Landgericht Berlin:
Urteil vom 27. November 2013
Aktenzeichen: 10 O 125/13

(LG Berlin: Urteil v. 27.11.2013, Az.: 10 O 125/13)

Zur Berücksichtigung wirtschaftlicher Merkmale in der Person des Alleingeschäftsführers (hier: Abgabe der eidesstattlichen Versicherung) bei der Bonitätswertung einer GmbH

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten haben die Klägerin zu 1) sechs Siebentel und der Kläger zu 2) ein Siebentel zu tragen. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Kläger jeweils selbst.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte gegen die Klägerin zu 1) jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger zu 2) kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Kläger verlangen von der Beklagten die Löschung personenbezogener Daten über den Kläger zu 2) und die Unterlassung nachteiliger Bonitätsauskünfte über die Klägerin zu 1).

Die Klägerin zu 1) wurde Ende 2010 als UG gegründet. Im Juni 2011 wurde ihr Stammkapital auf 25.000,00 EUR erhöht und sie firmierte in eine GmbH um. Alleingesellschafterin ist eine Limited mit Sitz in Großbritannien.

Der Kläger zu 2) ist angestellter Alleingeschäftsführer der Klägerin zu 1). Er gab am 26.03.2009 eine eidesstattliche Versicherung im Sinne von § 915 ZPO a. F. ab, die zum 27.03.2012 aus dem Schuldnerverzeichnis gelöscht wurde. Am 16.07.2012 gab der Kläger erneut eine eidesstattliche Versicherung ab.

Die Beklagte ist eine Auskunftei. Sie erteilt ihren Mitgliedern Bonitätsinformationen über Unternehmen. Hierzu zählen ein sogenannter Bonitätsindex und eine Ausfallwahrscheinlichkeit. Der Bonitätsindex reicht von 100 (€ausgezeichnete Bonität€) bis 600 (€harte Negativmerkmale€). Die Ausfallwahrscheinlichkeit gibt das Risiko an, dass ein Kreditnehmer innerhalb eines Jahres gemäß Basel-II-Kriterien ausfällt. Eine Ausfallwahrscheinlichkeit von über 3,0 % stuft die Beklagte als €hoch€ ein.

Die Kläger greifen die Speicherung und Berücksichtigung der vom Kläger zu 2) abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen bei der Bonitätsbewertung der Klägerin zu 1) sowie konkret drei Bonitätsauskünfte der Beklagten an.

Am 22.12.2011 erstellte die Beklagte eine Bonitätsauskunft über die Klägerin zu 1) (Anlage K 1), bei der sie ihr einen Bonitätsindex von 368 (€sehr schwache Bonität€) und eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 9,88 % gegenüber einem deutschlandweiten Durchschnitt von 1,82 % und einem Branchendurchschnitt von 1,49 % zuwies. Nach der Auskunft war die Zahlungsweise der Klägerin zu 1) €soweit bekannt, pünktlich€, die Unternehmensentwicklung €konstant€ und die Auftragslage €zufriedenstellend€. Die Beklagte gab über die Klägerin zu 1) folgendes Krediturteil ab: €Kredite erfordern Sicherheiten. Eine Geschäftsverbindung ist Ermessenssache.€ Negativmerkmale lägen nicht vor.

Am 16.04.2012 erstellte die Beklagte eine weitere Bonitätsauskunft über die Klägerin zu 1) (Anlage K 2), bei der sie ihr einen Bonitätsindex von 306 (€schwache Bonität€) und eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 4,01 % gegenüber einem deutschlandweiten Durchschnitt von 1,77 % und einem Branchendurchschnitt von 1,44 % zuwies. Nach der Auskunft war die Zahlungsweise der Klägerin zu 1) €innerhalb vereinbarter Ziele€, die Unternehmensentwicklung €konstant€ und die Auftragslage €zufriedenstellend€. Die Beklagte gab über die Klägerin zu 1) folgendes Krediturteil ab: €Kredite werden nicht abgesprochen. Eine Geschäftsverbindung gilt als zulässig.€ Negativmerkmale lägen nicht vor.

