung. Nicht voll eingezahlte eigene Geschäftsanteile dürfen von der GmbH weder erworben noch als Pfand genommen werden, wie § 33 Abs. 1 GmbHG normiert. Der Erwerb solcher Geschäftsanteile wäre unwirksam, weil die GmbH als Gläubigerin der geschuldeten Einlage diese nicht erbringen kann; vielmehr würde die Einlageschuld aufgrund von Konfusion untergehen, was mit einer Vernichtung von Vermögenswerten bei der Gesellschaft einherginge (Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 33 GmbHG, Rn. 3; Löwisch, in: MünchKommGmbHG, § 33 GmbHG, Rn. 23). Das Verbot aus § 33 Abs. 1 GmbHG dient damit der Sicherstellung der Kapitalaufbringung (Lutter, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 33 GmbHG, Rn. 1).

Handelt es sich hingegen um voll eingezahlte Geschäftsanteile, so bestimmt § 33 Abs. 2 GmbHG zum Zweck der Kapitalerhaltung, dass eigene Geschäftsanteile nur erworben werden dürfen, wenn die GmbH im Zeitpunkt des Erwerbs in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb eine Rücklage bilden könnte, ohne dafür das Stammkapital oder eine nach der Satzung zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht zur Zahlung an die Gesellschafter verwendet werden darf (Lutter, a.a.O., Rn. 15). Voraussetzung ist somit, dass die GmbH für den Erwerb eigener Geschäftsanteile kein gebundenes Vermögen einsetzt (Haag, in: Heybrock [Hrsg.], Praxiskommentar zum GmbH- Recht, 2. Aufl., Rn. 9, 9a; Löwisch, a.a.O., Rn. 45; Lutter, a.a.O., Rn. 15).

b)

Die Vorschrift des § 33 Abs. 2 GmbHG ist 2009 durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz vom 25.05.2009 (BilMoG - BGBl. I, 1102) mit Wirkung vom 29.05.2009 geändert worden. Im Vergleich zur alten Fassung muss die GmbH in dem dem Erwerb nachfolgenden Jahresabschluss keine zusätzliche Rücklage aus freien Mitteln bilden. Die Änderung der einschlägigen §§ 266, 272 HGB führt dazu, dass eigene Anteile nicht mehr aktiviert werden und somit keine Rücklage für den Erwerb eigener Anteile gebildet werden kann (Hueck/Fastrich, a.a.O., Rn. 9; Langheim, in: Saenger/Inhester [Hrsg.], GmbHG, § 33 GmbHG, Rn. 18; Löwisch, a.a.O., Rn. 1 f.).

Die Neufassung der HGB-Normen dient der Anpassung des deutschen Bilanzrechts an internationale Gepflogenheiten in Bezug auf den Erwerb eigener Geschäftsanteile (Lutter, a.a.O., Rn. 5; Löwisch, a.a.O., Rn. 3). Der Erwerb eigener Anteile durch eine GmbH wird bilanziell wie eine Kapitalherabsetzung behandelt (Haag, a.a.O., Rn. 1, 15; Lutter, a.a.O., Rn. 5; Sosnitza, in: Michalski, GmbHG, Band I, § 33 GmbHG, Rn. 2; Ulmer/Paura, GmbHG-Großkommentar, Erg.-Band, § 33 GmbHG, Rn. 1).

c)

An die Stelle der Bildung und Ausweisung einer entsprechenden Rücklage zur bilanziellen Neutralisierung der Aktivierung des eigenen Geschäftsanteils tritt in der Neufassung von § 33 GmbHG durch das BilMoG die Fähigkeit der Gesellschaft, eine Rücklage zu bilden aus freiem Vermögen in Höhe der Erwerbsaufwendungen für den eigenen Geschäftsanteil (Löwisch, a.a.O., Rn. 2). Dabei handelt es sich um eine fiktive Rücklage, d.h. es geht lediglich darum, ob die GmbH im Zeitpunkt des Erwerbs in der Lage wäre, eine solche Rücklage aus freien Mitteln zu bilden (Hueck/Fastrich, a.a.O., Rn. 9; Langheim, a.a.O., Rn. 17; Löwisch, a.a.O., Rn. 45).

d)

