VG Minden:
Beschluss vom 5. Dezember 2007
Aktenzeichen: 10 K 2167/04

Tenor

Die Erinnerung des klägerischen Prozessbevollmächtigten gegen den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (künftig: UdG) des Verwaltungsgerichts Minden vom 15. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Gründe

Die als Erinnerung im Sinne von § 56 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zu wertende Eingabe des klägerischen Prozessbevollmächtigten, die am 09. Oktober 2007 bei Gericht eingegangen ist, ist unbegründet.

Der UdG hat im Beschluss vom 15. Januar 2007 für die PKH-Gesamtvergütung den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit zutreffend auf der Grundlage der Gesamtsumme aller Einzelstreitwerte der vom Prozessbevollmächtigten vertretenen Klageverfahren (§ 8 Abs. 1 BRAGO - die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung ist nach der Übergangsvorschrift des § 61 Abs. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vorliegend noch anwendbar -) berechnet.

Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BRAGO kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern, und zwar gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BRAGO auch dann, wenn der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig wird. Ob mehrere Gegenstände dieselbe Angelegenheit oder mehrere darstellen, hängt davon ab, ob sie von einem einheitlichen Auftrag umfasst werden, zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und der Rechtsanwalt einen einheitlichen Tätigkeitsrahmen wahrt. Dabei können auch mehrere selbstständige Verfahren dieselbe Angelegenheit sein. Zwar mag grundsätzlich bei verschiedenen gerichtlichen Verfahren, bei denen von der Möglichkeit der Klageverbindung nach § 93 VwGO kein Gebrauch gemacht worden ist, vieles dafür sprechen, dass ein innerer Zusammenhang zwischen den Verfahrensgegenständen nicht besteht und der Rechtsanwalt wegen der unterschiedlichen materiell- rechtlichen und prozessualen Voraussetzungen und Anforderungen an einer einheitlichen Vorgehensweise gehindert ist. Allerdings ist nicht ausnahmslos von der Identität von Verfahren und Angelegenheit in der Weise auszugehen, dass mehrere Verfahren auch zwingend mehrere Angelegenheiten darstellen. Vornehmlich wird diese Ausnahme dann anzunehmen sein, wenn Fälle paralleler Verwaltungsverfahren vorliegen, in denen dieselbe Behörde Verwaltungsakte aus einem gemeinsamen Anlass und Rechtsgrund im engen zeitlichen Zusammenhang objektbezogen erlässt, sodass einen Adressaten mehrere Verwaltungsakte erreichen, die auch zusammen gefasst in einem einzigen Bescheid hätten ergehen können

- vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juli 2005 - 15 E 424/05 -, NVwZ- RR 2006, 437 -.

Nach den so anzulegenden Kriterien für das Vorliegen einer Angelegenheit bei mehreren Gegenständen (von einem einheitlichen Auftrag umfasst, innerer Zusammenhang zwischen ihnen, Wahrung eines einheitlichen Tätigkeitsrahmens) liegt hier eine Angelegenheit vor.

Zunächst ist davon auszugehen, dass - obwohl es sich um mehrere Kläger handelt - ein einheitlicher Auftrag gegeben ist. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Mandanten im Wesentlichen eine individuelle Bearbeitung der einzelnen Klagen erwarten durften oder ob sie eine Bearbeitung unter Berücksichtigung des Umstandes erwarten mussten, dass eine Vielzahl gleich gerichteter Mandate erteilt und deshalb eine im Wesentlichen gleich gerichtete Bearbeitung erfolgen würde. Die Frage, ob eine Angelegenheit oder mehrere vorliegen, bemisst sich unter dem Gesichtspunkt des einheitlichen Auftrags danach, ob es noch im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bearbeitung der Aufträge liegt, die verschiedenen Gegenstände in gemeinsamen Besprechungsterminen mit der Mandantschaft zu erörtern

- vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juli 2005 - 15 E 424/05 -, NVwZ-RR 2006, 437 -.

Hier ist mit Blick darauf, dass die Kläger allesamt zu einer Familie gehören und den angegriffenen Leistungsbescheiden der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt, davon auszugehen, dass gemeinsame Besprechungstermine stattgefunden haben.

Ferner besteht ein innerer Zusammenhang zwischen den verschiedenen Gegenständen. Sämtlichen Klägern sind auf Grund des Vorwurfs der nicht ordnungsgemäßen Mitwirkung bei der Beschaffung von (Passersatz-)Papieren aus dem M. Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) gemäß § 1 a AsylbLG gekürzt worden. In diesem Zusammenhang haben sie sich gegen die Gewährung verminderter Leistungen gewandt, wobei die angegriffenen Leistungsbescheide unter denselben Daten erlassen wurden und denselben Leistungszeitraum betrafen.

Schließlich hat der Prozessbevollmächtigte auch einen einheitlichen Tätigkeitsrahmen gewahrt. In den hier in Rede stehenden Klageverfahren hat der Prozessbevollmächtigte inhaltlich identische Schriftsätze gefertigt beziehungsweise in den Verfahren 10 K 2168/04 und 10 K 2169/04 für die Begründung der Klage(n) auf den im Verfahren 10 K 2167/04 zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsatz verwiesen. Selbst wenn man zu Gunsten des Prozessbevollmächtigten davon ausgeht, dass die Bearbeitung jedes Gegenstandes eine individuelle Prüfung (bezogen auf die Frage, in welchem Umfang der jeweilige Kläger seinen Mitwirkungspflichten bei der Beibringung von Identitätsnachweisen aus dem M. nachgekommen ist) erfordert hat, kann er hieraus nichts für sich herleiten. Denn entscheidend für die Annahme, dass nur eine Angelegenheit vorliegt, ist der Umstand, dass wegen des Vorliegens der genannten beiden Merkmale des einheitlichen Auftrags und des inneren Zusammenhangs die Gegenstände im Wesentlichen einheitlich bearbeitet werden konnten und auch einheitlich bearbeitet worden sind. In dieser Arbeitserleichterung für den Rechtsanwalt liegt die Rechtfertigung, die mehreren Gegenstände als eine Angelegenheit zu betrachten und damit die gebührenrechtliche Degression eingreifen zu lassen, die bei einer Behandlung jedes Gegenstandes als eigene Angelegenheit nicht einträte. Dass individuelle Randfragen möglicherweise mit in den Blick genommen worden sind, ohne sich aber in einer Sprengung des einheitlichen Tätigkeitsrahmens durch individuelle Bearbeitung niederzuschlagen, hindert nicht die Bewertung der verschiedenen Gegenstände als eine Angelegenheit. Der Rechtsanwalt erhält schließlich auch für jeden Gegenstand insofern eine Vergütung, als der Gegenstandswert der einen Angelegenheit nach der Gesamtsumme der einzelnen Werte jedes Gegenstandes berechnet wird (§ 7 Abs. 2 BRAGO)

- vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juli 2005 - 15 E 424/05 -, NVwZ- RR 2006, 437 -.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.






VG Minden:
Beschluss v. 05.12.2007
Az: 10 K 2167/04


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