Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 25. Juni 2010
Aktenzeichen: I-16 U 31/09

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 25.06.2010, Az.: I-16 U 31/09)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.01.2009 verkündete Urteil der 2b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamt-schuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch durch Bürgschaft eines der Auf-sicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden Kreditinstituts erbracht werden.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der W… B… GmbH (im Folgenden Schuldnerin), vormals R… C… und B… GmbH ( im Folgenden R…), und nimmt die Beklagten wegen Verletzung anwaltsvertraglicher Pflichten auf Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagte zu 1 ist eine Rechtsanwalts- und Wirtschaftsprüferkanzlei, die Beklagten zu 2 bis 8 sind bzw. waren Partner bei der Beklagten zu 1, wobei der Beklagte zu 8 nicht Rechtsanwalt, sondern Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ist.

Die Beklagten zu 2 und 3 berieten Aktionäre der inzwischen insolventen S… R… AG ( im Folgenden Aktionäre) im Zusammenhang mit der gerichtlichen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen eingetretener Wertverluste ihrer Aktien. Sie empfahlen den Aktionären die Gründung einer Gesellschaft und Abtretung der Schadensersatzforderungen an diese zur Bündelung der Forderungen und "gesammelten" Vertretung bei der gerichtlichen Geltendmachung. Der zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten zu 1 tätige Rechtsanwalt W… fertigte ein Schreiben vom 24.07.2002, in dem er um Beratung nachsuchenden Aktionären die Zielsetzung einer Abtretungslösung näher brachte.

Am 29.11.2002 wurde die R… durch die R… T… und C… GmbH gegründet, deren alleinige Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 waren. Darüber hinaus war der Beklagte zu 3 alleiniger Gesellschafter. Mit den Aktionären verband ihn bzw. die von ihm vertretene R… T… und C… GmbH ein Treuhandverhältnis. Gegenstand des Unternehmens war die Wahrnehmung von Treuhand- und Geschäftsbesorgungsaufgaben.

Am 02.12.2002 traf die R…, vertreten durch den Beklagten zu 2, mit mehreren Aktionären gleichlautende Vereinbarungen über den "Verkauf" von Schadensersatzansprüchen mit dem Ziel der gerichtlichen und außergerichtlichen Geltendmachung im eigenen Namen und auf eigenes Risiko der R…. Über den Kaufpreis in Gestalt einer Beteiligung an eventuellen Erlösen sollte eine gesonderte Vereinbarung erfolgen. Wegen des genauen Wortlautes und der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die als Anlage K 3 eingereichte Kopie der Vereinbarung verwiesen.

Am 03.12.2002 erhob die von der Beklagten zu 1 anwaltlich vertretene R… beim Landgericht Düsseldorf eine von Rechtsanwalt W… unterzeichnete 89 Seiten umfassende Schadensersatzklage über einen Betrag in Höhe von zunächst 6.109.040 €. Mit Schreiben vom 10.02.2002 teilte die Beklagte zu 1 im Namen des Beklagten zu 2 der R… und den Zedenten u.a. mit,

"Da die Rechtsverfolgung der Forderungen durch die Bündelung in der Gesellschaft und die letztendliche treuhänderische Beteiligung der Zedenten an ihrer Gesellschaft eine Rechtsverfolgung eigener Interessen der Zedenten darstellt, und eine weitergehende gewerbliche Tätigkeit nicht beabsichtigt ist …. dürften etwaige Argumente zu Vorbehalten bei der Prozessfinanzierung und/oder Rechtsberatung oder der formalen Gesellschafterbeteiligung von Anwälten in der forderungserhaltenden Gesellschaft in vertretbarer Weise auszuräumen sein. Die Zedenten wollten nach Abwägung der Vor- und Nachteile des verdeckten Vorgehens etwaige Risiken hierdurch eingehen vor dem Hintergrund, dass notfalls eine eigenwirtschaftliche Durchsetzung der Forderungen der Zedenten durch diese offengelegt werden kann."

Am 01.06.2004 übertrug die R… T… und C… GmbH, vertreten durch den Beklagte zu 3, ihre Gesellschaftsanteile an der R… unter Auflösung des Treuhandverhältnisses an die Aktionäre ( K 16, Bl. 306 ff ) und es erfolgte die Umfirmierung der Gesellschaft.

Die Beklagten zu 2 und 3 legten am 29.04.2004 ihr Geschäftsführermandat nieder, der Beklagte zu 2 mit sofortiger Wirkung, der Beklagte zu 3 mit Wirkung zum Zeitpunkt der Löschung im Handelsregister. Am 24.02.2005 wurde K… neuer Geschäftsführer der Schuldnerin.

In dem vom Landgericht Düsseldorf an das Landgericht Frankfurt am Main verwiesenen Rechtsstreit unterlag die Schuldnerin. In dem am 13.07.2004 verkündeten Urteil der 16. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt stützte das Landgericht die Klageabweisung darauf, dass die Abtretungsvereinbarungen mit den Aktionären wegen Verstoßes gegen § 1 Abs.1 RBerG nichtig seien.

Die Beklagte zu 1 wurde mit der Überprüfung der Erfolgsaussichten für ein Berufungsverfahren beauftragt. Der Beklagte zu 4) fertigte am 11.04.2004 ein Schreiben an einen Zedenten, in dem er diesem mitteilte, dass und warum zunächst fristwahrend Berufung eingelegt werden solle ( Bl. 249ff GA). Wegen des Inhaltes des weiteren Schriftverkehrs wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Anlagen verwiesen (Bl. 254 ff GA).

Das OLG Frankfurt wies die Berufung mit Urteil vom 15.03.2005 zurück und begründete seine Entscheidung ebenfalls mit einem Verstoß gegen Art. 1 § Abs.1 RBerG, der zur Nichtigkeit der Forderungsabtretungen nach § 134 BGB führe. Wegen des weiteren Inhalts der Entscheidung wird auf die Anlage K 4 (Bl. 23 ff GA) verwiesen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagten hätten ihre Pflichten aus dem Anwaltsvertrag verletzt, indem sie zu einem offensichtlich aussichtslosen Rechtsstreit geraten und diesen geführt hätten, ohne die Schuldnerin über die auf der Hand liegenden Prozessrisiken zu belehren. Dass die Abtretung gegen § 1 Abs.1 RBerG verstoße, sei für einen Rechtsanwalt ohne Schwierigkeiten zu erkennen gewesen. Die Schuldnerin sei bewusst zwischengeschaltet worden, um als beschränkt haftende juristische Person das Prozessrisiko von den Aktionären auf die Prozessgegner zu verlagern. Die Beklagten hafteten daher infolge der Pflichtverletzung auf Schadensersatz in Höhe der Gerichtskosten erster und zweiter Instanz sowie der außergerichtlichen Kosten der damaligen Beklagten im Umfang der Gerichtskostenbeschlüsse abzüglich eines von den Zedenten bezahlten Betrages in Höhe von 34.718 €.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 142.952,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 30.08.2005 auf einen Betrag von 141.618,56 € sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.334,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 22.10.2005 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen

Sie haben geltend gemacht, mit den Aktionären sei nicht nur das Risiko des Verstoßes gegen die Vorschriften des RBerG besprochen worden, sondern auch die mit der Führung des Rechtsstreits durch die Schuldnerin verbundenen Probleme. In intensiven Gesprächen mit den Aktionären vor Klageerhebung sei ein ( theoretischer denkbarer) Verstoß der Abtretung gegen das RBerG in Erwägung gezogen worden. Übereinstimmend sei man der Auffassung gewesen, dieses Risiko angesichts der Vorteile, die das geplante Vorgehen geboten habe, hinzunehmen.

