Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Januar 2007
Aktenzeichen: 34 W (pat) 373/03

(BPatG: Beschluss v. 31.01.2007, Az.: 34 W (pat) 373/03)

Tenor

Das Patent wird aufrechterhalten.

Gründe

I Gegen das am 5. Juni 2003 veröffentlichte deutsche Patent 100 06 482 mit der Bezeichnung "Stapelgerät" hat die A... GmbH & Co. in B..., am 29. August 2003 Einspruch erhoben.

Der Einspruch wurde darauf gestützt, dass der Gegenstand des Patentanspruch 1 nicht neu sei, zumindest aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die ihrer Ansicht nach fehlende Patentfähigkeit hat die ehemalige Einsprechende mit zwei offenkundigen Vorbenutzungen begründet. Sie hat hierzu folgende Unterlagen eingereicht:

Vorbenutzung 1:

E4.1 Auftragsbestätigung vom 7. Mai 1999 an Fa. C... AB in D..., Auftragsnummer 99.1.018, Projektnummer LNB- D/LNB56/27 E4.2 Zeichnung vom 8. September 1999 mit der Nummer LNB-LNB (160) 57/27, für Projekt C... AB/S E4.3 Lieferschein vom 12. Oktober 1999 an Fa. C... AB, Auf- tragsnummer 99.1.018, LNB-D/LNB56/27 E4.4 Rechnung vom 12. Oktober 1999 an Fa. C... AB, Rech- nungsnummer 99.1.018, Projektnummer LNB-D/LNB56/27 Vorbenutzung 2:

E5.1 Auftragsbestätigung vom 30. Juli 1999 an Fa. E... Ltd. in F..., Auftragsnummer 99.1.021, Projektnummer LNC-D/LNC 57/21 E5.2 Zeichnung vom 16. September 1999 mit der Nummer LNC-LNC (210) 57/21, für Projekt Fa. G... Ltd.

E5.3 Lieferschein vom 6. Dezember 1999 an Fa. G... Ltd., in H..., Auftragsnummer 99.1.021, Projektnummer LNC-D/LNC 57/21 E5.4 Rechnung vom 17. Dezember 1999 an Fa. E... Ltd., Rech- nungsnummer 99.1.021, Projektnummer LNC-D/LNC 57/21 E6.1 bis E6.6 Zeichnungen vom 14. August 2003, die den Aufbau der gelieferten Stapelgeräte erläutern sollen E6.7 Ablaufbeschreibung vom 18. August 2003 zu E6.1 bis E6.6 Dafür, dass die Stapelgeräte in den gemäß Anlagenkonvolut E4 und E5 vorbenutzten Anlagen mit den nachträglich erstellten Unterlagen (E6.1 bis E6.6: Zeichnungen vom 14. August 2003 und E6.7: Ablaufbeschreibung vom 18. August 2003 zu E6.1 bis E6.6) übereinstimmen, hat die Einsprechende Zeugenbeweis angeboten.

Außerdem hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 30. September 2004 Stücklisten E4.5 vom 9. September 1999 und E5.5 vom 16. September 1999 nachgereicht, die die Zugehörigkeit der eingereichten Zeichnungen zu den restlichen Unterlagen belegen sollen.

Die Einsprechende verweist ferner auf folgende bereits im Prüfungsverfahren berücksichtigte Druckschriften:

E1 DE 24 59 571 C2 E2 AT 395 311 B E3 AT 405 509 B Der Senat hat noch die DE 197 18 291 A1 in das Verfahren eingeführt.

Mit Eingabe vom 10. Januar 2007 hat die Einsprechende den Einspruch zurückgenommen.

Die Patentinhaberin hat dem Vortrag der Einsprechenden widersprochen. Sie beantragt, das Patent aufrechtzuerhalten.

