Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 4. Juni 2009
Aktenzeichen: 4 U 19/09

(OLG Hamm: Urteil v. 04.06.2009, Az.: 4 U 19/09)

Tenor

Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 12. Dezember 2008 verkündete Urteil der VIII Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Antragstellerin vertreibt Druckerzubehör unter der Domain "Internetadresse" im Internet. Die Antragsgegnerin bietet gleichartige Produkte im Internet unter "Internetadresse" an.

Die Antragsgegnerin wirbt bei H zu dem Stichwort "Druckerpatronen" mit folgender Anzeige:

"Original-Druckerpatronen

innerhalb 24 Stunden

günstig €schnell €zuverlässig

"Internetadresse"

Die Anzeige ermöglicht einen Link zur Startseite des Internetauftritts der Antragsgegnerin unter der Domain "Internetadresse". Dort wird auf einen 24 Stunden Lieferservice wie folgt hingewiesen:

24 Stunden Lieferservice ohne Aufschlag

Artikel, die Sie bei uns bis 16.45 h. bestellen, gelangen noch am gleichen

Tag zum Versand und sind in der Regel am nächsten Tag (Mo-Sa) bei ihnen.

Auf der Startseite wirbt die Antragsgegnerin unter anderem mit dem Schlagwort

"beste Preise".

Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin wegen dieser Werbung mit Schreiben vom 4. November 2008 erfolglos abgemahnt. Sie hat gemeint, die Werbung mit einer Lieferung innerhalb 24 Stunden in den Google-Adwords sei irreführend. Die Lieferung binnen 24 Stunden werde nämlich keinesfalls garantiert, sondern der entsprechende Lieferservice werde nach den ergänzenden Angaben auf der Homepage an eine Bestellung bis 16.45 h. und eine Liefermöglichkeit von Montag bis Samstag geknüpft. Auch die Werbung mit dem Begriff "beste Preise" sei irreführend. Sie werde so verstanden, als ob die Antragsgegnerin generell die günstigsten Preise habe. Tatsächlich gebe es aber einige der angeboten Druckertinten bei anderen Anbietern zum Teil erheblich günstiger als bei der Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin hat mit dem am 21. November 2008 bei Gericht eingegangenen Verfügungsantrag von der Antragsgegnerin verlangt, es unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Verbrauchern

1) den Abschluss von entgeltlichen Verträgen über Druckerzubehör, insbesondere Tintenstrahldruckerpatronen und Lasertonkartuschen, mit der Behauptung "Original Patronen innerhalb 24 Stunden" zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne gleichzeitig bereits bei der Bewerbung in leicht erkennbarer Weise darauf hinzuweisen, dass diese Lieferzeit nur dann gelten soll, wenn die jeweilige Bestellung bis 16.45 h. erfolgt;

2) den Abschluss von entgeltlichen Verträgen über Druckerzubehör, insbesondere Tintenstrahldruckerpatronen und Lasertonkartuschen, mit der Behauptung "beste Preise" zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, sofern das fragliche Angebot nicht günstiger ist als die Angebote der Wettbewerber, wenn sie geschieht wie in der Anlage B 5.

Im Verfügungsverfahren hat die Antragstellerin gemeint, sie könne nach wie vor für sich die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG in Anspruch nehmen, weil sie binnen eines Monats nach Kenntniserlangung von der beanstandeten Werbung das Gericht angerufen habe. Sollte die beanstandete Werbung im Internet schon früher präsentiert worden sein, könne ihr das nicht entgegen gehalten werden, weil sie nicht zur Marktbeobachtung verpflichtet sei. Der Verbraucher verstehe die Anzeige bei H so, als wenn die Lieferung binnen 24 Stunden an keine weiteren Bedingungen geknüpft sei. Auch bei den besonders häufigen Bestellungen am späten Nachmittag oder frühen Abend erwarte er, dass er innerhalb des genannten Zeitraums die Ware erhalte, zumal die schnelle Lieferung so herausgestellt werde. Wenn der betreffende Verbraucher dann auf der Homepage von seiner Fehlvorstellung erfahre, habe sich die beabsichtigte Anlockwirkung bereits realisiert. Die nachträgliche Aufklärung könne die bereits erfolgte Irreführung nicht mehr beseitigen.

