Hessisches Landesarbeitsgericht:
Beschluss vom 7. Oktober 2010
Aktenzeichen: 9 TaBV 86/10

(Hessisches LAG: Beschluss v. 07.10.2010, Az.: 9 TaBV 86/10)

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss desArbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 04. März 2010 - 21 BV 620/09- abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Regelungen in den Abschnitten IVund V des Tarifvertrages zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragenbei der DB Regio AG und der DB Stadtverkehr GmbH (BetrVTVRegio/Stadt V) (§§ 4 bis 6) sowie die §§ 11 und 12 unwirksamsind.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtswirksamkeit eines Tarifvertrages nach § 3 BetrVG.

Die Beteiligten zu 2) und 3) sind Unternehmen des Konzerns der Deutschen Bahn. Die Beteiligte zu 2) ist schwerpunktmäßig im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs und die Beteiligte zu 3) schwerpunktmäßig im Bereich des regionalen Busverkehrs tätig.

Die Beteiligte zu 1) ist eine in den Unternehmen der Beteiligten zu 2) und 3) vertretene Gewerkschaft. Die Beteiligten zu 15) und 16) sind ebenfalls in den Unternehmen der Beteiligten zu 2) und 3) vertretene Gewerkschaften. Die Beteiligte zu 1) und die Beteiligten zu 15) und 16) bilden auf Grundlage des Tarifgemeinschaftsvertrages vom 29. April 1998 (Bl. 91 ff. d. A.) im Konzern der Deutschen Bahn eine Tarifgemeinschaft. In § 3 b des Tarifgemeinschaftsvertrages haben sich die Beteiligte zu 1) und die Beteiligten zu 15) und 16) unter anderem verpflichtet, gemeinsam abgeschlossene Tarifverträge nur gemeinsam zu ändern, aufzuheben oder zu kündigen:

Tarifgemeinschaftsvertrag

Die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED),

die Verkehrsgewerkschaft GBDA, die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL)

vereinbaren:

§ 1

Gegenstand und Zweck

a) GdED, GDBA und GDL bilden die Tarifgemeinschaft der Eisenbahnergewerkschaften (nachfolgend Tgm Bahn).

b) Zweck der Tarifgemeinschaft Bahn ist es, Tarifverträge und Vereinbarungen zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen der DB AG oder von Teilkonzernen im Bahn-Konzern zu vereinbaren.

Die beteiligten Gewerkschaften verständigen sich von Fall zu Fall auf politischer Ebene darüber, ob eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit eine solche der Tarifgemeingemeinschaft Bahn im vorstehenden Sinne sein soll. Wird dies übereinstimmend von allen beteiligten Gewerkschaften bejaht, gelten in der betreffenden Angelegenheit die nachfolgenden Bestimmungen.

§ 2

Interne Willensbildung und Organisation

a) Die interne Willensbildung in Angelegenheiten des § 1 Abs. b (Abschluss, Änderung, Aufhebung oder Kündigung) obliegt einer ständigen Kommission, in welche die GdED drei sowie die GDBA und GDL je einen Vertreter entsenden. Auswahl, Entsendung, Abberufung und Austausch der jeweiligen Vertreter der beteiligten Gewerkschaften obliegt dieser jederzeit in eigenständiger Entscheidung. Jede beteiligte Gewerkschaft unterrichtet die anderen beteiligten Gewerkschaften unverzüglich über die Ernennung oder den Austausch einer sie vertretenden Person in der Kommission.

b) Der Vorsitzende und ein erster und ein zweiter Stellvertreter werden durch Beschluss der Kommission bestimmt. Ein Stellvertreter muss der GDBA oder GDL angehören. In fachspezifischen Angelegenheiten können durch Beschluss der Kommission weitere Personen mit beratender Stimme zu den Sitzungen der Kommission hinzugezogen werden.

c) Die Koordination der Kommissionsarbeit, liegt beim Vorsitzenden der Kommission, insbesondere die technische Vorbereitung, Einberufung und Abwicklung von Kommissionssitzungen, die Koordination der Verhandlungen der Kommission mit Tarifpartnern und anderen Dritten, die technische Vorbereitung von Tarifvertragsabschlüssen, -änderungen, -aufhebungen oder -kündigungen und dergleichen.

d) Beschlüsse können in der Kommission nicht gegen die Stimme (n) einer beteiligten Gewerkschaft gefasst werden. Stimmenthaltung oder Fernbleiben von einer Sitzung der Kommission trotz Einladung zählt nicht als Gegenstimme.

Eine einheitliche interne Willensbildung gilt als gescheitert, wenn bei einer förmlichen Abstimmung eine der beteiligten Gewerkschaften gegen einen zur Abstimmung gestellten Beschluss stimmt oder wenn ohne förmliche Abstimmung bei den Kommissionsberatungen eine der beteiligten Gewerkschaften das Scheitern der Beratungen erklärt. In diesen Fällen unterbleibt ein gemäß § 1 Buchstabe b) ins Auge gefasster Tarifvertrag oder die angestrebt gewesene andere Vereinbarung. Soweit Beratungsgegenstand die Änderung, Aufhebung oder Kündigung eines gemeinsam abgeschlossenen Tarifvertrages war, hat bei Nichteinigung in der Kommission jede beteiligte Gewerkschaft in eigener Verantwortung zu handeln, soweit dies der Tarifvertrag oder andere Verträge zulässt.

e) Die Letztentscheidungsbefugnis der nach der Satzung oder anderen Bestimmungen bei den beteiligten Gewerkschaften in Tarifvertrags- und Arbeitskampfangelegenheiten zuständigen Organe/Gremien bleibt unberührt. In der Kommission erfolgen insoweit Empfehlungen an die zuständigen Organe der beteiligten Gewerkschaften. Die beteiligten Gewerkschaften verpflichten sich, bei ihren zuständigen Organen auf die Umsetzung der Kommissionsempfehlungen hinzuwirken.

§ 3

Außenhandeln

a) Die Tarifgemeinschaft (Tgm Bahn) tritt auf unter €Tarifgemeinschaft der Eisenbahnergewerkschaften GdED, GDBA, GDL€.

b) Es unterzeichnen nach erfolgter Einigung in der Kommission und Zustimmung der zuständigen Organe/Gremien der beteiligten Gewerkschaften beim Abschluss von Tarifverträgen und Vereinbarungen jeweils alle drei beteiligten Gewerkschaften. Für die Modalitäten einer rechtsverbindlichen Unterschriftsleistung der beteiligten Gewerkschaften sind die jeweiligen Satzungsregelungen oder sonstigen Bestimmungen der beteiligten Gewerkschaften maßgeblich.

Entsprechendes gilt für die Unterschrift bei der Änderung, Aufhebung der Kündigung von gemeinsam abgeschlossenen Tarifverträgen und/oder sonstigen Vereinbarungen.

Die beteiligten Gewerkschaften verpflichten sich, in als gemeinsam regelungsbedürftig anerkannten Angelegenheiten im Falle der Einigung in der Kommission nur gemeinsam Tarifverträge oder andere Vereinbarungen abzuschließen bzw. gemeinsam abgeschlossene Verträge nur gemeinsam zu ändern, aufzuheben oder zu kündigen. Entstehen hinsichtlich der Auslegung/Anwendung gemeinsamer Verträge Zweifel oder Meinungsverschiedenheiten, führen die beteiligten Gewerkschaften in der gemeinsamen Kommission eine Klärung herbei.

