Amtsgericht Konstanz:
Urteil vom 13. März 2008
Aktenzeichen: 12 C 17/07

(AG Konstanz: Urteil v. 13.03.2008, Az.: 12 C 17/07)

1. Die Beschlussfassung über die Errichtung von Wintergärten auf Balkonflächen ist für unwirksam zu erklären, da die Umsetzung des Beschlusses eine nachteilige bauliche Veränderung i.S.v. § 22 Abs. 1 WEG darstellt und keine Modernisierungsmaßnahme i.S.v. § 22 Abs. 2 WEG zum Inhalt hat. Außerdem würde hierdurch die Eigenart der Anlage geändert werden, § 22 Abs. 2 WEG.

2. Die Beschlussfassung über die Errichtung von Außenaufzügen ist für unwirksam zu erklären, da die Umsetzung des Beschlusses eine nachteilige bauliche Veränderung i.S.v. § 22 Abs. 1 WEG darstellt, die zwar ein Modernisierungsmaßnahme i.S.v. § 22 Abs. 2 WEG zum Inhalt hat, jedoch die Eigenart der Anlage ändern würde.

3. Die Beschlussfassung über den Einbau zusätzlicher Fenster ist für unwirksam zu erklären, da sie eine nachteilige bauliche Veränderung i.S.v. § 22 Abs. 1 WEG zum Inhalt hat, die keine Modernisierungsmaßnahme i.S.v. § 22 Abs. 2 WEG darstellt.

4. Bei der Prüfung, ob bei Beschlussanfechtungen die übrigen Wohnungseigentümer als richtige Partei verklagt wurden (§ 46 Abs. 1 Satz 1 WEG), ist nicht nur auf das Rubrum der Klageschrift abzustellen. Vielmehr hat eine Auslegung der Sachvortrages in der Klageschrift zu erfolgen.

5. Werden zusätzlich neue Anfechtungsgründe nach Ablauf der zweimonatigen Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG vorgebracht, sind diese verfristet und somit unbeachtlich.

Tenor

1. Die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.9.2007 zu

TOP 5 a (Antrag der Eigentümer der Penthouse-Wohnungen WE 8, 15, 21 auf Genehmigung eines Wintergartens),

TOP 6 a - d (Antrag auf Bau eines Personenaufzuges an die Häuser Sstr. Seite Astraße, südlich der Glasbausteine) und

TOP 7 a (Antrag auf Einbau eines zusätzlichen Fensters im Wohnraum (Ostseite Richtung Süden)

werden für ungültig erklärt.

2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist für die Kläger hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

In diesem Fall ist vor allem streitig, ob die in einer Wohnungseigentümerversammlung getroffenen Beschlüsse betreffend die Errichtung von 3 Wintergärten auf Balkonflächen, dem Bau von 3 Außenaufzügen sowie die Zulassung des Einbaus zusätzlicher Fenster bei verschiedenen Wohnungen nachteilige bauliche Veränderungen im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG darstellen und die getroffenen Beschlüsse den Kriterien des neu gefassten § 22 Abs. 2 WEG entsprechen.

Die Kläger sind hälftige Miteigentümer einer Wohnung der WEG Sstr. in Konstanz. Bei der Anlage handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus mit insgesamt 4 Eingängen in seenaher Lage in Konstanz.

Bei der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.9.2007 wurde u.a. folgendes protokolliert und beschlossen:

5.a Antrag der Eigentümer der Penthouse-Wohnungen WE 8, 15, 21 auf Genehmigung eines Wintergartens........

Es erfolgt Beschlussantrag:

1. Um die Einheitlichkeit der Anlage zu gewährleisten, wird den 3 Penthouse-Wohnungen auf dem Dach in der Wohnungseigentumsanlage der WEG Sstr. Konstanz, nämlich WE 8, WE 15, WE 21, gestattet, entsprechend den vorgelegten Plänen, die allen Miteigentümern der Tagesordnung beigefügt und der Urschrift des Protokolls angeheftet sind, den Ostdachbalkon zu verglasen.

Abstimmungsergebnis und Verkündung:

Ja-Stimmen 19 (857,20 ME), Nein-Stimmen 1 (WE 1 = 64,70 ME), Enthaltungen 1 (WE 20 = 41,30 ME).

Der Antrag ist mit doppelter qualifizierter Mehrheit angenommen.

2. Sämtliche Kosten, die mit der baulichen Maßnahme zusammenhängen sowie Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten für die Zukunft gehen ausschließlich zu Lasten der jeweiligen Sondereigentümer bzw. deren Rechtsnachfolger.

Abstimmungsergebnis und Verkündung:

Ja-Stimmen 19 (857,20 ME), Nein-Stimmen 1 (WE 1 = 64,70 ME), Enthaltungen 1 (WE 20 = 41,30 ME).

Der Antrag ist mit doppelter qualifizierter Mehrheit angenommen...........

6. Antrag auf Bau eines Personenaufzugs an die Häuser Sstr, Seite Astraße südlich der Glasbausteine

Über den Antrag wird ausgiebig diskutiert. Seit dem Jahr 2001 wurde der Aufzug gewünscht und diskutiert und konnte wegen Fehlens der Zustimmung eines einzelnen Eigentümers nicht beschlossen werden. Seit dem 1.7.2007 hat sich das WEG-Recht geändert, so dass mit einer doppelt qualifizierten Mehrheit eine solche modernisierende bauliche Maßnahme beschlossen werden kann. Den Eigentümern ist der Aufzug deshalb wichtig, weil viele Miteigentümer und Mieter höheren Alters sind und dringend auf einen Aufzug angewiesen sind. Da sich in den Häusern keine Erdgeschosswohnung befindet, partizipiert jede Wohnung von der Modernisierung. Die Miteigentümer des Hauses X, Herr E und Frau K, sollen von den Kosten ganz befreit werden, da dort kein Aufzug gebaut werden muss. Da die Planung eines Aufzugs mit Kosten verbunden ist, bedarf es erst einmal einer Genehmigung zum Bau sowie zur Planung. Daher konnten die Kosten nur grob kalkuliert werden. Die konkrete Gestaltung wird durch einen gewählten Bauausschuss in der außerordentlichen Eigentümerversammlung im Januar 2008 zur Beschlussfassung vorgelegt.