Mit der Werbung mit "beste Preise" nehme die Antragsgegnerin zu Unrecht eine Alleinstellung oder zumindest eine Spitzenstellung im Rahmen ihrer Preisgestaltung für sich in Anspruch. Ihr obliege es daher, darzulegen und glaubhaft zu machen, dass sie generell besonders preisgünstig sei. Daran fehle es aber. Dieser Obliegenheit könne sie insbesondere auch nicht dadurch genügen, dass sie auf einige Anbieter verweise, die für die entsprechenden Waren höhere Preise nähmen.

Die Antragsgegnerin hat sich gegen den Erlass der einstweiligen Verfügung verteidigt. Sie hat gemeint, es fehle schon an der Dringlichkeit, da zu vermuten sei, dass die Antragstellerin von der schon erheblich früher im Internet erfolgten Werbung dieser Art auch schon früher Kenntnis genommen habe. Die Werbung sei aber auch nicht wettbewerbswidrig. Für den durchschnittlich verständigen Verbraucher sei es nicht überraschend, sondern selbstverständlich, dass ein 24-Stunden-Lieferservice nicht ohne Einschränkung möglich sei. Die Antragsgegnerin verweist insoweit auf die Werbung der Versandhäuser T und O bei H mit einem 24-Stunden-Lieferservice. Auch von ihnen werde erst in den Lieferbedingungen mitgeteilt, dass die Bestellung vor 12.00 h. bzw. 14.00 h. erfolgen müsse, und zwar Montags bis Freitags. Im Übrigen wisse der Verbraucher auch, dass in den H-B nur sehr knapp und schlagwortartig informiert werden könne. Ausführlichere Informationen erwarte er auf der Startseite des Internetauftritts, auf die er durch einen Link geleitet werde. Dort werde sofort und noch vor einer Bestellung ausreichend klargestellt, unter welchen Voraussetzungen binnen 24 Stunden geliefert werden könne.

Die Antragsgegnerin hat es auch für zulässig gehalten, mit "beste Preise" zu werben, da sie das Druckerzubehör tatsächlich zu sehr günstigen Preisen anbiete. Verschiedene Internetshops verlangten für die entsprechenden Waren erheblich höhere Preise. Insoweit hat die Antragsgegnerin Preisvergleiche vorgelegt. Sie hat gemeint, es handele sich insoweit nicht um eine Alleinstellungswerbung, weil sie keinen Vergleich mit den Preisen der Mitbewerber vorgenommen habe. Der Verbraucher sehe darin auch keine Spitzenstellungswerbung, sondern nur eine werbliche Anpreisung. Selbst wenn man in der Formulierung mehr erblicke, sei darin nur ein Hinweis auf sehr gute Preise zu sehen. Auch dann sei die Werbeaussage aber richtig, weil die Antragsgegnerin sehr gute Preise anbiete.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei zwar zulässig, auch weil die erforderliche Dringlichkeit nach wie vor vermutet werde, aber unbegründet. Der Antragstellerin stehe kein Unterlassungsanspruch zu, weil weder die Werbung der Antragsgegnerin bei H betreffend die Lieferung binnen 24 Stunden noch die Werbeaussage "beste Preise" auf der Startseite der Antragsgegnerin irreführend seien. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Die Antragstellerin greift das Urteil mit der Berufung an, mit der sie ihre bisherigen Unterlassungsanträge in vollem Umfang weiter verfolgt. Sie hält die Werbung der Antragsgegnerin in den H-B nach der bisherigen Regelung ebenso wie nach neuem Recht für irreführend. Diese besage eindeutig, dass die angebotenen Druckerpatronen innerhalb von 24 Stunden an den Verbraucher ausgeliefert würden. Sie falle dem nach schnell zu liefernden Druckerpatronen suchenden Verbraucher ins Auge. Dieser suche daraufhin die Startseite der Antragsgegnerin auf und erfahre erst jetzt, dass die Liefermöglichkeit nur sehr eingeschränkt gelte. Bereits durch diesen Anlockeffekt wird der Verbraucher nach der Meinung der Antragsgegnerin irregeführt. Es treffe nicht zu, dass der Durchschnittsverbraucher wisse, dass die bezahlten Werbeanzeigen in den H-B aufgrund der zahlenmäßigen Beschränkung auf vier Zeilen schlagwortartige Aussagen enthielten, die in der Regel der Ergänzung bedürften. Der angesprochene Verbraucher wisse schon nichts von der räumlichen Beschränkung solcher Werbeanzeigen. Die Werbung in den H-B, die mit den klassischen Werbeformen zum Zwecke der Anlockung von Kunden vergleichbar sei und diesen gegenüber nicht privilegiert werden dürfe, müsse bereits alle Informationen enthalten, die zur vollständigen und umfassenden Aufklärung erforderlich seien. Der Werbende könne dort nicht massiv übertreiben, um dann die Übertreibungen auf seiner Startseite richtig zu stellen. Er könne sich nicht auf die begrenzte Werbefläche berufen, wenn er gerade diese Werbeform wähle, um auf sich aufmerksam zu machen. Deshalb könne es auch dahin stehen, ob die entsprechende Werbeanzeige, die der Ergänzung bedürfe, jedenfalls im Wesentlichen zutreffend sei oder nicht. Im Übrigen sei sie aber auch nicht im Wesentlichen zutreffend, sondern stelle sich als objektive Falschaussage dar. Denn es gebe keine generelle €auch am Sonntag mögliche- "Lieferung innerhalb 24 Stunden", sondern nur eine Liefermöglichkeit mit erheblichen Einschränkungen, die damit nicht in Übereinstimmung zu bringen sei. An der dadurch bedingten Irreführung könne auch die anschließend auf der Startseite des Internetauftritts der Antragsgegnerin erfolgte Aufklärung nichts ändern. Denn der durchschnittlich aufmerksame Verbraucher werde durch die unrichtige Werbeaussage und das darin liegende besondere Verkaufsargument besonders angelockt. Er interessiere sich für die Waren der Antragsgegnerin und deren Internetauftritt, der nur einen Klick entfernt sei. Die einmal eingetretene Irreführung werde durch die nachfolgende Aufklärung durch einen klarstellenden Hinweis auf der Startseite wegen der vom Gesetz missbilligten Anlockwirkung nicht wieder beseitigt. Es könne dabei auch nicht differenziert werden zwischen der Wirkung eines Anlockens in ein Geschäftslokal und der Wirkung im Fall eines Anlockens auf die Startseite eines Internetshops. Auch wenn der angelockte Interessent auf der Startseite von der Einschränkung der Werbeaussage erfahre, habe er das Angebot des Werbenden bereits näher betrachtet, das er sonst möglicherweise unbeachtet gelassen hätte. Ein solches Anlocken sei auch im Falle von Internetangeboten ausreichend für eine Irreführung.