Verfügt die GmbH im Zeitpunkt des Erwerbs nicht über ausreichend freie Mittel, was durch Aufstellen einer Bilanz zu fortgeführten Buchwerten ohne Berücksichtigung nicht aufgelöster stiller Reserven festzustellen ist (Löwisch, a.a.O., Rn. 44), ist zwar der gleichwohl erfolgte Rechtserwerb zum Schutze der an ihm beteiligten Personen wirksam (Langheim, a.a.O., Rn. 22; Löwisch, a.a.O., Rn. 51; Lutter, a.a.O., Rn. 20); § 33 Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 GmbHG normiert jedoch, dass das dem Rechtserwerb zugrunde liegende Schuldverhältnis nichtig ist. Somit ist es der GmbH von Gesetzes wegen verboten, Leistungen auf das unwirksame Schuldverhältnis zu erbringen (Löwisch, a.a.O., Rn. 51; Lutter, a.a.O., Rn. 21; Hueck/Fastrich, a.a.O., Rn. 14, billigen der GmbH ein Leistungsverweigerungsrecht zu).

e)

Da die gesamte Vorschrift des § 33 GmbHG der Kapitalaufbringung (Abs. 1) und der Kapitalerhaltung sowie dem Kapitalschutz (Abs. 2) dient (BGH, Urteil vom 29.06.1998 - II ZR 253/97, NJW 1998, 3121 [3122], Tz. 9 nach juris; Löwisch, a.a.O., Rn. 39; Lutter, a.a.O., Rn. 2; Sosnitza, a.a.O., Rn. 21), ist § 33 GmbHG zwingend (Haag, a.a.O., Rn. 2; Löwisch, a.a.O., Rn. 10; Sosnitza, a.a.O., Rn. 4). Abweichende Regelungen - insbesondere im Hinblick auf die Rechtsfolgen - können daher weder wirksam im Gesellschaftsvertrag noch vertraglich zwischen den Gesellschaftern oder durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung vereinbart werden. Aufgrund ihrer Zielsetzung ist die Norm umgehungsfest (Löwisch, a.a.O., Rn.10).

2.

Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob ausreichend freies Vermögen für den Erwerb eines eigenen Geschäftsanteils vorhanden ist, so dass sowohl der Rechtserwerb als auch das zugrunde liegende schuldrechtliche Geschäft wirksam sind, ist gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 GmbHG der Zeitpunkt des Erwerbs. Welcher Zeitpunkt damit konkret gemeint ist, ist in der Literatur allerdings umstritten. Seit Jahren besteht ein "Zeitpunktstreit€ (Hohner/Paura, Großkommentar GmbHG, Band 2, § 33 GmbHG, Rn. 48), der nach wie vor nicht beigelegt ist, so dass der Zeitpunkt in der Literatur nicht einheitlich bewertet wird (Hueck/Fastrich, a.a.O., Rn. 11; Salus/Pape, ZIP 1997, 577; Sosnitza, a.a.O., Rn. 27).

a)

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 29.06.1998 (a.a.O.) im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 GmbHG a.F. auf den Zeitpunkt abgestellt, in dem die Gegenleistung durch die GmbH erbracht wird. Er verweist darauf, dass § 33 GmbHG die Kapitalerhaltungsvorschriften in §§ 30 ff. GmbHG ergänze (a.a.O., Tz. 9). Entsprechend § 30 Abs. 1 GmbHG solle der Erwerb, der eine Rückgewähr von Einlagen an die Gesellschafter bedeute, nur zugelassen werden, wenn die Gesellschaft die Gegenleistung aufbringen kann, ohne das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angreifen zu müssen. Ob kumulativ auf den Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Geschäfts oder die Übertragung der Anteile abzustellen sei, musste nicht entschieden werden (a.a.O., Tz. 10), da die Voraussetzungen von § 33 Abs. 2 GmbHG a.F. im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht vorlagen (auch nach der alten Fassung war der Rechtserwerb nicht unwirksam, das schuldrechtliche Geschäft über den verbotswidrigen Erwerb jedoch nichtig).

Dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall lag die Abtretung eines Geschäftsanteils, den die Klägerin an der Gemeinschuldnerin hielt, gegen ein in Raten zu zahlendes Entgelt zugrunde. Eine Zahlung erfolgte jedoch nicht. Im Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Geschäfts verfügte die spätere Gemeinschuldnerin über ausreichend freies Vermögen. Nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens waren jedoch alle noch offenen Entgeltansprüche aus dem Geschäftsanteilserwerb dem nach § 33 Abs. 2 GmbHG a.F. freien Vermögen gegenüberzustellen. Die Summe der offenen Entgelte überstieg das freie Vermögen, so dass die Verträge nicht erfüllt werden durften (a.a.O., Tz. 12). Der Bundesgerichtshof gewährte der Gemeinschuldnerin somit ein Erfüllungsverweigerungsrecht.

b)

Im Wege der systematischen Auslegung plädiert daher eine verbreitete Meinung in der Literatur in Anlehnung an § 30 GmbHG ebenfalls dafür, dass es maßgeblich auf den Auszahlungszeitpunkt, also den Zeitpunkt der Erbringung der Gegenleistung, ankommt (Haag, a.a.O., Rn. 10; Hueck/Fastrich, a.a.O., 11; Kort, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 3. Aufl., Band 3, § 27, Rn. 17; Löwisch, a.a.O., Rn. 43; Ulmer/Paura, a.a.O., Rn. 2; Sosnitza, a.a.O., Rn. 23). Wie auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung von 1998 festgestellt hat, dienen die §§ 30 ff. GmbHG, so auch § 33 Abs. 2 GmbHG, der Kapitalerhaltung (BGH, a.a.O., Tz. 9). § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG verbietet es, Vermögen an die Gesellschafter auszuzahlen, das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich ist. Die Verbotswidrigkeit der Ausschüttung richtet sich nach dem Zeitpunkt der Auszahlung (Ekkenga in: MünchKommGmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 60; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 30 Rn. 17; Hueck/Fastrich, a.a.O., § 30 Rn. 22).

Sollte - wie im vorliegenden Fall - Ratenzahlung vereinbart worden sein, ist nach dieser Ansicht auf den Zeitpunkt der abschließenden Zahlung abzustellen (Löwisch, a.a.O., Rn. 43). Keinesfalls sei das Fälligwerden der einzelnen Rate entscheidend, sondern nur die Vermögenslage der Gesellschaft im Zeitpunkt der letzten tatsächlich erfolgten Zahlung (Löwisch, a.a.O.).

c)

Des Weiteren wird in der Literatur im Sinne einer zweckgerichteten Auslegung von § 33 GmbHG vertreten, für das Vorliegen ausreichend freien Vermögens zum Erwerb eigener Anteile müsse es auf beide Zeitpunkte ankommen, weil sich die Vermögenslage zwischen dem Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts und des dinglichen Erfüllungsgeschäfts ändern könne (Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 33 GmbHG, Rn. 16; Hueck/Fastrich, a.a.O., Rn. 11) und § 33 GmbHG zwar eine Kapitalerhaltungsnorm darstelle, den Erwerb eigener Anteile aber nicht grundsätzlich verbiete. Sollte sich die Vermögenslage der Gesellschaft zwischen Abschluss des Kausalgeschäftes und Erfüllung verbessern, sei von einer schwebenden Unwirksamkeit des Kausalgeschäfts auszugehen (Altmeppen, a.a.O.; Sosnitza, a.a.O., Rn. 27). Das nichtige Kausalgeschäft könne in einem solchen Fall durch das Erfüllungsgeschäft ex nunc geheilt werden (Sosnitza, a.a.O., Rn. 27). Eine Verbesserung der Vermögenslage könne somit das zunächst unwirksame Kausalgeschäft heilen, wenn die GmbH im Zeitpunkt der Erfüllung über ausreichend freies Vermögen verfügte.

Zur Heilung bedürfe es nicht des Abschlusses eines neuen Vertrags - das sei vielmehr Wille des Gesetzes - was allerdings strittig ist (Langheim, a.a.O., Rn. 20). Vorzugswürdig sei, durch entsprechende Vertragsgestaltung den Zahlungsanspruch von der finanziellen Situation der GmbH abhängig zu machen (Hueck/Fastrich, a.a.O., Rn. 11; Langheim, a.a.O., Rn. 20).

3.

Nach Auffassung des Senats kommt es auf den Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts an (ebenso Bloching/Ketterer, BB 2006, 172 (175); Lutter, a.a.O., Rn. 17). Dies ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut. Die dargestellten Literaturmeinungen vernachlässigen dagegen die sprachlich-grammatikalische Auslegung der Norm.

a)

Der Senat hält an der bereits in dem Hinweisschreiben vom 09.02.2012 vertretenen Auffassung fest, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beantwortung der Frage, ob ausreichend freies Vermögen für den Erwerb eines voll eingezahlten eigenen Geschäftsanteils vorliegt, der des Abschlusses des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes ist.