Es folgt daraufhin Beschlussantrag:

a) Der Bau von rollstuhlgerechten Personenaufzügen der Häuser der Mehrhausanlage WEG Sstr (3 Aufzüge) an der Astr. außen, jeweils südlich rechts neben den Glasbausteinen, wird genehmigt. Nach grober Einschätzung (Architekt L) werden die Kosten für den Rohbau mit Abdichtung + Verputz ca. 27.000,-- EUR, die Hydraulik (5 Haltest., 80 cm br. Tür) auf ca. 35.000,-- EUR, seitliche Verglasung ca. 18.000,-- EUR zzgl. Architekt und Statik pro Aufzug betragen. Der genaue Betrag kann nach erfolgter Ausschreibung erst genannt werden, dabei kommt es vor allen Dingen darauf an, für welche Liftgestaltung/-Außenansicht sich die Eigentümer entscheiden werden.

Abstimmungsergebnis und Verkündung

Ja-Stimmen 19 (875,20 ME) Nein-Stimmen 1 (WE 1 = 64,70 ME) Enthaltungen 1 (WE 9 = 41,30 ME)

Der Antrag ist mit doppelter qualifizierte Mehrheit angenommen.

b) Die Verwaltung ... einen Architekten mit der Planung, Angebotserstellung und konkrete Kostenermittlung zu beauftragen.

Abstimmungsergebnis und Verkündung

Ja-Stimmen 20 (898,50 ME) Nein-Stimmen 1 (WE 1 = 64,70 ME) Enthaltungen 0

Der Antrag ist mit doppelter qualifizierter Mehrheit angenommen.

c) Für die Aufzugsplanung wird ein Bauausschuss mit folgenden Personen genannt:

Frau J, Herr K, Herr E, Herr H, Herr D, der Verwaltungsbeirat und die Verwaltung.

Abstimmungsergebnis und Verkündung:

Ja-Stimmen 21 Nein-Stimmen 0 Enthaltungen 0

Der Antrag ist einstimmig angenommen.

d) Der Kostenverteilungsschlüssel für den Bau der Aufzüge und der Betriebskosten, Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten wird von den Mitgliedern des Bauausschusses erarbeitet, die an den Kosten des Aufzuges beteiligt sind (ohne WE 1), wobei grundsätzlich folgende Maßstäbe zugrunde gelegt werden: a) Eigentümer der WE 1 und 22 (Haus Sstr.) sind von allen Kosten befreit b) anteilige prozentuale Kostenverteilung der WE nach Stockwerken und Einheiten. Dieser Verteilungsschlüssel wird bei der nächsten Eigentümerversammlung zur Genehmigung vorgelegt.

Abstimmungsergebnis und Verkündung

Ja-Stimmen 20 (898,50 ME) Nein-Stimmen 1 (WE 1 = 64,70 ME) Enthaltungen 0

Der Antrag ist mit doppelter qualifizierter Mehrheit angenommen.........

7. Antrag auf Einbau eines zusätzlichen Fenster im Wohnraum (Ostseite Richtung Süden)

Über den Antrag wird diskutiert.

Es erfolgt Beschlussantrag:

a) An der Ostfassade des Gebäudes wird den betreffenden Miteigentümern gestattet, ein Fenster in der gleichen Größe und Ausfertigung sowie in der gleichen Höhe wie das bereits bestehende Fenster in der Wohnung U, Sstr., WE 7/0 im Zuge der gesamten Fenstersanierung anzubringen, um die Einheitlichkeit der Ostfassadenansicht zu gewährleisten.

Die Kosten für Bau, Instandhaltung und Instandsetzung, wie sämtliche andere Kosten, die mit dem Bau des Fensters zusammenhängen, sowie auch Statikerkosten gehen zu Lasten der jeweiligen Eigentümer.

Etwaige dadurch entstehende Putz- und Farbschäden an der Fassade wird die Gemeinschaft auf Kosten des jeweiligen Eigentümers instand setzen lassen.

Die einzelnen baulichen Maßnahmen dürfen erst durchgeführt werden, wenn die Maßnahmen durch einen von der Verwaltung beauftragten Statiker auf Kosten des jeweiligen Eigentümers abgeklärt sind.

Die Arbeiten dürfen nur durch Fachhandwerksfirmen ausgeführt werden, was auf Verlangen der Verwaltung nachgewiesen werden muss.

Abstimmungsergebnis und Verkündung

Ja-Stimmen 19 (857,20 ME) Nein-Stimmen 1 (WE 1 = 64,70 ME) Enthaltungen 1 (WE 20 = 41,30 ME)

Der Antrag ist angenommen.

Es erfolgt Beschlussantrag:

b) Sofern der Beschluss 7 a) angefochten wird, übernehmen die begünstigten Eigentümer das Prozesskostenrisiko (nach Einheiten), also WE 12, WE 14, WE 9, WE 16, WE 2, WE 4. Die daraus möglichen resultierenden Kosten, insbesondere Rechtsanwalts- und Gerichtskosten sowie zusätzliche Kosten der Verwaltung, gehen zu deren Lasten.

Abstimmungsergebnis und Verkündung:

Ja-Stimmen 21 Nein-Stimmen 0 Enthaltungen 0

Der Antrag ist einstimmig angenommen. 

