Bundespatentgericht:
Urteil vom 23. Juli 2002
Aktenzeichen: 1 Ni 16/01

(BPatG: Urteil v. 23.07.2002, Az.: 1 Ni 16/01)

Tenor

I. Das europäische Patent 0 534 807 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang seines Anspruchs 1 sowie seiner Ansprüche 5 bis 13, soweit sich diese direkt oder indirekt auf den Anspruch 1 beziehen, für nichtig erklärt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,-- € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 14. Oktober 1992 unter Inanspruchnahme der Priorität der US-Patentanmeldung 876610 vom 30. April 1992 angemeldeten europäischen Patents 0 534 807 B1 (Streitpatent), das unter anderem mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilt worden ist und insoweit beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 692 12 756 geführt wird.

Das in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlichte Streitpatent umfasst 13 Patentansprüche, von denen nur die Ansprüche 1 und 5 bis 13 angegriffen sind. In deutscher Übersetzung haben diese Ansprüche folgenden Wortlaut:

1. Vorrichtung zum Austragen von Pulver aus einer Kunststoffauskleidung (13) in einem kastenförmigen Behälter (11), umfassend ein Gestell (44) zum Halten des Behälters in einer geneigten Stellung mit einer Kante oder Ecke zuunterst und in einer vorgegebenen Position, um ein unterstes inneres Teil in einer vorgegebenen Position vorzusehen, ein Aufnahmerohr (54) mit einem unteren Einlaßende (66) mit mindestens einer Einlaßöffnung (72) und einem oberen Auslaßende (56) zum Austragen des Pulvers und mit dem oberen Auslaßende (56) des Aufnahmerohres (54) verbundene Mittel (52) zum Absaugen des Pulvers aus dem Behälter (11) in die Einlaßöffnung (72) des Aufnahmerohres (54) und Austragen des Pulvermaterials aus dem Auslaßende (56) dadurch gekennzeichnet, daß die Vorrichtung einen über das Oberteil des Behälters (11) ragenden Tragarm (46) zum Halten des Aufnahmerohres (54) umfaßt, wobei der Tragarm (46) und das Gestell (44) so zusammenwirken, daß das Aufnahmerohr (54) in einer im wesentlichen vertikalen Richtung in eine im wesentlichen vertikale Ausrichtung in den Behälter (11) mit dem unteren Einlaßende (66) des Aufnahmerohres (54) in dem untersten inneren Teil des Behälters (11) bewegbar ist, der durch das Gestell (44) in der vorgegebenen Position gehalten wird.

5. Vorrichtung nach irgendeinem vorhergehenden Anspruch, bei der das Mittel (52) zum Absaugen des Pulvers aus dem Behälter (11) an dem oberen Auslaßende (56) des Aufnahmerohres (54) befestigte Pumpenmittel (52) zum Übertragen des aus dem Behälter (11) abgesaugten Pulvers in ein Zuführungsrohr (58) zum Verteilen an eine Pulverspritzpistole (59) umfaßt.

6. Vorrichtung nach irgendeinem vorhergehenden Anspruch, bei der das Zuführungsrohr (58) einen direkt mit einem Pulvereinlaß der Pulverspritzpistole verbundenen Auslaß besitzt.

7. Vorrichtung nach irgendeinem vorhergehenden Anspruch, bei der der Rahmen (44, 44a) eine Grundplatte (74) und zwei angrenzende Seitenplatten (90, 92) besitzt, die von dieser vertikal aufwärtsgerichtet befestigt sind und mit dieser zusammenlaufen, um eine Gestellecke (76) zu bilden, wobei das Gestell (44) angepaßt ist, um den Behälter (11) mit der Behälterbodenfläche auf der Grundplatte (74) zu halten, wobei zwei angrenzende Behälterseiten gegen die Seitenplatten (90, 92) drücken und eine untere Behälterecke (76) in der Gestellecke (76) angeordnet ist, die untere Behälterecke (76) den untersten inneren Teil (11a) des Behälters umfaßt und sich die Ebene durch die Grundplatte (74) in einem Winkel in bezug auf die Horizontale erstreckt.

8. Vorrichtung nach irgendeinem vorhergehenden Anspruch, die außerdem mit dem Gestell (44, 44a) verbundene Mittel (42, 42a) zum Bewegen des Pulvermaterials zum untersten inneren Teil des Behälters umfaßt.

9. Vorrichtung nach Anspruch 8, bei der das Mittel zum Bewegen des Pulvers an dem Gestell (44, 44a) befestigte Vibrationsmittel (42, 42a) zum Vibrieren des Pulvers umfaßt, um es aufzulockern und es dadurch zu unterstützen, sich durch die Schwerkraft zum untersten inneren Teil (11a) des Behälters (11) zu bewegen.