§ 33 Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 GmbHG bestimmt eindeutig, dass ein Erwerb eigener Geschäftsanteile unter Verstoß gegen § 33 Abs. 2 Satz 1 GmbHG dazu führt, dass das schuldrechtliche Geschäft über diesen verbotswidrigen Erwerb nichtig ist.

Dieser Gesetzeswortlaut darf bei der Auslegung nicht außer Acht gelassen werden. Die Anordnung der Nichtigkeit des schuldrechtlichen Geschäfts macht nur dann Sinn, wenn es auf die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft im Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Vertrags ankommt. Zu diesem Zeitpunkt muss die Gesellschaft über ausreichend freies Vermögen zum Erwerb des eigenen Geschäftsanteils verfügen. Darin liegt auch kein Widerspruch zu § 30 GmbHG, weil § 33 GmbHG nach Wortlaut und Zweck über eine reine Auszahlungssperre, wie sie § 30 GmbHG zur Erhaltung des Stammkapitals normiert, hinausgeht (Hueck/Fastrich, a.a.O., Rn. 11). Deshalb ist auch nicht von einer - bloßen - Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Geschäfts, die zu einer solchen, später möglicherweise wieder wegfallenden Auszahlungssperre führen könnte, auszugehen. Ob für den in der Literatur (vgl. Altmeppen, a.a.O. m.w.N.) diskutierten Fall der Verbesserung der Vermögenslage zwischen Abschluss des Kausalgeschäfts und dessen Erfüllung - entgegen dem Gesetzeswortlaut - etwas anderes gilt, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, weil diese Voraussetzung hier nicht festgestellt werden kann (vgl. unten 4.).

b)

Das Abstellen auf diesen Zeitpunkt entspricht aber nicht nur dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, sondern führt gerade im Zusammenhang mit der Vereinbarung von Ratenzahlung zu eindeutigen und rechtssicheren Ergebnissen.

Weder kann es bei einer Ratenzahlung nur auf den Zeitpunkt der Zahlung der letzten Rate ankommen, weil die zwingende Vorschrift des § 33 GmbHG dann nur zu diesem Zeitpunkt beachtet werden würde, noch ist es praktikabel, auf jeden einzelnen Fälligkeitszeitpunkt abzustellen. Die GmbH wäre verpflichtet, zu jedem Monat oder sonstigen Fälligkeitstermin einer Rate eine Stichtagsbilanz aufzustellen, was nicht nur einen erheblichen Zeit-, sondern auch Kostenaufwand bedeuten würde. Zudem ließe sich regelmäßig erst im Nachhinein feststellen, ob die Gesellschaft im Zeitpunkt des Fälligwerdens einer Rate wirtschaftlich in der Lage war, ihre Gegenleistung unter Beachtung von § 33 Abs. 2 Satz 1 GmbHG zu erbringen. Hinzu kommt, dass eine zwingende Vorschrift wie § 33 GmbHG nicht durch die Vereinbarung bestimmter Zahlungsmodalitäten ausgehebelt werden kann.

Wenn der Beklagte also vorträgt, es hätte auf den monatlichen Fälligkeitszeitpunkt der einzelnen Raten (in Höhe von 10.000,00 Euro) abgestellt werden müssen, so ist ihm hierin nicht zu folgen.

c)

Die Anordnung der Nichtigkeit des Kausalgeschäfts setzt notwendiger Weise voraus, dass die die Nichtigkeit begründende Tatsache € ausreichend freies Vermögen ist nicht vorhanden € bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Kausalgeschäfts vorliegt (Hohner/Paura, a.a.O., Rn. 48). Eine Heilung durch den Vollzug des Erfüllungsgeschäfts ist vom Wortlaut der Norm nicht gedeckt (kritisch auch Altmeppen, a.a.O., Rn. 17; Sosnitza, a.a.O., Rn. 27) und wäre zudem mit Rechtsunsicherheit verknüpft, weil es eine geraume Zeit lang in der Schwebe bliebe, ob die GmbH ihren eigenen Geschäftsanteil erwerben kann.

d)

Dieser Ansicht steht die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 26.09.1998 (a.a.O.) nicht entgegen, weil dort die Frage, ob - kumulativ - auch auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen sei, gerade offen gelassen worden ist.