Am 15.10.2007 ging die Beschlussanfechtung beim Landgericht Konstanz ein, und zwar dort im Zustellungsbriefkasten des Amtsgerichts Konstanz.

Als Beklagte werden in dem Schriftsatz bezeichnet die WEG Sstr., Konstanz, vertreten durch die Hausverwaltungs GmbH und diese vertreten durch deren Geschäftsführerinnen.

Die Kläger behaupten, dass durch die Erstellung der Wintergärten der Baukörper erheblich umgestaltet werde. Dies beeinträchtige das Gesamterscheinungsbild der Anlage. Ebenfalls würden die beschlossenen Personenaufzüge nicht nur eine massive Umgestaltung des Erscheinungsbildes der gesamten Anlage darstellen, darüber hinaus würde durch den laufenden Betrieb der Aufzugsanlage die Kläger wirtschaftlich benachteiligt, weil sie sich an den Betriebskosten der Aufzüge beteiligen müssten. Ebenfalls würden die unter TOP 7 beschlossenen zusätzlichen Fenster eine bauliche Veränderung darstellen, die die Kläger beeinträchtigen. Zum einen hätten diejenigen, die ihre Wohnung nah zu den Klägern hätten, einen zusätzlichen Ausblick auf diese. Außerdem stellten die zusätzlichen Fenster eine Unterbrechung der ansonsten harmonischen Fassade dar, die das Gesamterscheinungsbild des Gebäudes und damit auch dessen wirtschaftlichen Wert nachteilig zu verändern geeignet sei. Hier seien darüber hinaus strukturelle Schwächungen des Baukörpers zu befürchten.

Die Kläger sind der Meinung, dass der Beschluss betreffend die Wintergärten rechtswidrig sei, da er eine unzulässige bauliche Veränderung im Sinne von § 22 WEG darstelle. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass die Kläger gegebenenfalls Folgekosten zu tragen hätten, falls die Kostenpflichtigen insolvent würden. Auch hinsichtlich TOP 6 sind die Kläger der Meinung, dass eine unzulässige bauliche Veränderung gemäß § 22 WEG vorläge. Hinzu käme, dass dem konkreten Beschluss nicht entnommen werden könne, dass die Kläger nicht an den Kosten beteiligt werden sollen. Auch bezüglich der Beschlussfassung betreffend die zusätzlichen Fenster argumentieren die Kläger mit einer unzulässigen baulichen Veränderung gemäß § 22 WEG. Insgesamt werde durch die Beschlüsse nicht nur der Wohnwert der Wohnung der Kläger beeinträchtigt, sondern sei auch für diese zumindest eine potentielle Belastung mit Folgekosten zu sehen.

In der öffentlichen Sitzung vom 13.12.2007 wurde hinsichtlich der Fenster ergänzend vorgebracht, dass nicht alle Wohnungseigentümer die ihnen erteilte Ermächtigung nutzen wollten und zusätzlich Fenster anbringen wollten (was zusätzlich zur Uneinheitlichkeit der Fassade führe).

Darüber hinaus ist man der Meinung, dass die getroffenen Beschlüsse auch nichtig seien. TOP 5 habe vereinbarungsersetzenden Charakter, da durch diesen die Kostentragungsregelung des § 7 der Teilungserklärung zumindest teilweise für alle Zukunft abgeändert worden sei. TOP 6 sei nicht hinreichend bestimmt, insbesondere seien die genauen Kosten nicht mitbeschlossen worden. Auch sei der Beschluss zu TOP 7, d.h. betreffend die Fenster, nichtig, weil er vereinbarungsersetzend wirke. Die Unterhaltung der Fenster sei für alle Zeit, und nicht nur für den Einzelfall, beschlossen worden.

Die Kläger sind weiter der Meinung, dass man schriftsätzlich klar genug zum Ausdruck gebracht habe, dass Beklagte nicht die teilrechtsfähige WEG sei, sondern die übrigen Wohnungseigentümer der WEG.

Die Kläger beantragen:

Die Beschlüsse der ordentlichen Eigentümerversammlung der Beklagten vom 14. September 2007 zu

- Top 5 (Antrag der Eigentümer der Penthauswohnungen WE 8, 15, 21 auf Genehmigung eines Wintergartens)

- TOP 6 (Antrag auf Bau eines Personenaufzuges an die Häuser Sstr. Seite Astraße, südliche der Glasbausteine)

- TOP 7 (Antrag auf Einbauch eines zusätzlichen Fensters im Wohnraum (Ostseite Richtung Süden)

werden für ungültig erklärt.

Hilfsweise beantragen die Kläger:

Es wird festgestellt, dass die Beschlüsse zu TOP 5, 6 und 7 der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.9.2007 nichtig sind.

Die Beklagten beantragen:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagten behaupten, dass die beabsichtigten Wintergärten den architektonisch-ästhetischen Gesamteindruck nicht nachteilig veränderten, sondern sogar verbessern würden. Hierdurch würde erstmals eine Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes der Wohnanlage hergestellt. Die bisherige flickenteppichartige, weil unregelmäßig mit verglasten Balkonen versehene, unruhige Fassade erhalte so zum ersten Mal ein einheitliches Bild. Darüber hinaus stellten die Wintergärten bei Ostwind-Wetterlagen erstmals einen bislang nicht vorhandenen Windschutz her. Auch wären die Wintergärten von unten gar nicht sichtbar.

Hinsichtlich der Beschlussfassung betreffend die Personenaufzüge behaupten die Beklagten, dass hierdurch der Gesamteindruck der Wohnanlage nicht prägend verändert werde. Die Planung als Außenaufzüge seit bautechnisch und bauökonomisch sinnvoll.