In Gesprächen mit den Aktionären, die auf Seiten der Beklagten mit dem Beklagten zu 2 und dem intern federführenden Sachbearbeiter Rechtsanwalt W… geführt worden seien, sei der Vorschlag der Abtretung der Schadensersatzansprüche an eine dritte Person geboren worden zwecks Geltendmachung im eigenen Namen. Die Beklagten zu 2 und 3 hätten das Risiko aufgezeigt, dass eine derartige Zession als mit dem Rechtsberatungsgesetz nicht vereinbar beurteilt werden könnte, man dem jedoch mit dem Einwand entgegentreten könne, der Zessionar mache letztlich die Forderung im eigenen Interesse seiner mittelbaren Gesellschafter geltend, eine geschäftsmäßige Besorgung fremder Angelegenheiten liege daher nicht vor. Durch den Beklagten zu 2 und Rechtsanwalt W… sei mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen worden, das rechtliche Risiko, dass ein Gericht die Zession für nicht zulässig erachte, könne nicht völlig ausgeschlossen werden, sei aber eher unwahrscheinlich. Aber selbst wenn man unterstelle, der Rechtsstreit sei von Anfang an aussichtslos und dies sei für die Beklagten erkennbar gewesen, sei zu berücksichtigen, dass die Schuldnerin zum damaligen Zeitpunkt durch die Beklagten zu 2 und 3 ) vertreten worden sei, so dass mit entsprechender Kenntnis ihrer Geschäftsführer auch die Schuldnerin von allen tatsächlichen und rechtlichen Risiken Kenntnis gehabt hätte, so dass es einer zusätzlichen Information der Schuldnerin durch die Beklagte zu 1 nicht bedurft hätte. Gerade der Beklagte zu 2 sei mit allen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen vertraut gewesen. Es gehe nicht um Ansprüche der Aktionäre, sondern um solche der Schuldnerin. Auch der neue Geschäftsführer sei über die rechtlichen Risiken des Berufungsverfahrens informiert worden.

Eine Haftung des Beklagten zu 8) scheide aus, da dieser Wirtschaftsprüfer und zur rechtlichen Beratung nicht in der Lage sei. Hinsichtlich der geltend gemachten Schadenshöhe sei zu berücksichtigen, dass die Aktionäre die gesamten Gerichtskosten erster Instanz in Höhe von 59.718 € den Beklagten zur Verfügung gestellt hätten, wovon die Beklagten unmittelbar 34.718 € an die Gerichtskasse weitergeleitet hätten, während ein weiterer Betrag von 25.000 € über die R… T… und C… als Stammkapital der Schuldnerin eingezahlt und von dieser dann an die Gerichtskasse geleistet worden sei. Insoweit machten die Aktionäre nunmehr Schadensersatzansprüche gegenüber den Beklagten geltend.

Das Landgericht Düsseldorf hat am 19.02.2008 einen Hinweisbeschluss erlassen, wegen dessen Inhalt auf die Gerichtsakte verwiesen wird. Darüber hinaus hat es das Urteil des OLG Köln vom 15.07.2008 im Verfahren der Beklagten gegen ihre Haftpflichtversicherung im Zusammenhang mit einer Deckungszusage zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Mit Urteil vom 27.01.2009 hat das Landgericht sämtliche Beklagten antragsgemäß zur Zahlung des von dem Kläger noch geltend gemachten Schadensersatzes wegen Verletzung von Pflichten aus dem Anwaltsvertrag verurteilt.

Es hat es als naheliegend angesehen - letztlich aber offen gelassen -, dass die Beklagten bereits durch ihre Beratung hin zur Gründung einer GmbH zum Zwecke der Geltendmachung von Schadensersatzansprüche der Aktionäre Beratungspflichten verletzt hätten, weil die Erfolglosigkeit der Klage nach den Feststellungen des OLG Frankfurt auf der von den Beklagten entwickelten und rechtlich begleiteten Konstruktion der geschäftsmäßigen Einziehung der Forderung für Dritte beruht habe. Die Beklagten hätten das der Konstruktion innewohnende Risiko des Verstoßes gegen das RBerG der R… bzw. den Gesellschaftern der Gründungsgesellschaft in seiner ganzen Tragweite offen legen müssen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagten zu 2 und 3 zugleich Geschäftsführer der Schuldnerin gewesen seien und die Schuldnerin damit zugleich deren Wissen gehabt habe, da außer den Beklagten zu 2 und 3 auch Rechtsanwalt W… als intern federführender Sachbearbeiter mit dem rechtlichen Konstrukt befasst und ausweislich seines Schreibens vom 24.07.2005 mit der Prüfung und Durchführung der genauen Modalitäten vertraut gewesen sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass dieser die Beklagten zu 2 und 3 ordnungsgemäß aufgeklärt habe. Denn da ein Handeln gegen den ausdrücklichen Rat des Kollegen eine wissentliche Pflichtverletzung der Beklagten zu 2 und 3 im Rahmen des von den Zedenten erteilten anwaltlichen Mandats bedeutet hätte, spräche zugunsten der Beklagten zu 2 und 3 die Vermutung, dass sich diese beratungsgemäß verhalten und Abstand von dem angedachten Konstrukt genommen hätten. Hinzu komme, dass die Beklagten ausweislich des Urteils des OLG Köln im auf Deckungsschutz gerichteten Verfahren vorgetragen hätten, dass sie nicht davon ausgegangen seien, dass ein Verstoß gegen das RBerG vorgelegen hätte, so dass auch nicht zutreffend darüber aufgeklärt worden sein konnte.

Eine Pflichtverletzung sei den Beklagten jedenfalls im Zusammenhang mit der Klageerhebung vorzuwerfen. Da den Beklagten - wie ausgeführt - die Einsicht darin gefehlt habe, dass die gewählte Konstruktion keinen Erfolg haben würde, habe die Schuldnerin vor Klageerhebung auch nicht zutreffend über die Erfolgsaussichten aufgeklärt werden können. Dass die Beklagten, namentlich Rechtsanwalt W… als die Klageschrift unterzeichnender Anwalt, ordnungsgemäß beraten haben und die Beklagten zu 2 und 3 trotz der Bedenken des Kollegen das Risiko wissentlich auf sich genommen hätten, könne wegen der damit einhergehenden Pflichtverletzung nicht angenommen werden. Vielmehr sei auch insofern davon auszugehen, dass sich die Beklagten zu 2 und 3 dann aufklärungsgemäß verhalten hätten.

Den Beklagten sei aber auch eine Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Durchführung des Berufungsverfahrens vorzuwerfen, in welches der Beklagte zu 4) einbezogen worden sei. Auch dieser habe aber nicht von der Berufung abgeraten, sondern in seinem Schreiben vom 11.08.2004 ausgeführt, man solle noch einmal den Versuch machen zu verdeutlichen, dass ein Forderungskauf vorgelegen habe. Der Einwand, der Aktionär Dr. W… habe trotz Kenntnis der Auffassung des Gerichts sein Einverständnis zu der Durchführung des Berufungsverfahrens erteilt, verfange nicht, weil auch hier die Vermutung gelte, dass dieser sich aufklärungsgemäß verhalten hätte bei zutreffender Aufklärung durch seinen Prozessbevollmächtigten.

Für den Verstoß gegen anwaltliche Beratungspflichten hafteten auch die nicht in die Beratung eingebundenen Beklagten zu 5) bis 8), da auch die Sozien des fehlerhaft handelnden Anwalts passiv legitimiert seien. Dies gelte auch für den Beklagten für 8).

Die Verletzung der Beratungspflichten sei fahrlässig i.S.v. § 276 Abs.2 BGB erfolgt. Anhaltspunkte für eine Entlastung lägen nicht vor.

