Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Juni 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 376/00

(BPatG: Beschluss v. 12.06.2002, Az.: 29 W (pat) 376/00)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. August 2000 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 492 017 in vollem Umfang zurückgewiesen worden ist.

2. Die teilweise Löschung der Marke 398 37 611 wird angeordnet und zwar für die Waren und Dienstleistungen:

"elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung".

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die für die Waren und Dienstleistungen

"elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Werbung und Geschäftsführung; Finanzwesen; Immobilienwesen; Bauwesen; Installation, Wartung und Reparatur von Einrichtungen für die Telekommunikation; Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen sowie entsprechenden elektronischen Medien (einschließlich CD-ROM und CD-I); Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation"

eingetragene Marke Nr. 398 37 611

"T-Excelion"

ist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke Nr. 000492017

"EXCELLON", die für die Waren und Dienstleistungen

"7 - Bohrmaschinen, Profilfräsmaschinen und kombinierte Bohrmaschinen und Profilfräsmaschinen für Leiterplatten;

9 - Optische Programmier- und Inspektionsmaschinen für die Erarbeitung von Programmen zur Leiterplattenfertigung durch Bohrmaschinen, Profilfräsmaschinen und kombinierte Bohrmaschinen und Profilfräsmaschinen;

37 - Wartung und/oder Reparatur von Maschinen"

geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch durch Beschluß vom 23. August 2000 zurückgewiesen, weil keine Gefahr von Verwechslungen der jüngeren Marke mit der älteren Marke bestehe. Zwar könnten die gegenseitigen Waren und Dienstleistungen im engsten Ähnlichkeitsbereich liegen oder sogar teilweise identisch sein, jedoch sei selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben. Der Gesamteindruck der Marken sei verschieden. Die Zeichen in ihrer eingetragenen und unverkürzten Form seien unter keinem Gesichtspunkt verwechselbar, weil der Buchstabe "T" am Beginn der angegriffenen Marke nicht zu überhören oder zu übersehen sei. Verwechslungen seien lediglich denkbar, wenn das Wort "Excelion" den Gesamteindruck der jüngeren Marke präge. Dies sei aber nicht der Fall, weil kein Anlaß erkennbar sei, den durch einem Bindestrich mit dem weiteren Wort "Excelion" verbundenen Buchstaben "T" wegzulassen und sich allein an dem Wort "Excelion" zu orientieren. Der wegen seiner Stellung am Markenanfang auffällige Buchstabe "T", der mit einem Bindestrich mit dem folgenden Wort verbunden sei, werde nicht abgetrennt. Die Kombination gebe der angegriffenen Marke vielmehr einen wesentlich härteren Gesamtklang und habe eine deutlich größere Zeichenlänge zur Folge.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Die gegenseitigen Waren und Dienstleistungen seien teilweise identisch oder lägen im engsten Ähnlichkeitsbereich, so daß geringe Abweichungen die Verwechslungsgefahr nicht ausschließen könnten. Das Wort "Excelion" präge entgegen der Meinung der Markenstelle den Gesamteindruck der jüngeren Marke. Der Buchstabe "T" stelle die bekannte Firmenkennzeichnung der Inhaberin der jüngeren Marke dar, die auch als Bestandteil einer Markenfamilie verwendet werde. Nach der "Prägetheorie" des Bundesgerichtshofs werde die Firmenkennzeichnung meist weggelassen und der Verkehr orientiere sich an dem weiteren Bestandteil, hier dem Wort "Excelion". Die Wörter "Excelion" und "Excellon" unterschieden sich klanglich und schriftbildlich nur ganz geringfügig, weil die Verdoppelung des "l" in der Widerspruchsmarke und das zusätzliche "i" in der angegriffenen Marke den Gesamteindruck nur geringfügig veränderten. Auch die Voranstellung des Buchstaben "T" könne den klanglichen Gesamteindruck der jüngeren Marke wegen der übrigen übereinstimmenden Merkmale nicht so stark beeinflussen, daß die Marken sicher zu unterscheiden seien. Insbesondere sei von einer mittelbaren Verwechslungsgefahr auszugehen, weil die Marke der Widersprechenden mit dem Unternehmen der Inhaberin der jüngeren Marke gedanklich in Verbindung gebracht werde.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke im Umfang der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen anzuordnen.