10. Vorrichtung nach Anspruch 9, umfassend zwischen dem Gestell (44, 44a) und seiner Tragkonstruktion (12) eingebaute Schwingungsdämpfungsmittel 78, 84, 86).

11. Vorrichtung nach irgendeinem vorhergehenden Anspruch, bei der das hohle Aufnahmerohr (54) ein geschlossenes unteres Ende (66) besitzt.

12. Vorrichtung nach Anspruch 11, bei der das Aufnahmerohr (54) Einlaßbohrungen (72) besitzt, die sich durch die Wand desselben über dem geschlossenen Ende (66) erstrecken.

13. Vorrichtung nach irgendeinem vorhergehenden Anspruch, die außerdem Führungsmittel einschließlich einer Bohrung (64) umfaßt, durch die das Aufnahmerohr (54) eingesetzt ist, wobei die Bohrung (64) in Benutzung vertikal über dem untersten inneren Teil des Behälters (11) angeordnet ist.

Die Klägerin macht geltend, der Patentanspruch 1 sei sowohl gegenüber der dem Streitpatent zugrundeliegenden europäischen Patentanmeldung als auch gegenüber der Offenbarung in den Prioritäts-Unterlagen (US-Anmeldung 876 610) unzulässig erweitert; die Priorität sei zu Unrecht beansprucht. Dem Streitpatent stünden deshalb die von der Patentinhaberin an die Nichtigkeitsklägerin im Prioritäts-Intervall gelieferten drei Pulversackentnahmen "Easy-Feed" (Anlagen A12 bis A14 zur Klageschrift) entgegen. Dem Gegenstand des Anspruchs 1 und den angegriffenen Unteransprüchen mangele es aber auch gegenüber dem veröffenlichten Stand der Technik an der Neuheit, jedenfalls an der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit. Sie stützt sich insoweit auf die Druckschriften:

A4 GB 2 195 975 A A5 US 4 505 623 A6 DE 91 05 321 U1 A7 Industrie Lackierbetrieb 11, 59.Jg., Nov.1991, Werbeseite der GEMA VOLSTATIC Pulverbeschichtungssystemesowie auf die Unterlagen gemäß Anlagen A8 bis A11 und A15, welche Tilter-Modelle der Fa. Whitlock von 1978 und früher betreffen.

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 534 807 B1 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang seines Anspruchs 1 sowie seiner Unteransprüche 5 bis 13, soweit sich diese Unteransprüche direkt oder indirekt auf den Anspruch 1 beziehen, für nichtig zu erklären.

Die Beklagteverteidigt den Anspruch 1 des Streitpatents nur in beschränktem Umfang dahingehend, dass in Spalte 12 Zeile 29 der Streitpatentschrift nach den Worten "daß das Aufnahmerohr (54)" eingefügt wird "in einer Öffnung (64) des Tragarms (46)".

Hilfsweise beantragt die Beklagte, den Anspruch 1 gemäß Hauptantrag wie folgt zu ergänzen: Hinter den letzten Worten des Anspruchs 1 "gehalten wird" wird folgendes angefügt ", und daß eine bewegliche Tragkonstruktion (12) mit Rädern (14) vorgesehen ist, an der das Gestell (44) befestigt ist in einer geneigten Stellung und an der eine Steuereinheit (110) zum Steuern des Pumpenmittels (52) getragen wird". Die erteilten Unteransprüche 5 bis 13 sollen dabei in ihrer Rückbeziehung auf Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrages verteidigt werden.

Im übrigen beantragt die Beklagte, die jeweils weitergehende Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, daß nach der vorgenommenen Beschränkung die Wirksamkeit der Inanspruchnahme der Priorität der US-Anmeldung 876 610 nicht mehr in Zweifel gezogen werden könne. Auch eine etwaige unzulässige Erweiterung sei damit jedenfalls beseitigt.

Die Vorrichtung nach den Druckschriften A8 und A9 (Whitlock), deren Vorveröffentlichung eingeräumt werde, sei für den Einsatz in der Kunststoffindustrie konzipiert. Diese Vorrichtung beruhe zudem auf einer anderen Arbeitsweise. Der übrige Stand der Technik offenbare lediglich Teilaspekte des angegriffenen Gegenstandes. Der lange Zeitraum von etwa 14 Jahren seit "Whitlock" (A8, A9) bis zum Prioritäts-Zeitpunkt des Streitpatents und die große Anzahl von Nachahmern seit der Veröffentlichung des Streitpatents bzw der zugrundeliegenden Anmeldung seien ein Indiz für erfinderische Tätigkeit.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und nach Art II § 6 Abs 1 Nr 1 IntPatÜG iVm Art 138 Abs 1 Buchstabe a, Art 52 Abs 1 EPÜ begründet.