Die Pflichtverletzungen seien auch kausal geworden für den vom Kläger geltend gemachten Schaden, der in den Prozesskosten bestehe und der Zahlung außergerichtlicher Anwaltskosten im Zusammenhang mit der Geltendmachung dieses Schadens als Rechtsverfolgungskosten.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, mit der sie sowohl die Verletzung von Verfahrensrecht wie auch Rechtsverletzungen geltend machen.

Sie sind der Auffassung, bei der angegriffenen Entscheidung handele es sich um eine unzulässige Überraschungsentscheidung, da sie ohne vorherigen Hinweis auf ein Anwaltsverschulden des für maßgeblich erachteten Rechtsanwaltes W… im Zusammenhang mit der Klageerhebung gestützt worden sei, obwohl auch der Kläger nicht auf die Tätigkeit des Rechtsanwaltes W…, sondern auf die der Beklagten zu 2 und 3 abgestellt habe und mit Hinweisbeschluss vom 19.02.2008 noch die Ansicht vertreten worden sei, dass Ansprüche im Zusammenhang mit der Prozessführung ausschieden, weil die Beklagten zu 2 und 3 zugleich Geschäftsführer der Schulderin gewesen seien. Rechtsanwalt W… sei lediglich als freier Mitarbeiter und "Zuarbeiter" bzw. als "wissenschaftlicher Hilfsarbeiter" hinzugezogen worden, dem man in Anerkennung des Zeitaufwandes bei der Vorbereitung der Klageschrift deren Unterzeichnung überlassen habe. Auch die Einbeziehung der Ausführungen aus dem Deckungsprozess sei unzulässig gewesen, da unstreitig nicht die Akte, sondern nur eine anonymisierte Fassung des Urteils vorgelegen habe. Hieraus könne auch im Hinblick auf die substanziierten Ausführungen zur Aufklärung der Zedenten über die Prozessrisiken nicht der Schluss gezogen werden, eine solche habe nicht vorgelegen. Das Urteil sei jedoch auch rechtsfehlerhaft ergangen. Soweit das Landgericht eine Beratungspflichtverletzung im Zusammenhang mit der Umsetzung des Konzeptes der Gründung einer Gesellschaft zur Bündelung der Klagen als zumindest naheliegend angenommen habe, sei dies nicht haltbar. Denn dies verkenne, dass die Schuldnerin als Rechtssubjekt zum Zeitpunkt dieser Beratung noch nicht existiert habe und damit auch keine vertraglichen Rechtspflichten bestanden hätten. Dass das Konzept von vorneherein nicht funktionieren würde, weil die Abtretung der Ansprüche zur gerichtlichen Geltendmachung gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße, habe zwar das OLG Frankfurt rechtskräftig festgestellt. Insoweit bestehe jedoch keine Bindungswirkung. Nach wie vor halte man an der Rechtsauffassung fest, dass ein Verstoß nicht anzunehmen sei. Der Verletzung einer anwaltlichen Beratungspflicht stehe aber jedenfalls entscheidend der Umstand entgegen, dass die bei der anwaltlichen Beratung tätigen Rechtsanwälte der Beklagten zu 1, nämlich die Beklagten zu 2 und 3 alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer sowohl der Gründungsgesellschaft wie auch der nachmaligen Schuldnerin gewesen seien. Zwar könnten auch anwaltliche Berater, die gleichzeitig Geschäftsführer einer zu beratenden GmbH seien, im Ergebnis fehlerhaft beraten; die Kenntnis von den Tatsachen und rechtlichen Gesichtspunkten, die einen Beratungsfehler begründen können, bestünden dann jedoch sowohl auf Seiten des Beraters als auch auf Seiten der Beratenen, so dass ein eine Ersatzpflicht auslösender Beratungsfehler begrifflich ausscheide. Dem könne die Tätigkeit des Rechtsanwaltes W… nicht entgegengehalten werden, da dieser -wie ausgeführt- lediglich völlig untergeordnet tätig geworden sei und sämtliche Entscheidungen den Beklagten zu 2 und 3 vorbehalten gewesen seien. Es sei auch wirklichkeitsfremd anzunehmen, bei entsprechender Aufklärung von Rechtsanwalt W… hätten sich die Beklagten zu 2 und 3 beratungsgemäß verhalten. Soweit die Verantwortlichkeit der Beklagten in der Entwicklung und Umsetzung der Konstruktion der Sammelklage gesehen werde, berufen sich die Beklagten zudem nunmehr auf die Einrede der Verjährung.

Eine die Schadensersatzverpflichtung auslösende Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Klageerhebung könne nicht angenommen werden, zumal nicht nachvollziehbar sei, welche weiteren Hinweise die Beklagten zu 2 und 3 sich selber als Geschäftsführer der nachmaligen Schuldnerin hätten erteilen sollen.

Aber auch im Zusammenhang mit der Einleitung und Durchführung des Berufungsverfahrens könnten den Beklagten keine Beratungsfehler vorgehalten werden. Zum Zeitpunkt der Einlegung und Begründung der Berufung seien den Beklagten zu 2 und 3 als Vertreter der Schuldnerin alle tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts Frankfurt in seiner Entscheidung vom 13.07.2004 und die darauf folgenden rechtlichen Konsequenzen bekannt gewesen. Einer weitergehenden Information habe es nicht bedurft. Die Beklagte zu 1 habe zudem durch den Beklagten zu 4 durch Schreiben vom 11.08.2004 an die Gesellschafter und die Beklagten zu 2 und 3 umfassend und ausreichend zu den Aussichten der Berufung Stellung genommen. Die Berufungsaussichten seien zudem mit dem neuen Geschäftsführer K… vor der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausführlich erörtert worden. Diese habe auch nach Hinweis des Senatsvorsitzenden und entgegen dem Rat des Beklagten zu 4) auf Durchführung der Berufung bestanden, so dass jedenfalls die zweitinstanzlich entstandenen Gerichtskosten nicht den Beklagten anzulasten seien.

Jedenfalls der Beklagte zu 8) hafte nicht. Bei ihm handele es sich zwar um einen Scheinsozius, der grundsätzlich wie ein Gesamtschuldner für anwaltliche Pflichtverletzungen der Gesellschaft eintrittspflichtig sei. Da er zur rechtlichen Beratung kraft Gesetzes nicht befugt und in der Lage sei, scheide er als Haftungssubjekt jedoch aus.

Auch die Schadenshöhe sei unzutreffend. Dies gelte aus den oben angeführten Gründen nicht nur hinsichtlich der zweitinstanzlichen Gerichtskosten in Höhe von 19.624 €. Wegen der Gerichtskosten I. Instanz sei die Schuldnerin lediglich in Höhe von 38,86 € in Anspruch genommen worden, da nicht nur 34.718 €, wie in erster Instanz bereits in Abzug gebracht, sondern auch die restlichen 25.000 €, das Stammkapital der Schuldnerin, letztlich von den Aktionären aufgebracht worden sei. Soweit zugunsten des Beklagten zu 2 des Vorprozesses erstattungspflichtige Kosten für das Verfahren I. Instanz gem. Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7.06.2005 über 36.901,92 € festsetzt worden seien, bestehe insoweit keine Kostenerstattungspflicht, da gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss zunächst zu Recht Erinnerung eingelegt worden sei.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Eine Überraschungsentscheidung habe nicht vorgelegen, zumal das Landgericht in der letzten mündlichen Verhandlung auf seine geänderte Rechtsauffassung hingewiesen habe. Soweit das Landgericht auf eine Pflichtverletzung von Rechtsanwalt W… abgestellt habe, habe es lediglich Tatsachenvortrag der Beklagten und die hierzu eingereichten Anlagen gewürdigt. Es werde bestritten, dass Rechtsanwalt W… lediglich "Hilfsarbeiter" gewesen sei. Zudem stütze das Landgericht seine Entscheidung auch auf die mangelnde Aufklärung durch die Beklagten zu 2 und 3.