4.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Geschäftsanteilsübertragungsvertrags am 22.10.2009 nicht über ausreichend freies Vermögen verfügte, um den Kaufpreis für den Geschäftsanteil in Höhe von 185.000,00 Euro zu entrichten.

a)

Der von der Klägerin vorgelegten Bilanz zum 31.12.2009 (Anlage K 97, Bd. IV Bl. 76 d.A.) mit den Vorjahrswerten ist zwar zu entnehmen, dass die Gesellschaft am 31.12.2008 über ein Eigenkapital von 291.047,04 Euro verfügte. Darin enthalten ist jedoch das gezeichnete Stammkapital von 50.000,00 Euro, für das eine Ausschüttungssperre besteht (§ 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Außerdem haben die beiden damaligen Gesellschafter der Klägerin - ihr heutiger Alleingeschäftsführer und der Beklagte - anlässlich einer Gesellschafterversammlung vom 14.07.2009 beschlossen, eine Gewinnausschüttung von insgesamt 140.000,00 Euro zum 17.07.2009 vorzunehmen (Anlage K 98, Bd. IV Bl. 77 d.A.), wodurch das der Klägerin zur Verfügung stehende freie Vermögen entsprechend reduziert wurde. Dem steht nicht entgegen, dass die Ausschüttung entsprechend einer von den damaligen Gesellschaftern am 17.07.2009 getroffenen Stundungsvereinbarung (Anlage K 106, Bd. IV Bl. 136 d.A.) nicht in einer Summe ausgezahlt wurde, sondern ab Juli 2009 in monatlichen Raten von 5.150,00 Euro. Zum 31.12.2009 betrug das nicht gemäß § 30 Abs. 1 GmbHG gesperrte Eigenkapital der Klägerin demnach lediglich 57.822,53 Euro

Gemeinsam mit den beigefügten Betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) für die Monate Januar bis Dezember des Jahres 2009 (Anlage K 99, Bd. IV Bl. 78 - 91 d.A.) wird hinreichend deutlich, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Vertrags im Oktober 2009 wirtschaftlich nicht in der Lage war, die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 GmbHG für einen wirksamen Erwerb des eigenen Geschäftsanteils zu erfüllen. Die weitere Entwicklung der Vermögenssituation der Gesellschaft kann dabei - entsprechend dem Gesetzeswortlaut - außer Acht gelassen werden, zumal sie sich in der Folgezeit nicht etwa verbessert, sondern weiter verschlechtert hat.

b)

Der Beklagte hat die von der Klägerin vorgelegten Zahlen zur wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft weder in erster Instanz noch mit der Berufung wirksam bestritten.

Seiner erstinstanzlich aufgestellten Behauptung, er habe jedenfalls ab Mitte Juni 2009 keine Einblicke in die wirtschaftliche Situation der Klägerin mehr gehabt, da er damals längerfristig erkrankt sei und ihm jegliche Informationen vorenthalten worden seien, ist die Klägerin unter Beweisantritt (Erklärung der Buchhalterin J. A.) entgegen getreten. Demnach erschien der Beklagte auch während seiner Erkrankung gelegentlich in seinem Büro und ließ sich von der Buchhaltung über den wirtschaftlichen Stand der Gesellschaft informieren. Hierzu hat sich der Beklagte nicht mehr geäußert.

Hinzu kommt, dass der Beklagte bis zu seinem Ausscheiden im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vertrages vom 22.10.2009 einer der beiden Geschäftsführer der Klägerin war und daher grundsätzlich Zugriff auf die relevanten Daten hatte. Anderes - etwa dass er lediglich als technischer Geschäftsführer tätig gewesen sei - ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Der Vertragsabschluss wurde zudem unstreitig durch umfangreiche Verhandlungen zwischen den Parteien vorbereitet, die sich über eine längere Zeitspanne erstreckten und an denen neben Rechtsanwälten auch Steuerberater beteiligt waren. Dabei wurden verschiedene Modelle eines Ausstiegs und einer Auszahlung des Beklagten diskutiert, etwa die Übertragung der Geschäftsanteile des Beklagten an der Klägerin auf den Mitgesellschafter B. zu einem relativ geringen Kaufpreis bei gleichzeitigem Abschluss eines Beratervertrages zwischen dem Beklagten und der Klägerin (Schreiben der Steuerberatergesellschaft F. & Partner vom 04.06.2009, Anlage K 105, Bd. IV Bl. 134 d.A.).