I.

Das Streitpatent ist ohne Sachprüfung insoweit für nichtig zu erklären, als es über die von der Beklagten allein noch verteidigten Fassungen (Ansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag) hinausgeht. Gegen die vorgenommenen Beschränkungen bestehen weder unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung noch unter dem der Schutzbereichserweiterung Bedenken.

Die Einfügung "in einer Öffnung (64) des Tragarms (46)" in Anspruch 1 nach Hauptantrag ergibt sich aus Spalte 4 letzter Absatz der Streitpatentschrift sowie aus den entsprechenden Stellen in den Anmelde- und Prioritätsunterlagen (vgl jeweils S 8 Abs 1). Die weiteren Ergänzungen im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag finden ihre Offenbarung in den Figuren und der Figurenbeschreibung in den genannten Unterlagen.

Auf die Frage, ob das Streitpatent in seiner erteilten Fassung, in Anspruch 1 eine unzulässige Erweiterung enthält, kommt es danach nicht mehr an. Mit den vorgenommenen Beschränkungen ist jedenfalls auch die Priorität gewahrt, so dass die Klägerin ihren Angriff mit Unterlagen aus dem Prioritätsintervall (Anlagen A12 bis A14) in der mündlichen Verhandlung zurecht nicht mehr weiterverfolgt hat. Insoweit kann offen bleiben, ob, wie die Klägerin meint, das Prioritätsrecht durch eine etwaige unzulässige Erweiterung im Verfahren der Nachanmeldung verloren gehen konnte.

II. A. Zum Hauptantrag 1. Die Vorrichtung nach Anspruch 1 in der Fassung des Hauptantrages ist neu.

1.1 In der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift werden zwei bekannte Vorrichtungen zum Austragen von Pulver aus einem Frachtbehälter angeführt.

Die dort genannte US 4 505 623 (A5) beschreibt eine Vorrichtung zum Entleeren von Pulver aus einer zylindrischen Trommel, die mit ihrer Achse in einem 45-Grad-Winkel zur Vertikalen gehalten wird. Diese Trommel 12 (vgl insb Fig 1 und 4) weist einen speziellen Deckel 60 mit Hülsen 62 auf, in welche Führungsrohre 71 und Förderrohre 70 bis in die untere Ecke 65 der Trommel eingebracht werden. Es ist ersichtlich, dass der konstruktive Aufwand dieser Vorrichtung groß ist und nur Trommeln mit dazu passenden Deckeln entleert werden können.

Die GB 2 195 975 A (A4) beschreibt ein kippbares Gestell 6, durch das ein kastenförmiger Pulverbehälter (ohne Bezugszeichen) mit einer Ecke zuunterst positioniert wird. Über der unteren Hälfte der Behälteroberseite ist eine dreieckige Abdeckung 13 mit einer in ihrer unteren Ecke angebrachten und bis zur unteren Behälterecke geführten Saugsonde 12 befestigt. Hierbei muss die spezielle dreieckige Abdeckung mit der Saugsonde an einem dafür angepassten Behälter befestigt werden.

Demgegenüber soll durch das Streitpatent (vgl Sp 2 Abs 2 und 3) eine Vorrichtung zum automatischen Austragen des gesamten Pulvers aus einem Originalfrachtbehälter mit einem Minimum an Aufmerksamkeit durch die Bedienperson zur Verfügung gestellt werden, wobei die Vorrichtung leicht transportabel und einfach und billig herzustellen sein soll.

Hierzu gibt Patentanspruch 1 des Streitpatents in der verteidigten Fassung nach Hauptantrag eine Vorrichtung mit den Merkmalen M1 bis M7 an, wobei die Ergänzung in Merkmal M6 gegenüber der erteilten Fassung durch kursive Schrift deutlich gemacht ist:

M1 Vorrichtung zum Austragen von Pulver aus einer Kunststoffauskleidung (13) in einem kastenförmigen Behälter (11), umfassend M2 ein Gestell (44) zum Halten des Behälters in einer geneigten Stellung mit einer Kante oder Ecke zuunterst und in einer vorgegebenen Position, um ein unterstes inneres Teil in einer vorgegebenen Position vorzusehen, M3 ein Aufnahmerohr (54) mit einem unteren Einlassende (66) mit mindestens einer Einlassöffnung (72) und einem oberen Auslassende (56) zum Austragen des Pulvers, M4 mit dem oberen Auslassende (56) des Aufnahmerohrs (54) verbundene Mittel (52) zum Absaugen des Pulvers aus dem Behälter (11) in die Einlassöffnung (72) des Aufnahmerohrs (54) und Austragen des Pulvermaterials aus dem Auslassende (56).