Im Falle des Vertragsbruchs durch eine beteiligte Gewerkschaft bei einem gemeinsam abgeschlossenen Tarifvertrag und einer Inanspruchnahme der übrigen beteiligten Gewerkschaften durch Vertragspartner oder auch Dritte, stellt die vertragsuntreue Gewerkschaft die übrigen Beteiligten frei.

c) Ansprechpartner Dritter in Angelegenheiten der Tgm Bahn ist der Vorsitzende der Kommission. Mit diesem ist für die Tgm-Bahn bestimmter Schriftwechsel abzuwickeln, (in) dem Verhinderungsfalle mit dessen ersten bzw. zweiten Stellvertreter. An ihn sind rechtswirksame Erklärungen, z.B. die Kündigung von Tarifverträgen abzugeben und Zustellungen zu bewirken. GDBA und GDL bevollmächtigen den Kommissionsvorsitzenden insoweit zur Entgegennahme von Erklärungen, Zustellungen, Post usw. in dieser Vereinbarung unterfallenden Angelegenheiten. Der Vorsitzende oder der entsprechende Stellvertreter veranlasst alsdann unverzüglich das Verfahren der internen Willensbildung unter Vorlage der in Satz 2 genannten Erklärungen etc.

d) Persönliche Haftung handelnder Personen aus der Vertretung der Tarifgemeinschaft gegenüber Dritten ist ausgeschlossen.

§ 4

Kündigung der Vereinbarung

a) Diese Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Sie kann jedoch mit einer dreimonatigen Frist zum 31. Dezember jeden Kalenderjahres durch schriftliche Erklärung gekündigt werden. Die Erklärung erfolgt bei Kündigung seitens der GdED durch diese gegenüber GDBA und GDL je gesondert, bei Kündigung durch die GOBA oder die GDL durch schriftliche Erklärung an die GdED.

Mit der Kündigung durch eine der beteiligten Gewerkschaften endet die Tgm Bahn, d.h. sie wird nicht durch die übrigen beteiligten Gewerkschaften fortgesetzt.

Soweit zur Zeiten der Tgm-Bahn gemeinsam abgeschlossene Tarifverträge oder andere Vereinbarungen dies zulassen, gelten sie dann für jede beteiligte Gewerkschaft gesondert weiter bzw. können von jeder beteiligten Gewerkschaft für ihre Organisation/Mitgliedschaft selbständig geändert, aufgehoben oder gekündigt werden.

Lässt ein Tarifvertrag oder eine andere Vereinbarung dies nicht zu, gilt er bis zum Ende seiner Laufzeit für alle beteiligten Gewerkschaften weiter und kann auch nur einvernehmlich gekündigt werden.

Ist keine bestimmte Laufzeit vereinbart, werden die beteiligten Gewerkschaften auf Wunsch einer Gewerkschaft mit der anderen Tarifpartei Verhandlungen aufnehmen, mit dem Ziel nachträglich zu einer gesonderten Geltung zu gelangen. Erst nach dem Scheitern dieser Verhandlungen ist der Tarifvertrag zum nächstmöglichen Termin zu kündigen.

Solange der Tarifvertrag oder andere Vertrag weiter besteht, übt der Vorsitzende der Kommission die aus dieser Vereinbarung zukommenden Verwaltungsaufgaben entsprechend aus; notwendige Willensbildungen der beteiligten Gewerkschaften während dieses Zeitraums werden gleichfalls in entsprechender Anwendung dieser Vereinbarung erfolgen.

b) Die Kündigung einzelner Bestimmungen der Vereinbarung ist ausgeschlossen.

§ 5

Inkrafttreten

Die vorstehende Vereinbarung tritt am 01. Juni 1998 in Kraft unter der Voraussetzung der Zustimmung der satzungsmäßig zuständigen Organe/Gremien aller drei beteiligten Gewerkschaften.

Frankfurt/Main, den 29. April 1998

Am 24. November 2003 schlossen die Beteiligte zu 1) und die Beteiligten zu 15) und 16) als Tarifgemeinschaft mit den Beteiligten zu 2) und 3) den €Tarifvertrag zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen bei der DB Regio AG und der DB Stadtverkehr GmbH€ (im Folgenden: BetrVTV-Regio/StadtV, Bl. 117 ff. d. Akte). In diesem vereinbarten die Tarifvertragsparteien unter Bezugnahme auf § 3 BetrVG, in den Unternehmen der Beteiligten zu 2) und 3) eine unternehmensübergreifende dreistufige Betriebsrätestruktur zu schaffen:

Abschnitt I

Allgemeine Bestimmungen

§1

Geltungsbereich des Tarifvertrags

(1) Der Tarifvertrag gilt für die DB Regio AG und die DB Stadtverkehr GmbH.

(2) Die Paragrafen 3-8, 11 und 12 des Tarifvertrages gelten für die DB Regio AG und die DB Stadtverkehr GmbH und die Gesellschaften der Deutsche Bahn Gruppe, die Konzernunternehmen im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG und die der DB Regio AG bzw. der DB Stadtverkehr GmbH zugeordnet sind.

(3) Der Tarifvertrag gilt für Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG einschließlich der Beamten des Bundeseisenbahnvermögens, die nach § 12 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit § 23 DBGrG der DB Regio AG bzw. DB Stadtverkehr GmbH oder einem Tochterunternehmen der DB Regio AG bzw. DB Stadtverkehr GmbH zugewiesen sind, soweit beamtenrechtliche Bestimmungen nicht entgegenstehen.

(4) Ausgenommen sind Personen nach § 5 Abs. 2 und 3 BetrVG.

Abschnitt II

Zuordnung von Betrieben und Betriebsteilen

§ 2

Zuordnung von Betrieben und Betriebsteilen

(1) Um die Bildung und Arbeit der Betriebsräte zu erleichtern, wird auf der Grundlage von § 3 BetrVG eine tarifvertragliche Zuordnung von Betriebsteilen und Nebenbetrieben vorgenommen.

(2) Die Zuordnung ergibt sich aus Anhang 1 mit den Anlagen 1-10, die Bestandteil dieses Tarifvertrages sind.

Abschnitt III

Betriebsräte Struktur

§ 3

Betriebsratsgremien

Bei der DB Regio AG werden Betriebsräte gemäß Anhang 1 mit den Anlagen 1-10 zu diesem Tarifvertrag gewählt. In den in Anhang 1 mit den Anlagen 1-10 genannten Regionen wird jeweils ein Regionalbetriebsrat errichtet. Am Sitz der DB Regio AG wird ein Gesamtbetriebsrat errichtet.

Abschnitt IV

Regionalbetriebsräte (RBR)

§ 4

Errichtung, Zusammensetzung und Zuständigkeit der Regionalbetriebsräte

(1) Die Regionalbetriebsräte setzen sich aus den Betriebsräten der der jeweiligen Region zugeordneten Betrieben der DB Regio AG und den Betriebsräten der der jeweiligen Region zugeordneten Konzernunternehmen i.S.d. § 18 Abs. 1 AktG zusammen (Anhang II). Soweit in einem Konzernunternehmen i.S.d. Satz 1 ein Gesamtbetriebsrat besteht, entsendet dieser an Stelle der Betriebsräte in den Regionalbetriebsrat.

(2) Aus jedem Betriebsrat wird ein Mitglied in den Regionalbetriebsrat entsendet, das aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt worden ist.

(3) Waren bei der letzten Betriebsratswahl in den Wählerlisten des jeweiligen Wahlbetriebes/Unternehmens mehr als 500 Wahlberechtigte Arbeitnehmer eingetragen, entsendet der Betriebsrat zwei Mitglieder. Waren in den Wählerlisten des jeweiligen Wahlbetriebes/Unternehmens mehr als 900 Arbeitnehmer eingetragen, entsendet der Betriebsrat insgesamt drei Mitglieder.

(4) Scheidet ein Mitglied aus dem Regionalbetriebsrat aus oder ist zeitweilig verhindert, so ist das Ersatzmitglied der Reihe nach aus den nicht gewählten Betriebsratsmitgliedern derjenigen Vorschlagsliste zu entnehmen, der das zu ersetzende Mitglied angehört. Jede Vorschlagsliste soll daher mindestens drei Bewerber aufweisen. Ist eine Vorschlagsliste erschöpft, so ist das Ersatzmitglied derjenigen Vorschlagsliste zu entnehmen, auf die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl der nächste Sitz entfallen würde.