Weiter würde durch die beschlossenen zusätzlichen Fenster der Wohnwert der jeweiligen Wohnungen dauerhaft erhöht. Auch bliebe hierdurch die Einheitlichkeit der Fassade gewahrt, da dies alle Wohnungen der Ostfassade betreffe.

Hinsichtlich der Beschlussfassung betreffend die Wintergärten sind die Beklagten der Meinung, dass hierdurch die Eigenart der Wohnanlage nicht verändert werde. Die Wintergärten stellten darüber hinaus eine Modernisierung dar, weil hierdurch erstmals bei Ostwind der Dachterrassenbereich genutzt werden könne. Weiter sind die Beklagten zu den Wintergärten der Meinung, dass hier nicht mit der beschlossenen Kostenregelung argumentiert werden könne. Um zu verhindern, dass die Kostenfolge nach § 16 Abs. 2 WEG eintrete, dürfte es geboten sein, jedenfalls aber möglich, hinsichtlich der Folgekosten der baulichen Veränderungen der WEG eine Beschlusskompetenz gemäß § 16 Abs. 4 WEG zu zugestehen. Der Einzelfall sei hier nicht auf die bauliche Veränderung bezogen, sondern auch auf die Folgekosten.

Bei der Beschlussanfechtung zu TOP 6 (Aufzüge) würden die Kläger nicht differenzieren, dass hier insgesamt 4 Beschlüsse gefasst worden seien. Die Aufzüge stellten eine Modernisierung dar und keinesfalls eine Luxussanierung.

Auch die Beschlussfassung betreffend die Fenster stelle eine Modernisierung dar.

Die Beklagten sind der Meinung, dass die Anfechtung verfristet sei, weil der Anfechtungsschriftsatz den Eingangsstempel beim Amtsgericht Konstanz vom 16.10.2007 trage. Auch sei die falsche Partei verklagt worden, nämlich der Verband anstatt der übrigen Wohnungseigentümer.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf deren wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat in der öffentlichen Sitzung vom 21.2.2008 einen Augenschein eingenommen. Dies geschah dadurch, dass ein Ortstermin bei der Anlage durchgeführt wurde. Hierbei wurde die Anlage von außen besichtigt. Darüber hinaus wurden zur Akte gereichte Lichtbilder (im Umschlag AS 221) sowie zur Akte gereicht Pläne (AS 215 und 219) in Augenschein genommen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21.2.2008 (AS 203 - 207) sowie auf die genannten Lichtbilder und Pläne verwiesen.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist überwiegend begründet. Die Auslegung der Klageschrift ergibt, dass die richtige Partei verklagt wurde (siehe 1.). Die Anfechtung ist auch nicht verfristet (siehe 2.). Die Beschlussfassung zu TOP 5 a betreffend die Wintergärten, ist für unwirksam zu erklären, da die beabsichtigte Maßnahme eine nachteilige bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG darstellt, die keine Modernisierungsmaßnahme im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG i.V.m. § 559 BGB ist und darüber hinaus die Eigenart der Wohnanlage im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG verändern würde (siehe 3.). Die Beschlüsse zu TOP 6 betreffend die Personenaufzüge sind ebenfalls für unwirksam zu erklären, da sie eine nachteilige bauliche Veränderung beinhalten und hierdurch die Eigenart der Wohnanlage geändert würde (siehe 4.). Schließlich ist die Beschlussfassung zu den zusätzlichen Fenstern unter TOP 7 a für unwirksam zu erklären, da auch hier eine baulich nachteilige Veränderung am Gemeinschaftseigentum umgesetzt werden soll und die zusätzlichen Fenster keine Modernisierung im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG darstellen (siehe 5.).

Hingegen entspricht der Beschluss zu TOP 7 b (Prozesskostenrisiko bei Anfechtung des Fenstereinbaus) ordnungsmäßiger Verwaltung. Insoweit war die Klage abzuweisen (siehe 6.). Erfolglos wurde auch TOP 5 b angefochten, da unter diesem Tagesordnungspunkt kein Beschluss gefasst wurde (siehe 3.1.).

1. Die Kläger haben die richtige Partei verklagt. Bei Beschlussanfechtungen sind gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG die übrigen Wohnungseigentümer die richtigen Beklagten. Hier ergibt die Auslegung der Klageschrift, dass sich tatsächlich die Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer, d.h. gegen alle Wohnungseigentümer, mit Ausnahme der Kläger, richtet. Hätte die Auslegung ergeben, dass die WEG als rechtsfähiger Verband verklagt worden wäre, so wäre dies wohl nicht mehr durch eine Rubrumsberichtigung zu korrigieren gewesen (siehe LG Konstanz in einer nicht veröffentlichten und bislang noch nicht rechtskräftigen Entscheidung vom 23.2.2007, Gz.: 62 T 16/07 A sowie AG Dresden NZM 2008, 135). Hier wurde in der Klageschrift zwar als Beklagte bezeichnet die WEG Sstr., Konstanz. Jedoch ergibt sich aus der Begründung der Klageschrift, dass tatsächlich gemeint waren die übrigen Wohnungseigentümer der WEG. So heißt es bereits im ersten Satz der Begründung: Die Parteien bilden gemeinsam die Wohnungseigentümergemeinschaft Sstr., Konstanz. Später heißt es: Die Parteien leben an sich in Harmonie. Deshalb nimmt das Gericht hier keine falsche Parteibezeichnung in der Klageschrift an (siehe auch zu einem ähnlichen Sachverhalt AG Konstanz, NJW 2007, 3728). Es stand stets die Identität der verklagten Partei fest (s. Zöller-Vollkommer, Kommentar zur ZPO § 319, 14).