Der Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II 1. Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig und teilweise erfolgreich. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken im Umfang der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen der sich gegenüberstehenden Marken die Gefahr von Verwechslungen gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs 1 Nr. 2 MarkenG. Im übrigen ist die Beschwerde bereits mangels Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen zurückzuweisen.

2. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Markenrichtlinie, die für die Auslegung der in Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung erlassenen Vorschrift des § 9 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von maßgeblicher Bedeutung ist, ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zu den dabei maßgeblichen Umständen gehören insbesondere der Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke, die gedankliche Verbindung, die das jüngere Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken und zwischen den damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese hervorrufen, wobei insbesondere die sie dominierenden und unterscheidenden Elemente zu berücksichtigen sind. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 1996, 198 - Springende Raubkatze; GRUR 1996, 200 - Innovadiclophont). Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert auch eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - CANON; GRUR Int. 2000, 899 - Adidas/Marca Moda; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 2002, 167 - Bit/Bud mwN). Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend überwiegend die Gefahr von Verwechslungen gegeben.

2.1 Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sind nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - CANON; GRUR Int. 1999, 734 - Lloyds/Loint's; BGH GRUR 99, 731 - CANON II; WRP 1998, 747, 749 - GARIBALDI; WRP 2000, 1152, 1153 - PAPPAGALLO; WRP 2001, 694, 695 - EVIAN/REVIAN). Auch die maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge, wie Herstellungsstätte und Vertriebswege, Stoffbeschaffenheit und Zweckbestimmung oder Verwendungsweise sind relevante Gesichtspunkte.

2.1.1. Hinsichtlich des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 492 017 gilt hier demnach:

Die Waren der angegriffenen Marke sind mit den Waren der Widerspruchsmarke teilweise identisch bzw. ähnlich, nämlich "elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und - instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten" einerseits und "optische Programmier- und Inspektionsmaschinen für die Einarbeitung von Programmen zur Leiterplattenfertigung durch Bohrmaschinen, Profilfräsmaschinen und kombinierte Bohrmaschinen und Profilfräsmaschinen" andererseits.

Die durch die Widerspruchsmarke beanspruchten Programmier- und Inspektionsmaschinen arbeiten mit Hilfe von optischen Meßwertaufnehmern, die zur Abtastung von Vorlagen dienen. Sie können mithin als optische Meß- oder Kontrollapparate bzw. - instrumente bezeichnet werden, so daß insoweit Identität mit diesen Waren zugrunde zu legen ist. Mit den "elektrischen bzw. elektronischen (...)apparaten und - instrumenten" sind sie noch hochgradig ähnlich, da letztere sich nur durch die Art der Meßwertaufnahme von optischen Apparaten und Geräten unterscheiden, jedoch beide dieselbe Funktion, nämlich die Messung, Kontrolle und Überwachung von Daten, ausüben.

Ein hoher Grad an Ähnlichkeit besteht auch hinsichtlich der "Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Daten" der jüngeren Marke, da es sich bei den Waren der Widerspruchsmarke um Maschinen handelt, mit deren Hilfe Daten aufgenommen und (intern) weiterverarbeitet werden. Entsprechendes gilt für die "Datenverarbeitungsgeräte und Computer" der angegriffenen Marke und den damit in engstem Zusammenhang stehenden "maschinenlesbaren Datenaufzeichnungsträgern". Denn bei den Waren der Widerspruchsmarke wird aus den mittels optischer Meßwertaufnehmer erhaltenen Daten ein Programm erzeugt, das die Bohr- und Fräsdaten enthält und die für die Leiterplattenbearbeitung verwendeten Werkzeuge steuert. Sie gehen zwar über die Funktion eines reinen Datenverarbeitungsgerätes bzw. Computers hinaus, enthalten jedoch ein solches für die oben beschriebene Umwandlung von optischen Meßwerten in Steuerbefehle für spezielle Werkzeuge.