(5) Die von den Betriebsräten entsandten Mitglieder haben bei Abstimmungen des Regionalbetriebsrats anteilig so viele Stimmen, wie in Betrieben, in dem es gewählt wurde, wahlberechtigte Arbeitnehmer bei der letzten Betriebsratswahl in die Wählerlisten eingetragen waren.

(6) Der Regionalbetriebsrat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden.

(7) Der Regionalbetriebsrat ist im Sinne der § 50, 58 BetrVG zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die die gesamte Region oder mehrere Wahlbetriebe in der Region betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können; seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Betriebe ohne Betriebsrat. Er ist den einzelnen Betrieben nicht übergeordnet.

Abschnitt V

Gesamtbetriebsrat DB Regio / DB StadtV (GBR)

§ 5

Errichtung € Zusammensetzung und Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats

DB Regio / StadtV

(1) Die Mitglieder des Gesamtbetriebsrats der DB Regio/StadtV werden aus den Regionalbetriebsräten entsandt.

(2) Aus jedem Regionalbetriebsrat werden 2 Mitglieder in den GBR Regio/StadtV entsandt, die aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt worden sind.

(3) Waren bei der letzten Betriebsratswahl in den Wählerlisten der dem Regionalbetriebsrat zugeordneten Wahlbetriebe/Unternehmen insgesamt mehr als 4000 wahlberechtigte Arbeitnehmer eingetragen, entsendet der Regionalbetriebsrat drei Mitglieder.

(4) Betriebsräte der Wahlbetriebe / Unternehmen, welche nicht den Regionen bzw. der DB Stadtverkehr GmbH zugeordnet sind, entsenden grundsätzlich ein Mitglied in den GBR Regio/StadtV. Waren in den Wählerlisten des jeweiligen Wahlbetriebes/Unternehmens bei der letzten Betriebsratswahl mehr als 1.500 wahlberechtigte Arbeitnehmer eingetragen, entsendet der Betriebsrat zwei Mitglieder.

Soweit in einem Unternehmen ein Gesamtbetriebsrat besteht, entsendet dieser an Stelle der Betriebsräte in den GBR Regio/StadtV.

(5) Die aus dem Regionalbetriebsrat entsandten Mitglieder haben bei Abstimmungen des Gesamtbetriebsrats anteilig so viele Stimmen wie in den Regionen (Abs. 2) bzw. Betrieben (Abs. 3), in dem es gewählt wurde, insgesamt wahlberechtigte Arbeitnehmer bei der letzten Betriebsratswahl in die Wählerlisten eingetragen waren.

(6) Der GBR Regio/StadtV wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden.

(7) Der GBR Regio/StadtV ist zuständig im Sinne der § 50, 58 BetrVG für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Regionen betreffen und nicht durch die einzelnen Regionalbetriebsräte innerhalb ihrer Region geregelt werden können; seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Regionen ohne Regionalbetriebsrat. Er ist den einzelnen Regionalbetriebsräten nicht übergeordnet.

§ 6

Betriebsräteversammlung

DB Regio / DB StadtV

Mindestens einmal in jedem Kalenderjahr hat der Gesamtbetriebsrat Regio/StadtV i. S. d. § 53 BetrVG die Vorsitzenden, die stellvertretenden Vorsitzenden sowie die weiteren Mitglieder der Betriebsausschüsse der Regionalbetriebsrate und der Betriebsräte der DB Regio sowie der Betriebsräte der DB Stadtverkehr zu einer Versammlung einzuberufen. Zu dieser Versammlung kann der Regionalbetriebsrat bzw. Betriebsrat abweichend von Satz 1 aus seiner Mitte andere Mitglieder entsenden, soweit dadurch die Gesamtzahl der sich für ihn nach Satz 1 ergebenden Teilnehmer nicht überschritten wird. § 53 Absatz 2 und Absatz 3 kommen entsprechend zur Anwendung. Teilversammlungen sind möglich.

Abschnitt VI

§ 7

Errichtung und Zusammensetzung der Regionaljugend- und Auszubildendenvertretung

(1) Die Regionaljugend- und Auszubildendenvertretung setzen sich aus den Jugend- und Auszubildendenvertretungen der der jeweiligen Region zugeordneten Betrieben der DB Regio AG und den Jugend- und Auszubildendenvertretungen der der jeweiligen Region bzw. der DB Stadtverkehr GmbH zugeordneten Konzernunternehmen i.S.d. § 18 Abs. 1 AktG zusammen (Anhang II). Soweit in einem Konzernunternehmen i.S.d.

Satz 1 ein Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung besteht, entsendet diese an Stelle der Jugend- und Auszubildendenvertretung in die Regionaljugend- und Auszubildendenvertretung.

(2) Aus jeder Jugend- und Auszubildendenvertretung wird ein Mitglied in die Regionaljugend- und Auszubildendenvertretung entsendet, das aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt worden ist.

(3) Scheidet ein Mitglied aus der Regionaljugend- und Auszubildendenvertretung aus oder ist zeitweilig verhindert, so ist das Ersatzmitglied der Reihe nach aus den nicht gewählten Mitgliedern derjenigen Vorschlagsliste zu entnehmen, der das zu ersetzende Mitglied angehört. Jede Vorschlagsliste soll daher mindestens drei Bewerber aufweisen. Ist eine Vorschlagsliste erschöpft, so ist das Ersatzmitglied derjenigen Vorschlagsliste zu entnehmen, auf die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl der nächste Sitz entfallen würde.

(4) Die von der Jugend- und Auszubildendenvertretung entsandten Mitglieder haben bei Abstimmungen der Regionaljugend- und Auszubildendenvertretung anteilig so viele Stimmen, wie in Betrieben, in dem es gewählt wurde, wahlberechtigte Arbeitnehmer bei den letzten Wahlen in die Wählerlisten eingetragen waren.

(5) Die Regionaljugend- und Auszubildendenvertretung wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden.

(6) Der Vorsitzende der Regionaljugend- und Auszubildendenvertretung oder dessen Stellvertreter kann an den Sitzungen des jeweiligen RBR teilnehmen.

§ 8

Errichtung und Zusammensetzung der Gesamtjugend- und Auszubildenden- Vertretung

(1) Die Mitglieder der Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung werden aus den Regionaljugend- und Auszubildendenvertretung entsandt.

(2) Aus jeder Regionaljugend- und Auszubildendenvertretung wird ein Mitglied in die Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung entsandt.

(3) Die Gesamtjugendjugend- und Auszubildendenvertretung wählt aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden.

(4) Der Vorsitzende der Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung oder dessen Stellvertreter kann an den Sitzungen des GBR Regio/StadtV teilnehmen.

Abschnitt VII

Einigungsstellen und tarifliche Schlichtungsstellen

§ 9

Einigungsstellen

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen der DB Regio AG und dem Konzernbetriebesrat DB AG, dem Gesamtbetriebsrat Regio/StadtV, den Regionalbetriebsraten oder den Betriebsräten werden bei Bedarf Einigungsstellen gebildet, soweit nicht die tarifliche Schlichtungsstelle nach § 10 dieses Tarifvertrags zuständig ist.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus je drei Beisitzern, die vom Arbeitgeber bzw. dem Gesamtbetriebsrat, den Regionalbetriebsräten oder den Betriebsräten bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Der Vorsitzende sollte die Befähigung zum Richteramt besitzen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, gilt § 76 Abs. 2 BetrVG.

§10

Tarifliche Schlichtungsstelle

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten der im nachstehenden Abs. 6 geregelten Mitbestimmungsgegenstände wird eine tarifliche Schlichtungsstelle im Sinne des § 76 Abs. 8 BetrVG gebildet.