Angesichts dieser Umstände hätte es substantiierten Vortrags des Beklagten dazu bedurft, dass und warum die von der Klägerin vorgelegten Zahlen über die wirtschaftliche Situation nicht zutreffend seien oder deren Richtigkeit vom Beklagten nicht beurteilt werden könne. Solcher Vortrag ist jedoch nicht erfolgt.

c)

Soweit sich der Beklagte erstinstanzlich darauf bezogen hat, die in dem Anteilskaufvertrag vereinbarte monatliche Rate von 10.000,00 Euro entspreche genau seinem bisherigen Gehalt als Geschäftsführer, das die Klägerin nach seinem Ausscheiden eingespart habe, so dass ihr Vermögen dadurch effektiv nicht gemindert werde, verhilft ihm dies ebenfalls nicht zum Erfolg. Wie die Klägerin hierzu mit Recht bemerkt hat, ist mit dem Ende der Geschäftsführertätigkeit des Beklagten auch dessen bis dahin für die Klägerin erbrachte Gegenleistung für die monatlichen Gehaltszahlungen entfallen. Die Klägerin war daher gehalten, entweder auf diese Tätigkeiten zu verzichten oder aber sie nunmehr von dritter Seite erbringen zu lassen, wofür in der Regel erneut eine Gegenleistung fällig wird. Eine tatsächliche, sich auf das freie Vermögen auswirkende Ersparnis ist damit nicht gegeben.

Unabhängig davon ergibt sich aus den BWA für 2009, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin nach dem Ausscheiden des Beklagten gerade nicht verbessert haben.

d)

Ohne Erfolg bleibt die Berufung mit dem Argument, die Klägerin habe nicht bzw. nicht ausreichend zur jeweiligen Höhe ihres freien Vermögen zum Zeitpunkt der Fälligkeit der einzelnen Raten vorgetragen. Hierauf kommt es, wie oben (3. b) dargestellt, nicht an. Insbesondere bedurfte es keiner Stichtagsbilanzen zu den einzelnen Fälligkeitsterminen.

5.

Der Vollstreckungsabwehranspruch der Klägerin ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen.

a)

Der Beklagte hat bereits die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Norm nicht dargetan.

Soweit er erstinstanzlich ein "unredliches, vorsätzliches Verhalten" des Geschäftsführers der Klägerin im Zusammenhang mit den Verhandlungen zum Abschluss des Anteilskaufvertrages behauptet hat und dessen "bewusst herbeigeführte Nichtigkeit" geltend macht, ist dieser Vortrag ohne Substanz. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür aufgezeigt oder ersichtlich, dass der damalige Mitgeschäftsführer der Klägerin den Vorschlag, nicht er, sondern die Klägerin solle den Geschäftsanteil des Beklagten erwerben, in Kenntnis der nicht ausreichenden Vermögenslage der Klägerin und damit in Kenntnis der potentiellen Nichtigkeit eines solchen Erwerbes nach § 33 Abs. 2 GmbHG unterbreitet habe. Dagegen spricht - neben der Vereinbarung der Ratenzahlung - im Übrigen bereits der Umstand, dass die Klägerin die Nichtigkeit nicht bereits von Anfang an geltend machte, sondern ihre Klage auf Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung zunächst auf ihre angeblichen Gegenansprüche stützte.

Schließlich ist auch das Vorbringen des Beklagten, ihm seien wesentliche Informationen vorenthalten worden, nicht ausreichend (vgl. oben 4. b). Dies gilt umso mehr, als der Beklagte, der hier durch die Anwendung des § 242 BGB begünstigt sein will, die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände trägt, die eine Anwendung rechtfertigen sollen (vgl. Grüneberg in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 21 m.w.N.). Hieran fehlt es jedoch.

b)

Unabhängig davon ist es der Klägerin auch nicht nach § 242 BGB verwehrt, sich gegen die Zwangsvollstreckung aus dem notariellen Vertrag vom 22.10.2009 auf dessen Nichtigkeit zu berufen. Ein solches Verhalten ist hier nicht rechtsmissbräuchlich, ein untragbarer Verstoß gegen die Interessen des Beklagten nicht ersichtlich.

c)

Dass der Anteilserwerb aufgrund der Nichtigkeit des schuldrechtlichen Vertrages unwirksam ist und ggfs. rückabgewickelt werden muss, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben.

6.