Auch materielles Recht sei rechtsfehlerfrei angewendet worden. Über die mit dem Übergang der Forderung von den Aktionären auf die R… sowie deren gerichtliche Geltendmachung verbundenen Risiken sei nicht hinreichend aufgeklärt worden. Der Verstoß gegen das RBerG sei evident oder jedenfalls für einen Rechtsanwalt erkennbar gewesen. Zudem sei die mit der Abtretung bezweckte mutwillige Verlagerung des Kostenrisikos rechtsmissbräuchlich gewesen, was die Beklagten ebenfalls hätten erkennen müssen. Eine Pflichtverletzung folge insbesondere daraus, dass sie der Schuldnerin zur klageweisen Geltendmachung der Ansprüche geraten hätten, obwohl die Schuldnerin wegen der offenkundigen Nichtigkeit der Abtretung nicht sachlegitimiert war, worauf die Beklagten hätten hinweisen müssen. Wie das OLG Frankfurt zutreffend ausgeführt habe, sei nämlich mit der Abtretung unzulässigerweise die Besorgung fremder Angelegenheiten geschäftsmäßig auf die Schuldnerin ( vormals R…) übertragen worden, was zu einem Verstoß gegen § 1 Abs. 1 RBerG und damit zur Nichtigkeit der Abtretung geführt habe. Dass auch vor Durchführung des Berufungsverfahrens nicht hinreichend aufgeklärt worden sei, belege bereits das Schreiben der Beklagten vom 13.10.2004 ( Anlage 6). Es werde zudem bestritten und als verspätet gerügt, dass es vor der mündlichen Verhandlung im Vorprozess und im Zusammenhang mit dieser eine weitere umfangreiche Beratung gegeben habe. Es sei auch lebensfremd anzunehmen, dass der Geschäftsführer K… einem Rat, die Berufung mangels Erfolgsaussicht weiterzuführen, nicht gefolgt wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Dem Kläger steht als Insolvenzverwalter ein Anspruch gegen die Beklagten auf Schadensersatz gem. § 280 Abs.1 Satz 1 i.V.m. § 675, 611 BGB zu, weil die Beklagten ihre Pflichten aus dem anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Schuldnerin verletzt haben, der Schuldnerin hierdurch der vom Kläger mit 142.952,97 € zutreffend bezifferte Schaden entstanden ist und dieser Anspruch gegen alle Beklagten durchsetzbar ist.

1.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Entscheidung des Landgerichts nicht verfahrensfehlerhaft ergangen. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt ebenso wenig vor wie ein Verstoß gegen Hinweispflichten. Als Ausprägung des Rechts auf ein faires Verfahren und des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs dient § 139 ZPO unter anderem der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen. Hiernach darf das Gericht nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensgang nicht zu rechnen brauchte und zu dem er daher auch nicht Stellung genommen hat. Gegen dieses "Überrumpelungsverbot" hat das Landgericht vorliegend aber nicht verstoßen.

Zwar hat das Landgericht nach umfangreicher Stellungnahme beider Parteien zu Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Klageerhebung im Hinweisbeschluss vom 19.02.2008 seine - vorläufige - Rechtsmeinung dahingehend geäußert, dass der Annahme einer Verletzung der Aufklärungs- und Hinweispflicht im Zusammenhang mit der Prozessführung entgegen stehen dürfte, dass die Beklagten zu 2 und 3 zugleich Geschäftsführer der Schuldnerin gewesen seien und die Schuldnerin damit bereits das Wissen über die Prozessrisiken gehabt hätte. Auch nach diesem Hinweisbeschluss haben insbesondere die Beklagten allerdings noch umfangreich und vertiefend zur Beratung vor Klageerhebung vorgetragen ( vgl. nur Schriftsatz vom 08.10.2008 Bl. 395 ff)

Jedenfalls würde das angefochtene Urteil aber auch nicht auf einem solchen Verfahrensfehler beruhen, da die Beklagten auch mit der Berufungsbegründung nicht geltend gemacht haben, was denn noch vorgetragen worden wäre, hätte das Landgericht sie darauf hingewiesen, dass es an seiner vorläufig geäußerten Rechtsansicht nicht festhalte ( vgl. hierzu Zöller/Greger, ZPO, 28. Auflage 2010, § 139 Rdn. 20).

Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit das Landgericht es unterlassen hat, darauf hinzuweisen, dass es seiner Entscheidung auch den unstreitigen Tatsachenvortrag der Beklagten zugrundelegen würde, dass neben den Beklagten zu 2 und 3 auch Rechtsanwalt W… - wie die Beklagten ausgeführt haben - "intern federführender Sachbearbeiter" gewesen sei und nicht davon auszugehen sei, dass dieser die Schuldnerin in Gestalt der Beklagten zu 2 und 3 über den sich hier aufdrängenden Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz hinreichend aufgeklärt habe, so dass es - entgegen den Ausführungen im Hinweisbeschluss - auf den Einwand der Beklagten, ein Verstoß gegen die Beratungspflicht könne nicht vorliegen, weil die Beklagten zu 2 und 3 Geschäftsführer der Schuldnerin und diese damit zugleich das Wissen der Beklagten zu 2 und 3 gehabt habe, nicht ankomme. Denn auch insoweit ist nicht davon auszugehen, dass das Urteil auf einem - unterstellten - Verstoß gegen § 139 ZPO beruht. Der Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz ist zwar dahingehend zu verstehen, dass sie - wären sie auf diesen Gesichtspunkt hingewiesen worden - vorgetragen hätten, dass Rechtsanwalt W… lediglich völlig untergeordnet tätig geworden wäre, quasi als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht nur angesichts des erstinstanzlichen Vortrags, sondern auch im Hinblick auf die eingereichten und von Rechtsanwalt W… verfassten Schreiben ( insbesondere auch der Klageschrift im Ausgangsverfahren) völlig unzureichend. Es hätte einer umfangreichen und nachvollziehbaren Auseinandersetzung bedurft, weshalb ein immerhin zum damaligen Zeitpunkt auf dem Briefkopf aufgeführter Rechtsanwalt der Sozietät lediglich als untergeordneter Zuarbeiter angesehen werden sollte. Es fehlt jedoch an jeglichem Sachvortrag, in welchem Zeitraum und mit welchen Aufgaben Rechtsanwalt W… untergeordnet beschäftigt gewesen sein soll.

Ob und in welchem Umfang Rechtsanwalt W… "federführend" oder neben den Beklagten zu 2 und 3 im Zusammenhang mit der Beratung der Schuldnerin bei Klageerhebung oder vorher tätig war, ist jedoch, wie noch auszuführen sein wird, auch nicht entscheidungserheblich.

2.