(2) Die tarifliche Schlichtungsstelle tritt im Rahmen ihrer Zuständigkeit an die Stelle der in § 76 Abs. 1 BetrVG bezeichneten Einigungsstelle.

(3) Die tarifliche Schlichtungsstelle wird am Sitz der DB Regio AG eingerichtet.

(4) Die tarifliche Schlichtungsstelle besteht aus je fünf Beisitzern, die von den Tarifvertragsparteien bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich die Tarifvertragsparteien einigen müssen. Der Vorsitzende sollte die Befähigung zum Richteramt besitzen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, gilt § 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG.

(5) Für die Verfahren vor der tariflichen Schlichtungsstelle gilt § 76 Abs. 3 und 5 BetrVG entsprechend. Die Verhandlungen vor der tariflichen Schlichtungsstelle sind nicht öffentlich. Vor der Beschlussfassung sind die Beteiligten zu hören. Bleibt ein Beteiligter der Verhandlung unentschuldigt fern oder äußert er sich trotz Aufforderung nicht, so ist der Pflicht zur Anhörung Genüge getan.

(6) Die tarifliche Schlichtungsstelle ist zu bilden für:

- Fahrplanabhängige Angelegenheiten nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG,

- Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage,

- Fahrplanabhängige Angelegenheiten sind alle Maßnahmen, die zur Erfüllung der betrieblichen Leistungszuteilungen aus Anlass der Fahrplanwechsel oder sonstigen Anpassungen des Fahrplans Auswirkungen auf den planmäßigen Einsatz des Personals haben und ihren Niederschlag in Unterlagen (z.B. Dienstpläne) finden, die für jede Fahrplanmaßnahme neu erstellt werden müssen,

- Angelegenheiten nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG,

- Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung,

- Angelegenheiten des § 95 BetrVG Auswahlrichtlinien,

- Angelegenheiten des § 97 Abs. 2 BetrVG und

- Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung. (6) § 76a BetrVG gilt für die tarifliche Schlichtungsstelle entsprechend.

(7) Die Mitglieder der tariflichen Schlichtungsstelle haben wahrend der Verfahren jederzeit auf eine gütliche Beilegung der Meinungsverschiedenheiten hinzuwirken. Sie sind an keine Weisungen gebunden.

(8) Das Verfahren vor der tariflichen Schlichtungsstelle hat innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zu beginnen.

(9) Abweichend von den Bestimmungen der Abs. 1 bis 9 gelten für das Mitbestimmungsverfahren bei der Schicht- und Einsatzplanung unter Anwendung des EDV-Systems Carmen die nachstehenden Regelungen:

(a) Verweigert der jeweilige örtliche Betriebsrat die Zustimmung zu den mit Carmen (PAC) erstellten Schichten, ist die Tarifliche Schlichtungsstelle unverzüglich zu informieren.

(b) Verweigert der örtliche Betriebsrat die Zustimmung zu den mit Carmen (CAS) erstellten Einsatzplänen, ist unverzüglich die Tarifliche Schlichtungsstelle anzurufen.

c) Von den 5 Beisitzern der Arbeitnehmerseite werden jeweils einer von der jeweiligen Tarifvertragspartei der Tgm Bahn benannt. Von den weiteren zwei Beisitzern der Arbeitnehmerseite wird einer von der Geschäftsführung des Gesamtbetriebsrates der DB Regio AG sowie ein weiterer von dem jeweilig örtlich betroffenen Betriebsrat benannt. Auf der Arbeitgeberseite werden 2 der fünf Beisitzer von der Region, die die Schlichtung angerufen hat, benannt.€

(d) Dieses Verfahren gilt auch im Rahmen eines Fahrplanwechsels bzw. einer Fahrplananpassung sowie bei einer fahrplanabhängigen Maßnahme im Sinne des § 10 Abs. 6, wenn die Schicht- und/oder Einsatzplanung unter Anwendung des EDV Systems Carmen erfolgt.

(e) Die Tarifliche Schlichtungsstelle entscheidet über die abgelehnten Schicht- bzw. Einsatzpläne bis spätestens 3 Arbeitstage vor Inkrafttreten der jeweiligen Einsatzpläne.

f) Im Übrigen gelten die Regularien der Absätze 1 bis 9.

Abschnitt VIII

Schlussbestimmungen

§ 11

Einheitlicher Wahltermin

(1) Für Betriebsratswahlen in den Unternehmen des Konzerns wird ein einheitlicher Wahltermin angestrebt. Dabei werden die Wahltage einheitlich auf drei Wochentage (ausschließlich Feiertage) festgelegt.

(2) Für die turnusmäßig durchzuführenden Betriebsratswahlen ist vom Konzernbetriebsrat DB AG ein einheitlicher Terminplan zu erstellen. Insbesondere sollen die Fristen für die Einreichung von Wahlvorschlägen sowie die Festlegung der Wahltage bundeseinheitlich erfolgen.

§ 12

Gerichtsstand

(1) Für Rechtsstreitigkeiten gemäß § 2 a Nr. 1, 3, 3a ArbGG ist das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Betrieb, zu dem die jeweilige Interessenvertretung gehört seinen Sitz hat.

(2) Der Betrieb i.S.d. Abs. 1 bestimmt sich nach § 2 dieses Tarifvertrages i.V.m. der jeweiligen Anlage.

§ 13

Gültigkeit und Dauer

(1) Soweit in diesem Tarifvertrag nichts anderes bestimmt ist, gelten im Übrigen die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes.

(2) Dieser Tarifvertrag tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Der €Tarifvertrag zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen bei der DB Regio AG (BetrVTV-Regio)€ vom 01.01 .2002 tritt damit außer Kraft.

(3) Änderungen des Tarifvertrags im Ganzen oder bezüglich einzelner seiner Bestimmungen sind nur gemeinsam durch alle beteiligten Tarifvertragsparteien wirksam.

(4) Sollten einzelne Bestimmungen dieses Tarifvertrages unwirksam sein oder werden, so wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Regelungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Regelung sind durch neue Verhandlungen wirksame Regelungen zu vereinbaren, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Regelung möglichst nahe kommen.

(5) Dieser Tarifvertrag oder einzelne seiner Bestimmungen können mit einer Frist von 6 Monaten zum Monatsende gekündigt werden.

Berlin Frankfurt (M), den 24. November 2003

(Für die genannten Gesellschaften) Tarifgemeinschaft der Eisenbahnergewerkschaften

DB AG TRANSNET/GDBA/GDL

DB Regio AG DB Stadtverkehr GmbH

Die Beteiligten zu 4) bis 13) sind die auf Grundlage des BetrVTV-Regio/StadtV gebildeten Regionalbetriebsräte. Der Beteiligte zu 14) ist der auf Grundlage des BetrVTVRegio/StadtV gebildete Gesamtbetriebsrat.

Mit Antragsschrift vom 13. August 2009, bei Gericht eingegangen am 9. September 2009, hat die Beteiligte zu 1) vorgetragen, die im BetrVTV-Regio/StadtV enthaltenen Regelungen hinsichtlich der Bildung von Regionalbetriebsräten und des Gesamtbetriebsrates seien rechtsunwirksam. Es sei nicht erkennbar, wieso auf überregionaler Ebene ein betriebsverfassungsrechtlich nach § 3 BetrVG ausreichendes Bedürfnis bestehe, ein im Gesetz nicht vorgesehenes Gremium in Form von Regionalbetriebsräten zu schaffen, welches der Sache nach keinerlei Kompetenz habe. Darüber hinaus sei auch die Bildung des Gesamtbetriebsrates nach dem BetrVTV-Regio/StadtV unzulässig, da ein solches Gremium nach § 47 BetrVG nur in einem Unternehmen, nicht jedoch unternehmensübergreifend in zwei oder mehreren Unternehmen gebildet werden könne. Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen habe der Tarifvertrag seine Wirksamkeit verloren, weil seit seinem Inkrafttreten eine völlig neue Unternehmensstruktur bei den beteiligten Firmen eingeführt worden sei. Es gebe derzeit keine einheitliche Führung bzw. Leitung der Unternehmen der Beteiligten zu 2) und 3).