Da die Vollstreckungsabwehrklage daher bereits wegen der Nichtigkeit des schuldrechtlichen Geschäfts begründet ist, bedarf es keiner Entscheidung über die von der Klägerin behaupteten und zur Aufrechnung gestellten angeblichen Gegenansprüche.

7.

Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 18.07.2012 (Bd. V Bl. 268 d.A.) Erkenntnisse aus einem Ermittlungsverfahren geltend gemacht hat, wonach die tatsächliche wirtschaftliche Situation der Klägerin zum Zeitpunkt des Anteilsverkaufs anders gewesen sei, als bislang von der Klägerin dargestellt, weil es Anzeichen für Bilanzfälschungen und verdeckte Gewinnentnahmen gebe, ist weder konkreter Vortrag erfolgt noch sind die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO dargetan worden.

Anlass für die Gewährung von Schriftsatzrecht bestand nicht, zumal zwischenzeitlich aus anderen Gründen die mündliche Verhandlung wiedereröffnet worden ist. Im Verhandlungstermin vom 16.01.2013 hat sich der Beklagte zu diesem Punkt nicht mehr geäußert.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Bei der Bemessung der Höhe der Abwendungsbefugnis hat der Senat neben den der Klägerin entstandenen, erstattungsfähigen Kosten auch den Wert der streitgegenständlichen Forderung mit berücksichtigt (vgl. Lackmann, in: Musielak, ZPO, 9. Aufl., § 767 Rn. 45 m.w.N.).

Der Senat hat gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zugelassen, weil die Frage, auf welchen Zeitpunkt bei der Feststellung der Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 1 GmbHG abzustellen ist, von grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist und außerdem angesichts der uneinheitlichen Lösungsvorschläge in der Literatur und der bislang - soweit ersichtlich - fehlenden ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts erforderlich erscheint.

IV.

Den Streitwert hat der Senat gemäß § 3 ZPO - wie auch das Landgericht für das erstinstanzliche Verfahren - auf 185.000,00 Euro festgesetzt, also die volle Summe des Kaufpreises, die aus der notariellen Urkunde insgesamt vollstreckt werden kann. Der daneben erhobene Herausgabeanspruch hat keinen eigenen Wert.

1.

Der Wert einer Vollstreckungsgegenklage bemisst sich grundsätzlich nach dem Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung. In diesem Umfang entscheidet der Wert des zu vollstreckenden Anspruchs einschließlich etwaiger Rückstände ohne Zinsen und ohne Kosten des Vorprozesses. Dabei ist der Nennbetrag des vollstreckbaren Anspruchs ohne Rücksicht auf seine Realisierbarkeit anzusetzen. Da der Streitgegenstand ausschließlich vom Kläger der Vollstreckungsgegenklage bestimmt wird, kommt es nicht darauf an, ob die titulierte Forderung in Wahrheit ganz oder teilweise getilgt ist und ob dies ganz oder teilweise im Verlauf des Prozesses unstreitig wird. Eine Ausnahme gilt nur für den Fall, dass sich aus den Anträgen oder der Klagebegründung ergibt, dass die Zwangsvollstreckung wegen eines Teilbetrags oder eines Restbetrags für unzulässig erklärt werden soll; dann ist dieser Betrag zugrunde zu legen (vgl. zum Vorstehenden BGH, Beschluss vom 09.02.2006 - IX ZB 310/04, NJW-RR 2006, 1146; Herget in: Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort "Vollstreckungsabwehrklage", jeweils m.w.N.).

Diese Grundsätze gelten auch bei der Vollstreckung aus einem Zahlungstitel in Form einer vollstreckbaren notariellen Urkunde (OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.03.2008 - 23 U 30/07, JurBüro 2008, 315 [316]).

2.

Aus den Anträgen und der Begründung der Klage vom 29.03.2010 (Bd. I Bl. 1 ff. d.A.) ergibt sich gerade keine Einschränkung. Vielmehr trägt die Klägerin dort vor (S. 5, Bd. I Bl. 4 d.A.), dass sie die erste, mit Ablauf des Monats Februar 2010 fällig gewordene Rate von 5.000,00 Euro unter Vorbehalt beglichen habe. Weiter heißt es: "Mit der hier vorliegenden Klage sollen nun weitere Zahlungen vermieden und dem Kläger (gemeint ist wohl: dem Beklagten) untersagt werden, Vollstreckungen aus der notariellen Urkunde vorzunehmen". Die Klage richtete sich demnach gegen die Vollstreckung insgesamt. Entsprechend sind auch die Klageanträge formuliert, insbesondere wird mit dem Antrag zu 2. die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde verlangt. Im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin - mit Schriftsatz vom 28.04.2010 (S. 2, Bd. III Bl. 24 d.A.) - zudem ausdrücklich erklärt, "dass die gesamte Vollstreckung aus der Urkunde einzustellen ist, nicht nur wegen 10.000,00 €".