Dem Kläger steht als Insolvenzverwalter der Schuldnerin ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten wegen der Verletzung der Verpflichtungen aus dem zwischen der Schuldnerin und den Beklagten zustande gekommenen Anwaltsvertrages zu.

a)

Zwar ist den Beklagten darin beizupflichten, dass der Inanspruchnahme der Beklagten wegen fehlerhafter Anwaltsberatung im Zusammenhang mit der Umsetzung des Konzepts der Gründung der R… und späteren Schuldnerin zum Zwecke der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen von Aktionären bereits entgegensteht, dass die Schuldnerin und damit auch ein Anwaltsvertrag mit dieser zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bestanden hat. Anwaltsvertragliche Beratungspflichten, die hätten verletzt werden können, ergaben sich insoweit allenfalls gegenüber den Aktionären, nicht aber gegenüber der Schuldnerin.

b)

Im Ergebnis zutreffend ist das Landgericht jedoch davon ausgegangen, dass die

Beklagten ihre gegenüber der Schuldnerin bestehenden Anwaltspflichten dadurch fahrlässig verletzt haben, dass sie der Schuldnerin zur praktisch aussichtlosen Klageerhebung geraten haben.

aa)

Die R… und spätere Schuldnerin hat - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - nach ihrer Gründung mit der Beklagten zu 1 einen Anwaltsvertrag geschlossen und die Beklagte zu 1 auf deren Empfehlung hin zur klageweisen Geltendmachung der ihr von den Aktionären jeweils abgetretenen Schadensersatzansprüchen gegen die L… F… Bayern sowie die L… B… I… (E…) AG beauftragt. Aus diesem mit der R…/ Schuldnerin geschlossenen Rechtsbesorgungsvertrag gem. §§ 675, 611 BGB haften die Beklagten wegen der Verletzung der ihnen obliegenden Verpflichtungen auf Schadensersatz. Die Verletzung ihrer Pflichten ist darin zu sehen, dass sie bzw. die für sie handelnden Beklagten zu 2 und 3 der R… bzw. der Schuldnerin und den Aktionären nicht dringend von einer gerichtlichen Geltendmachung der Schadensersatzforderungen abgeraten haben, obwohl die Abtretung der Schadensersatzforderungen gegen Art. 1 § 1 Abs.1 RBerG verstieß und die Verträge mit den Aktionären vom 02.12.2002 damit gem.§ 134 BGB nichtig waren, so dass die gerichtliche Geltendmachung der Forderungen zwangsläufig jedenfalls an der fehlenden Sachlegitimation scheiterte.

(1)

Der als Anlage K 3 vorgelegte, mit mehreren Aktionären der inzwischen insolventen S… R… AG gleichlautend abgeschlossene Vertrag, mit dem die Aktionäre ihre angeblichen Schadensersatzansprüche an die zu diesem Zweck gegründete R… abgetreten haben, verstieß gegen Art 1 § 1 Abs.1 S.1 RBerG. Die Abtretung war damit wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gem. § 134 BGB nichtig.

Hiervon ist der Senat nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage überzeugt.

Die Einziehung einer abgetretenen Forderung stellt nach Art.1 § 1 RBerG eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dar, die, wenn sie geschäftsmäßig erfolgt, ohne Erlaubnis nicht betrieben werden darf (BGH NJW-RR 2005, 286 f.)

Für die Beurteilung der Frage, ob es sich um eine Inkassotätigkeit handelt, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Einziehung der Forderung im Namen des Dritten erfolgt oder ob der Besorgende sich die Forderung nur treuhänderisch abtreten lässt, um das Ergebnis seiner Tätigkeit letztlich doch dem Zedenten zukommen zu lassen, so dass nicht entscheidend ist, dass die Vertragsparteien die Geltendmachung der Forderung durch die R… im eigenen Namen vereinbart haben.

Wer nach außen hin für sich selbst auftritt, im Innenverhältnis aber im wirtschaftlichen Interesse für einen Dritten handelt, besorgt grundsätzlich eine fremde Rechtsangelegenheit (Kleine-Cosack, RBerG, 2004, Rn 60 zu Art. 1 § 1 RBerG).

Unrichtig ist der nach wie vor von den Beklagten vertretene Standpunkt, wonach die R… eine eigene und keine fremde Rechtsangelegenheit der Aktionäre besorgt haben soll, weil die Vertragsparteien gem. Ziff 1 des Vertrages das der Abtretung zugrundeliegende Geschäft als "Verkauf" der Schadensersatzansprüche bezeichnet haben. Denn um die Vereinbarung eines Forderungskaufes handelt es sich bei dem vorliegenden Vertrag vom 02.12.2002 eindeutig nicht. Dem steht bereits entgegen, dass ein Kaufpreis, d.h. eine für einen Kauf begriffsnotwendige Gegenleistung für die Übertragung der Forderungen nicht festgelegt, sondern einer gesonderten Vereinbarung vorbehalten blieb und eine solche gem. Ziff. 3 des Vertrages auch nur für den Fall einer erfolgreichen Einziehung in Gestalt einer Beteiligung am Erlös vereinbart wurde. Eine Gegenleistung für die Übertragung der Forderung sollte also gesondert vereinbart und nur für den Fall einer erfolgreichen Geltendmachung der Forderung erfolgen. Damit ist die getroffene Regelung als Geschäftsbesorgung und nicht als Kauf zu qualifizieren. Dass die Aktionäre an dem eingezogenen Betrag beteiligt werden sollten, macht das Geschäft nicht zu einer eigenen Angelegenheit der R…. Darin liegt lediglich die Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung für die Inkassotätigkeit (vgl. Chemnitz/Johnigk, RBerG, 11. Aufl., Art. 1 § 1 Rdn. 100; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rdn. 50), ändert aber nichts an dem Fremdcharakter des Geschäfts ( vgl. BGH NJW-RR 2005, 286). An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts durch die Übertragung der Geschäftsanteile der R… auf die Inhaber der Forderungen im Laufe des Vorprozesses am 01.06.2004. Dass die Aktionäre als Inhaber der abgetretenen Forderungen hierdurch Gesellschafter der R… wurden, hat keine Auswirkung auf die Einordnung der Inkassotätigkeit der R…. Die Prozessführung der R… als eigenständiger Rechtspersönlichkeit bleibt trotz personeller Verflechtung eine fremde Rechtsangelegenheit.

Die R… hat die im Vorprozess geltend gemachten Ansprüche zur Überzeugung des Senates auch geschäftsmäßig erworben. Geschäftsmäßigkeit erfordert eine selbständige, mit Wiederholungsabsicht erfolgende Tätigkeit, die nicht nur aus besonderen Gründen als Gefälligkeit ausgeübt wird (Rennen/Caliebe, aaO, Art. 1 § 1 Rn. 56). Die Geschäftsmäßigkeit erfordert eine selbständige Tätigkeit, bei der der Handelnde beabsichtigt, sie - sei es auch nur bei sich bietender Gelegenheit - in gleicher Art zu wiederholen und dadurch zu einem dauernden und wiederkehrenden Teil seiner Beschäftigung zu machen; dafür kann eine einmalige Tätigkeit genügen (BGH NJW 2000, 1560, 1562). Danach sind die Voraussetzungen für die Annahme geschäftsmäßigen Handelns vorliegend gegeben. Die R… war eine Handelsgesellschaft, deren Tätigkeit als juristische Person im Regelfall auf eine gewisse Dauer angelegt ist. Schon der im Handelsregister eingetragene Gesellschaftszweck, der in erster Linie auf die Wahrnehmung von Treuhand- und Geschäftsbesorgungsaufgaben und damit zusammenhängende Beratungsaufgaben gerichtet war, weist auf die Zielrichtung, die Geschäftsbesorgung für andere regelmäßig wiederholen zu wollen. Zudem ist sowohl dem Inhalt des zwischen Aktionären und R… zustande gekommenen, jeweils gleichlautenden Vertrages als auch der dem Vorprozess vorangegangenen Korrespondenz, etwa dem als Anlage 10 vorgelegten Schreiben vom 10.12.2002, zu entnehmen, dass die Werbung weiterer Aktionäre zumindest beabsichtigt war, um sich deren Forderungen abtreten und dann "gebündelt" geltend machen zu können. Die substanzlose Behauptung der Beklagten, beim Erwerb der hier in Rede stehenden Forderungen der vier früheren Aktionäre der S… AG habe es sich um einen im Einzelfall ausgeübten Gelegenheitsfall gehandelt, der keinerlei Rückschlüsse auf einen geschäftsmäßig betriebenen Ankauf von Forderungen zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung zulasse, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.