Die Beteiligte zu 1) hat beantragt,

festzustellen, dass die Regelungen in Abschnitt IV und V des Tarifvertrages BetrVTV-Regio/StadtV vom 24. November 2003 hinsichtlich der Einrichtung von Regionalbetriebsräten und des Gemeinschaftsbetriebsrates unwirksam sind.

Die Beteiligten zu 2) bis 16) haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 2) bis 16) haben vorgetragen, der Antrag der Beteiligte zu 1) sei unzulässig. Der BetrVTV-Regio/StadtV stelle einen sog. Einheitstarifvertrag dar, über den die beteiligten Gewerkschaften in einer gerichtlichen Auseinandersetzung als notwendige Streitgenossenschaft nach § 62 ZPO nur gemeinsam disponieren dürften. Im Übrigen stehe dem Feststellungsantrag der Beteiligten zu 1) die Einrede aus § 242 BGB entgegen. Die Beteiligte zu 1) verhalte sich widersprüchlich und treuwidrig, wenn sie sich an den BetrVTV-Regio/StadtV, den sie selbst mit unterzeichnet habe, nicht mehr gebunden fühle.

Die Beteiligten zu 2) bis 16) haben den Antrag auch für unbegründet gehalten. Die Schaffung von einheitlichen Vertretungsstrukturen nach § 3 BetrVG in den Unternehmen der Beteiligten zu 2) und 3) sei sinnvoll und zweckmäßig gewesen. Die Geschäftsfelder der Beteiligten zu 2) und 3) seien eng miteinander verzahnt, die Organisationsstruktur der Geschäftsfelder basiere auf einer gemeinsamen Aufteilung des deutschlandweiten Geschäfts in Regionen. Jede Region verfüge über eine gemeinsame eigenständige Regionalleitung, der unter anderem ein Leiter Personal angehöre. Dieser sei unternehmensübergreifend zuständig für alle in den Regionen anfallenden tariflichen, arbeitssozialen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Antrag zu 1) durch Beschluss vom 4. März 2010 € 21 BV 620/09 € als unbegründet zurückgewiesen. Der Antrag sei zwar zulässig, insbesondere lägen die Voraussetzungen einer notwendigen Streitgenossenschaft nach § 62 ZPO aus prozessualen oder materiellrechtlichen Gründen nicht vor. Dies gelte auch dann, wenn unterstellt werde, dass der BetrVTV-Regio/StadtV als sog. Einheitstarifvertrag zu werten sei Da die Beteiligten zu 15) und 16) von Amts wegen zu beteiligen gewesen seien, entfalte eine gerichtliche Entscheidung unabhängig von der Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft auch ihnen gegenüber Rechtskraftwirkung. Darüber hinaus stünde auch kein materiellrechtlicher Anspruch der Beteiligten zu 1) in Streit, den sie gemäß § 3 b des Tarifgemeinschaftsvertrages nur als Tarifgemeinschaft mit den Beteiligten zu 15) und 16) gemeinsam hätte ausüben können. Sie mache keinen materiellrechtlichen Rechtsanspruch geltend, mit dem sie selbst aktiv durch eine eigenständige Willenserklärung (z. B. eine Kündigungserklärung) die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Regelungen des BetrVTV-Regio/StadtV herbeiführen wolle. Der Antrag ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.

Die von der Beteiligten zu 1) begehrte Feststellung der Teilunwirksamkeit des BetrVTV-Regio/StadtV sei zudem nicht treuwidrig i. S. v. § 242 BGB. Allein der Umstand, dass die Beteiligte zu 1) den BetrVTV-Regio/StadtV selbst mit unterzeichnet habe, hindere sie nicht daran, die Teilrechtsunwirksamkeit des Tarifvertrages in einem gerichtlichen Verfahren geltend zu machen. Denn eine etwaige materiellrechtliche Teilunwirksamkeit der Regelungen des BetrVTV-Regio/StadtV sei unabhängig davon, ob einer der Tarifvertragsparteien in einem gerichtlichen Verfahren die Feststellung der Unwirksamkeit begehre oder nicht. Insofern könne auch die begehrte Feststellung einer möglicherweise ohnehin bestehenden materiellrechtlichen Unwirksamkeit eines Tarifvertrages nicht als treuwidrig angesehen werden. Als die den BetrVTV-Regio/StadtV mit unterzeichnende Vertragspartei könne sich die Beteiligte zu 1) auch auf das notwendige Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO berufen.

Der Antrag sei jedoch in der Sache unbegründet. Die Regelungen in den Abschnitten IV und V des BetrVTV-Regio / StadtV vom 24. November 2003 hinsichtlich der Einrichtung von Regionalbetriebsräten und des Gemeinschaftsbetriebsrates seien rechtswirksam. Die Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien für die Einrichtung eines Regionalbetriebsrates und des Gemeinschaftsbetriebsrates durch den BetrVTV-Regio/StadtV folge aus § 3 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG. Die Regelung des BetrVTV-Regio/StadtV hinsichtlich der Regionalbetriebsräte und des Gesamtbetriebsrates diene einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Die Beteiligte zu 1) hat gegen den Beschluss, der ihr am 1. April 2010 zugestellt worden ist, am 3. Mai 2010, einem Montag, Beschwerde eingelegt und diese am 21. Mai 2010 begründet.

Die Beteiligte zu 1) ist der Ansicht, die im Antrag genannten tarifvertraglichen Vorschriften könnten keine Rechtswirkung entfalten, weil sie keine Ermächtigungsgrundlage im Betriebsverfassungsgesetz hätten. Gegen § 3 BetrVG bestünden im Lichte der positiven und negativen Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG verfassungsrechtliche Bedenken, weil sie ein Minderheitenschutz nicht einmal rudimentär geregelt sei.

In der Sache habe das Arbeitsgericht die Struktur des Tarifvertrages nicht hinreichend berücksichtigt. Dessen Besonderheit bestehe gem. § 1 in den Abs. 1 und 2 darin, dass die Regelungen in § 2 nur für die Beteiligten zu 2) und 3) gelten würden. Demgegenüber sollten aber die Regelungen der § 3 bis 8, 11 und 12 des Tarifvertrages darüber hinaus für »€ die Gesellschaften der Deutsche Bahn Gruppe, die Konzernunternehmen im Sinne des § 18 Abs. 1 Aktiengesetz « sind, gelten. Es werde also dezidiert ein anderer Geltungsbereich für die Normen geschaffen, um die es vorliegend gehe, als die, die auch die Beteiligte zu 1) als von § 3 Abs. 1 Nummer 1 BetrVG legitimiert ansehe und deshalb nicht angreife. Der Tarifvertrag trage auf Arbeitgeberseite 3 Unterschriften, die der Beteiligten zu 2) und 3) und eine weitere mit dem Hinweis: »Für die genannten Gesellschaften/DB AG«. Es finde sich mithin die Unterschrift des herrschenden Konzernunternehmens, also der Konzernobergesellschaft des Konzerns der Deutsche Bahn AG, der Deutschen Bahn AG nicht für sich selbst, sondern für die genannten Gesellschaften. Im Tarifvertrag selbst seien jedoch nur die beiden eigenständig auch unterschreibenden Gesellschaften genannt und keine einzige andere Gesellschaft. Der Tarifvertrag spreche in § 1 Abs. 2 kryptisch davon, dass neben den beiden unmittelbar genannten und beteiligten Unternehmen auch »Gesellschaften der Deutsche Bahn Gruppe« erfasst seien. Die vom Tarifvertrag behauptete Gruppe existiere weder unternehmensrechtlich noch betriebsverfassungsrechtlich. Im Rechtsverkehr trete jedenfalls eine Deutsche Bahn-Gruppe nicht auf und sei ist auch nicht rechtsfähig. Wenn aber im Tarifvertrag nicht im einzelnen definiert werde, wer von der Deutsche Bahn AG vertreten werde, dann scheitere eine Erstreckung des Tarifvertrages auf andere Unternehmen als die Beteiligten zu 2) und 3) bereits daran, dass der Tarifvertrag dem zwingenden Erfordernis nach Bestimmtheit insbesondere im Hinblick auf den Geltungsbereich und der abschließenden Parteien nicht genüge. Zwar seien in den Anlagen zum Tarifvertrag diverse Unternehmen mit überwiegend unverständlichen Abkürzungen genannt, die Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG bezogen sowohl auf die Firma Deutsche Bahn AG, als auch die beiden beteiligten Firmen sein sollen bzw. seien. Nur bei einigen wenigen in den Anlagen genannten Unternehmen finde sich jedoch eine Unternehmensbezeichnung bzw. Firmierung, die den Eintragungen im Handelsregister entspreche. Ob dies die »genannten« Gesellschaften der Unternehmensgruppe seien oder nicht, erschließe sich aus dem Wortlaut und im Kontext des Tarifvertrages nicht. Wenn dann im Folgenden davon die Rede sei, dass der Tarifvertrag für Konzernunternehmen im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG gelten solle, bleibe offen, welche im Konzern die Tarifvertragsparteien eigentliche meinten.