Es könne nicht darauf abgestellt werden, dass er den Internetshop der Antragsgegnerin nach der erfolgten Aufklärung sofort wieder verlasse.

Die Antragstellerin hält auch nach wie vor die Werbung mit der Aussage "beste Preise" auf der Startseite der Antragsgegnerin nach altem und neuem Recht für irreführend. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handele es sich dabei nicht um eine bloße Anpreisung der Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin, sondern um eine positive Werbeaussage in Form einer Tatsachenbehauptung, die als besonderes Verkaufsargument gegenüber den Interessenten benutzt werde. Die Antragsgegnerin nutze diese Werbeaussage zu Preisen für ihr gesamtes Produktangebot. Für den durchschnittlich verständigen Verbraucher erscheine es nachprüfbar, ob diese Aussage zur besonderen Preisgünstigkeit von der Antragsgegnerin auch eingehalten werde oder nicht. Das Landgericht habe bei seiner Entscheidung im Übrigen auch die Beweislast verkannt. Im Rahmen der in dieser Werbeaussage liegenden Spitzenstellungswerbung sei die Antragsgegnerin verpflichtet, unter Berücksichtigung der Marktlage darzulegen und gegebenenfalls auch zu beweisen, worauf sie diese Behauptung stütze. Der Antragsgegnerin sei es aber im Rahmen dieser Obliegenheit nicht gelungen, die Richtigkeit der Behauptung, dass sie innerhalb der Spitzengruppe der Druckerzubehöranbieter mit zu den günstigsten Preisen anbiete, auch nur annähernd glaubhaft darzulegen. Mit den von ihr zum Zwecke des Preisvergleichs herangezogenen Internetshops habe sich die Antragsgegnerin nicht vergleichen dürfen. Sie seien größtenteils unbekannt und hätten nicht zur Spitzengruppe gehört, auf die sich nach der Einschätzung der Verbraucher die Preiswerbung der Antragsgegnerin bezogen habe. Sie, die Antragstellerin, habe im Gegenteil glaubhaft machen können, dass die Antragsgegnerin einer solchen Spitzengruppe gerade nicht angehöre.