Am 27.07.2012 erstellte die Beklagte eine weitere Bonitätsauskunft über die Klägerin zu 1) (Anlage K 3), bei der sie ihr einen Bonitätsindex von 372 (€sehr schwache Bonität€) und eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 11,09 % gegenüber einem deutschlandweiten Durchschnitt von 1,71 % und einem Branchendurchschnitt von 1,33 % zuwies. Nach der Auskunft war die Zahlungsweise der Klägerin zu 1) €soweit bekannt, pünktlich€, die Unternehmensentwicklung €konstant€ und die Auftragslage €zufriedenstellend€. Die Beklagte gab über die Klägerin zu 1) folgendes Krediturteil ab: €Kredite erfordern Sicherheiten. Eine Geschäftsverbindung ist Ermessenssache.€ Negativmerkmale lägen nicht vor.

Mit Schreiben vom 16.08.2012 (Anlage K 4) verlangte der Gesellschafter des Mutterunternehmens der Klägerin zu 1) von der Beklagten eine Korrektur ihrer Bewertung. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.08.2012 (Anlage K 5) ließen die Kläger die Beklagte zur Auskunft über die gespeicherten Daten, zu deren Löschung und zur Korrektur der Bonitätsbewertung sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 788,02 EUR (1,6-Geschäftsgebühr und 0,3-Erhöhungsgebühr aus 6.000,00 EUR zzgl. Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer) auffordern.

Die Kläger behaupten, die Klägerin zu 1) sei äußerst kreditwürdig. Sie tätige die Mehrzahl ihrer Einkäufe per Vorkasse oder unter Inanspruchnahme von Skonto. Sie könne ständig steigende Ergebnisse verzeichnen und habe 2012 den Umsatz auf 1 Mio. EUR gesteigert.

Die von dem Kläger zu 2) abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen stünden nicht im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 1).

Die Kläger meinen, für die Speicherung der Informationen über den Kläger zu 2) gebe es keine Rechtsgrundlage. Die Berechnung des Bonitätsindex für die Klägerin zu 1) sei willkürlich und anhand der zugleich über die Klägerin zu 1) mitgeteilten Daten nicht nachvollziehbar. Die Klägerin zu 1) könne nicht eine hohe Ausfallwahrscheinlichkeit haben, wenn sie ihre Rechnungen pünktlich bezahle und ihre Unternehmensentwicklung konstant sei. Auch seien die starken Schwankungen des Bonitätsindexes innerhalb weniger Monate nicht erklärlich.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagte zu verurteilen, sämtliche über den Kläger zu 2) gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, die im Zusammenhang mit seiner Abgabe einer Versicherung an Eides statt i. S. v. § 915 ZPO a. F. stehen; auch soweit diese Angabe im Datenbestand über die Klägerin zu 1) steht,

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger die außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 788,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.12.2012 zu zahlen.

Die Klägerin zu 1) beantragt darüber hinaus,

2. die Beklagte zu verurteilen, die von ihr über die Klägerin zu 1) berechneten Wahrscheinlichkeitswerte/den Bonitätsindex derart zu berichtigen, dass ihm nicht länger die im Antrag zu 1) näher bezeichneten Daten zugrunde liegen,

