Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Juli 2008
Aktenzeichen: 29 W (pat) 38/06

(BPatG: Beschluss v. 09.07.2008, Az.: 29 W (pat) 38/06)

Tenor

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. September 2004 und 17. Januar 2006 werden aufgehoben, soweit aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 2 067 601 die Löschung der Marke 301 68 745 angeordnet wurde.

Gründe

I.

Die farbige Wort-/Bildmarke 301 68 745 Grafik der Marke 30168745.5 wurde am 21. Februar 2002 in den Farben Blau und Weiß für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 38, 41 und 42 in das Register eingetragen.

Gegen die Eintragung wurde u. a. Widerspruch erhoben aus der Marke 2 067 601 VIVA eingetragen am 14. Juni 1994 für die Waren und Dienstleistungen Elektrische und elektronische Geräte, Maschinen, Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten) sowie daraus gebildete Anlagen zur Erfassung, Eingabe, Übertragung, Wandlung, Speicherung, Verarbeitung und Ausgabe von Daten, Informationen und Signalen; Computer sowie daraus zusammengestellte Anlagen; Computer-Peripheriegeräte, nämlich Dateneingabe-, -ausgabe-, -übertragungs- und -speichergeräte; Teile aller vorgenannten Waren; Datenträger (soweit in Klasse 9 enthalten), auf Datenträger gespeicherte Computerprogramme und Datensammlungen; Benutzerhandbücher und Betriebsanleitungen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den Widerspruch mit Beschluss vom 21. September 2004 die teilweise Löschung der Marke 301 68 745 angeordnet für die Waren und Dienstleistungenelektrische und elektronische Apparate und Geräte, soweit in Klasse 9 enthalten; Verkaufsautomaten, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Heimcomputer, Pufferspeicher, Computerchips, -disks, -kabel, -diskettenlaufwerke, -terminals, -drucker, -tastaturen, -sichtgeräte und andere Peripheriegeräte für Computer; Video-, Computer- und andere elektronische Spiele zum Anschluss an Fernsehgeräte; Spiel- und Unterhaltungsautomaten, einschließlich Flipperspiele, Video- und Computerspiele (auch jeton- oder münzbetätigt); Teile aller vorgenannten Waren; Zubehör für Heimcomputer, Video- und Computerspiele sowie ähnliche elektronische und elektrotechnische Apparate, nämlich Steuerknüppel, Handregler, Steuergeräte, Adapter, Module, Computer- und Videospielkassetten, -disketten, -kartuschen, -platten und -bänder sowie andere auf maschinenlesbare Datenträger aufgezeichnete Programme, soweit in Klasse 9 enthalten; belichtete Filme, bespielte und unbespielte Ton- und/oder Bildträger (ausgenommen unbelichtete Filme); Magnetaufzeichnungsträger;

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; EDV-technisches Erfassen und Bearbeiten multimedialer Daten und Vorlagen sowie deren Speicherung auf Datenträgern.

Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass im Bereich der identischen bzw. eng ähnlichen Waren und Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen bestehe, weil der mit der Widerspruchsmarke übereinstimmende Bestandteil "VIVA" in der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehme.

Die dagegen gerichtete Erinnerung der Markeninhaberin hat die Markenstelle mit Beschluss vom 17. Januar 2006 zurückgewiesen.

Gegen diese Beschlüsse richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie hat mit Schriftsatz vom 20. März 2007 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Die im Widerspruchsverfahren zu der Marke 395 17 231 "VIVA 2" von der Widersprechenden vorgelegten Umsatzzahlen endeten im Jahr 2000 und bezögen sich damit auf einen mehr als fünf Jahre zurückliegenden Zeitpunkt. Die rechtserhaltende Benutzung sei daher erneut zu prüfen. Im Übrigen bestehe wegen der geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke keine Verwechslungsgefahr. Das Bundespatentgericht habe in zwei Verfahren eine Verwechslungsgefahr trotz einer Übereinstimmung in dem Bestandteil "viva" verneint, weil das Wort als allgemeine Anpreisung im Sinne von "hurra" im Sprachgebrauch üblich sei. Die Wortbestandteile "VIVA PLUS" bildeten einen einheitlichen Gesamtbegriff, dem der Verkehr keinen Hinweis auf die Widerspruchsmarke entnehme.

Die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben, soweit die Löschung der jüngeren Marke angeordnet wurde.

Die Widersprechende und Beschwerdegegnerin hat sich in der Sache nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Soweit aufgrund der Widerspruchsmarke 2 067 601 die Teillöschung der jüngeren Marke angeordnet wurde, waren die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben, weil die Widersprechende eine Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht hat (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG).

1. Die Markeninhaberin hat mit Schriftsatz vom 20. März 2007 zulässig die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Die Benutzungsschonfrist für die am 14. Juni 1994 eingetragene Widerspruchsmarke ist am 14. Juni 1999 und damit vor Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke am 28. März 2002 abgelaufen. Folglich oblag es der Widersprechenden eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke im Zeitraum von März 1997 bis März 2002 und von Juli 2003 bis Juli 2008 glaubhaft zu machen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG).

2. Der Schriftsatz der Markeninhaberin vom 20. März 2007 wurde der Widersprechenden zunächst formlos übermittelt und mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2008 förmlich zugestellt. Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Notwendigkeit der Glaubhaftmachung der Benutzung war dem Gericht verwehrt, weil die Frage der rechtserhaltenden Benutzung einer Widerspruchsmarke dem Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz unterliegt (vgl. BGH GRUR 1998, 983, 939 - DRAGON; BPatG Mitt. 2006, 567, 570 - VisionArena ./. @rena vision; Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, 2007, Bd. I., Rn. 555). Die Widersprechende hat sich zur rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke aber nicht geäußert und insbesondere keine Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung eingereicht. Damit fehlt es auf Seiten der Widerspruchsmarke an Waren und Dienstleistungen, die der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zugrunde gelegt werden könnten, so dass die von der Markenstelle angeordnete Teillöschung der jüngeren Marke aufzuheben war (§ 43 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 MarkenG).

3. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).

Fink Dr. Mittenberger-Huber Dr. Kortbein Hu






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Beschluss v. 09.07.2008
Az: 29 W (pat) 38/06


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