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin gleichzeitig einen vorläufigen Streitwert von 10.000,00 Euro angegeben hat. Sie ist dabei nämlich lediglich von der nächsten, Ende März 2010 fällig werdenden und damit ab April 2010 vollstreckungsfähigen Rate von 10.000,00 Euro ausgegangen (vgl. S. 32, Bd. I Bl. 31 d.A.). Tatsächlich wollte sie aber nicht nur die Vollstreckung dieser Rate verhindern, sondern auch die aller weiteren.

Die im Verlaufe des ersten Rechtszuges - jeweils unter Vorbehalt - geleisteten Zahlungen (vgl. die mit Schriftsatz vom 01.02.2011 vorgelegte Aufstellung Bd. IV Bl. 144 ff. d.A.) haben auf die Höhe des Streitwertes erster Instanz keinen Einfluss (§ 40 GKG).

3.

Mit seiner Berufung erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage, er hält also die Vollstreckung aus der Urkunde für zulässig. Der Wert des Berufungsverfahrens ist damit ebenfalls nach dem vollen Wert des vollstreckbaren Kaufpreises zu bestimmen, unabhängig davon, wieviel die Klägerin zwischenzeitlich bereits bezahlt oder hinterlegt hat. Die Zahlungen erfolgten unter Vorbehalt, der Beklagte möchte aber nicht nur die restlichen Raten erhalten (und ggfs. vollstrecken), sondern auch die bisher erhaltenen vorbehaltlos behalten dürfen.

Auch hier ändern die bisherigen Zahlungen der Klägerin nichts an diesem Wert.

4.

Soweit der Senat in dem Hinweisschreiben vom 09.02.2012 den Streitwert auf 70.000,00 Euro festsetzen wollte (ausgehend von dem Kaufpreis von 185.000,00 Euro abzüglich bis Februar 2011 unstreitig gezahlter 90.000,00 Euro sowie - ebenfalls unstreitig - hinterlegter 25.000,00 Euro), hält er daran aus den oben ausgeführten Gründen nicht mehr fest. Hierauf sind die Parteien im Termin vom 16.01.2013 hingewiesen worden.

5.

Die Verurteilung zur Herausgabe des Vollstreckungstitels in Ziff. 2 des Tenors des angefochtenen Urteils, gegen die sich die Berufung ebenfalls richtet, führt nicht zu einer Erhöhung des Streitwertes.

Der Wert einer Klage - und damit auch der entsprechenden Berufung - auf Herausgabe eines Vollstreckungstitels ist gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu bestimmen, und zwar unabhängig davon, ob die Herausgabeklage erst nach Erlass eines Urteils, durch das die Vollstreckung für unzulässig erklärt worden ist, oder gleichzeitig mit der Vollstreckungsabwehrklage erhoben wird (BGH, Beschluss vom 09.06.2004 - VIII ZB 124/03, MDR 2004, 1253, Tz. 5 nach juris). Maßgeblich ist dabei das Interesse des Schuldners an dem Besitz des Vollstreckungstitels, das nach einer erfolgreichen Abwehrklage darauf gerichtet ist, einen Missbrauch des Titels durch den Gläubiger zu verhindern (BGH, a.a.O.).

Nach Auffassung des Senats ist ein solches Missbrauchsrisiko hier zu vernachlässigen, weil ein die Vollstreckung für unzulässig erklärendes Urteil vorliegt. Außerdem ist die nach der notariellen Urkunde vollstreckungsfähige Kaufpreissumme aufgrund der von der Klägerin bis zur Einlegung der Berufung unter Vorbehalt geleisteten Ratenzahlungen sowie der Hinterlegung bereits zu einem großen Teil erreicht, so dass auch deshalb die Gefahr einer weiteren Vollstreckung gering erscheint.






OLG Rostock:
Urteil v. 30.01.2013
Az: 1 U 75/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6b0348f645c0/OLG-Rostock_Urteil_vom_30-Januar-2013_Az_1-U-75-11




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share