2. Die Beschlussanfechtung erfolgte innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG. Die Beschlussfassung erfolgte am 14.9.2007. Hiernach wäre rechnerisch der letzte Tag der fristgerechten Beschlussanfechtung der 14.10.2007, §§ 187, 188 BGB. Da der 14.10.2007 jedoch ein Sonntag war, war Fristende am 15.10.2007, § 193 BGB. Dieses Datum trägt auch der Eingangsstempel des Landgerichts Konstanz. Dieser Tag ist entscheidend, da das Amtsgericht Konstanz beim Landgericht Konstanz einen Zustellungsbriefkasten hat. Unbeachtlich ist daher, dass die Klage beim Amtsgericht Konstanz selbst erst am 16.10.2007 einging. Nur ergänzend ist festzuhalten, dass selbst dann, wenn die Beschlussanfechtung beim falschen Gericht eingegangen wäre, dies zur Fristwahrung reicht (siehe Staudinger-Bub, Kommentar zum WEG, § 23, 301).

3. Der zu TOP 5 a gefasste Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.9.2007 betreffend die Umgestaltung von drei Dachterrassen bzw. -balkonen in Wintergärten ist für unwirksam zu erklären. Er beinhaltet eine nachteilige bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG und konnte nicht mit der ¾-Mehrheit gemäß § 22 Abs. 2 WEG getroffen werden, da keine Modernisierungsmaßnahme gemäß § 559 BGB erfolgen soll und darüber hinaus die Eigenart der Wohnanlage hierdurch verändert würde (zur Struktur des neuen § 22 WEG siehe AG Konstanz NJW 2007, 3728).

3.1. Zunächst ergibt die Auslegung, dass eindeutig die unter dem Tagesordnungspunkt TOP 5 a gefasste Beschlussfassung angefochten wurde, auch wenn in der Klageschrift der Beschluss mit TOP 5 bezeichnet wurde. Zum einen reicht die Bezeichnung TOP 5 aus, um zum Ausdruck zu bringen, dass sämtliche Beschlüsse zu diesem Tagesordnungspunkt angefochten werden sollten. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Protokoll, dass tatsächlich nur ein Beschluss, der dann mit TOP 5 a bezeichnet wurde, getroffen wurde und weiter festgehalten wurde, dass über TOP 5 b zu einem anderen Zeitpunkt abgestimmt werden soll. Es wurde nicht einmal über die Vertagung abgestimmt, sondern von der Verwaltung die Abstimmung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Da trotzdem auch TOP 5 b angefochten wurde, war insoweit die Klage abzuweisen. Es liegt schlicht kein Beschluss vor, der angefochten werden könnte.

3.2. Die Umgestaltung von drei Dachterrassen zu verglasten Wintergärten stellt eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum dar (unstreitig, z.B. entschieden durch das BayObLG NJW-RR 1993, 337 und hinsichtlich der Überdachung einer Terrasse mit einer Ziegel-Holz-Konstruktion OLG München ZMR 2006, 230).

Die beschlossenen Wintergärten stellen auch einen Nachteil im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG dar. Nachteil ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Es muss sich also um eine Rechtsbeeinträchtigung handeln, die nicht bloß völlig belanglos ist oder bagatellartigen Charakter hat (Bärmann/Pick/Merle, Kommentar zum WEG, 9. Auflage, § 22, 127). Es ist daher auf objektiv und konkret feststellbare Beeinträchtigungen einzugehen. Maßstab zur Beurteilung, ob eine Umgestaltung beeinträchtigend wirkt, ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der betreffenden Situation verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BGHZ, 116, 392). Der Begriff des Nachteils ist hierbei recht weit zu verstehen (BVerfG, NJW-RR 2005, 454, wo es explizit heißt:  Wie auch das Rechtsbeschwerdegericht zugrunde legte, wird bereits der Bau eines reinen Wintergartens für sich in der Regel als zustimmungspflichtige Beeinträchtigung im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG angesehen).

Selbst wenn man jedoch nicht aus der Erheblichkeit der Maßnahme bereits eine nachteilige bauliche Veränderung herleiten würde, so folgt diese hier daraus, dass sie zu einer nachteiligen optischen Beeinträchtigung des Gesamteindruckes führen würde. Zu diesem Ergebnis kommt das Gericht aufgrund der Augenscheinseinnahme. Sowohl die Betrachtung des Objektes von außen als auch die Inaugenscheinnahme der Lichtbilder samt Markierung der Stellen, wo die Wintergärten errichtet werden sollen (AS 221), ergab, dass die Wintergärten von außen deutlich sichtbar sind. Zumindest der vorderste der drei Wintergärten ist während der Winterzeit direkt von dem öffentlichen Weg aus, der zwischen dem Bodensee und der Hausanlage vorbei führt, gut sichtbar. Zwar befindet sich zwischen dem Weg und der Anlage eine Grünfläche mit einem massiven Baum. Da es sich hier jedoch um einen Laubbaum handelt, ist die Sicht auf das Haus während der laubfreien Zeit hierdurch kaum beeinträchtigt. Darüber hinaus befindet sich östlich des Grundstückes eine öffentliche Wiese die begangen werden kann und von welcher aus auf alle drei Wintergärten bzw. derzeitigen Dachterrassen geblickt werden kann.