Wegen der engen Verbindung von Soft- und Hardware bei Datenverarbeitungsmaschinen, wie sie gerade auch für die "optischen Programmier- und Inspektionsmaschinen für die Einarbeitung der Fertigungsprogramme" der Widersprechenden kennzeichnend ist, ist die Ähnlichkeit zu der Dienstleistung "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" der jüngeren Marke mindestens im mittleren Bereich gegeben (vgl. z.B. Erstellung von Datenverarbeitungsprogrammen = Datenverarbeitungsmaschinen - 29 W (pat) 5/85; 24 W (pat) 39/86, Mitt. 1987, 159; 30 W (pat) 66/96 zitiert in Richter/Stoppel Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen 12. Aufl., S. 383).

Dagegen stehen sich bei der Dienstleistung der Widerspruchsmarke "Wartung und/oder Reparatur von Maschinen" einerseits und "Wartung und Reparatur von Einrichtungen für die Telekommunikation" andererseits jeweils spezielle Dienstleistungen gegenüber, die üblicherweise nicht von demselben Dienstleister angeboten werden. Einrichtungen für die Telekommunikation, zu denen typischerweise z.B. Telefone, Modems, ISDN-Karten für PCs und Netzwerke gehören, unterscheiden sich grundlegend von Maschinen, weil letztere im Wesentlichen mit mechanischen Bauteilen arbeiten. Auch benötigt man zur Wartung und Reparatur von Telekommunikationseinrichtungen einen Elektrotechniker oder Informationselektroniker, während für die Betreuung von Maschinen eine Ausbildung im Maschinenbau erforderlich ist. Aus diesem Grund wird der Empfänger der Dienstleistung für seine Nutzung den jeweiligen Fachmann in Anspruch nehmen und sich damit an unterschiedliche Anbieter wenden (vgl. BGH Urt. v. 21.9.2000 - I ZR 143/98 - Wintergarten). Der Senat geht insoweit von einem äußerst geringen Grad an Ähnlichkeit aus.

2.1.2. Die übrigen Waren und Dienstleistungen der Vergleichsmarken unterscheiden sich nach Art, Verwendungszweck, Nutzen und Nutzung so weit voneinander, daß sie nicht als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen zu betrachten sind und demnach eine Ähnlichkeit zu verneinen ist.

2.2. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist von Haus aus als durchschnittlich zu werten, da "EXCELLON" ein reines Phantasiewort ist, das weder in der englischen noch in der deutschen Sprache existiert. Der allenfalls erkennbare Sinngehalt von "to excel" im Sinne von "sich auszeichnen, sich übertreffen" oder von "excellent" (hervorragend) ist hinreichend verändert.

2.3. Beim Vergleich der Marken auf ihre Ähnlichkeit ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr auszuschließen. Nach Ansicht des Senats ist unter Berücksichtigung des aufgrund der teilweisen Waren- und Dienstleistungsidentität bzw - ähnlichkeit zu fordernden deutlich wahrnehmbaren Abstands angesichts der Verkehrskreise, die zum überwiegenden Teil aus Fachpublikum oder überdurchschnittlich fachlich interessierten Laien und daher besonders aufmerksamen Abnehmern bestehen, die dem Zeichen größere Aufmerksamkeit entgegenbringen, der Unterschied zwischen den Marken ausreichend, um den rechtlich als notwendig zu fordernden Abstand zu wahren.

2.3.1. Die Marken unterscheiden sich schriftbildlich in ihrer Gesamtheit deutlich, weil die angegriffene Marke unübersehbar und hervorgehoben den Bestandteil "T-"am Wortanfang in sich trägt (st.Rspr. zum Gesamteindruck der Zeichen: seit BGH BlPMZ 1997, 28 - Foot-Joy; Mitt. 1996, 285 f. - Sali-Toft; GRUR 1999, 241, 243 - Lions; zuletzt BGH GRUR 2002, 167 - Bit/Bud mwN).