Sie führt im Wesentlichen aus, dass die Zeichnungen E6.1 bis E6.6 und die Ablaufbeschreibung E6.7 nach dem Anmeldetag des Patents erstellt worden seien. Ein unmittelbarer Zusammenhang zu den Stapelgeräten gemäß den Anlagenkonvoluten E4 und E5 lasse sich nicht herstellen. Ferner wiesen die Anlagenkonvolute E4 und E5 Widersprüche auf. So betreffe Anlage E4.1 eine Auftragsbestätigung mit der Nummer LNB-D/LNB56/27, während die Zeichnung E4.2 mit der Nummer LNB-LNB (160) 57/27 versehen sei. Hinsichtlich des Anlagenkonvoluts E5 merkt sie an, dass sich auch hier die Projektnummer nicht in identischer Form auf der Zeichnung E5.2 und dem Lieferschein E5.3 wiederfinde. Darüber hinaus korrespondiere die auf der Zeichnung E5.2 genannte Firma G... Ltd. nicht mit der auf der Auftragsbestätigung E5.1 E... Ltd. genannten Firma. Auf dem Lieferschein E5.3 sei dann wiederum die Firma G... Ltd. angegeben, auf der Rechnung E5.4 wie- derum die E... Ltd. Darüber hinaus unterschieden sich zwischen Lieferschein und Rechnung auch die Speditionen, so dass auch hier Zweifel an der Zusammengehörigkeit der Dokumente bestünden.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:

Stapelgerät zum Abstapeln von einzelnen oder gestapelten Platten (56) gleichen Formates zu Plattenstapeln, mit einem das Stapelgut (54) zu einer Übergabestation fördernden Rollenförderer (10), einem diesem an der Übergabestation seitlich zugeordneten Hubtisch (12), einer Abstapelvorrichtung (14) mit einer zwischen Rollenförderer (10) und Hubtisch (12) horizontal hin- und herbewegbaren Gabelarme (32) aufweisenden Traggabel (30) und mit einer Ausrichtvorrichtung (16) mit zwei einander gegenüberliegend parallelen, und jeweils eine vertikale Ausrichtebene definierenden Ausrichtgliedern (28, 36), von denen das eine Ausrichtglied (36) quer zur Transportrichtung des Rollenförderers (10) horizontal verstellbar und feststellbar ist, eines der beiden Ausrichtglieder zwischen Rollenförderer (10) und Hubtisch (12) angeordnet ist, und eines derselben einen aufrechten Anschlag (26) zum Aufschieben des auf der Traggabel (30) aufruhenden und auf den Hubtisch (12) aufzuschiebenden Stapelgutes (54) bildet, dadurch gekennzeichnet, dass Rollenförderer (10) und Abstapelvorrichtung (14) auf der gleichen Seite des Hubtisches (12) angeordnet sind, dass das zwischen Rollenförderer (10) und Hubtisch (12) aufrecht angeordnete, gabelartige Ausrichtglied (28) der Ausrichtvorrichtung (16) unterhalb der Förderebene des Rollenförderers (10) stationär und das andere Ausrichtglied (36) vertikal verstellbar und gabelartig derart ausgebildet ist, dass Gabelarme (32) von Traggabel (30) und Ausrichtglied (36) gegenseitig in kämmenden Eingriff bringbar sind und dass dem Hubtisch (12) eine vertikal einstellbare Ausrichtvorrichtung (18) zugeordnet ist, die zwei einander gegenüberliegende, parallele Ausrichtglieder (44, 46) mit jeweils einer vertikalen Ausrichtfläche aufweist, deren gegenseitiger Abstand veränderbar ist und die sich quer zur Förderrichtung des Rollenförderers (10) erstrecken.

Wegen des Wortlauts der erteilten Ansprüche 2 und 3 wird auf die Patentschrift verwiesen.

Zu weiteren Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II Nach der Rücknahme des Einspruchs ist das Verfahren von Amts wegen ohne die Einsprechende fortzusetzen (§ 61 Abs. 1 Satz 2 PatG).

1. Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch war zulässig.

2. Das Patent ist aufrechtzuerhalten.

a) Der Vortrag der Einsprechenden hinsichtlich der behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen könnte erheblich sein. Er weist jedoch Widersprüche auf, auf die die Patentinhaberin zu Recht hingewiesen hat. Vor einer Einvernahme der benannten Zeugen, die lediglich bestätigen sollten, dass die Stapelgeräte in den gemäß Anlagenkonvolut E4 und E5 vorbenutzten Anlagen mit den nachträglich erstellten Unterlagen (E6.1 bis E6.6 und E6.7) übereinstimmen, müssten diese Widersprüche beseitigt werden, was aber ohne die Mitwirkung der Einsprechenden nicht möglich ist. Die behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen müssen daher bei der Beurteilung der Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 außer Betracht bleiben.