Nachdem früher strittig war, ob jede optische Veränderung des Gesamteindruckes entscheidend ist oder nur eine Verschlechterung eines solchen, hat sich letztere Auffassung durchgesetzt. Es ist eine Störung der architektonischen Harmonie erforderlich, was nach objektiven Maßstäben beurteilt werden soll, wobei dabei nicht selten Fragen des Geschmackes aufgeworfen werden, über den sich trefflich streiten lässt (siehe Staudinger-Bub, § 22, 75 mit Rechtsprechungsnachweisen). Die Klärung dieser Frage wird hier dadurch zusätzlich erschwert, dass schon die Wohnanlage in ihrem unveränderten Zustand zumindest als auffällig bezeichnet werden kann und gewiss nicht von jedem als architektonisch gelungen angesehen wird. Es handelt sich hierbei um vier ineinander übergehende Flachdach-Häuser mit separaten Eingängen, die in kubischer, d.h. durchweg sehr eckiger Bauweise, gestaltet sind und sehr verschachtelt ineinander übergehen. Auch wenn diese Bauweise nicht jedem gefällt, so ist doch festzuhalten, dass sie in sich sehr stringent ausgeführt wurde und nachträgliche Veränderungen an diesem Prinzip nicht nur automatisch auffällig sind, sondern darüber hinaus dieses architektonische Prinzip beeinträchtigen. Dies ergibt sich u.a. auch dadurch, dass die Anlage bislang über keinerlei Wintergärten verfügt.

3.3. Gemäß dem neu gefassten § 22 Abs. 2 WEG bedarf es bei nachteiligen baulichen Veränderungen dann nicht der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, sondern u.a. nur einer doppelt qualifizierten Mehrheit, wenn eine Modernisierungsmaßnahme gemäß § 559 BGB vorliegt. Die Umgestaltung von Dachterrassen in Wintergärten stellt jedoch keine Modernisierungsmaßnahme dar (siehe Schmidt-Futterer, Kommentar zum Mietrecht, 9. Auflage, § 559, 96). Auch wenn sich die Nutzer der Dachterrassen bei Ostwind in der Nutzung gestört bzw. beeinträchtigt fühlen, so wird durch Wintergärten der Gebrauchswert der Wohnung noch nicht nachhaltig erhöht, wie es § 559 Abs. 1 BGB verlangt. Es kann sogar die Auffassung vertreten werden, dass ein Wintergarten schlicht eine andere Qualität der Nutzung der entsprechenden Fläche ermöglicht, jedoch nicht notwendig eine Verbesserung darstellt. Manch einer bevorzugt nicht nur während der warmen Jahreszeit den Aufenthalt auf einem rundum offenen Balkon, statt sich in einem Glashaus aufzuhalten.

3.4. Schließlich konnte die Maßnahme auch deshalb nicht mit der doppelt qualifizierten Mehrheit beschlossen werden, weil hierdurch die Eigenart der Anlage im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG geändert würde. Im Regierungsentwurf vom 8.3.2006 zum WEG-Änderungsgesetz wird explizit als Beispiel für die Änderung der bisherigen Eigenart der Anbau eines Wintergartens genannt. Entsprechendes habe auch zu gelten, wenn der optische Gesamteindruck nachteilig verändert würde, z.B. indem ein uneinheitlicher Gesamteindruck entstehe, also wenn nur einzelne Balkone an der Front eines Hauses, nicht aber alle verglast würden. Das Vertrauen des Erwerbers auf den wesentlichen inneren und äußeren Bestand der Eigentumsanlage sei schützenswert (siehe Begründung B. besonderer Teil, 9. b) a.a.)).

4. Sämtliche Beschlüsse zu TOP 6, d.h. betreffend die Errichtung von drei Außenaufzügen in der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.9.2007 sind auf die Anfechtung hin für unwirksam zu erklären. Sie haben nachteilige bauliche Veränderungen im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG zum Inhalt und stellen eine Änderung der Eigenart der Wohnanlage im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG dar.

4.1. Auch hier ergibt die Auslegung der Klageschrift, dass durch die Beschlussanfechtung zu TOP 6 sämtliche unter diesem Tagesordnungspunkt getroffenen Beschlüsse, d.h. a bis d angefochten wurden. Da der Grundbeschluss, d.h. die Entscheidung, Personenaufzüge errichten zu lassen, unwirksam ist (TOP 6 a) sind dadurch automatisch hiervon miterfasst die umsetzenden Beschlüsse betreffend TOP 6 b bis Top 6 d.

4.2. Die Errichtung von drei Außenaufzügen an drei der vier ineinander übergehenden Häuser der WEG-Anlage stellt eine nachteilige bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG dar (BayObLG WE 1995, 285, BayObLG WuM 1992, 562, Staudinger-Bub, § 22, 127). Die bauliche Veränderung besteht nicht nur darin, dass zum Zwecke des Zugangs zum Gebäude Durchbrüche in der Außenwand erforderlich sind, sondern durch die zusätzlichen Außenkonstruktionen der optische Gesamteindruck erheblich verändert wird. Die Beweisaufnahme hat im vorliegenden Fall ergeben, dass dieser Gesamteindruck sich deshalb erheblich verschlechtert, weil die unter 3.2. beschriebenen architektonischen Ideen hierdurch durchbrochen werden und die Außenaufzüge auch aufgesetzt wirken. Zu diesem Ergebnis kommt das Gericht dadurch, dass es die Entwurfsplanung (AS 215) in Augenschein genommen hat, in welcher farblich hervorgehoben die drei Außenaufzüge dargestellt wurden. Noch deutlicher wird der Eingriff durch die Inaugenscheinnahme des computersimulierten Lichtbildes des Planes Nr. 6 (AS 219). Ob darüber hinaus durch zusätzliche Sichtmöglichkeiten auf die Wohnung der Kläger und eine erhöhte Lärmbelästigung durch die Aufzugsnutzung ein weiterer Nachteil bestehen würde, muss daher nicht weiter geprüft werden.