Im Übrigen ist ein geschäftsmäßiges Handeln auch dann zu bejahen, wenn sich die Geschäftstätigkeit einer für diesen Zweck gegründeten und zu diesem Zweck tätigen Gesellschaft in einem einmaligen, nach Art. 1 § 1 RBerG erlaubnispflichtigen Handeln erschöpft. Denn in diesem Fall hat die Gesellschaft allein den Zweck, einer Beschäftigung nachzugehen, die erlaubnispflichtig ist. Die durch den Begriff der Geschäftsmäßigkeit bezweckte Abgrenzung der erlaubnisfreien Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten in vereinzelten Sonderfällen von einer darauf gerichteten Geschäftstätigkeit, ist in diesem Fall nicht anzuwenden, weil die Gesellschaft in diesem Fall tatsächlich gar keinen erlaubnisfreien Hauptzweck verfolgt. Andernfalls wäre der Umgehung des Verbots des Art. 1 § 1 RBerG Tür und Tor geöffnet. ( vgl OLG München, WM 2008, 1155 ff).

Auch die Auffassung, der Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes - eine rechtsbesorgende Tätigkeit der R… unterstellt - werde durch den Erwerb der Forderung und deren gerichtliche Geltendmachung durch die "Forderungskäuferin" nicht berührt, weil auf Seiten der R… lediglich Rechtsanwälte tätig gewesen seien, bei denen die Gefahr unsachgemäßer Erledigung der rechtlichen Angelegenheiten, vor denen das RBerG schützen wolle, nicht gegeben sei, ist unzutreffend. Denn das Gesetz will zwar zum Schutz der Rechtssuchenden und im allgemeinen Interesse an einer zuverlässigen Rechtspflege der Gefahr vorbeugen, dass die geschäftsmäßige, insbesondere im Rahmen der Ausübung eines Berufs erfolgende Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten an ungeeignete und unzuverlässige Personen gerät (BGH WM 2005, 102, 103). Dass diese Gefahr vorliegend nicht bestand, ist jedoch nicht erkennbar. Zudem soll nicht nur der Rechtssuchende selbst, sondern auch der Schuldner durch das Rechtsberatungsgesetz geschützt werden (so auch Rennen/Caliebe a.a.O., Art. 1 § 1 Rn. 11; OLG Hamm, NJW-RR 2000, 509, 510 für den Fall der Rechtsverfolgung von Inkassounternehmen, die keiner behördlichen Kontrolle unterliegen). Gerade im vorliegenden Fall liegt die Schutzwürdigkeit der Beklagten des Vorprozesses als Schuldner der eingeklagten Forderung auf der Hand, da die R… über nur geringes Stammkapital verfügte und die Realisierung von Kostenerstattungsansprüchen daher nicht gesichert war. Davon, dass der Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes vorliegend nicht tangiert ist, kann daher nicht ausgegangen werden.

(2)

Auf diese für einen Rechtskundigen klare Rechtslage und die damit einhergehende fehlende Sachlegitimation hätte die Beklagte zu 1 hinweisen und von der Klageerhebung abraten müssen.

So ist der Rechtsanwalt kraft des Anwaltsvertrags in den Grenzen des ihm erteilten Mandats (BGH MDR 1998, 1378; MDR 1996, 2648 f.; Vollkommer/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 665) verpflichtet, die Interessen seines Mandanten nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen und Schädigungen seines Auftraggebers zu vermeiden. Soweit der Mandant nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf, ist der Rechtsanwalt grundsätzlich zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. In den Grenzen des Mandats hat er dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele führen und geeignet sind, Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (BGH WM 1993, 1376; WM 1996, 1824; WM 2006, 927; WM 2007, 419; NJW 2007, 2485; WM 2008, 1560). Er hat die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung sorgfältig zu prüfen und den Mandanten über die Prozessrisiken umfassend zu informieren. Ist sicher oder in hohem Maße wahrscheinlich, dass der Mandant den Prozess verliert, muss der Rechtsanwalt hierauf nachdrücklich hinweisen und von einer Prozessführung abraten ( BGH Z 98, 397; OLG Koblenz NJW -RR 2006,1358).

Ihre so umrissenen Pflichten hat die Beklagte zu 1 bei Ausführung des ihr von der Schuldnerin übertragenen Mandats, einen vermeintlich an sie abgetretenen Anspruch durchzusetzen, verletzt, ohne sich darauf berufen zu können, die in die Erfüllung der Aufgaben aus dem Anwaltsvertrag eingebundenen Beklagten zu 2 und 3 seien im Vorfeld des Klageauftrages zugleich die Geschäftsführer der Schuldnerin gewesen, so dass deren Wissen und Kenntnisse der Schuldnerin zuzurechnen sei und es einer weiteren Beratung nicht bedurft habe.

Denn sowohl das Verhalten der Beklagten zu 1, Empfehlung der gerichtlichen Geltendmachung der mit Vertrag vom 02.12.2004 abgetretenen Schadensersatzansprüche im eigenen Namen als auch der Sachvortrag der Beklagten im Verfahren, die ihren Rechtsstandpunkt immer noch für zutreffend und die im Vorprozess ergangenen Entscheidung für fehlerhaft halten, sowie das eingereichte Schreiben der Beklagten zu 1 an die Schuldnerin vom 10.12.2002 lassen den Schluss darauf zu, dass sich die nach ihrem eigenen Vorbringen auf Seiten der Beklagten zu 1 verantwortlich handelnden Beklagten zu 2 und 3 des tatsächlichen Prozessrisikos nicht bewusst waren bzw. dieses aus Rechtsunkenntnis verkannt haben, so dass auf der Hand liegt, dass sie keine anforderungsgerechte Beratung der Schuldnerin haben leisten können und geleistet haben. Es kann damit dahinstehen, ob ihr Wissen der Schuldnerin zugerechnet werden kann.

Verkennt aber ein Rechtsanwalt die Rechtslage und beruht hierauf sein Handeln, hier Empfehlung zur klageweisen Geltendmachung des Anspruchs im eigenen Namen gestützt auf einen für eine Rechtskundigen erkennbar nichtigen Vertrag, haftet er seinem Mandanten für den ihm hieraus entstehenden Schaden, da ein Rechtsanwalt grundsätzlich jeden Rechtsirrtum zu vertreten hat.

Für die Annahme, dass die Beklagten zu 2 und 3 die Schuldnerin unzureichend beraten haben, spricht zudem eine Vermutung, da die Schuldnerin bei hinreichend umfassender Belehrung von einer gerichtlichen Geltendmachung der ihr abgetretenen Forderung Abstand genommen hätte. Darüber hinaus bedarf es entgegen der Annahme des Landgerichts nicht des Rückgriffs auf deren Vortrag im Deckungsprozess vor dem OLG Köln. Vielmehr kann der Vortrag der Beklagten (und die in Bezug genommenen Anlagen) hinsichtlich der Beratung der Aktionäre herangezogen werden, aus dem sich ergibt, dass die Beratung durch die Beklagten zu 2 und 3, aber auch durch Rechtsanwalt W… zumindest unzureichend und unvollständig war. Soweit die Beklagten geltend machen, man habe das Risiko aufgezeigt, dass eine derartige Zession als mit dem Rechtsberatungsgesetz nicht vereinbar beurteilt werden könnte, dies sei jedoch eher unwahrscheinlich, man könne dem jedenfalls mit dem Einwand entgegentreten, der Zessionar mache letztlich die Forderung im eigenen Interesse seiner mittelbaren Gesellschafter geltend, eine geschäftsmäßige Besorgung fremder Angelegenheiten liege daher nicht vor, zeigt, dass die Beklagten zu 2 und 3 zum einen das Prozessrisiko völlig falsch eingeschätzt und hierüber demzufolge fehlerhaft beraten haben, zum anderen - wie sich aus den obigen Ausführungen, aber auch aus den überzeugenden Ausführungen in der Entscheidung des OLG Frankfurt vom 15.03.2005 ergibt ( vgl. Seite 9 unten der Entscheidung unter Hinweis auf die einschlägige Kommentarstelle, Bl. 31 GA) - verkannt haben, dass es für die Annahme der Erlaubnispflicht nicht darauf ankommt, ob die Forderung - aufgrund des Treuhandverhältnisses - letztlich im Interesse seiner mittelbaren Gesellschafter geltend gemacht wird.