Bezüglich § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG gehe es offensichtlich gar nicht um unternehmerische bzw. Konzernstrukturen, sondern einzig und allein um räumliche Gegebenheiten, wie schon der Name des Gremiums andeute, der sich auf eine regionale Komponente beziehe. Die räumliche Ausdehnung von Unternehmen sei ist aber keine besondere Unternehmensstruktur i.S.d. § 3 Abs. 3 Nummer 3 BetrVG, sondern nur eine solche, die bei der Bildung von Betrieben im Sinne des § 1 Abs. 1 des § 3 BetrVG zum Tragen komme. Für eine solche Doppelstruktur - einmal die räumliche Zusammenfassung auf Betriebsebene, dann die räumliche Zusammenfassung auf regionaler Ebene - biete das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Hinzu komme, dass der in Abschnitt 5 gebildete Gesamtbetriebsrat offensichtlich keine »andere« Arbeitnehmerstruktur darstelle, sondern genau die, die in § 47 BetrVG angesprochen sei, wie sich bereits durch den Hinweis auf § 50 BetrVG in § 5 Abs. 7 des Tarifvertrages ergebe. Für die Regelung in § 11 des Tarifvertrages existiere keine betriebsverfassungsrechtliche Ermächtigungsnorm. Die Ansetzung eines Wahltermins obliege einzig und allein dem Wahlvorstand und niemand anderen.

Die Beteiligte zu 1) beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 4. März 2010 - 21 BV 620/10 - abzuändern und festzustellen, dass die §§ 4 bis 6, 11 und 12 des Tarifvertrages unwirksam sind.

Die Beteiligten zu 2) bis 16) beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 2) bis 16) sind weiterhin der Ansicht, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei der in der Beschwerdeinstanz erweiterte Antrag der Beteiligten zu 1) bereits unzulässig. Zum einen sei die Beteiligte zu 1) nicht allein antragsbefugt, da der BetrVTV-Regio/StadtV durch die Tarifgemeinschaft als tariffähige Spitzenorganisation abgeschlossen worden sei bzw. - sofern man diesbezüglich anderer Auffassung sein wollte - zumindest die Voraussetzungen einer notwendigen Streitgenossenschaft gemäß § 62 ZPO aus materiellrechtlichen Gründen gegeben gewesen seien. Zum anderen mangele es dem Antrag an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Des Weiteren sei die Erweiterung des Antrags in der Beschwerdeinstanz unzulässig.

Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass der BetrVTV-Regio/StadtV nicht durch die drei Einzelgewerkschaften, sondern durch die Tarifgemeinschaft als Spitzenorganisation im Sinne des § 2 Abs. 3 TVG geschlossen worden sei, zumindest läge aber eine notwendige Streitgenossenschaft gemäß § 62 ZPO aus materiellrechtlichen Gründen vor. Die drei Eisenbahnergewerkschaften TRANSNET, GDBA und CDL hätten sich mit Abschluss des Tarifgemeinschaftsvertrages vom 29. April 1998 zu einer Spitzenorganisation im Sinne des § 2 Abs. 3 TVG zusammen geschlossen. Gemäß § 2 Abs. 3 TVG könnten Spitzenorganisationen im eigenen Namen Tarifverträge abschließen, sofern der Abschluss von Tarifverträgen zu den satzungsmäßigen Aufgaben der Spitzenorganisation gehöre. Zumindest liege eine notwendige Streitgenossenschaft aus materiellrechtlichen Gründen im Sinne des § 62 ZPO vor. Sei ein einheitlicher Tarifvertrag gewollt, der nur einheitlich gekündigt, aufgehoben und abgeändert werden könne, müsse auch das Verfahren nach § 9 TVG einheitlich betrieben werden.

Der Antrag sei jedenfalls unbegründet, denn die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG seien hinsichtlich der Regionalbetriebsräte und hinsichtlich des Gesamtbetriebsrats erfüllt. Weder § 11 noch § 12 des BetrVTV-Regio/StadtV seien unwirksam. Der Geltungsbereich des BetrVTV-Regio/StadtV sei entgegen den Ausführungen der Beteiligten zu 1) hinreichend klar und bestimmt gefasst. In § 1 Abs. 1 bestimme der BetrVTV-Regio / StadtV, dass der Tarifvertrag grundsätzlich für die Beteiligten zu 2) und 3) gelte. Zusätzlich sei in § 1 Abs. 2 festgelegt, dass bestimmte Regelungen des Tarifvertrages nicht nur für diese beiden Unternehmen, sondern darüber hinaus für solche Gesellschaften der Deutsche Bahn-Gruppe gelten, die Konzernunternehmen im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG und die der DB Regio AG bzw. der DB Stadtverkehr GmbH zugeordnet seien. Aus Anhang 1 des Tarifvertrages ergebe sich jeweils, welche Tochtergesellschaften der Beteiligten zu 2) und 3) der jeweiligen Region zugeordnet seien. Dementsprechend sei unter Anwendung einer objektiven Betrachtungsweise unmissverständlich klargestellt, welche Regelungen ausschließlich für die Beteiligte zu 2) und zu 3) gälten und welche Regelungen des Tarifvertrages außerdem für Tochtergesellschaften dieser Unternehmen gälten, die ihrem jeweiligen Geschäftsfeld zugeordnet seien. Zudem ergebe sich aus Anhang II zum BetrVTV-Regio/StadtV, dass die Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG jeweils in den Regionalbetriebsrat derjenigen Region entsenden würden, der sie zugeordnet würden. Die Zuordnung erfolge wiederum nach dem Sitz des Unternehmens. Anhand objektiver Kriterien lasse sich feststellen, welche Unternehmen Tochtergesellschaften der Beteiligten zu 2) und 3) seien. Da sich die Zuordnung zu der jeweiligen Region nach dem Sitz des Unternehmens richte, ließen die in Anhang 1 Anlage 1 bis 10 verwendeten Abkürzungen für die Tochtergesellschaften einen völlig sicheren Schluss darauf zu, welche Tochtergesellschaft jeweils gemeint sei.

Im Übrigen seien die Tarifvertragsparteien berechtigt, in einem Organisationstarifvertrag gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG lediglich die gesetzlichen Strukturen nachzuzeichnen. Die § 4 bis 6 des BetrVTV-Regio/StadtV stünden mit den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG in Einklang.