3. die Beklagte zu verurteilen, es unter Androhung einer Ordnungsstrafe von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken gegen Herrn Ass. jur. J. Xxxx und Herrn Dipl.-Kfm. C. Xxxx als Gesamtschuldner, zu unterlassen, zu behaupten,

a) die Klägerin zu 1) verfüge lediglich über eine schwache Bonität, solange sich die Klägerin zu 1) nicht nachweislich als Schuldnerin einer oder mehrerer fälliger Forderungen in Verzug befindet,

b) die Klägerin zu 1) werde innerhalb eines Jahres gemäß Basel-2-Kriterien mit einer Wahrscheinlichkeit von 4,01 % oder einer höheren Wahrscheinlichkeit ausfallen, solange sich die Klägerin zu 1) nicht nachweislich als Schuldnerin einer oder mehrerer fälliger Forderungen in Verzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, der von ihr mitgeteilte Bonitätsindex werde aus den von ihr erfassten Parametern automatisiert ermittelt. Hierzu gehörten maßgeblich die Bewertung des Unternehmens in den Kategorien €Zahlungsweise€ und €Krediturteil€, ferner Alter, Rechtsform und Wirtschaftszweig des Unternehmens, der Haftungsumfang sowie gemeldete betriebswirtschaftliche Auswertungen oder veröffentlichte Bilanzen. Die Ausfallwahrscheinlichkeit werde im Hinblick auf den Bonitätsindex, aber auch bezogen auf bestimmte Merkmale wie Rechtsform, Alter des Unternehmens oder Branche mit statistischen Verfahren berechnet. Dabei werde jeweils ermittelt, wieviele Unternehmen mit dem jeweiligen Bonitätsindex etc. innerhalb von zwölf Monaten ausgefallen sind.

Die Beklagte behauptet weiter, den konkret angegriffenen Bonitätsauskünften lägen maßgeblich folgende Umstände zugrunde: Wesentlich für die Bonitätsauskunft vom 22.12.2011 sei die Bewertung der Klägerin zu 1) in den Kategorien €Zahlungsweise€ und €Krediturteil€ gewesen. Diese Bewertungen hingen wiederum mit der ersten eidesstattlichen Versicherung des Klägers zu 2) und mit der Existenz titulierter und unbeglichener Forderungen gegen diesen zusammen. Die Bonitätsauskunft vom 16.04.2012 falle besser aus, weil die eidesstattliche Versicherung des Klägers zu 2) aus dem Schuldnerverzeichnis gelöscht wurde. Die deutliche Verschlechterung des Bonitätsindex in der Auskunft vom 27.07.2012 rühre aus der kurz zuvor abgegebenen neuerlichen eidesstattlichen Versicherung des Klägers zu 2). Die berechnete statistische Ausfallwahrscheinlichkeit ergebe sich jeweils aus den veränderten Bezugsgrößen.

Gründe

I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Klage ist mit dem Antrag zu 1) sowohl für die Klägerin zu 1) als auch für den Kläger zu 2) unbegründet.

a) Ein Anspruch der Klägerin zu 1) auf Löschung einer Eintragung über die von dem Kläger zu 2) abgegebenen eidesstattlichen Versicherung scheitert schon an ihrer fehlenden Aktivlegitimation.

Nach § 35 Abs. 2 BDSG sind gespeicherte personenbezogene Daten unter bestimmten Voraussetzungen zu löschen. Personenbezogene Daten können dabei nur auf natürliche Personen bezogen sein, § 3 Abs. 1 BDSG. Die Vorschriften des BDSG sind auch nicht auf juristische Personen analog anzuwenden. Eine anderweitige obergerichtliche Rechtsprechung ist, anders als die Kläger meinen, nicht erkennbar. Der von den Klägerin zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urteil vom 12.12.2002 € 2 U 103/02, NJW-RR 2003, 1410, 1411; vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17.12.1985 € VI ZR 244/84, NJW 1986, 2505) lässt sich nur entnehmen, dass Informationen, die über ein Wirtschaftsunternehmen gespeichert werden, zugleich als personenbezogene Daten über dessen Gesellschafter und Geschäftsführer anzusehen sein können. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass personenbezogene Daten über die Definition in § 3 Abs. 1 BDSG hinaus auch für juristische Personen vorliegen können. Die nicht näher begründete Auffassung der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden (Beschluss vom 27.02.2009 € 6 K 1045/08.WI, juris-Rdnr. 20; Urteil vom 18.01.2008 € 6 E 1559/06, juris-Rdnr. 38), das Hessische Landesdatenschutzgesetz sei auf juristische Personen analog anwendbar, teilt das erkennende Gericht nicht (ablehnend auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 01.03.2011 € 8 A 3357/08, juris-Rdnr. 142 ff.; BFH, Urteil vom 29.07.2003 € VII R 66/02, NVwZ-RR 2004, 525).