M5 Die Vorrichtung umfasst einen über das Oberteil des Behälters (11) ragenden Tragarm (46) zum Halten des Aufnahmerohrs (54).

M6 Der Tragarm (46) und das Gestell (44) wirken so zusammen, dass das Aufnahmerohr (54) in einer Öffnung (64) des Tragarms (46) in einer im wesentlichen vertikalen Richtung in eine im Wesentlichen vertikale Ausrichtung in dem Behälter (11) mit dem unteren Einlassende (66) des Aufnahmerohrs (54) in dem untersten inneren Teil des Behälters (11) bewegbar ist.

M7 Dieser unterste innere Teil des Behälters (11) wird durch das Gestell (44) in der vorgegebenen Position gehalten.

Von den bereits erläuterten Vorrichtungen nach den Druckschriften A4 und A5 (vgl jeweils die Figuren) unterscheidet sich die Vorrichtung nach Anspruch 1 in der Fassung des Hauptantrages durch einen Tragarm zum Halten des Aufnahmerohres (Merkmal M5) und dessen Zusammenwirken mit dem Gestell (Merkmal M6).

1.2 Von den Vorrichtungen nach den Druckschriften A6 und A7, mit denen Pulverbehälter in waagrechter Positionierung entleert werden (vgl die jeweiligen Abbildungen), unterscheidet sie sich jedenfalls durch ein Gestell zum Halten des Pulverbehälters in einer geneigten Stellung (Merkmal M2).

1. 3 Die Whitlock Container Tilter gemäß den Anlagen A8 (vgl insb Absatz 1 der ersten Seite) und A9 sind für den Einsatz in der Kunststoff-Industrie konzipiert. Diese Vorrichtungen sind grundsätzlich auch für die Entleerung von Pulver geeignet, was die Beklagte auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat. Gemäß Anlage A9 Seite 3, linke Spalte, Absatz 4 in Verbindung mit der rechten Abbildung auf Seite 5 erfolgt dort das Austragen aus dem geneigten Behälter mittels eines teleskopierbaren Vakuumförderrohres, welches an einem Tragarm angebracht ist und (in ausgefahrenem Zustand) bis zu der untersten Kante des gekippten Behälters reicht. Dieses Vakuumrohr ist offensichtlich nicht in einer Öffnung des Tragarms bewegbar, wie es Anspruch 1 des Streitpatents in seiner mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung verlangt (vgl Merkmal M6). Somit ist die Neuheit auch gegenüber diesem Stand der Technik gegeben.

2. Die zweifellos gewerblich anwendbare Vorrichtung nach geltendem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag beruht jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

2.1 Einschlägiger Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit Kenntnissen und auch Erfahrung auf dem Gebiet von Pulversprüheinrichtungen.

2.2 Es kann dahingestellt bleiben, ob die bekannten Whitlock Container Tilter gemäß den Anlagen A8 und A9 in Größe und Arbeitsweise den Vorrichtungen entsprechen, auf die das Streitpatent nach seiner Beschreibung abzielt, denn in dieser Hinsicht enthält der geltende Anspruch 1 keine Beschränkungen. Wie von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zutreffend vorgetragen wurde, weist diese bekannte Vorrichtung sämtliche Merkmale des geltenden Anspruchs 1 (Hauptantrag) auf mit der Ausnahme, dass das Aufnahmerohr dort nicht in einer Öffnung des Tragarms bewegbar ist. Dies wurde bereits bei der Abhandlung der Neuheit festgestellt.

Diese Vorrichtung umfasst jedenfalls auch ein Gestell zum Halten des Behälters in einer geneigten Stellung mit einer Kante oder Ecke zuunterst und in der vorgegebenen Position (Merkmal M2), wie es die rechte Figur auf Seite 5 der Anlage A9 zeigt und wie es in Anlage A8 auf der dritten Seite unter "Model 40" (reSp Z 7 bis 5 von unten) beschrieben wird.