2.3.2. Die Zeichen sind trotz der klanglich nahezu identischen Wortbestandteile -Excelion/EXCELLON im Ergebnis doch nur von mittlerer Ähnlichkeit, da sich die Schreibweise der angegriffenen Marke mit Bindestrich in phonetischer Hinsicht auswirkt (BGH GRUR 2001, 1258 - Dorf MÜNSTERLAND; GRUR 2002, 167 - Bit/Bud mwN). Der Bindestrich in der jüngeren Marke hat als zusammenfassendes und verbindendes Element durch seine optische Wirkung zum einen eine Verklammerung der Markenbestandteile zu einem Gesamtbegriff zufolge. Diese führt zum anderen zugleich zu einer Begrenzung der beiden Bestandteile voneinander in der Weise, daß eine deutlich hervorgehobene Aussprache des "T" bewirkt wird, nämlich wie "Te-Excelion", so daß die zwischen dem Buchstaben "T" und dem weiteren Zeichenwort liegende klangliche Zäsur deutlich zu erkennen ist. Aufgrund dessen weist die jüngere Marke gegenüber der Gemeinschaftsmarke eine zusätzliche Silbe am Wortanfang auf. Da dieser in der Regel stärker beachtet wird, ist der harte, klangstarke Konsonant "T" sowie der relativ helle Vokal "e" und das dadurch entstehende unterschiedliche Gesamtklangbild auch bei ungünstigen Übermittlungsbedingungen oder bei nachlässiger Artikulation nicht zu überhören. Eine Aussprache wie "Texcelion", bei der sich die gegenüberstehenden Marken deutlich näher kämen, liegt deshalb nicht nahe. Der Abstand der Marken in ihrer Gesamtheit ist damit gewahrt.

2.3.3. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt, daß der Markenbestandteil "Excelion" als allein kollisionsbegründend in Frage kommt, weil dieser den Gesamteindruck der jüngeren Kombinationsmarke schon nicht aus den unter 2.3.2. angegebenen Gründen alleine prägt (vgl. BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze; GRUR 1996, 406 - Juwel; GRUR 1999, 733, 735 - LION DRIVER, zuletzt BGH GRUR 2002, 167 - Bit/Bud mwN).

Darüber hinaus wäre eine weitere Voraussetzung dafür, daß hinreichende Anhaltspunkte aus der allgemeinen Lebenserfahrung vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, das Publikum werde den Bestandteil "T-" bei der Wahrnehmung vernachlässigen. Die Rechtsprechung hat eine solche alleinige Prägung durch einen zweiten Bestandteil als Produktkennzeichnung in den Fällen in Betracht gezogen, in denen sich die Gesamtmarke erkennbar aus einer individualisierenden Produktkennzeichnung und einem bekannten oder erkennbaren Hinweis auf ein Unternehmen zusammensetzt (seit BGH GRUR 1977, 218 - MERCOL/ESSOMARCOL). Als Unternehmenshinweis kommen Herstellerzeichen (vgl etwa BGH GRUR 1996, 774 - falkerun/LE RUN; BGH WRP 1998, 990 - ALKA SELTZER; BGH GRUR 1998, 927 - COMPO-SANA; GRUR 2001, 164, 166 - Wintergarten; BGH GRUR 2002, 342 - ASTRA/ESTRA-Puren), Serienstammbestandteile (BGH GRUR 1996, 977 DRANO/P3 drano; BGH GRUR 1998, 927, 929 - COMPO-SANA; zuletzt BGH GRUR 2002, 342 - ASTRA/ESTRA-Puren) oder sonstige Markenteile in Betracht, die wegen intensiver Benutzung in zahlreichen mehrteiligen Kombinationsmarken eines Unternehmens neben jeweils wechselnden sonstigen Bestandteilen als gleichbleibende Hinweise auf einen bestimmten Hersteller verstanden werden (BGH GRUR 1999, 583, 585 - LORA DI RECOARO; Ströbele, MarkenR 2001, S 116, li. Sp. oben; Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., §9 Rn 192; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 14 Rn 205a, 208; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14, Rn 395 f). Der Senat geht im vorliegenden Verfahren von letzterer Fallkonstruktion aus.