Mithin kommen für eine Löschung nur personenbezogene Daten über den Kläger zu 2) in Betracht. § 35 Abs. 2 BDSG gewährt jedoch keinen Anspruch auf Löschung personenbezogener Daten, die nicht den Anspruchsteller selbst, sondern einen Dritten betreffen. Die Klägerin zu 1) kann daher die Löschung von personenbezogenen Daten über den Kläger zu 2) selbst dann nicht geltend machen, wenn diese Daten in dem sie selbst betreffenden Datenbestand gespeichert sein sollten. Denn auch das macht diese Daten nicht zu personenbezogenen Daten der Klägerin zu 1). Allenfalls kann die Klägerin zu 1) geltend machen, wie sie es vorliegend mit dem Klageantrag zu 2) tut, dass diese Daten nicht mit den sie selbst betreffenden Daten verknüpft und zu einer Auskunft über sie zusammengefasst werden. Auch der hierauf gerichtete Antrag bleibt jedoch erfolglos (s. unten 2.).

b) Auch dem Kläger zu 2) steht ein Löschungsanspruch gegen die Beklagte im Hinblick auf die von ihm zuletzt abgegebene eidesstattliche Versicherung nicht zu.

Insoweit kann offen bleiben, ob die Beklagte hier als Schuldnerin eines solchen Anspruchs in Betracht kommt, nachdem die beanstandeten Daten nach ihrem Vortrag nicht bei ihr, sondern bei der Creditreform Leipzig Niedenzu KG gespeichert werden. Denn auch die weiteren Voraussetzungen des Löschungsanspruchs sind nicht gegeben.

Nach der hier einzig in Betracht kommenden Vorschrift des § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG kann die Löschung personenbezogener Daten verlangt werden, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Daran fehlt es hier. Die Beklagte darf den Umstand, dass der Kläger zu 2) eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, zwar nicht nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG, aber nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG speichern.

aa) Die Beklagte ist zur Speicherung nicht nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG befugt. Insoweit bedarf nicht der Entscheidung, ob die von den Klägern vorgebrachten europarechtlichen Bedenken durchgreifen. Denn es fehlt bereits an der Voraussetzung, dass die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können.

Allgemein zugängliche Quellen sind solche, die sich nach ihrer technischen Ausgestaltung und Zielsetzung dazu eignen, einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis Informationen zu vermitteln. Dazu zählen öffentliche Register, wenn die Einsichtnahme nicht bestimmten, wie auch immer abgegrenzten Personenkreisen vorbehalten ist oder von dem Vorliegen eines berechtigten Interesses oder einer damit vergleichbaren Anforderung abhängt (Simitis in Simitis: BDSG, 7. Aufl. 2011, § 28, Rdnr. 151 ff.; ebenso im Grundsatz auch Gola/Schomerus: BDSG, 11. Aufl. 2012, § 28, Rdnr. 32).

Das gemäß § 915 ZPO a. F. zu führende Schuldnerverzeichnis zählt danach nicht zu den allgemein zugänglichen Quellen (Simitis in Simitis: BDSG, 7. Aufl. 2011, § 28, Rdnr. 155; Weichert in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert: BDSG, 4. Aufl. 2014, § 29, Rdnr. 24; a. A. ohne Begründung Gola/Schomerus: BDSG, 11. Aufl. 2012, § 28, Rdnr. 32). Denn § 915 Abs. 3 ZPO a. F. knüpft die Verwendung von Daten aus dem Schuldnerverzeichnis an Voraussetzungen, die mit dem Vorliegen eines berechtigten Interesses vergleichbar sind. Zwar zählt darunter auch der Zweck, wirtschaftliche Nachteile abzuwenden, die daraus entstehen können, dass Schuldner ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. § 915b Abs. 1 Satz 1 ZPO a. F. verlangt jedoch für die Erteilung einer Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis die Darlegung, dass die Auskunft für den genannten Zweck erforderlich ist. Damit ist das Schuldnerverzeichnis gerade nicht für jedermann und allgemein voraussetzungslos zugänglich.

bb) Die Beklagte darf die beanstandeten Daten jedoch nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG speichern.