Die bekannte Anlage ist, wie der Tabelle auf Seite 5 von Anlage A9 zu entnehmen ist, für größere Gebinde konzipiert und daher auch von entsprechender Bauhöhe. Bei der hier vorliegenden Aufgabenstellung, eine leicht transportable sowie einfach und billig herzustellende Vorrichtung zum automatischen Austragen des gesamten Pulvers aus einem (kleineren) Behälter zur Verfügung zu stellen, liegt es nahe, neben einer kleineren, leichteren Bauweise auch eine Vereinfachung am Aufnahmerohr vorzusehen. Insoweit lag es im Bereich fachmännischen Handelns, das technisch aufwändige und im übrigen auch für Verschmutzungen durch Pulverstaub anfällige teleskopierbare Aufnahmerohr durch ein wegen der geringen Bauhöhe der Vorrichtung leicht handhabbares, in einer Öffnung des vorhandenen Tragarmes verschiebbares Rohr zu ersetzen, wie es beispielsweise in Figur 2 der Druckschrift A6 für das dortige Luftzuführungsrohr 3 dargestellt ist. Eine erfinderische Tätigkeit vermag diese Maßnahme nicht zu begründen.

3. Ein eigenständiger erfinderischer Gehalt der in den angegriffenen Unteransprüchen 5 bis 13 unter Schutz gestellten Gegenstände ist nicht ersichtlich. Hierzu wird auf die insgesamt zutreffenden Ausführungen in der Klageschrift auf den Seiten 12 bis 14 verwiesen. denen die Beklagte nicht entgegengetreten ist. Lediglich zu den Ansprüchen 11 und 12 ist der Senat der Auffassung, dass der Fachmann, der das Ansaugen der Kunststoffauskleidung zu verhindern sucht, zu den in diesen Ansprüchen vorgeschlagenen Ausführungsformen (geschlossenes Rohrende, Einlassbohrungen über dem geschlossenen Ende) schon aus seiner allgemeinen Fachkenntnis heraus gelangt, jedenfalls aber in Verbindung mit dem in der Schrift A5, (US 4 505 623, vgl dort Fig 4 mit insb Sp 3 Z 3-22) beschriebenen Aufnahmerohr.

B) Zum Hilfsantrag:

1. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch die zusätzlichen Merkmale:

M8 Für das Gestell ist eine bewegliche Tragkonstruktion (12) mit Rädern (14) vorgesehen.

M9 An der beweglichen Tragkonstruktion (12) ist das Gestell (44) in einer geneigten Stellung befestigt.

M10 An der beweglichen Tragkonstruktion wird eine Steuereinheit (110) zum Steuern des Pumpmittels (52) getragen.

2. Neuheit und gewerbliche Anwendbarkeit der Vorrichtung nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag sind wie beim Anspruch 1 gemäß Hauptantrag gegeben.

3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag beruht jedoch ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Bewegliche Tragkonstruktionen (Merkmal M8) sind dem Fachmann bei Vorrichtungen zum Austragen von Pulver aus Transportbehältern allgemein bekannt. Dies zeigt ein Blick auf die Figuren der Druckschriften A4 bis A7.

Wenn der Fachmann auf dieser beweglichen Tragkonstruktion ein Gestell zum Halten des Behälters in einer geneigten Stellung gemäß Merkmal M2 vorsieht (wozu er sich zB an den bekannten Whitlock Container Tiltern orientiert, vgl dazu die obigen Ausführungen zum Hauptantrag) und die hier vorliegende Teil-Aufgabenstellung, eine einfache und billig herzustellende Vorrichtung zu konzipieren, berücksichtigt, so wird er das "Gestell zum Halten des Behälters in einer geneigten Stellung" (gemäß Merkmal M2) im Sinne einer vereinfachten Ausführungsform ohne Schwenkmechanismus ausbilden und in einer geneigten Stellung an der Tragkonstruktion befestigen (Merkmal 9).

Die Befestigung einer Steuereinheit zum Steuern des Pumpenmittels (Merkmal M10) ist z. B. aus der Druckschrift A6 (vgl Fig 2, Schaltkasten 13) bekannt.

Somit konnte der Fachmann auch die Vorrichtung nach Anspruch 1 des Hilfsantrages mit Hilfe seiner Fachkenntnis aus dem vorbekannten Stand der Technik ohne erfinderische Tätigkeit auffinden.

4. Für die auf den Anspruch 1 rückzubeziehenden Unteransprüche gelten die beim Hauptantrag gemachten Ausführungen entsprechend.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 ZPO.

Dr. Landfermann Dr. Barton Dr. Frowein Ihsen Dr. Hacker Pr






BPatG:
Urteil v. 23.07.2002
Az: 1 Ni 16/01


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