Die Antragsgegnerin verteidigt das angefochtene Urteil. Nach ihrer Auffassung stellt die streitgegenständliche H-Anzeige keine irreführende Werbung dar. Solche Werbung sei mit klassischen Werbeanzeigen nicht vergleichbar. Die Anzeigen dürften im Titel maximal 25 Zeichen, im Text maximal 35 Zeichen enthalten. Deshalb müsse sich der Werbende auf eine kurze prägnante Aussage in seiner Werbung beschränken. Die sei nicht irreführend, wenn sie wie hier im Wesentlichen zutreffend

sei. Die Antragstellerin habe insoweit nicht nur das Landgericht missverstanden, sondern auch die BGH-Entscheidung EG-Neuwagen II. Ganz im Gegensatz zur Antragstellerin wickele sie, die Antragsgegnerin, die Bestellungen auch ganz weitgehend innerhalb von 24 Stunden ab. Das Landgericht habe auch zutreffend angenommen, dass es an einem rechtlich relevanten Anlockeffekt fehle. Die von der Antragstellerin erwähnte nähere Betrachtung des Angebots reiche insoweit nicht aus.

Auch die Werbung mit der Aussage "beste Preise", die nicht mehr weiter verfolgt werde, sei nicht irreführend gewesen. Das Landgericht sei insoweit zutreffend von einer reinen Anpreisung ausgegangen. Dem könne die Antragstellerin nicht mit Erfolg die exponierte Darstellung im Rahmen der Werbung entgegen halten. Im Rahmen der Erörterungen zur Beweislast verweist die Antragsgegnerin darauf, dass sie ausführlich dargelegt und glaubhaft gemacht habe, dass und warum ihre Preise eine Spitzenstellung einnehmen.

II.

Die Berufung der Antragstellerin ist unbegründet. Den Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, weil in Bezug auf beide Anträge keine irreführende Werbung vorliegt.

1) Es ist fraglich, ob der Unterlassungsantrag zu 1) bestimmt genug ist im Sinne des § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Die Antragstellerin hat durch die Art der Antragsfassung deutlich gemacht, dass sie die Irreführung darin sieht, dass nicht schon in der B-Werbung bei H darauf hingewiesen wird, dass die Lieferzeit von 24 Stunden nur dann gelten soll, wenn die jeweilige Bestellung bis 16.45 Uhr erfolgt. Das hat zur Folge, dass es etwa auf die fehlende Information über die ausbleibende Lieferung am Sonntag nicht ankommen soll. Wie bei jeder Irreführung sollte aber auch in diesem Fall die konkrete Verletzungshandlung in den Antrag einbezogen werden, weil es auf die beanstandete Werbung in ihrem Gesamtzusammenhang entscheidend ankommt. Außerdem fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Antragsgegnerin für sich werben lässt. Insoweit hat der Senat eine vorherige Antragskorrektur aber nicht empfohlen, weil der Unterlassungsanspruch ohnehin nicht begründet ist.

Beim Antrag zu 2) hat die Antragstellerin die konkrete Verletzungshandlung einbezogen. Sie hat damit deutlich gemacht, dass sie die Verwendung der Aussage "beste Preise" innerhalb des Internetauftritts für irreführend hält. Sie erstrebt insoweit gerade kein Insgemeinverbot.

2) Der Verfügungsgrund wird angesichts der behaupteten Wettbewerbsverstöße nach § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Es sind auch keine Anhaltspunke dafür erkennbar, dass die Vermutung dadurch widerlegt sein könnte, dass sich die Antragstellerin zu viel Zeit mit der Rechtsverfolgung genommen hat. Die Antragstellerin hat nach ihren unwiderlegten Angaben am 4. November 2008 Kenntnis von der beanstandeten Werbung erhalten. Für eine frühere Kenntnisnahme spricht nicht, dass schon seit längerer Zeit in der beanstandete Weise im Internet geworben wurde. Die Antragstellerin hatte insoweit keine Marktbeobachtungspflicht. Die Antragsgegnerin hat im Berufungsverfahren folgerichtig auch nicht mehr auf die fehlende Dringlichkeit abgestellt.