4.3. Die Errichtung von Fahrstühlen stellt eine Modernisierungsmaßnahme gemäß §§ 22 Abs. 2 WEG, 559 Abs. 1 BGB dar, da hierdurch die Wohnverhältnisse verbessert werden. In der Begründung zum Gesetzesentwurf vom 8.3.2006 wird gar der Einbau eines Fahrstuhles ausdrücklich als Beispiel für eine Modernisierungsmaßnahme genannt (siehe B. besonderer Teil, I.9.b), aa)). Auch wenn es in der Gesetzesbegründung Einbau und nicht Anbau heißt, so ist entscheidend auf die Funktion eines Fahrstuhles abzustellen, der gewiss eine Verbesserung der Wohnsituation darstellt (siehe auch LG Hamburg, ZMR 2002, 918, LG München, WuM 1989, 27, Schmidt-Futterer, § 559, 110).

Die Modernisierung findet darüber hinaus eine besondere Ausprägung in dem Anspruch auf Barrierefreiheit, der auch das Interesse einer gehbehinderten Person an einem Lift zum Inhalt haben kann (Bärmann/Pick/Merle § 14, 48).

4.4. Trotzdem konnte der Anbau der Personenaufzüge nicht durch die qualifizierten Mehrheiten des § 22 Abs. 2 WEG beschlossen werden, weil die Umsetzung der Beschlüsse zu einer Änderung der Eigenart der Wohnanlage führen würde. Auch hier kann auf die bereits unter 3.4. zitierten Gesetzesmaterialien abgestellt werden. Hiernach umfasst die Mehrheitsmacht nicht eine Umgestaltung der Wohnanlage, wenn die bisherige Eigenart dadurch geändert wird, dass ein Anbau, eine Aufstockung oder ein Abriss von Gebäudeteilen erfolgt oder vergleichbare Veränderungen des inneren und äußeren Bestandes erfolgen oder der optische Gesamteindruck nachteilig verändert wird, insbesondere ein uneinheitlicher Gesamteindruck entsteht. Hier ist weniger anzunehmen, dass die Wohnanlage in ihrer qualitativen Eigenart geändert würde (dies wäre z.B. der Fall, wenn aus einer Mietkaserne Luxus-Appartements würden). Im zu entscheidenden Fall ist es vielmehr so, dass die Massivität des Eingriffes von außen und die erhebliche nachteilige Änderung des optischen Gesamteindruckes dazu führen, dass sich die Eigenart der Wohnanlage ändern würde. Ein Wertungswiderspruch (gegebenenfalls auch innerhalb der Gesetzesmaterialien) muss hierin nicht gesehen werden, auch wenn ausdrücklich ein Fahrstuhleinbau als Modernisierungsmaßnahme genannt wurde. Immerhin sind Fälle vorstellbar, in denen Aufzüge deutlich weniger auffällig integriert werden können bzw. der Einbau von Fahrstühlen im Gebäude die Eigenart der Anlage nicht ändern.

Der Anspruch auf Barrierefreiheit steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Zunächst ist festzuhalten, dass es im Versammlungsprotokoll hierzu heißt, dass aufgrund höheren Alters Hausbewohner auf einen Aufzug angewiesen seien, jedoch die Beklagten dieses Argument im Gerichtsverfahren gar nicht aufgegriffen haben. Weiter ist zu beachten, dass auch dann, wenn man altersbedingte Bewegungseinschränkungen als Behinderung in einem weiten Sinn versteht, dies nicht zwangsläufig bedeutet, dass deswegen jede bauliche Maßnahme zulässig wäre. Hier kommen als weniger gravierende Eingriffe z.B. der Einbau eines Treppenliftes oder eines Innenaufzuges in Betracht. Zu letzterem hat die Klägerseite bereits ihre Zustimmung signalisiert.

Auch die Beschlussanfechtung zu TOP 7 a, d.h. betreffend den Einbau zusätzlicher Fenster , ist erfolgreich. Auch hier liegt eine nachteilige bauliche Veränderung vor. Sie ist keine Modernisierungsmaßnahme im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG.

5.1. Die Augenscheinseinnahme der zur Gerichtsakte gereichten Lichtbilder (AS 221) überzeugten das Gericht davon, dass der Einbau zusätzlicher Fenster nicht nur eine bauliche Veränderung darstellt, sondern auch diese optisch nachteilig den Gesamteindruck verändert. Zur Verdeutlichung der geplanten Maßnahme wurde im Verhandlungstermin vor Ort von Seiten informierter Wohnungseigentümer mitgeteilt, wo konkret die Fenster angebracht werden sollen. Auf den Lichtbildern wurden entsprechende Kreuze angebracht, die deutlich machen, dass die bisherige Struktur der Wandöffnungen durch Fenster bzw. überdachte Balkone durchbrochen wird und dann sehr uneinheitlich wirkt. Es handelt sich hierbei nicht um eine einheitliche Hauswand. Vielmehr kann man sich die Ostwand des Gebäude wie eine auf die Seite gelegte Treppe vorstellen, die aus mindestens 9 Stufen besteht. Bislang ist die Architektur auf dieser betroffenen Ostseite so, dass die Wandöffnungen sich bei jeder zweiten Stufe entsprechen, d.h. entweder im 1. Obergeschoss oder in der Stufe dazwischen im 2. Obergeschoss eine Öffnung in Form eines Fensters oder Balkones vorhanden ist. Auch wenn die Augenscheinseinnahme der Lichtbilder ergibt, dass wohl bislang schon einzelne Wohnungseigentümer eigenmächtig Veränderungen vorgenommen haben und überdachte Balkone verglast haben bzw. schon ein zusätzliches Fenster angebracht wurde, so kann trotzdem noch von einer Einheitlichkeit der Architektur gesprochen werden. Diese würde durchbrochen, wenn künftig im 1. Obergeschoss zusätzliche Fenster angebracht würden.

Hingegen sieht das Gericht keine nachteilige Beeinträchtigung darin, dass hierdurch der wirtschaftliche Wert des Gebäudes nachteilig verändert würde, bzw. eine strukturelle Schwächung des Baukörpers erfolgen würde. Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte, zumal bei der Beschlussfassung mit entschieden wurde, dass zunächst ein Statiker die Umsetzung des Vorhabens zu prüfen hat.