Diese Vorschrift verlangt eine Abwägung der widerstreitenden Interessen des Betroffenen und der speichernden Stelle. Das Interesse von Auskunfteien an der Datenspeicherung wird dabei durch die Formulierung in § 29 Abs. 1 BDSG grundsätzlich anerkannt. Zugleich ist wegen des prägenden Grundgedankens des BDSG, dass durch jede Datenspeicherung in das Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird, die Speicherung schon dann unzulässig, wenn das Interesse des Betroffenen mit dem des Speichernden gleichgewichtig ist; dass sein Interesse überwiegt, ist anders als bei § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG nicht erforderlich. Spricht eine abstrakte Interessenabwägung für ein Überwiegen der berechtigten Interessen des Speichernden, so ist die Speicherung dennoch unzulässig, wenn im konkreten Einzelfall schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen (Buchner in Wolff/Brink: Datenschutzrecht, 2013, § 29 BDSG, Rdnr. 51, 78; Gola/Schomerus: BDSG, 11. Aufl. 2012, § 29, Rdnr. 10 f.; Weichert in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert: BDSG, 4. Aufl. 2014, § 29, Rdnr. 18).

Nach diesen Maßstäben geht die Abwägung hier zugunsten der Beklagten aus. Sogenannte harte Negativmerkmale, deren Tatsachengrundlage unbestritten oder in einem förmlichen Verfahren festgestellt worden ist, dürfen grundsätzlich gespeichert werden, weil sie für den Kreditverkehr von erheblichem Interesse sind. Zu diesen harten Negativmerkmalen gehört die Eintragung im Schuldnerverzeichnis (Weichert in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert: BDSG, 4. Aufl. 2014, § 29, Rdnr. 35). Selbst wenn man die Abgrenzung zwischen harten und weichen Negativmerkmalen in Frage stellen möchte, lässt sich doch ein berechtigtes Interesse des Wirtschaftsverkehrs an der Kenntnis solcher Umstände nicht leugnen, die im Einzelfall nach allgemeiner Erfahrung bestimmte Rückschlüsse auf die Zahlungsfähigkeit und -willigkeit des Betroffenen zulassen (Ehmann in Simitis: BDSG, 7. Aufl. 2011, § 28, Rdnr. 179 ff.). Dass zu solchen Umständen die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zählt, hat der Gesetzgeber bereits durch die Errichtung des Schuldnerverzeichnisses gemäß § 915 ZPO a. F. unter anderem zu dem Zweck, wirtschaftliche Nachteile aus der Nichterfüllung von Verbindlichkeiten abzuwenden, anerkannt.

Besondere Einzelfallumstände, die gleichwohl die Speicherung ausnahmsweise verbieten würde, sind hier nicht vorhanden. Zwar ist den Klägern zuzugeben, dass die Stellung des Klägers zu 1) auf dem Arbeitsmarkt beeinträchtigt wird, wenn ein potentieller Arbeitgeber fürchten muss, in seiner Bonitätsbewertung von der eidesstattlichen Versicherung €infiziert€ zu werden. Dies betrifft aber nur die Tätigkeit des Klägers in herausgehobenen Positionen, etwa derjenigen eines Alleingeschäftsführers. Gerade soweit es um eine solche Tätigkeit geht, die für den Wirtschaftsverkehr mit besonderen Risiken verbunden ist, wird das Interesse der Beklagten an der Speicherung durch das Interesse des Klägers nicht aufgewogen.