3) Im Hinblick auf den Antrag zu 1) besteht kein Unterlassungsanspruch der Antragstellerin aus §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 UWG, weil die beanstandete Werbung in den H-B keine relevante irreführende Angaben über die Bedingungen, unter denen die Waren geliefert werden, zum Gegenstand gehabt hat, und zwar in Anbetracht der inzwischen eingetretenen Gesetzesänderung weder nach der alten noch nach der neuen Fassung der Vorschrift.

a) Die Antragstellerin ist ohne Zweifel als Mitbewerberin nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG antragsbefugt.

b) Die Antragsgegnerin hat mit den beanstandeten Aussagen in den H-B schon keine unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne des § 3 UWG a.F. vorgenommen. Deshalb kommt es auch nicht mehr entscheidend darauf an, dass sich das beanstandete Verhalten auch nicht als eine unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne des § 3 UWG n.F. darstellt.

c) Nach altem Recht hätte die Antragsgegnerin unlauter gehandelt, wenn sie irreführend geworben hätte. Eine Werbung ist irreführend in diesem Sinne, wenn die in ihr enthaltenen Angaben über die Lieferbedingungen bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen unrichtigen Eindruck hervorrufen, der für die spätere Kaufentscheidung relevant sein kann. Das ist hier aber nicht der Fall.

aa) In der Behauptung "Original-Druckerpatronen innerhalb 24 Stunden" in den H-B ist eine Maßnahme der Förderung des eigenen Absatzes und damit eine Werbung zu sehen. Die beanstandete Werbeaussage der Antragsgegnerin ist auch eine Information tatsächlicher Art, die inhaltlich nachprüfbare Aussagen über die Lieferzeit enthält, und damit eine Angabe, die in diesem Zusammenhang auch besonders ernst genommen wird.

bb) Die schlagwortartigen Werbeaussage zur Lieferung "innerhalb 24 Stunden" ist aber keine irreführende Angabe im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.. Dabei kommt es darauf an, wie die angesprochenen Verbraucher, die im Internet Druckerpatronen kaufen wollen, die Werbeaussage verstehen. Zwar mag ein Teil der Verbraucher Erfahrungen mit dem 24-Stunden-Lieferservice anderer Unternehmen gemacht haben und daher wissen, dass es wegen der erforderlichen Lieferung durch Versandunternehmen in der Regel zu zeitlichen Beschränkungen kommen muss. Diese Verbraucher können sich dann denken, dass die Angabe wegen des begrenzten Platzes unvollständig ist und sie weitere Einzelheiten im Internetauftritt der Antragsgegnerin erfahren. Der durchschnittlich aufmerksame und interessierte Verbraucher, auf den es ankommt, mag auch ohnehin wissen, dass am Sonntag nicht geliefert wird. Das ändert aber nichts daran, dass die Herausstellung der Lieferung innerhalb 24 Stunden ohne "wenn und aber" Verbrauchern wie eine Garantie erscheint, die den besonderen Vorzug des Angebots von "Internetadresse" bilden könnte. Jedenfalls ein nicht unmaßgeblicher Teil der angesprochenen Verbraucher nimmt den eindeutigen Wortlauf für bare Münze und entnimmt der beanstandeten Aussage deshalb, dass es in allen Fällen zu einer Lieferung innerhalb 24 Stunden kommt, insbesondere auch, wenn er am frühen Abend bestellt. Dieser Eindruck ist aber schon deshalb unrichtig, weil die Lieferung innerhalb 24 Stunden nach den eigenen Angaben auf der Startseite der Antragsgegnerin voraussetzt, dass die Bestellung bis 16.45 Uhr erfolgt. Diese Unrichtigkeit ist auch nicht zwangsläufige medienbedingte Folge des zur Verfügung stehenden Zeilenangebots, denn die Antragsgegnerin hätte Angaben zu Lieferzeiten auch in knapper Form so formulieren können, dass eine solche Fehlvorstellung bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher nicht hätte entstehen können. Auch ein beengter Raum kann keinen Freibrief für eine irreführende Werbung geben.