5.2. Der Einbau der zusätzlichen Fenster stellt keine Modernisierungsmaßnahme nach §§ 22 Abs. 2 WEG, 559 Abs. 1 BGB dar. Durch den Einbau zusätzlicher Fenster wird der Gebrauchswert der Wohnungen nicht nachhaltig erhöht. Ein zusätzliches Fenster macht eine Wohnung nicht generell bequemer oder angenehmer. Eine Verbesserung kann einerseits schon darin bestehen, dass der Lichteinfall erhöht wird und gegebenenfalls auch eine zusätzliche Sicht auf den Bodensee ermöglicht wird. Andererseits wird hierdurch die Stellfläche zum Abstellen größerer Möbel wie z.B. Schränken verringert. Auf die zu § 559 BGB ergangene Rechtsprechung und Kommentierung zu Modernisierungsmaßnahmen im Rahmen der Mieterhöhung gemäß § 559 BGB kann nicht abgestellt werden. Soweit dort der Einbau neuer Fenster abgehandelt wird, so beziehen sich diese Entscheidungen auf den Austausch veralteter Fenster, jedoch nicht auf Außenwanddurchbrüche zum Zwecke des Einbaus zusätzlicher Fenster (siehe Schmidt-Futterer § 559, 111 mit dortigen Rechtsprechungsnachweisen).

5.3. Unbeachtlich bleibt hingegen die von Klägerseite erst im Verhandlungstermin vom 13.12.2007 vorgebrachte Argumentation, dass der getroffene Beschluss betreffend den Einbau zusätzlicher Fenster zu unbestimmt sei. Den jeweiligen Wohnungseigentümern sei nur die Möglichkeit eröffnet worden, diesen Beschluss umzusetzen, sie seien jedoch hierzu nicht verpflichtet, was darüber hinaus zusätzlich die Uneinheitlichkeit des Erscheinungsbildes verstärke. Dieses Vorbringen ist deshalb unbeachtlich, weil es einen zusätzlichen Anfechtungsgrund darstellt, der nicht binnen der 2-Monats-Frist ab Beschlussfassung am 14.9.2007 vorgebracht wurde, § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG. Analog § 246 Abs. 1 AktG muss der wesentliche Kern der Anfechtungsgründe binnen der 2-Monatsfrist vorgetragen werden (Bergerhoff, NZM 2007, 428), was hier bezüglich dieses Punktes nicht geschehen ist.

6. Der Beschluss zu TOP 7 b (die vom Fenstereinbau begünstigten Wohnungseigentümer übernehmen das Prozessrisiko) entspricht hingegen ordnungsmäßiger Verwaltung i.S.v. § 21 Abs. 3, 4 und 7 WEG. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Wohnungseigentümer in einer Versammlung beschließen, dass im Falle einer Beschlussanfechtung die von dem Einbau der Fenster begünstigten Wohnungseigentümer insoweit vollumfänglich das Kostenrisiko des Prozesses tragen.

7. Die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse wurde nur hilfsweise beantragt. Hier hatte die Anfechtungsklage als Hauptantrag bereits Erfolg.

§ 46 Abs. 2 WEG enthält eine neue Regelung. Hiernach hat das Gericht auf vom Kläger übersehene Nichtigkeitsgründe hinzuweisen. Im Rahmen der Dispositionsmaxime (s. Bärmann/Pick Kommentar zum WEG, 18. Auflage, § 46, 5) kann sich der Kläger anschließend dafür entscheiden, trotzdem seine Klage auf die Anfechtungsgründe zu beschränken und sie nicht auf die schwerer wiegenden Nichtigkeitsgründe zu stützen. Dann muss es ebenso möglich sein, durch Hauptantrag die Anfechtung zu betreiben und nur hilfsweise die Nichtigkeit geltend zu machen. Dies ist hier geschehen.

Nach früherem Recht wurde hingegen ein Anfechtungsantrag bei Vorliegen von Nichtigkeit von Amts wegen entsprechend als Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit ausgelegt (BayObLG WE 1996, 197, Staudinger-Bub, § 23, 259).

Zur Nichtigkeit der Beschlüsse ist nur ergänzend festzuhalten, dass hinsichtlich der Beschlussfassung betreffend die Fenster die mangelnde Bestimmtheit des Beschlusses zwar einen (verspätet vorgebrachten) Anfechtungsgrund darstellen könnte, dies jedoch nicht zur Nichtigkeit führt (OLG München, ZMR 2006, 230).

Hinsichtlich der Argumentation, dass bei der Beschlussfassung über die baulichen Veränderungen für alle Zeit und nicht nur für den Einzelfall eine Kostenregelung getroffen wurde (zur Abgrenzung siehe Meffert, ZMR 2007, 669), kann hierin kein Verstoß gegen § 16 Abs. 4 WEG gesehen werden. Nach der letztgenannten Vorschrift darf nur im Einzelfall, jedoch nicht dauerhaft von einem wirksamen Kostenverteilungsschlüssel abgewichen werden (wodurch die Rechtsprechung des BGH zum so genannten Zitterbeschluss NJW 2000, 3500 teilweise gesetzlich normiert wurde). Es kann nicht angehen, dass ein Wohnungseigentümer letztlich damit argumentiert, dass er dauerhaft von einer Kostentragungspflicht ausgeschlossen ist (siehe hierzu auch Häublein, NZM 2007, 760).

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Kläger habe nur in geringfügigem Umfang verloren. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.






AG Konstanz:
Urteil v. 13.03.2008
Az: 12 C 17/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/68ae4e6be73f/AG-Konstanz_Urteil_vom_13-Maerz-2008_Az_12-C-17-07




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