Stattdessen wäre von den Beklagten zu erwarten gewesen, dass sie die Schuldnerin auf den für sie als Rechtskundige evidenten Verstoß der getroffenen Vereinbarung gegen das Rechtsberatungsgesetz und die Folgen für ihre Sachlegitimation im Prozess hinweisen und von einer Klageerhebung abraten.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist - wie bereits ausgeführt - dem OLG Frankfurt und seinen überzeugenden Ausführungen dahingehend zu folgen, dass die von den Beklagten zu 2 und 3 ersonnene vertragliche Abtretungsvereinbarung bei zutreffender rechtlicher Einordnung auf der Grundlage der einhelligen Rechtsprechung und Kommentierung eindeutig und "klar auf der Hand liegend" gegen das Rechtsberatungsgesetz verstößt und damit nichtig ist.

(3)

Dem Landgericht ist auch darin zu folgen, dass den Beklagten eine Verletzung von Beratungspflichten im Zusammenhang mit der Durchführung der Berufung anzulasten ist, ohne dass diese sich darauf berufen können, die Beklagten zu 2 und 3 als gesetzliche Vertreter der Schuldnerin hätten den Berufungsauftrag in Kenntnis der landgerichtlichen Entscheidung erteilt. Gerade in Kenntnis der personellen Verflechtung hätten die Beklagten die Schuldnerin in Gestalt der Beklagten zu 2 und 3 nachdrücklich auf die fehlende Erfolgsaussicht des in Aussicht genommenen Rechtsmittels und darauf hinweisen müssen, dass der Rechtsstreit auch in der Berufungsinstanz nicht zu gewinnen war. Hierzu wäre insbesondere auch der Beklagte zu 4) verpflichtet gewesen, der ausweislich des Schreibens vom 11.08.2004 bereits frühzeitig in die Überprüfung mit einbezogen wurde, sich aber ausweislich des Inhalts dieses Schreibens ebenfalls nicht eindeutig gegen, sondern für eine Berufungseinlegung bzw. Begründung der Berufung ausgesprochen hat. Die Beklagten können ihrer Inanspruchnahme hinsichtlich der durch das Berufungsverfahren entstandenen Kosten auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, der neue Geschäftsführer K… sei jedenfalls in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in Frankfurt und auch noch einmal nach den Hinweisen des Senatsvorsitzenden umfangreich aufgeklärt worden, habe aber auf der Durchführung des Verfahrens bestanden. Zum einen ist nicht dargetan, wie genau die Beratung des neuen Geschäftsführers ausgesehen haben soll, zum anderen ist auch insofern davon auszugehen, dass dieser sich bei hinreichender Aufklärung beratungskonform verhalten und die Berufung zurückgenommen hätte, was aber nicht geschehen ist. Im Übrigen können die Beklagten hieraus kein der Klageforderung entgegenstehendes Mitverschulden des Geschäftsführers K… herleiten, denn der Beklagte zu 4 hatte zuvor zur Durchführung der Berufung geraten und K… durfte sich die Möglichkeit offen halten, die angekündigte Entscheidung des OLG Frankfurt nach Vorliegen des Urteils im Rahmen der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde überprüfen zu lassen.

3.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, haften für die aufgezeigten Verstöße gegen die anwaltlichen Beratungspflichten alle Sozien des Vertragspartners, der Beklagten zu 1, unabhängig davon, ob sie persönlich in die Durchführung des Mandats eingebunden waren oder nicht. Dies gilt entgegen der Auffassung der Beklagten auch für den Beklagten zu 8), obwohl dieser als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater auf dem zu bearbeitenden Rechtsgebiet nicht tätig werden durfte. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt bei Sozietäten unterschiedlicher Berufsangehöriger der Vertrag im Zweifel nur mit denjenigen Sozien zustande, die auf dem zu bearbeitenden Rechtsgebiet tätig werden dürfen (BGH, Urt. v. 16. Dezember 1999 - IX ZR 117/99, NJW 2000, 1333, 1334; v. 17. Februar 2000 - IX ZR 50/98, NJW 2000, 1560, 1561; vgl. auch BGH Urt. v. 3. Juni 1993 - IX ZR 173/92, WM 1993, 1677, 1681 unter IV). Maßgeblich hierfür war der Gesichtspunkt, dass eine reine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne von Art. 1 § 1 RBerG dem Steuerberater verwehrt ist. Verpflichtet sich ein Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater geschäftsmäßig zu einer ihm nicht gestatteten Rechtsbesorgung, so ist der Vertrag nichtig, § 134 BGB (BGHZ 37, 258, 261 f; BGH, NJW-RR 1992, 1110, 1115; v. 30. September 1999 - IX ZR 139/98, WM 1999, 2360, 2361; v. 16. Dezember 1999 - IX ZR 117/99, aaO S. 1335). Deshalb wurde davon ausgegangen, bei einer gemischten Sozietät - wie im vorliegenden Fall - sei ein Vertrag, der zwischen dem Auftraggeber und einem Sozietätsmitglied geschlossen werde, in der Regel dahin auszulegen, dass nur diejenigen Mitglieder der Sozietät die Vertragserfüllung übernehmen sollten, die berufsrechtlich und fachlich dazu befugt seien (BGH, Urt. v. 16. Dezember 1999 - IX ZR 117/99, aaO; v. 17. Februar 2000 - IX ZR 50/98, aaO).

Im Schrifttum wird im Hinblick auf die Rechtsfähigkeit der in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft geführten Sozietät und der hieraus folgenden akzessorischen Haftung ihrer Gesellschafter nunmehr teilweise vertreten, dass diese Haftungsgrundsätze auch auf Sozietäten anzuwenden sind, die sich aus unterschiedlichen Berufsangehörigen zusammensetzen (sog. interprofessionelle bzw. gemischte Sozietät). Der Mandatsvertrag komme mit der Sozietät zustande; die internen Zuständigkeits- und Zulässigkeitsfragen berührten den Mandanten nicht (Vollkommer/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht , 2. Aufl. Rn. 79; Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung 4. Aufl. Kap. VII Rn. 23; Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Aufl. Rn. 119). Nach anderer Ansicht ist bei interprofessionellen Sozietäten die persönliche Haftung der Sozietätsmitglieder analog § 128 HGB im Wege konkreter Auslegung des Anwaltsvertrages auf diejenigen zu begrenzen, die Vertragspartner nach den bisherigen Grundsätzen des Einzelmandats wären (Sieg in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 354).