cc) Die so bewirkte Fehlvorstellung reicht aber für die Annahme einer Irreführung nicht aus, weil die Verbraucher bei dem Link auf die Startseite der Antragsgegnerin sofort von der maßgeblichen Einschränkung der erforderlichen Bestellung bis 16.45 Uhr erfahren, also nachträglich aufgeklärt werden. Regelmäßig reicht es zwar für die Gefahr einer Irreführung aus, wenn sich der Verkehr als Folge der unrichtigen Angabe überhaupt erst und näher mit dem Angebot des Werbenden befasst. Aufklärende Hinweise in einem nachfolgenden Werbetext können die durch gesonderte Werbeaussagen eingetretene Irreführung im Hinblick auf die missbilligte Anlockwirkung in der Regel dann nicht mehr beseitigen(vgl. Piper/Ohly, UWG, 4. Auflage, § 5 Rdn. 115, 212). Diese für die herkömmlichen Werbeformen aufgestellten Grundsätze können allerdings für den hier vorliegenden Fall der Werbung bei H-B nicht übernommen werden. Denn die verknappte schlagwortartige Werbung bei Google steht in einem kaum trennbaren Zusammenhang mit der klarstellenden Werbeaussage auf der Startseite der Antragsgegnerin, auf die der Verbraucher stets gelangt, wenn er sich näher auf das Angebot einlassen will. Dort erfährt er sofort in nicht zu übersehender Weise die Einschränkung und wird in der erforderlichen Weise aufgeklärt, bevor er eine Kaufentscheidung treffen kann. Der Fall kann nicht anders behandelt werden als der Fall einer Blickfangwerbung. Die Werbung der Antragsgegnerin bei H-B ist hier aber keine dreiste Lüge, sondern vielmehr ein Fall, in dem in der schlagwortartigen Aufmerksamkeitswerbung nur die halbe Wahrheit mitgeteilt wird. In einem solchen Fall scheidet eine Irreführung schon dann aus, wenn der Betrachter durch einen deutlichen Sternchenhinweis zu dem aufklärenden Hinweis geführt wird (Hefermehl/ Bornkamm, UWG, 27. Auflage, § 5 Rdn, 2.98). Hier wird für Interessenten an Druckerpatronen bei Google besonders herausgestellt, dass binnen 24 Stunden geliefert wird. Die Einschränkung, dass die Bestellung dann aber bis 16.45 Uhr erfolgen muss, wird dagegen erst im eigenen Internetauftritt mitgeteilt. Zu dem aufklärenden Hinweis wird der Verbraucher zwar nicht per Sternchenhinweis geführt, aber mit einem Link, den er benutzen muss, um näheres über das Angebot zu erfahren, den er somit zwangsläufig benutzen muss. Es bleibt somit nur die Anlockwirkung, dass ein Teil der Verbraucher die Startseite der Antragsgegnerin aufsucht, der es sonst nicht getan hätte. Diese Wirkung ist aber nicht damit zu vergleichen, dass ein Interessent durch eine unrichtige Werbeaussage in das Geschäft des Werbenden gelockt wird. So sekundenschnell, wie der Internetnutzer zu der Startseite gelangt ist, verlässt er sie auch wieder, wenn er erkennt, dass eine solche Lieferzeit ihm nichts nutzt. In der Tatsache, dass er die Seite überhaupt angesehen hat, ist in der flüchtigen Welt des Internets kein nur annähernd vergleichbarer Wettbewerbsvorteil zu sehen wie beim Locken in ein Geschäft. Es ist in diesem Fall unwahrscheinlich, dass der Kaufinteressent nur deshalb dort bestellt, weil er sich nun einmal auf der Seite befindet oder sich auf den Erwerb anderer Waren einlässt. Die geringere Beeinflussung des Wettbewerbs ist hier jedenfalls im Rahmen einer Interessenabwägung in der Weise zu berücksichtigen, dass eine in der Anlockwirkung liegende mögliche Beeinträchtigung der Mitbewerber außer Betracht zu bleiben hat (vgl. Hefermehl/Bornkamm, a.a.O. Rdn. 2.192 ff., 2.196 unter Hinweis auf BGH GRUR 1999, 1122, 1124 €EG-Neuwagen I und BGH GRUR 1999, 1125,1126 €EG-Neuwagen II).