Bei Anwendung dieses Erfahrungssatzes sind jedoch stets alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; WRP 1999, 806 - Lloyds/Loint's), wie z.B. Verkehrsgewohnheiten der entsprechenden Branchen und die Art der Zeichenbildung. Dies kann zu einem abweichenden Ergebnis führen (vgl. BGH GRUR 1996, 774 - falkerun/LE RUN; BGH GRUR 2002, 171, - Marlboro-Dach; BGH GRUR 2002, 342 - ASTRA/ESTRA-Puren). Davon ist hier auszugehen.

"T-" ist ein Element, mit dem eine umfangreiche Markenfamilie der Inhaberin der angegriffenen Marke mit einem gewissen Hinweischarakter auf ihr Unternehmen aufgebaut ist. Diese hat mehrere Hundert in dieser Art gebildete eingetragene Marken. Dabei kommt es auf die Frage, ob "T" als Buchstabe in Verbindung mit einem Bindestrich hier wegen einer möglichen Kennzeichnungsschwäche nicht als Stammbestandteil oder Unternehmenshinweis zu dienen geeignet ist, angesichts seiner tatsächlichen Verwendung in Serienzeichen und Markenfamilien und der Gewöhnung des Verkehrs hieran nicht mehr an (OLG Düsseldorf Urt. v. 29.6.1999 - 20 U 116/98 - T-Auskunft; BGH GRUR 2002, 542 - BIG). Der rechtserhebliche Teil des Publikums wird die Marke jedoch zum einen aufgrund der mithilfe des Bindestrichs hergestellten Verbindung zum Wortelement als Zeicheneinheit auffassen und das Element "T-" nicht vernachlässigen. Zum anderen ist auch bei den hier betroffenen Produkt- und Dienstleistungsbereichen keine deutliche Neigung zur generellen Verkürzung bei aus Hersteller- und Produktkennzeichnen zusammengesetzten Marken zu erkennen. Eine umfangreiche Recherche des Senats hat ergeben, daß auf den einschlägigen Waren- und Dienstleistungssegmenten in überwiegendem Maße Hersteller- und Produktkennzeichnungen in der Werbung als miteinander in Verbindung stehend auftreten und erstere eine erhebliche Rolle spielen. Eine Werbung allein mit der Produktkennzeichnung erfolgt im allgemeinen nur dann, wenn sich aus dem jeweiligen Werbeauftritt, z.B. auf Zeitschriftenseiten, Internetseiten oder in Prospekten, wie sie etwa Zeitungen beiliegen, der Hersteller ohnehin als groß aufgemacht ergibt, wie eine Internetrecherche und eine Durchsicht der Anzeigen und Prospekte verschiedener Anbieter aus den Jahren 2000 bis 2002 gezeigt hat. Hinzu kommt, daß in der Regel Geräte, Software und Zubehör eines Herstellers miteinander kompatibel sind, daß aber mit Geräten anderer Hersteller oder mit Software eines anderen Herstellers ausgestatteten Geräten erhebliche Kompatibilitätsprobleme bestehen können. Daraus ergibt sich, daß das angesprochene Publikum, auf dessen Vorstellung es maßgeblich ankommt, sehr häufig mit der Verwendung der Herstellerkennzeichnung neben der Produktkennzeichnung konfrontiert wird, aber auch auf sie angewiesen ist. Deshalb ist davon auszugehen, daß derartige Bestandteile den Gesamteindruck der Marke jedenfalls mitprägen. Die Teile des Verkehrs, die möglicherweise die jüngere Marke auf "Excelion" verkürzen, erscheinen dem Senat unter diesen Umständen nicht mehr entscheidungserheblich. Im übrigen handelt es sich bei dem Begriff der Verwechslungsgefahr um einen Rechtsbegriff, der normativ ausgelegt wird, was zu der dargelegten Typisierung führt (BGH GRUR 2000, 506, 509 - ATTACHÉ/TISSERAND, Althammer/Ströbele, a.a.O. Rdn 20 Ingerl/Rohnke, Markengesetz 1998, 164; § 14 Rdn 164; Fezer, MarkenR, 3. Aufl § 14 Rn 79 ff, 83 ff, 103 ff; Seibt, GRUR 2002, 465 ff., Schweizer, GRUR 200, 923).

