Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 9. April 2014
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 1/14

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das ihm am 6. November 2013 zugestellte Urteil des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist seit 1989 im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 14. Juli 2009 widerrief die Beklagte die Zulassung wegen Vermögensverfalls, nachdem am 8. Juni 2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden war. Der Kläger stellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung (AGH Baden-Württemberg ). Am 1. Dezember 2009 wurde im Insolvenzverfahren ein Insolvenzplan angenommen und bestätigt. Nach Rechtskraft des bestätigenden Beschlusses nahm die Beklagte den Widerrufsbescheid zurück. Beide Parteien erklärten das gerichtliche Verfahren für erledigt. Mit Beschluss vom 12. Juni 2010 wurden dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Am 4. März 2013 gab der Kläger beim Amtsgericht B. (Az.: 47 M ) die eidesstattliche Versicherung ab. Mit Bescheid vom 23. April 2013 widerrief die Beklagte erneut die Zulassung des Klägers wegen Vermögensverfalls. Widerspruch und Klage des Klägers gegen diesen Bescheid sind erfolglos geblieben. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

Der Antrag des Klägers ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

a) Im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheides (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 14 ff.; vom 28. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 20/11, NZI 2012, 106 Rn. 7) befand sich der Kläger in Vermögensverfall (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Der Vermögensverfall wurde vermutet, weil der Kläger nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Schuldnerverzeichnis (§ 882b ZPO) eingetragen war. Tatsachen, welche geeignet sind, die gesetzliche Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu widerlegen, hat der Kläger nicht dargetan.

b) Wie dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 1 BRAO hinreichend deutlich zu entnehmen ist, geht die Bundesrechtsanwaltsordnung im Grundsatz von einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden aus, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet. Diese Annahme ist regelmäßig schon im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern gerechtfertigt (BGH, Beschluss vom 25. Juni 2007 - AnwZ (B) 101/05, ZVI 2007, 618 Rn. 8; vom 29. Juni 2011, aaO Rn. 8). Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Gefährdung im Fall des Klägers ausnahmsweise nicht bestand, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Selbst auferlegte Beschränkungen des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts sind, wie der Senat in ständiger Rechtsprechung annimmt (BGH, Beschluss vom 31. Mai 2010 - AnwZ (B) 55/09, Rn. 12; vom 15. März 2012 - AnwZ (Brfg) 55/11, Rn. 10), nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen.

2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmte Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 291; BVerfG, NVwZ 2009, 515, 518; BVerwG, NVwZ 2005, 709). Der Kläger verweist auf die Ausführungen von Römermann, AnwBl. 2005, 178 ff., 181, der die Senatsrechtsprechung zu § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO in Zweifel zieht; eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden soll danach nur bei Vorliegen konkreter Indizien anzunehmen sein. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage wird damit nicht aufgezeigt; der Senat legt die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO in Kenntnis der gelegentlich von Römermann und anderen geäußerten Kritik in ständiger Rechtsprechung so wie oben dargestellt aus.

3. Der Kläger hat keinen Verfahrensfehler dargelegt, auf dem die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Er beanstandet, dass der Anwaltsgerichtshof in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und drei Rechtsanwälten entschieden hat. Seiner Ansicht nach liegt hierin ein Verstoß gegen Art. 101 GG; denn ein Rechtsanwalt könne nicht Richter sein. Diese Ansicht trifft nicht zu. Nach § 101 Abs. 1 BRAO wird der Anwaltsgerichtshof mit einem Präsidenten, der erforderlichen Anzahl von weiteren Vorsitzenden, bei denen es sich um Rechtsanwälte handeln muss (§ 101 Abs. 3 BRAO), sowie mit Rechtsanwälten und Berufsrichtern als weiteren Mitgliedern besetzt. Er entscheidet in der Besetzung von fünf Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden, wobei als Beisitzer zwei anwaltliche Mitglieder und zwei Berufsrichter mitwirken (§ 104 BRAO).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Kayser Lohmann Seiters Braeuer Schäfer Vorinstanz:

AGH Stuttgart, Entscheidung vom 06.11.2013 - AGH 16/13 (I) -






BGH:
Beschluss v. 09.04.2014
Az: AnwZ (Brfg) 1/14


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