Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 24. Mai 2005
Aktenzeichen: I-20 U 175/04

(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 24.05.2005, Az.: I-20 U 175/04)

Tenor

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Gründe

Die Beklagte bietet über e-Bay Autoteile, u.a. Seitenschwelle und Stoßstangen, an. Der An- bzw. Einbau dieser Teile in ein Fahrzeug führt nach § 19 Abs. 2 S. 2 StVZO zum Erlöschen der Betriebserlaubnis. Dies ist nach § 19 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 StVZO dann nicht der Fall, wenn ein sogenanntes "Teilegutachten" eines Technischen Dienstes vorliegt, der Verwendungsbereich des Teilegutachtens eingehalten ist und der An- bzw. Einbau unverzüglich von einem Sachverständigen abgenommen wird. Andernfalls ist eine Betriebserlaubnis für das Fahrzeug (§ 21 StVZO) oder für Fahrzeugteile (§ 22 StVZO) einzuholen.

Die Beklagte hat Seitenschweller und Stoßstangen "mit Materialgutachten" beworben. Derartige Materialgutachten für die Hersteller von Autoteilen betreffen lediglich das Material, aus dem die fraglichen Autoteile hergestellt werden, und können - neben anderen Untersuchungen - Grundlage für die Erteilung von Teilegutachten sein.

Der klagende Verein meint, das Wort "Materialgutachten" sei missverständlich, es werde vom Verkehr ohne nähere Erläuterung vielfach als "Teilegutachten" verstanden.

Die Parteien haben den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte eine bestimmte Unterwerfungserklärung abgegeben hat.

Aus diesem Grunde ist nunmehr nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Sie sind der Beklagten aufzuerlegen, denn sie wäre mutmaßlich unterlegen gewesen, § 91a ZPO.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts stand dem klagenden Verein, dessen Aktivlegitimation gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG außer Frage steht (vgl. Köhler, in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., Einl. Rdnr. 2.29), der geltend gemachte Unterlassungsanspruch im Wesentlichen zu. Die Benutzung des Wortes "Materialgutachten" ohne nähere Erläuterung war irreführend. Der Antrag enthielt zwar - weitergehend - das Wort "Gutachten", auf Grund der Klagebegründung war jedoch hinreichend klar, dass in Wirklichkeit nur die Benutzung des Wortes "Materialgutachten" angegriffen werden sollte; soweit die Antragsfassung über "Materialgutachten" hinausgegangen ist, spielt dies für die Kosten deshalb keine Rolle.

Allerdings trifft das Wort "Materialgutachten" in der beanstandeten Werbung bei einer wortlautgemäßen Auslegung zu. Die von der Beklagten überlassenen gutachterlichen Stellungnahmen betreffen nämlich in der Tat das Material, aus dem die angebotenen Autoteile hergestellt werden. Dennoch war die Benutzung der Beklagten irreführend; die Irreführung findet auch keine Rechtfertigung in einem anderweitigen Informationsinteresse. Dem Begriff wird ein Sinn beigelegt, der über den Wortlaut hinausgeht, nämlich der Sinn von "Teilegutachten". Hiermit ist jedenfalls bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise zu rechnen.

a) Der An- und Einbau potentiell sicherheitsrelevanter Teile an ein Kraftfahrzeug führt nach § 19 Abs. 2 S. 2 StVZO zum Erlöschen der Betriebserlaubnis des Fahrzeuges. Dass die Anbringung nach Darstellung weitgehend zu "Showzwecken" geschieht, ist unerheblich, da nach dem Erlöschen der Betriebserlaubnis das Kraftfahrzeug nicht mehr auf öffentlichen Straßen benutzt werden darf, § 18 StVZO.

Nach § 19 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StVZO ist dies nur dann nicht der Fall, wenn unter anderem ein "Teilegutachten" vorliegt.

Demgegenüber ist ein "Materialgutachten" für den Käufer mehr oder minder wertlos. Nach § 21, § 22 Abs. 2 S. 4 StVZO ist das Fahrzeug bzw. Teil (wenn - wie hier - keine Allgemeine Betriebserlaubnis vorliegt, vgl. § 21 Abs. 2 S. 2, 3 StVZO) einem Sachverständigen vorzuführen, der es umfassend auf seine Verkehrssicherheit überprüft. Sodann ist von der Zulassungsbehörde eine Betriebserlaubnis zu erteilen. Des Weiteren kann verlangt werden, dass der An- bzw. Einbau von einem Sachverständigen abgenommen wird (§ 22 Abs. 1 S. 3 - 5 StVZO). Dies ist erheblich aufwändiger und kostenträchtiger. Dabei ist das "Materialgutachten" keine wesentliche Hilfe für den Käufer. Es ist nicht für ihn bestimmt und ersetzt kein "Teilegutachten". Bei der Erlangung einer Betriebserlaubnis ist es kaum behilflich; darin werden nur grundsätzlich die Eigenschaften des Materials geprüft, aus dem das Teil hergestellt wird, es ist nicht für das konkrete Erzeugnis ausgestellt. Darüber hinaus geht der TÜV ausweislich seines Schreibens vom 20. Oktober 2004 sowie der "Einzelanweisung und Erläuterungen gemäß § 13 Abs. 1 KfzSachvG" davon aus, dass derartige Materialgutachten vom Sachverständigen beim Verfahren nach § 22 i.V.m. § 21 StVZO nicht berücksichtigt werden dürfen.

Den "Autobastlern" ist vielfach bekannt, dass es durch den Ein- bzw. Anbau von Teilen zu Problemen mit der Betriebserlaubnis kommen kann. In diesem Zusammenhang ist es naheliegend, dass ihnen die Möglichkeit, die Betriebserlaubnis ohne großen Aufwand mit Hilfe eines "Gutachtens" zu erhalten, bekannt ist. Unter diesem Umständen liegt es für sie nahe, dass sie ein "Materialgutachten" als ein derartiges Gutachten ansehen werden.

Der Verweis der Beklagten auf ihre AGB reicht nicht aus. Denn es fehlt an einer unmittelbaren Verweisung, aus der sich ergibt, dass bei der Stelle, an die verwiesen wird, nähere Einzelheiten gerade auch zu diesem Punkt einzusehen sind (vgl. BGH WRP 2005, 480 - Epson-Tinte).

Wert des Berufungsverfahrens: 10.189,00 Euro.

Sch. F.






OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 24.05.2005
Az: I-20 U 175/04


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