In § 11 Abs. 1 und 2 des BetrVTV-Regio/StadtV werde im Wesentlichen in den Unternehmen des Deutsche Bahn Konzerns ein einheitlicher Wahltermin angestrebt. Dabei solle für die turnusmäßig durchzuführenden Betriebsratswahlen vom Konzernbetriebsrat ein einheitlicher Terminplan erstellt werden. Von Bedeutung sei, dass im Rahmen des § 11 BetrVTV-Regio/StadtV größtenteils lediglich €Soll-Vorschriften€ vereinbart worden seien. Nach § 11 Abs. 1 werde lediglich ein einheitlicher Wahltermin €angestrebt€. Zudem ermögliche § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG auch derartige Regelungen über die Wahl, solange hierbei die tragenden Grundsätze der Betriebsverfassung beachtet würden und die Vertretung so zweckmäßiger und wirksamer sei.

§ 12 BetrVTV-Regio/StadtV lege lediglich deklaratorisch fest, dass für Rechtsstreitigkeiten gemäß § 2 a Nr. 1, 3, 3a ArbGG dasjenige Arbeitsgericht zuständig sei, in dessen Bezirk der Betrieb, zu dem die jeweilige Interessenvertretung gehöre, seinen Sitz habe. Die Tarifvertragsparteien hätten hier lediglich diejenige Situation nachgezeichnet, die aufgrund der Vorschrift des § 82 Abs. 1 S. 1 ArbGG bereits kraft Gesetzes gelte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Beschwerdeschriftsätze und den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 7. Okt. 2010 verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist statthaft, § 87 Abs. 1 ArbGG, und zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG.

Die Beschwerde ist auch begründet.

1. Der Antrag ist, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, zulässig.

a) Die Beteiligte zu 1) ist antragsbefugt und durfte den Antrag auch allein stellen. Der Tarifvertrag stellt zwar einen sog. Einheitstarifvertrag dar. Dies ist ein einheitliches Tarifwerk, eine geschlossene Einheit, bei der die Tarifvertragsparteien einer Seite bei der Ausübung von Rechten und der Erfüllung von Pflichten aus dem schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrages in der Weise aneinander gebunden sind, dass sie im Verhältnis zur Gegenseite eine Einheit darstellen (BAG Urteil vom 8. Nov. 2006 - 4 AZR 590/05 € EzA § 5 TVG Nr. 14). Dies ergibt sich hier schon daraus, dass die Beteiligten zu 1), 15 ) und 16) den BetrVTV-Regio/StadtV als Tarifgemeinschaft abgeschlossen haben und nach § 13 Abs. 3 BetrVTV-Regio/StadtV Kündigungen, Änderungs- oder Aufhebungsvereinbarungen bezüglich dieses Tarifvertrags im Ganzen oder einzelner seiner Bestimmungen bzw. Anhänge und Anlagen nur gemeinsam durch die Tarifgemeinschaft der Eisenbahnergewerkschaften wirksam sind. Es handelt sich nicht um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag, bei dem mehrere selbstständige Tarifverträge lediglich in einer Urkunde zusammengefasst sind und bei dem die Tarifvertragsparteien selbstständig berechtigt und verpflichtet und bleiben deshalb in der Lage, unabhängig voneinander den Tarifvertrag zu kündigen (BAG Urteil vom 8. Nov. 2006 - 4 AZR 590/05 € EzA § 5 TVG Nr. 14). Aus einem Einheitstarifvertrag werden die mehreren Vertragsparteien einer Seite zwar gemeinsam berechtigt und verpflichtet und können ihre Rechte gegenüber der Gegenpartei nur gemeinsam ausüben. In einem gegen die Gegenpartei geführten Prozess über die Geltung eines Einheitstarifvertrags sind die Vertragsparteien der einen Seite notwendige Streitgenossen im Sinne des § 62 Abs. 1, 1. Alt. ZPO (BAG Urteil vom 29. Juni 2004 - 1 AZR 143/03 € mit weiteren Nachw.), weil die erstrebte Entscheidung die Rechtsverhältnisse aller Streitgenossen in gleicher Weise gestaltet. Die Beteiligte zu 1) führt jedoch das Verfahren nicht allein gegen die Arbeitgeberseite, sondern auch gegenüber den beiden weiteren Gewerkschaften der Tarifgemeinschaft, den beteiligten zu 15) und 16). Der Rechtsweg muss für rechtliche Auseinandersetzungen der am Tarifgemeinschaftsvertrag beteiligten Gewerkschaften gewährleistet sein. § 3 b) Abs. 3 des Tarifgemeinschaftsvertrages regelt die Verpflichtung der beteiligten Gewerkschaften, in als gemeinsam regelungsbedürftig anerkannten Angelegenheiten gemeinsam abgeschlossene Verträge nur gemeinsam zu ändern, aufzuheben oder zu kündigen. Dies betrifft nach der Überschrift dieses Paragraphen das Außenhandeln der Tarifgemeinschaft. Der Tarifgemeinschaftsvertrag begründet keine ewige Bindung der Tarifvertragsparteien und kann auch im Innenverhältnis gekündigt werden. Ein Rechtsstreit über die Fortgeltung der Tarifgemeinschaft führt nicht zu einer notwendigen Streitgenossenschaft zwischen den Tarifvertragsparteien. Auch in § 13 Abs. 3 des BetrVTV-Regio/StadtV wird das Verhältnis der Tarifgemeinschaft gegenüber den vertragsschließenden Unternehmen geregelt. Die beantragte Feststellung der Unwirksamkeit des BetrVTV-Regio/StadtV berührt zwar auch gleichermaßen dessen Geltung gegenüber den Unternehmen, ist aber nicht auf eine vereinbarungsimmanente Rechtsgestaltung gegenüber diesen ausgerichtet. Darauf, ob es sich bei der Tarifgemeinschaft um eine Spitzenorganisation im Sinne des § 2 Abs. 2 und 3 TVG handelt, kommt es nicht an, denn dadurch würde sich an der Antragbefugnis der Beteiligten zu 1) nichts ändern. Es gelten keinen anderen Erwägungen als bezüglich der Tarifgemeinschaft.

b) Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO ist gegeben. Der Antrag betrifft das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zu den Beteiligten zu 2) bis 8). Das Obsiegen der Beteiligten zu 1) im vorliegenden Verfahren würde dazu führen, dass die Rechtswirkungen gegenüber den übrigen Beteiligten unmittelbar ganz oder teilweise endeten. Die Antragstellung ist € wie das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat € nicht rechtmissbräuchlich.

c) Der Antrag ist zulässig. Es handelt sich nicht um eine € ohnehin sachdienliche € Antragsänderung nach §§ 263, 267 ZPO, sondern nach eine Antragseinschränkung nach § 264 Nr. 2 ZPO.

d) Die Regelungen des BetrVTV-Regio/StadtV sind in den Abschnitten IV und V (§§ 4 bis 6) unwirksam. Der sachliche Geltungsbereich des Tarifvertrages ist nicht hinreichend bestimmt. Ist die vereinbarte Bestimmung des Geltungsbereichs nicht ausreichend, ist der gemäß § 3 BetrVG abgeschlossene Tarifvertrag unwirksam (BAG Beschluss vom 24. Jan. 2001 € 4 ABR 16/00 € Juris). Durch einen Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG können andere Arbeitnehmervertretungsstrukturen bestimmt werden. Tarifverträge, deren Geltungsbereich bezüglich der Konzernunternehmen derartige Rätsel aufwirft, kann nicht einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dienen.