Bei dieser Sachlage hat die angegriffene Marke den einzuhaltenden Abstand zur Widerspruchsmarke im Hinblick auf ein Verhören oder Verlesen eingehalten und der Markenstelle ist insoweit beizutreten, als sie die unmittelbare Verwechslungsgefahr verneint hat.

2.3.4 Bei den sich gegenüberstehenden Zeichen ist jedoch nicht auszuschließen, daß sie gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz MarkenG gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.

Dieser Tatbestand stellt eine besondere Fallgruppe der Verwechslungsgefahr dar, deren Wesen es ist, daß der Unterschied zweier Marken gesehen wird, weshalb sie nicht unmittelbar miteinander verwechselt werden können (vgl EuGH GRUR Int. 2000, 899, 901 Rdn 34 - Marca/Adidas; GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Sie weisen jedoch Gemeinsamkeiten auf, die beim Publikum Anlaß geben anzunehmen, daß es sich bei der angegriffenen Marke um ein Zeichen des Inhabers der älteren Marke handle. Voraussetzung hierfür ist, daß die Marken einen identischen bzw wesensgleichen Bestandteil aufweisen, der bei einer Zusammenschau der beiden Marken als gemeinsamer Stammbestandteil erscheint, während die Abweichungen lediglich den Eindruck einer besonderen Einzelproduktkennzeichnung erwecken (BGH GRUR 1996, 200 - Innovadiclophlont; BGH 1996, 200 - Innovadiclophlont; BGH a.a.O. - Cefallone; BGH GRUR 2000, 886, 887 - Bayer/BeiChem., BGH GRUR 2000, 542 - BIG). Das Vorhandensein eines übereinstimmenden bzw. wesensgleichen Elements in beiden Marken alleine reicht jedoch noch nicht zur Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr aus. Vielmehr muß noch der weitere Gesichtspunkt hinzutreten, daß dieser Bestandteil auch Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke hat. Dies ist jedenfalls in den Fallgestaltungen zu bejahen, in denen das Publikum an eine bereits bestehende Markenserie mit diesem Bestandteil gewöhnt ist, wenn es sich um ein besonders charakteristisches Element handelt, wenn das Element erhöhte Verkehrsgeltung beanspruchen kann, oder wenn ein als Firmenkennzeichen der Widerspruchsmarke verwendetes Element in der jüngeren Marke auftritt (Althammer/Ströbele aaO § 9 Rdn 213; Fezer, Markenrecht 3. Aufl § 14 Rdn 220, 223; Ingerl/Rohnke, Markengesetz 1998; § 14 Rdn 425 ff).

Letzteres ist hier der Fall. Darüber hinaus sieht der Senat auch eine Verwechslungsgefahr aufgrund "gedanklichen In-Verbindung-Bringens" als Fall einer sog. Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn aufgrund der Übernahme eines Firmenkennzeichens der Widerspruchsmarke in die jüngere Marke (vgl Althammer/Ströbele aaO § 9 Rdn 226; Fezer aaO § 14 Rdhn 244; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rdn 439; EuGH GRUR Int. 1994, 168, 170 - Quattro/Quadra). Eine solche liegt vor, wenn der angesprochene Verkehr die Betriebe der Inhaber der gegenüberstehenden Zeichen zwar als voneinander verschieden auseinander hält, aufgrund der Ähnlichkeit der jüngeren Marke mit einem Unternehmenskennzeichen, das Bestandteil der älteren Marke ist oder dieses selbst wiedergibt, und angesichts der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen zu der irrigen Annahme gelangt, zwischen den Unternehmen der Inhaber der Marken bestünden wirtschaftliche oder organisatorische Beziehungen, wie z.B. konzernmäßige Verflechtungen oder lizenzvertragliche Verbindungen.