4) Die Antragstellerin hat auch wegen der im Internet verwandten Werbeaussage "beste Preise" aus §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 UWG a.F. keinen Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin.

a) Bei der Aussage "beste Preise" auf der Startseite des Internetauftritts der Antragsgegnerin handelt es sich gleichfalls um Werbung, deren Unterlassung die Antragstellerin als Mitbewerberin verlangen kann, wenn sie irreführend wäre.

b) Eine Werbung mit Angaben über Preise ist nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG irreführend, wenn bei den angesprochenen Verbrauchern durch zur Täuschung geeignete Angaben ein Eindruck erweckt wird, der nicht den Tatsachen entspricht.

aa) Die angesprochenen Verbraucher sehen in der Aussage "beste Preise" auch in Zusammenhang mit den weiteren Aussagen "alles ab Lager lieferbar", "nur ORIGINAL-Ware und Lieferung in 24 Stunden durch "H1" auch nicht nur eine werbliche Anpreisung, der sie keinerlei Bedeutung beimessen. Zwar rechnen sie gerade in Zusammenhang mit einer pauschalen Preiswerbung, die sich nicht auf einzelne Artikel bezieht, mit Übertreibungen, die in diesem Werbebereich üblich sind. Das ändert aber nichts daran, dass sie der sie besonders interessierenden Werbebehauptung einen Tatsachenkern beimessen. Sie sehen darin allerdings keine Alleinstellungswerbung wie bei "Der beste Preis der Stadt" oder "Best price in town" (vgl. Senat 4 U 126 / 05; 4 U 175 / 06; OLG Köln OLGR 2006, 318). Der fehlende Artikel macht ihnen deutlich, dass es nicht um die besten Preise allgemein oder in einem bestimmten Zusammenhang gehen soll. Es soll kein Vergleich mit den Preisen der Konkurrenten vorgenommen werden wie bei "ist billiger" (OLG Zweibrücken) oder mit früheren eigenen Preisen wie bei "Radikal gesenkte Preise" (BGH GRUR 1979, 781). Der Verkehr sieht in einer solchen Werbung vielmehr, dass es sich allgemein um "beste Preise" im Sinne von "sehr gute Preise" handelt und dass die Antragsgegnerin im Vergleich mit entsprechenden Produkten anderer Internetanbieter zur Spitzengruppe der Anbieter mit einem günstigen Preis-Leistungsverhältnis gehört.

bb) Diese Verbrauchervorstellung ist aber nicht unrichtig. Die Darlegungs- und Beweislast für die Unrichtigkeit der Spitzengruppenwerbung liegt hier bei der Antragstellerin, die nicht die bei einer Alleinstellungswerbung möglichen Beweisschwierigkeiten hat. Sie kann die Preisvergleiche vielmehr selbst durch das Studium der entsprechenden Internetangebote vornehmen. Der Antragsgegnerin hat allenfalls nach Treu und Glauben im Sinne einer Darlegungsobliegenheit vorzutragen, wie sie zu der Entschätzung gekommen ist, dass sie "beste Preise" hat. Dieser Obliegenheit ist die Antragsgegnerin ausreichend nachgekommen. Sie hat unter Vorlage von Preisvergleichen vorgetragen, dass sie ihre Druckerpatronen zu sehr viel günstigeren Preisen anbietet als eine Reihe von namhaft gemachten anderen Anbietern. Die Antragstellerin hat demgegenüber nicht glaubhaft machen können, dass dieser Vortrag unrichtig ist. Sie hat zwar dargelegt, dass bei bestimmten Artikeln andere Anbieter wie U.com bestimmte Patronen zu etwas günstigeren Preisen anbieten. Das reicht aber für sich nicht für den Schluss aus, die Antragsgegnerin gehöre deshalb nicht zur Spitzengruppe derer, die im Allgemeinen im Vergleich zu den Durchschnittspreisen günstigen Preisen anbieten. Auf einem solchen Markt ist es überhaupt nicht möglich, immer die günstigsten Preise zu haben und der Verbraucher erwartet das auch bei sehr guten Preisen nicht. Das Landgericht hat mit zutreffenden Aussagen zu dem nach dem Parteienvortrag feststellbaren Preisgefüge eindrucksvoll untermauert, dass die Antragsgegnerin eher zur Spitzengruppe gehört. Es gibt im Rahmen der Preisvergleiche sehr viel teurere Preise von Anbietern, aber nur in Einzelfällen etwas günstigere Preise.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO.






OLG Hamm:
Urteil v. 04.06.2009
Az: 4 U 19/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6395fd523ffe/OLG-Hamm_Urteil_vom_4-Juni-2009_Az_4-U-19-09




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share