Während die Betriebsratsgremien nach § 3 in Verbindung mit Anhang I Anlagen 1 bis 10 nur für die Betriebe der Beteiligten zu 2) gewählt werden, soll die Bildung der Regionalbetriebsräte unter Einbeziehung von zugeordneten Konzerngesellschaften geschehen, womit der Geltungsbereich des BetrVTV-RegioNetz auf dieser Ebene erweitert wird. Der Tarifvertrag lautet in § 1 Abs. 2:

€Die Paragrafen 3-8, 11 und 12 des Tarifvertrages gelten für die DB Regio AG und die DB Stadtverkehr GmbH und die Gesellschaften der Deutsche Bahn Gruppe, die Konzernunternehmen im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG und die der DB Regio AG bzw. der DB Stadtverkehr GmbH zugeordnet sind.€

Bezüglich der Bildung der Regionalbetriebsräte gemäß § 4 Abs. 1 BetrVTV-RegioNetz wird nicht hinreichend bestimmt geklärt, wie diese sich zusammensetzen. Die Tarifnorm regelt, dass die Regionalbetriebsräte sich einerseits aus den Betriebsräten der der jeweiligen Region zugeordneten Betrieben der DB Regio AG zusammensetzen. Um welche Betriebe es sich dabei handelt, regelt § 2 Abs. 1 (Zuordnung von Betrieben und Betriebsteilen):

€(1) Um die Bildung und Arbeit der Betriebsräte zu erleichtern, wird auf der Grundlage von § 3 BetrVG eine tarifvertragliche Zuordnung von Betriebsteilen und Nebenbetrieben vorgenommen.

(2) Die Zuordnung ergibt sich aus Anhang 1 mit den Anlagen 1 - 10, die Bestandteil dieses Tarifvertrages sind.€

In den Anlagen 1 bis 10 jeweils zu C (Bl. 130 ff. d. A.) sind die Betriebe im einzelnen genannt, z. B. in der Anlage 1 (Bayern) die Wahlbetriebe Süd, Nord und Ost, die nach Anmerkung B wegen der großen räumlichen Ausdehnung der Region Bayern gebildet wurden. Hierzu gibt es allerdings einen weiteren Anhang I, Anlage 1 Bayern mit einer höheren Zahl von Wahlbetrieben (Bl. 144, 145), der sich zeitlich nicht einordnen lässt, und schließlich den 1. Tarifvertrag zur Änderung des BetrVTV-Regio/StadtV, der in Anhang I Anlage 1 die Wahlbetriebe für Bayern zahlenmäßig nochmals erweitert. In den Anlagen 2 bis 10 sind für einzelne Regionen Wahlbetriebe gebildet.

Darüber hinaus sollen sich die Regionalbetriebsräte aus den Betriebsräten der der jeweiligen Region zugeordneten Konzernunternehmen im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG zusammen setzen, wobei auf einen Anhang II verwiesen wird. Der Anhang II (Bl. 142, 143 d. A.) hilft indessen nicht weiter. Auf der ersten Seite heißt es: €Regionen i.S.d. § 4 Abs. 1 BetrVTV€, auf der zweiten Seite sind die ohnehin schon aus den Anlagen 1 hervorgehenden Regionen aufgelistet, daneben eine Deutschlandkarte mit Länderaufteilung. Darunter lautet es: €Die Konzernunternehmen i.S.d. § 18 AktG entsenden in den RBR der Region, der sie zugeordnet werden. Die Zuordnung erfolgt nach dem Sitz des Unternehmens.€ Die Konzernunternehmen sind jedoch in Anhang II nicht aufgelistet. Es kann auch gerätselt werden, ob die in den Anlagen 1 bis 10 jeweils unter D genannten €Tochtergesellschaften die der Region zugeordnet sind€, die Konzerngesellschaften im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG darstellen sollen. Weder wird im Anhang II auf Anhang I Anlagen 1 bis 10 verwiesen noch in den Anlagen 1 bis 10 unter D auf den Anhang II. Die Möglichkeit, dass die Tarifvertragsparteien die unter D der Anlagen genannten Tochtergesellschaften gemeint haben könnten, wofür im Übrigen keinerlei Anhaltspunkte bestehen, kann nicht zu einer ausreichenden Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit führen.

Eine klare Benennung wäre aber notwendig, denn § 1 Abs. 2 BetrVTV-Regio/StadtV schafft Definitionsprobleme hinsichtlich des Begriffs €Konzerngesellschaften€. Dies sollen Gesellschaften der Deutsche Bahn Gruppe sein, die Konzernunternehmen im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG sind. Der Geltungsbereich ist damit unbestimmt umschrieben. Eine Unternehmensgruppe ist keine im deutschen Recht verankerte Gesellschaftsform. Es ist eine Anzahl von rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmen, die durch die Zielsetzung und eine gleichartige Steuerung und Unternehmenskultur unter einem Begriff zusammengefasst wurden. Es wird auch nicht definiert, von welchem Konzern die Tarifvertragsparteien ausgegangen sind. Die Bestimmung der Konzernunternehmen, die gemäß § 4 Abs. 1 und 2 BetrVTV-Regio/StadtV Mitglieder in die Regionalbetriebsräte entsenden sollen, gelingt damit weder über die allgemeine Definition in § 1 BetrVTV-Regio/StadtV noch über den Anhang II in ausreichender Art und Weise.

Die fehlende Bestimmtheit der Zusammensetzung der Regionalbetriebsräte perpetuiert sich denknotwendig in die Regelungen über die von den Regionalbetriebsräten beschickten Gesamtbetriebsräte gemäß § 6 BetrVTV-RegioNetz.

2. § 11 Abs. 1 und 2 BetrVTV-Regio/StadtV sind unwirksam. Es kann dahinstehen, ob die Termine und Fristen der Betriebsratswahl abgesehen von § 3 Abs. 4 Satz 2 BetrVG der Regelung durch einen Tarifvertrag nach § 3 BetrVG zugänglich sind. § 11 Abs. 1 und 2 BetrVTV-Regio/StadtV ist jedenfalls schon deshalb unwirksam, weil er die Termine und Fristen nicht abschließend selbst regelt, sondern es den Wahlvorständen überlässt (€€wird angestrebt€, €sollen€erfolgen€), hierüber zu entscheiden (vgl. BAG Beschluss vom 10. Nov. 2004 € 7 Ab 17/04 € a.a.O.), wobei Termine und Fristen für die Wahlen in den übrigen Unternehmen des Konzerns gleich mitgeregelt werden. Abgesehen von § 16 Abs. 3 oder 17 Abs. 1 BetrVG ergibt sich aus dem BetrVG keine Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats und auch keine Öffnungsklausel für tarifvertragliche Regelungen.

3. § 12 BetrVTV-Regio/StadtV, mit dem die Tarifvertragsparteien für Rechtsstreitigkeiten gemäß § 2 a Nr. 1, 3, 3 a ArbGG das Arbeitsgericht bestimmt haben, in dessen Bezirk der Betrieb, zu dem die jeweilige Interessenvertretung gehört, seinen Sitz hat, ist unwirksam. Nach § 12 Abs. 2 bestimmt sich der Betrieb nach § 2 BetrVTV-Regio/StadtV in Verbindung mit der jeweiligen Anlage. Die örtliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ist in § 82 Abs. 1 Satz 1 ArbGG jedoch abschließend zwingend dahingehend geregelt, dass das Arbeitsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk der Betrieb liegt. Die Betriebsdefinition in Absatz 2 bedeutet eine inhaltliche Zuständigkeitsregelung. Die gesetzliche Erlaubnis des § 3 BetrVG ist ausdrücklich auf das Betriebsverfassungsgesetz begrenzt. Für den Betriebsbegriff des Arbeitsgerichtsgesetzes gilt § 3 BetrVG nicht (LAG Baden-Württemberg Beschluss vom 7. Aug. 2009 - 3 SHa 2/09 - LAGE § 82 ArbGG 1979 Nr. 2).

4. Eine Kostenentscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG nicht.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, §§ 92 Abs. 1 S. 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, da die entscheidungserheblichen Rechtsfragen höchstrichterlich entschieden und nicht mehr klärungsbedürftig sind.






Hessisches LAG:
Beschluss v. 07.10.2010
Az: 9 TaBV 86/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/5dd9a11cc251/Hessisches-LAG_Beschluss_vom_7-Oktober-2010_Az_9-TaBV-86-10




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