Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Juni 2006
Aktenzeichen: 27 W (pat) 39/06

(BPatG: Beschluss v. 27.06.2006, Az.: 27 W (pat) 39/06)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Der Widersprechende hat gegen die am 21. Februar 2003 veröffentlichte Eintragung der am 8. Oktober 2002 angemeldeten und für "Elektronische Steuerungs- und Diagnosegeräte; Computer und Computerprogramme; Geräte für die Mess- und Regeltechnik; Heizungsanlagen" geschützten Marke Nr. 302 48 710 ROSSY Widerspruch eingelegt aus seiner am 13. August 1996 angemeldeten und seit 7. Januar 1999 u. a. für "Steuergeräte und -ventile für Kessel und Klimaanlagen; Thermostate, Durchflussregler; Druckregler; Wasserstandsanzeiger; Heizungsanlagen; Klimaanlagen und -geräte, Wasserverteilungsanlagen und -geräte sowie sanitäre Anlagen und Geräte; Heizkessel; Brenner; Dampferzeuger; Regelungs- und Sicherheitszubehör für Wassergeräte; Wasserzapfgeräte; Warmwasserbereiter (Apparate); Hähne; Mischhähne für Wasserleitungen" eingetragenen Marke Nr. EU 359 075 Vergrößern Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 16. Januar 2006 den Widerspruch zurückgewiesen, weil das angegriffene Zeichen mit der Widerspruchsmarke - ungeachtet ihrer von der Inhaberin der angegriffenen Marke bestrittenen rechtserhaltenden Benutzung - weder schriftbildlich noch klanglich derart ähnlich sei, dass trotz identischer, jedenfalls aber hochgradig ähnlicher Waren eine Verwechslungsgefahr bestünde.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Er hält eine Verwechslungsgefahr für gegeben, da die Übereinstimmungen in beiden Zeichen deren Unterschiede überwögen, weil die angegriffene Marke in der Widerspruchsmarke vollständig enthalten sei; zudem werde der Verkehr die angegriffene Marke für die Kurzform der Widerspruchsmarke erachten.

Der Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, dem Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke Nr. 359 075 gegen die Eintragung der Marke Nr. 302 48 710 stattzugeben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre jeweiligen Standpunkte aufrechterhalten und vertieft.

II A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, den Widerspruch wegen mangelnder Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen.

Unter Berücksichtigung der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr miteinander in Wechselbeziehung stehenden Komponenten der Waren- und Markenähnlichkeit sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei z. B. ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen größeren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 Tz. 23 f. - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz. 16 f. - Canon; BGH GRUR 1999, 241, 243), sind die sich gegenüberstehenden Marken ungeachtet der Frage einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke nicht so ähnlich, dass angesichts weitgehend identischer, jedenfalls aber hochgradig ähnlicher Waren und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr bestünde.

Entgegen der Ansicht der Widersprechenden überwiegen die Unterschiede beider Marken die Übereinstimmungen so stark, dass die Marken wenn überhaupt nur als äußerst entfernt ähnlich angesehen werden können. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, führt die in der jüngeren Marke nicht enthaltene Endung "-gnoli" in der Widerspruchsmarke zu einer völlig verschiedenen Buchstaben- und Silbenzahl sowie einer erkennbar abweichenden Vokalfolge, was wiederum ein für jedermann ohne Weiteres wahrnehmbares abweichendes Klangbild und einen unterschiedlichen Klangrhythmus bewirkt. Dass die jüngere Marke dabei in der Widerspruchsmarke klanglich enthalten ist, spielt keine Rolle, weil Kurzworte häufig in längeren Wörtern enthalten sind, ohne dass der Verkehr auf den Gedanken käme, sie miteinander zu verwechseln oder ihnen gar einen gemeinsamen Sinngehalt zuzuweisen; so ist der Verkehr etwa ohne Weiteres imstande, die Unterschiede zwischen "Patent" und "Patentanwalt" zu erfassen, obwohl ersteres in letzterem vollständig enthalten ist.

Auch die Annahme, die jüngere Marke als Kurzform der Widerspruchsmarke anzusehen, liegt für den Verkehr fern. Bei beiden Marken handelt es sich für die angesprochenen Verkehrskreise um eigenständige italienische Nachnamen, die üblicherweise nicht verkürzt werden; dann fehlt es aber an jeglicher Grundlage dafür, die jüngere Marke als Kurzform der älteren Marke anzusehen und beide Kennzeichnungen gedanklich miteinander in Verbindung zu bringen.

Da somit eine - wenn überhaupt - erhebliche Zeichenferne vorliegt, scheidet eine Verwechslungsgefahr trotz teilweiser Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus. Die gegen die Zurückweisung ihres Widerspruchs eingelegte Beschwerde der Widersprechenden konnte daher keinen Erfolg haben.

B. Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).






BPatG:
Beschluss v. 27.06.2006
Az: 27 W (pat) 39/06


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