Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 26. April 2001
Aktenzeichen: 25 L 187/01

(VG Köln: Beschluss v. 26.04.2001, Az.: 25 L 187/01)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

2. Der Streitwert wird auf 17.500,00 DM festgesetzt.

Gründe

Der nach § 80 Abs. 5, Abs. 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage (25 K 351/01) gegen den Kostenbescheid der Antragsgegnerin vom 12.12.2000 über 70.000 DM anzuordnen,

ist nicht begründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage gegen die Anforderung öffentlicher Abgaben und Kosten anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstli- che Zweifel liegen nach der ständigen Rechtsprechung der mit Abgabensachen be- fassten Senate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), der das erkennende Gericht folgt, dann vor, wenn aufgrund summari- scher Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs oder Rechts- mittels im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher als ein Misserfolg ist.

Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 17.3.1994 - 15 B 3022/93 -, Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.) 1994, S. 337.

Mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben bezweckt der Gesetzgeber die Sicherstel- lung des stetigen Zuflusses von Finanzmitteln für die öffentlichen Haushalte, aus de- ren Aufkommen die Gegenleistung für die umstrittene Abgabe im Zeitpunkt ihrer Gel- tendmachung regelmäßig bereits erbracht oder alsbald zu erbringen ist. Er hat damit für diesen Bereich das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug generell höher bewertet als das private Interesse an einer vorläufigen Befreiung von der Leistungspflicht. Dieser gesetzgeberischen Wertung entspricht es, dass Abgaben im Zweifel zunächst zu erbringen sind und dass das Risiko, im Ergebnis möglicherweise zu Unrecht in Vorleistung treten zu müssen, den Zahlungspflichtigen trifft. Unzumut- bare, mit dem Gebot der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbare Erschwernisse ergeben sich dadurch nicht. Durch eine vorläufige, zu Unrecht er- brachte Zahlung eintretende wirtschaftliche Nachteile werden durch Rückzahlung der Abgabe weitestgehend ausgeglichen; es werden somit keine irreparablen Verhältnis- se geschaffen. Ist im Einzelfall dennoch eine unbillige Härte zu erwarten, bietet § 80 Abs. 4 Satz 3 zweite Alternative VwGO die Möglichkeit, die Vollziehung auszuset- zen.

Im Aussetzungsverfahren richtet sich die Intensität der gerichtlichen Prüfung des Streitstoffes nach den Gegebenheiten des vorläufigen Rechtsschutzes. Deshalb sind vornehmlich solche Einwände zu berücksichtigen, die der Rechtsschutz Suchende selbst gegen die Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides geltend macht, es sei denn, dass sich sonstige Mängel bei summarischer Prüfung als offensichtlich darstellen. Ferner können weder aufwändige Tatsachenfeststellungen getroffen werden noch sind schwierige Rechtsfragen abschließend zu klären.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.3.1994, a. a. O..

Bei Anlegung dieses Maßstabes ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Kostenbescheides für die Zuteilung einer Frequenz nicht ernstlich zweifelhaft.

Rechtsgrundlage für die angefochtene Gebührenerhebung bezüglich Frequenzzuteilungen ist § 48 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz (TKG - in Kraft ab 01.08.1996) in Verbindung mit dem Gebührentarif B. 7 der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Frequenzgebührenverordnung (FGebV - zulässigerweise rückwirkend in Kraft ab 01.08.1996) in Verbindung mit den Vorschriften des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG vom 23.06.1970).

Letzteres ist nach seinem § 1 Abs. 2 und seinem § 2 auch ohne besondere Erwähnung in § 48 Abs. 1 TKG an- wendbar; der in § 48 Abs. 1 TKG fehlende Hinweis auf die Gel- tung des VwKostG ist ein redaktionelles Versehen des Gesetz- gebers, der den in § 47 TKG des Regierungsentwurfs noch enthaltenen Verweis auf das VwKostG ohne erkennbaren sachlichen Hintergrund nicht in den sodann neu formulierten § 48 Abs. 1 TKG übernommen hat und damit unbewusst von anderslautenden Formulierungen in § 43 Abs. 3 und in § 16 Abs. 1 TKG abgewichen ist - vgl. BT- Drucksache 13/4864 (S. 32).

Gegen den Inhalt der genannten Vorschriften des TKG und der FGebV bestehen keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.02.1979 - 2 BvL 5/76, NJW - 1979, S. 1345,

können Verwaltungskosten (Gebühren und Auslagen) dann auf gesetzlicher Grundlage erhoben werden, wenn es sich um öffentlichrechtliche Geldleistungen handelt, die aus Anlass individuell zurechenbarer, öffentlicher Leistungen auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistungen deren Kosten ganz oder teilweise zu decken.