Ein aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 analog BGB i. V. m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, abgeleiteter Löschungsanspruch des Klägers zu 2) gegen die Beklagte scheitert bereits an der Vorrangigkeit der Regelung im BDSG (BGH, Urteil vom 07.07.1983 € III ZR 159/82, NJW 1984, 436). Darüber hinaus wären auch die Voraussetzungen dieses Anspruchs nicht erfüllt, weil der Kläger zu 2) nicht die Löschung von Daten verlangen kann, die die Beklagte auf spezialgesetzlicher Grundlage zulässigerweise speichert.

2. Die Klage ist auch mit dem Antrag zu 2) unbegründet. Ein Anspruch der Klägerin zu 1) gegen die Beklagte, den über sie mitgeteilten Bonitätsindex und die Ausfallwahrscheinlichkeit dergestalt zu berichtigen, dass die von dem Kläger zu 2) abgegebene eidesstattliche Versicherung bei der Berechnung nicht berücksichtigt wird, ergibt sich weder aus dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht, §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 analog BGB i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG, noch aus dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 analog BGB.

Voraussetzung eines Anspruch ist, da es sich um sogenannte offene Verletzungstatbestände handelt, auch insoweit eine umfassende, einzelfallbezogene Interessenabwägung (BGH, Urteil vom 11.03.2008 € VI ZR 7/07, NJW 2008, 2110, Tz. 11 f. m. w. Nachw.). Auch diese Interessenabwägung geht hier zugunsten der Beklagten aus.

Die Weitergabe persönlicher Daten über den Gesellschafter oder Geschäftsführer einer GmbH im Zusammenhang mit einer Auskunft über die GmbH ist dann zulässig, wenn diese im Rahmen der Gesamtbeurteilung der Kreditwürdigung der Gesellschaft nicht ohne Gewicht sind. Auskünfte, die geeignet sind, etwaige Kreditgeber zu einer sorgfältigen Bonitätsprüfung zu veranlassen, sind für das Kreditgewerbe erforderlich und müssen, wenn sie zutreffen und nicht den sensitiven persönlichen Bereich berühren, regelmäßig vom betroffenen Geschäftsführer und Gesellschafter hingenommen werden, wenn er Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und die damit verbundene Kreditwürdigkeit der von ihm geführten GmbH in Anspruch nehmen will (BGH, Urteil vom 17.12.1985 € VI ZR 244/84, NJW 1986, 2505, 2506; Urteil vom 24.06.2003 € VI ZR 3/03, NJW 2003, 2904, Tz. 6).

Ein solcher Umstand ist die Tatsache, dass der Alleingeschäftsführer einer GmbH die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. Das wirtschaftliche Schicksal einer GmbH ist mit demjenigen ihres Geschäftsführers eng verknüpft. Dies gilt ohnehin dann, wenn es sich um eine Ein-Mann-GmbH handelt und Geschäftsführer- und Gesellschafterfunktion in eins fallen (BGH, Urteil vom 17.12.1985 € VI ZR 244/84, NJW 1986, 2505, 2506). Entsprechendes ist aber auch anzunehmen, wenn der Geschäftsführer zwar selbst wirtschaftlich nicht an der GmbH beteiligt ist, jedoch als Alleingeschäftsführer deren Wohl und Wehe weitgehend in der Hand hat. Zwar können für die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ebenso wie für das Scheitern einer GmbH viele Gründe ursächlich werden. Der Wirtschaftsverkehr verknüpft aber mit dem Umstand, dass der Geschäftsführer der GmbH die eidesstattliche Versicherung abgeben hat, die Befürchtung, dass dieser im privaten Leben nicht zu wirtschaftlichem Handeln befähigt ist und daher auch die Geschicke einer GmbH nicht erfolgreich zu führen vermag. Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung lässt deshalb, auch wenn sie selbstredend nicht zwangsläufig zu einem Scheitern der GmbH führen muss, Rückschlüsse auf deren Ausfallrisiko zu. Hinzu kommt, dass der Geschäftsführer, der die eidesstattliche Versicherung abgeben hat, nicht als tauglicher Bürge für Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Betracht kommt. Damit handelt es sich um einen Umstand, der geeignet ist, etwaige Kreditgeber zu einer sorgfältigen Bonitätsprüfung zu veranlassen, und dessen Kenntnis mithin für das Kreditgewerbe erforderlich ist (BGH, Urteil vom 17.12.1985 € VI ZR 244/84, NJW 1986, 2505, 2506 m. w. Nachw.). Die Beklagte ist daher nicht gehindert, diesen Umstand bei der Berechnung des Bonitätsindex und der Ausfallwahrscheinlichkeit für die Klägerin zu 1) zu berücksichtigen.