Diese zunächst im Firmenrecht entwickelte Rechtsprechung (vgl RG GRUR 1937, 148, 150 - Kronprinz mwN; RGZ 108, 272, 273, 274 - Merx; BGHZ 15, 107, 110 - Koma; BGH GRUR 1975, 287, 283 - Karoas) beruht auf der Überlegung, daß der prioritätsältere Rechtsinhaber in solchen Fällen in seinen berechtigten Interessen betroffen wird. Sie hat auch im Markenrecht insofern Bedeutung, als das Publikum als Folge einer solchen Markenkollision dem Markeninhaber die Produktverantwortung für das gekennzeichnete Produkt zurechnet und somit ein rechtserheblicher Produktherkunftsirrtum vorliegt. Die jüngere Rechtsprechung sowohl des BGH wie auch des BPatG knüpfen unter den genannten Voraussetzungen daran an (vgl BGH GRUR 2000, 608, 610 -ARD1; GRUR 1997, 311, 313 - Yellow Phone; GRUR 1991, 317, 318 - MEDICE; GRUR 1978, 170, 172 - FAN; GRUR 1977, 491, 493 - ALLSTAR; BPatG Mitt. 2001, 79, 80 - CASTEL DEL MONTE). Auch der Senat bejaht sie im vorliegenden Verfahren. Mit der Verwendung des Markenwortes "EXCELLON", das neben seiner Eigenschaft eine eigenständige Marke zu sein, auch Teil des Firmennamens "EXCELLON AUTOMATION COMPANY" der Inhaberin der älteren Marke ist, gibt die Widersprechende hinreichend deutlich zu erkennen, daß dieses Wort für sie umfassenden Hinweischarakter haben soll. Im Hinblick darauf daß die Widerspruchsmarke als selbständig erkennbarer wesensgleicher Bestandteil "Excelion" in der jüngeren Marke enthalten ist, besteht für das Publikum Veranlassung, wirtschaftliche Verflechtungen zwischen den Unternehmen, z.B. ein Zulieferverhältnis oder eine Integration in das Unternehmen der jüngeren Marke anzunehmen. Dies gilt insbesondere unter dem Gesichtspunkt, daß die Inhaberin der jüngeren Marke ein sehr bekanntes Unternehmen ist, das bereits mit zahlreichen anderen Firmen in dieser Weise kooperiert. Damit werden, wie u.a. in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu "MEDICE" (BGH a.a.O) ausgeführt, die sich gegenüberstehenden Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht. Auf diese Weise können Fälle der Übernahme von Unternehmenszeichen - der so genannten Markenusurpation, auf die auch in der Literatur hingewiesen wird, weil sie nicht immer aufgrund der Gegebenheiten der betroffenen Branchen anhand der vom BGH entwickelten Prägetheorie befriedigend zu lösen sind - von der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr erfaßt werden (vgl Eisenführ, Festschrift für Vieregge, 1995, S 175 ff; ders in GRUR 1995, 810, 811; 1996, 547 f und S 977 ff; Hacker, GRUR 1996, 92, 97 f; Tilmann, GRUR 1996, 701, 703; Ingerl/Rohnke, MarkenG 1998, § 14 Rdn 424; Jaeger, MarkenR 1999, 217, 220 f; Krings, WRP 2000, 931, 934 re.Sp.; Kliems, GRUR 2001, 635, 642 f; Ströbele, MarkenR 2001, 106, 112).

3. Bei Abwägung all der für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr in Wechselbeziehung zueinander stehenden Faktoren ergibt sich für den Senat, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden und somit Verwechslungsgefahr im Umfang der Teillöschung besteht.

4. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG besteht keine Veranlassung.

Grabrucker Baumgärtner Pagenberg Cl






BPatG:
Beschluss v. 12.06.2002
Az: 29 W (pat) 376/00


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