Der Bundesgerichtshof ( insbesondere der zuständige 9. Zivilsenat) hat die angeführte Fragestellung soweit ersichtlich bislang nicht entschieden, sondern konnte sie aufgrund der zur Entscheidung stehenden besonderen Fallgestaltungen dahinstehen lassen ( vgl. BGH, Entscheidung vom 26.06.2008 - IX ZR 145/05, zitiert nach juris Rdn.10;Entscheidung vom 05.02.2009 - IX ZR 18/07, zitiert nach juris Rdn. 10)

Nach der 2001 ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Rechtsfähigkeit der in Form einer BGB-Gesellschaft geführten Sozietät und der hieraus folgenden akzessorischen Haftung ihrer Gesellschafter schließt sich der Senat der Auffassung an, nach der die Haftungsgrundsätze auch auf die Sozietäten anzuwenden sind, bei denen unterschiedliche Berufsangehörige Gesellschafter sind, da der Vertrag - wie auch vorliegend - mit der Sozietät und nicht mit einzelnen Mitgliedern zustande kommt. Danach haftet auch der Beklagte zu 8 gesamtschuldnerisch als Mitglied der Sozietät.

4.

Das Anwaltsverschulden wird gem. § 280 Abs.1 S.2 BGB vermutet. Entlastende Umstände sind nicht dargetan.

5.

Die oben aufgezeigten anwaltlichen Pflichtverstöße waren auch kausal für den vom Kläger geltend gemachten Schaden in Höhe von insgesamt 141.618,56 €, da die geltend gemachten Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Vorprozesses bei ordnungsgemäßer Aufklärung und vermuteten beratungsgemäßen Verhaltens vermieden worden wären. Darüber sind die Beklagten zur Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.334,41 € als erforderliche Rechtsverfolgungskosten verpflichtet.

Die von den Beklagten in der Berufungsinstanz zur Schadenshöhe geltend gemachten Einwendungen führen nicht zu einem Erfolg der Berufung.

a)

Soweit die Beklagten einwenden, von den Kosten erster Instanz hätten letztlich die Aktionäre weitere 25.000 € getragen, weil die Schuldnerin diesen Betrag zwar zur Gerichtskasse eingezahlt habe, dieser jedoch zuvor auf die Stammeinlage gezahlt worden sei, steht dies einer Inanspruchnahme der Beklagten nicht entgegen. Denn bei der Stammeinlage handelt es sich zweifelsfrei um der Schuldnerin zustehendes Vermögen. Dass die Beklagten aufgrund ihres Verhaltens auch von den Aktionären auf Erstattung der von diesen anteilig erbrachten Leistungen in Anspruch genommen werden, steht ihrer Inanspruchnahme durch die Schuldnerin nicht entgegen.

b)

Soweit die Beklagten sich erstmals in der Berufungsinstanz gegen die Inanspruchnahme auf Kostenerstattung der mit rechtskräftigem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7.06.2005 auf 36.901,92 € festgesetzten Kosten wenden, ist ihr Vorbringen bereits nicht hinreichend substanziiert. Da der Kostenerstattungsanspruch in voller Höhe zu Lasten des Vermögens der Schuldnerin angefallen ist und diese schadensersatzrechtlich so zu stellen ist, wie sie stehen würde, wäre sie richtig und vollständig aufgeklärt worden und hätte infolgedessen keinerlei Gerichtskosten zu zahlen gehabt ( s.o.), kann der Einwand, den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2 des Vorprozesses habe ein Anspruch in dieser Höhe nicht zugestanden, weil diese die Prozessgebühr lediglich aus einem Streitwert von 3.406.400 € und nicht aus dem vollen Streitwert von 6.109.040 € hätten beanspruchen können, was sich daraus ergebe, dass die klägerischen Prozessbevollmächtigten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss im Vorprozess zunächst zu Recht Erinnerung eingelegt hätten, allenfalls ein Mitverschulden der Schuldnerin bzw. des Klägers unter dem Gesichtspunkt begründen, dass das Erinnerungsverfahren nicht weiterverfolgt, sondern durch Rücknahme erledigt worden ist. Den Beklagten hätte es jedoch oblegen im Einzelnen darzutun, dass das Erinnerungsverfahren - welches der Kläger unter Berufung auf mangelnde Erfolgsaussicht zurückgenommen hat - Erfolg gehabt und der Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben oder abgeändert worden wäre. Hierzu fehlt es jedoch an jeglichem Vortrag. Der Senat, dem die Akte des Vorverfahrens nicht vorliegt, vermag nicht festzustellen, dass die außergerichtlichen Kosten des Vorprozesses entgegen dem rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschluss fehlerhaft berechnet worden sind. Ein anrechenbares Mitverschulden ist daher nicht feststellbar.

6.

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist auch durchsetzbar und nicht verjährt. Dies gilt auch hinsichtlich der durch die in erster Instanz des Vorprozesses entstandenen Kosten. Die zum Schadensersatz gegenüber der Schuldnerin verpflichtende anwaltliche Pflichtverletzung lag - wie ausgeführt - in der fehlerhaften Beratung zur Klageerhebung und nicht in der Beratung der Aktionäre im Zusammenhang mit der Abtretungsvereinbarung, so dass es für den Beginn des Laufs der dreijährigen Verjährungsfrist gem. § 51b BRAO in der bis zum 15.12.2004 geltenden Fassung, der gemäß Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB weiter anzuwenden ist, da der primäre Schadensersatzanspruch vor dem 15. Dezember 2004 entstanden ist, frühestens auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage im Vorprozess als den Zeitpunkt ankommen könnte, in dem durch die Pflichtverletzung der Beklagten erstmals eine objektive Verschlechterung der Vermögenslage in Gestalt der Entstehung eines Gebührentatbestandes eingetreten ist. Denn selbst wenn die Primärverjährungsfrist für die durch Klageerhebung im Vorprozess entstandenen Gerichtskosten erster Instanz jedenfalls zum Teil vor Hemmung der Verjährung gem. § 214 Abs.1 Nr. 14 BGB durch Zustellung bzw. Einreichung des Prozesskostenhilfeantrages im vorliegenden Verfahren abgelaufen und nicht vorher schon rechtzeitig durch verjährungshemmende Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB, wie durch die vorgelegte Korrespondenz in der Zeit zwischen dem 12. August 2005 ( K 12) und dem 13. Oktober 2005 ( K 13) belegt, gehemmt worden sein sollte, führt dies nicht zum Erfolg der erst in zweiter Instanz erhobenen Verjährungseinrede. Denn dem Anwalt ist die Berufung auf die Einrede der Primärverjährung verwehrt, wenn er es innerhalb der Primärverjährungsfrist bei einem begründeten Anlass, seine Regresspflicht in Erwägung zu ziehen, schuldhaft unterlassen hat, den Mandanten rechtzeitig vor Ablauf der Verjährung auf den gegen ihn bestehenden Schadensersatzanspruch und die kurze Verjährung hinzuweisen (sog. Sekundärhaftung vgl. BGH, NJW 1985, 2250, 2252; NJW 2000, 1263, 1264) , wie dies vorliegend der Fall war. Die Beklagten hatten nach dem klageabweisenden Urteil des Landgerichts Frankfurt im Vorprozess, spätestens aber bei Zurückweisung der Berufung durch das Oberlandesgericht Frankfurt Veranlassung zu einem entsprechenden Hinweis gehabt, den sie jedoch nicht erteilt haben.

III.

Der ausgeurteilte Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs.1, 288 Abs.1 BGB.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Frage der Haftung von nichtanwaltlichen Sozietätsmitgliedern für Anwaltsfehler nach der Zubilligung der Rechtsfähigkeit der in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft geführten Sozietät grundsätzliche Bedeutung hat, § 543 Abs.2 Nr.1 ZPO.

R… S… K…






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 25.06.2010
Az: I-16 U 31/09


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https://www.admody.com/urteilsdatenbank/625f647e5be7/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_25-Juni-2010_Az_I-16-U-31-09


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