Die von der Beklagten geltend gemachten Kosten und die zugrundeliegenden Leistungen im Bereich der Funkregulierung sind nicht Folge bzw. Teil der allgemeinen, aus Steuermitteln zu finanzierenden Verwaltungstätigkeit, sondern beruhen auf einer individuell zurechenbaren Begünstigung von Funkteilnehmern, insb. wenn die staatlichen Maßnahmen (Amtshandlungen) von den in Anspruch genommenen Kostenschuldnern durch eine Antragstellung veranlasst werden (§ 13 Abs. 1 VwKostG).

Es spricht Einiges dafür, dass Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung - § 48 Abs. 1 TKG - sich durch Auslegung des Gesetzestextes nach Sinn und Zweck der Regelung und Sinnzusammenhang mit anderen Vorschriften

etwa der in § 48 Abs. 2, 3 TKG geregelten Beitragserhebung und der in §§ 10,11 EMVG normierten Gebühren- und Beitragserhebung -

ermitteln lassen und damit hinreichend bestimmt im Sinne von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz sind:

Kostenpflichtig sind Frequenzzuteilungen nach § 47 TKG, der Kreis der Gebührenschuldner ergibt sich aus § 13 VwKostG, die möglichen Gebührenarten sind in §§ 4, 5, 9 VwKostG benannt, das Verfahren der Gebührenerhebung richtet sich ebenfalls nach Vorschriften des VwKostG. Die Maßstäbe für die Gebührenhöhe sind zwar nicht in § 48 Abs. 1 TKG festgelegt, lassen sich aber aus zwingenden europarechtlichen Vorschriften

die sog. Genehmigungsrichtlinie 97/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates enthält in dem einschlägigen Artikel 11 Abs. 2 zwar kein Kostenüberschreitungsverbot, sondern nur ein Nichtdiskriminierungsgebot -

und aus § 3 VwKostG entnehmen

es gilt das sog. Äquivalenzprinzip und nicht etwa das sog. Kostendeckungsprinzip -

und sind jedenfalls hinsichtlich der vorliegend einschlägigen Tarifstellen B. 7 auch ohne Angabe der Gebührenhöhe bereits in der Ermächtigungsnorm hinreichend vorhersehbar.

Die Festlegung der Gebührenhöhe obliegt dem Verordnungsgeber, vgl. BVerwG, Urteil vom 03.03.1994 - 4 C 1.93 - BVerwG E 95, 188 ff., vgl. VG Köln, Urteil vom 08.12.2000 - 11 K 10253/99 zur inhaltlichen Bestimmtheit des § 43 Abs. 3 TKG betr. die Gebührenerhebung für Telefonnummernzuteilungen und Urteil vom 16.2.2001 - 25 K 8565/98 zu den Gebühren der Tarifstelle C der FGebV -

Ob die vom Antragsteller vorgebrachten Argumente gegen eine Ge- bührenerhebung ein Abweichen von den genannten Gebührengrund- sätzen, insb. ein Abweichen von Wortlaut des § 48 Abs. 1 TKG

- "Zuteilung von Frequenzen" ohne weitere formale oder inhaltliche Einschränkungen -

rechtfertigen, kann wegen der Schwierigkeit der aufgeworfenen Rechtsprobleme im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend geklärt werden und ist bereits deshalb nicht überwiegend wahrscheinlich.

Erst im Hauptsacheverfahren (Klageverfahren) zu entscheidende Rechtsfragen betreffen insbesondere folgende in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Probleme:

- ob die Zuteilung von Ersatzfrequenzen nach vorheriger Änderung von Frequenzen eine gebührenauslösende Begünstigung darstellt,

- ob das rechtlich zwingende und zur Vermeidung von wirtschaftlichen Nachteilen gebotene Erfordernis einer Antragstellung in jedem Fall eine Gebührenerhebung rechtfertigt,

- ob der Rechtsgedanke des § 49 Abs. 6 VwVfG (Nachteilsausgleich bei Widerruf von Verwaltungsakten) die Gebührenerhebung insgesamt oder jedenfalls die Gebührenhöhe beeinflusst, etwa über § 14 Abs. 2 VwKostG (unrichtige Sachbehandlung),

- ob die einschlägigen Tarifstellen B. 7 richtig kalkuliert sind, insb. auf nachvollziehbaren Bemessungskriterien beruhen,

- ob der von dem Antragsteller selbst erbrachte Planungsaufwand bei der Suche nach geeigneten, nunmehr zugeteilten Ersatzfrequenzen die Gebührenbe- messung beeinflussen muss,

- ob eine abweichende gebührenrechtliche Handhabung der Antragsgegnerin bei der Zuteilung von (Ersatz-) Frequenzen an andere Rundfunkanstalten besteht und welche rechtlichen Schlussfolgerungen hieraus gegebenenfalls zu ziehen wären.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG (1/4 des streitigen Betrages).






VG Köln:
Beschluss v. 26.04.2001
Az: 25 L 187/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/67b7fd68db15/VG-Koeln_Beschluss_vom_26-April-2001_Az_25-L-187-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share