b) Zu formalen Bedenken gegen die geltenden Patentansprüche besteht kein Anlass. Anspruch 1 geht zurück auf den ursprünglich eingereichten Anspruch 1 in Verbindung mit der Beschreibung. Die Ansprüche 2 und 3 entsprechen den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 2 und 3.

c) Zum Verständnis des Anspruchs 1 Gemäß Anspruch 1 weist das Stapelgerät eine Ausrichtvorrichtung (16) und eine Ausrichtvorrichtung (18) auf. Wie sich aus der Beschreibung zweifelsfrei ergibt, handelt es sich dabei um zwei getrennte Ausrichtvorrichtungen, nämlich um eine obere, der Abstapelvorrichtung (14) zugeordnete Ausrichtvorrichtung (16) und eine untere, dem Hubtisch (12) zugeordnete Ausrichtvorrichtung (18) (vgl. Patentschrift Absatz 34).

d) Die gewerbliche Anwendbarkeit des beanspruchten Stapelgeräts ist zweifellos gegeben. Das Stapelgerät ist gegenüber dem ermittelten Stand der Technik auch neu; es unterscheidet sich hiervon zumindest durch das gabelartig ausgebildete Ausrichtglied (36) der oberen Ausrichtvorrichtung (16) und die untere, dem Hubtisch (12) zugeordnete Ausrichtvorrichtung (18).

e) Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Zuständiger Fachmann ist ein Dipl. Ing. (FH) für Maschinenbau der Fachrichtung Fördertechnik mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion von Stapelgeräten.

Dem Patentgegenstand am nächsten kommt ein Stapelgerät, wie es aus der DE 197 18 291 A1 bekannt ist. Dort wird ein zum Abstapeln von einzelnen oder gestapelten Platten (22) gleichen Formats ausgebildetes Stapelgerät gezeigt und beschrieben. Das Stapelgerät weist einen das Stapelgut zu einer Übergabestation fördernden Rollenförderer (60) und einen diesem an der Übergabestation seitlich zugeordneten Hubtisch (20) auf. Ferner ist eine mit dem Rollenförderer auf der gleichen Seite des Hubtischs (20) angeordnete Abstapelvorrichtung (dort Abstapelrechen 10) mit einer zwischen Rollenförderer (60) und Hubtisch (20) horizontal hin- und herbewegbaren und Gabelarme (Rechenzinken 24) aufweisenden Traggabel vorgesehen. Das Ausrichten der Plattenstapel erfolgt über ein zwischen Rollenförderer (60) und Hubtisch (20) senkrecht angeordnetes, gabelartiges, unterhalb der Förderebene des Rollenförderers (60) stationär angeordnetes Ausrichtglied (Abstreifrechen 42).

Bei Stapelgeräten zum Abstapeln von einzelnen oder gestapelten Platten gleichen Formats besteht das Problem, dass die ursprünglich auf dem Rollenförderer bewerkstelligte Ausrichtung des Stapelguts wegen der hohen Arbeitsgeschwindigkeit nicht immer zu gewährleisten ist (s. Patentschrift des angefochtenen Patents Absatz 0019). Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Stapelgerät anzugeben, das ein kantenbündiges, gut ausgerichtetes plattenförmiges Stapelgut ermöglicht (vgl. Patentschrift Absatz 0023). Das Patent löst diese Aufgabe mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1. Die obere Ausrichtvorrichtung (16) weist dabei ein gabelartig ausgebildetes Ausrichtglied (36) auf, das mit der Traggabel (30) im kämmenden Eingriff bringbar ist. Das Ausrichtglied (36) dient dabei auch als Anschlag, falls beim schrägen Abschieben des Plattenteilstapels (54) einzelne Platten (56) nach vorne rutschen sollten (s. Patentschrift Absatz 0050).

Da weder der o. g. Entgegenhaltung noch dem übrigen im Verfahren berücksichtigten Stand der Technik eine solche nicht selbstverständliche Ausbildung des gabelartig ausgebildeten Ausrichtgliedes zu entnehmen ist, vermag der Stand der Technik auch keinerlei Hinweis oder Anregung zu geben, das Stapelgerät gemäß der DE 197 18 291 A1 mit dem beanspruchten speziellen Ausrichtglied auszustatten.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dem Patentanspruch 1 können sich die Ansprüche 2 und 3 anschließen, die auf nicht selbstverständliche Ausführungsformen gerichtet sind.






BPatG:
Beschluss v. 31.01.2007
Az: 34 W (pat) 373/03


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