Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Juli 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 272/00

(BPatG: Beschluss v. 31.07.2002, Az.: 26 W (pat) 272/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Gegen die für die Waren und Dienstleistungen

"Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Reise- und Handkoffer, Regenschirme, Sonnenschirme, Spazierstöcke; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Spiele, Spielzeug, Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Veranstaltung von Reisen, insbesondere von Kreuzfahrten und Ausflugsfahrten; Transportwesen"

unter der Nummer 397 45 076 eingetragene Wortmarke AIDA ist Widerspruch eingelegt worden aus der Marke 174 903 AIDA, die für die Waren

"Garne"

geschützt ist. Der Widerspruch richtet sich nur gegen die Waren "Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen" der angegriffenen Marke.

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die angegriffene Marke für die Waren "Bekleidungsstücke" gelöscht und im übrigen den Widerspruch zurückgewiesen. Die Widersprechende habe die bestrittene Benutzung ihrer Marke für die Waren "Häkelgarne" glaubhaft gemacht. Die Markenwörter seien identisch. Die Waren "Garne" seien nach ständiger Rechtsprechung den Waren "Bekleidungsstücke" ähnlich. Dies gelte auch hinsichtlich "Häkelgarnen", da auch aus diesem Material Bekleidungsstücke hergestellt würden. Im vorliegenden Fall liege jedenfalls eine geringe Ähnlichkeit der zu vergleichenden Waren vor. Wegen der übereinstimmenden Marken reiche dies aus, um eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr zu begründen. Etwas anderes gelte hinsichtlich der weiteren von der jüngeren Marke umfaßten Waren und Dienstleistungen. Zwischen ihnen und den Waren der Widerspruchsmarke bestünden keinerlei Berührungspunkte.

Hiergegen wendet sich die Inhaberin der jüngeren Marke mit der Beschwerde. Von einer Ähnlichkeit zwischen "Garnen" und "Bekleidungsstücken" könne nicht ohne weiteres auf eine Ähnlichkeit zwischen "Häkelgarnen" und "Bekleidungsstücken" geschlossen werden. Aus "Häkelgarnen" würden keine Bekleidungsstücke hergestellt. Vielmehr würden die Häkelgarne von den Stoffherstellern zu Stoffen verarbeitet.

Die Inhaberin der jüngeren Marke beantragt sinngemäß, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. August 2000 aufzuheben, soweit die zeichenrechtliche Übereinstimmung der jüngeren Marke mit der Widerspruchsmarke festgestellt und die Löschung der jüngeren Marke angeordnet wurde.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die Vergleichswaren für ähnlich. Das unter der Widerspruchsmarke vertriebene Häkelgarn finde für Heimtextilien und Bekleidung Verwendung.

II.

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist unbegründet. Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht die Gefahr klanglicher und schriftbildlicher Verwechslungen gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Dabei ist die Gefahr markenrechtlicher Verwechslungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, die zueinander in Beziehung stehen, umfassend zu beurteilen. Zu diesen maßgeblichen Umständen gehören insbesondere die Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 1995, 216, 219 - Oxygenol II). Diese Feststellungen haben im vorliegenden Fall zur Folge, daß bereits ein deutlicher Abstand der zu vergleichenden Waren und eine mittlere Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr führen, da die Vergleichsmarken klanglich und schriftbildlich übereinstimmen. Je näher sich nämlich die Marken stehen, desto größer ist die Gefahr von Verwechslungen, da die Systematik des Markenrechts eine gegenseitige Wechselwirkung von Marken- und Warenähnlichkeit bedingt (BGH Mitt 1995, 107 - Oxygenol II; GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND; BlPMZ 1999, 112, 114 - LIBERO).

Im Rahmen der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist auf seiten der jüngeren Marke nur noch von "Bekleidungsstücken" auszugehen, denn nur insoweit ist die Inhaberin der jüngeren Marke beschwert. Auf der Seite der Widerspruchsmarke befinden sich laut Registerlage "Garne". Im Rahmen der auf die zulässige Einrede mangelnder Benutzung (§ 43 Abs 1 MarkenG) vorgelegten Benutzungsunterlagen hat die Widersprechende eine Benutzung für die Ware "Häkelgarne" vorgetragen, die von der Inhaberin der jüngeren Marke als glaubhaft gemacht anerkannt worden ist. "Häkelgarne" aber fallen unter den Oberbegriff "Garne". Sie lassen sich im Rahmen der Integrationsprüfung (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 26 Rdnr 105 ff) auch zwanglos in diesen Oberbegriff integrieren. Der Oberbegriff "Garne" und die konkret eingesetzte Ware "Häkelgarne" gehören nämlich dem gleichen Bereich (Althammer/Ströbele, aaO, Rdnr 107) an, weil sie in ihren Eigenschaften und Zweckbestimmungen übereinstimmen. Beide Waren sind Garne, aus denen die unterschiedlichsten Produkte hergestellt werden können. Auch aus Häkelgarnen lassen sich entgegen der Meinung der Markeninhaberin Bekleidungsstücke herstellen, wie dies die Modewelle der siebziger Jahre gezeigt hat. Letztlich bedarf dies im vorliegenden Fall aber keiner abschließenden Klärung, da die Ähnlichkeit auch bei einem Vergleich von "Häkelgarnen" und "Bekleidungsstücken", aber auch bei der von der Markeninhaberin hilfsweise erklärten Einschränkung der Ware "Bekleidungsstücke" auf "Sportbekleidungsstücke, ausgenommen gehäkelte und gestrickte" zu bejahen ist. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH (GRUR 2001, 507 - EVIAN/REVIAN, GRUR 1999, 245 - Libero) sind nämlich bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Waren alle maßgeblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere die Art der Waren, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren (EuGH GRUR 1998, 922 - Canon). Danach ist auch bei der Untergruppe der "Häkelgarne" genauso wie bei den Garnen davon auszugehen, daß eine Ähnlichkeit mit "Bekleidungsstücken" besteht. Bekleidungsstücke, aber auch Sportbekleidungsstücke werden aus Garnen im weitesten Sinne hergestellt. Dazu können je nach der beabsichtigten Optik auch Häkelgarne gehören, weil diese stärker gezwirbelt und geglättet sind. Anders als die Inhaberin der jüngeren Marke ausführt, werden aus Häkelgarnen nicht nur Deckchen usw hergestellt, sondern auch Pullis, Schals, Jacken und Ponchos. Dabei kann zugunsten der Inhaberin der jüngeren Marke unterstellt werden, daß der Ähnlichkeitsbereich nicht sehr eng ist.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bewegt sich mangels anderer Anhaltspunkte zumindest im mittleren Bereich, da ihr im Hinblick auf die eingetragenen Waren kein beschreibender, die Kennzeichnungskraft unter Umständen schwächender Sinngehalt inne wohnt.

Angesichts der jedenfalls noch zu bejahenden Warenähnlichkeit und der mittleren Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke besteht insgesamt eine relevante Verwechslungsgefahr.

Gründe: dafür, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen (§ 71 Abs 1 MarkenG), sind nicht ersichtlich.

Albert Reker Eder Bb






BPatG:
Beschluss v. 31.07.2002
Az: 26 W (pat) 272/00


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