3. Die Klage ist schließlich auch mit den Teilanträgen zu 3. a) und 3. b) unbegründet. Auch insoweit fehlt es an Ansprüchen der Klägerin zu 1) gegen die Beklagte aus ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht, §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 analog BGB i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG, oder ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 analog BGB.

a) Dies gilt zunächst für den von der Klägerin zu 1) beanstandeten Bonitätsindex.

aa) Bei der auch hier vorzunehmenden Interessenabwägung ist zunächst zu berücksichtigen, dass der von der Beklagten mitgeteilte Bonitätsindex keine Tatsachenbehauptung, sondern eine Meinungsäußerung darstellt.

Maßgebend für die Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung ist die Frage, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen. Für die Ermittlung des Aussagegehalts einer Äußerung ist darauf abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird, wobei eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils regelmäßig nicht zulässig ist, sondern auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 16.11.2004 € VI ZR 298/03, NJW 2005, 279, 281 m. w. Nachw.).

Gemessen daran ist die Angabe eines Bonitätsindexes im allgemeinen eine Meinungsäußerung. Denn sie ist das Ergebnis einer auf Grundlage bestimmter Tatsachen vorgenommenen Bewertung. Diese Tatsachen werden nach vorgegebenen Bewertungskriterien gewichtet und fließen so in das Werturteil ein (BGH, Urteil vom 22.02.2011 € VI ZR 120/10, NJW 2011, 2204, Tz. 11 f.).

So verhält es sich auch hier. Zwar ist den Klägern zuzugeben, dass für die Frage, wie die maßgeblichen Verkehrskreise die Äußerung der Beklagten verstehen, deren Werbung für ihre eigene Tätigkeit nicht unberücksichtigt bleiben kann. Auch danach aber stellt sich der von der Beklagten ermittelte Bonitätsindex als Meinungsäußerung dar. Denn er ist das Ergebnis einer Analyse, die nicht nur mit quantitativen, sondern auch mit qualitativen Methoden, mithin wertend, durchgeführt wird. Selbst wenn die Beklagte den Bonitätsindex nur quantitativ unter Anwendung einer mathematischen Formel ermitteln würde, spräche dies nicht gegen die Annahme einer Meinungsäußerung. Denn schon in der Erstellung dieser Formel, mit der die einzelnen Merkmale gewichtet und zum Bonitätsindex verdichtet werden, liegt eine wertende Entscheidung, die nicht dem Beweis zugänglich ist. Gegenstand einer Beweiserhebung könnte allenfalls die Frage sein, ob die Beklagte vorliegend die Ausgangsmerkmale richtig erfasst und ihre Formel korrekt angewandt hat. Dies aber stellen die Kläger gar nicht in Abrede.

bb) Der Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG ist bei Meinungsäußerungen regelmäßig stärker ausgeprägt als bei Tatsachenbehauptungen (BGH, Urteil vom 05.12.2006 € VI ZR 45/05, NJW 2007, 686, Tz. 14). Gerade wer sich im Wirtschaftsleben betätigt, setzt sich in erheblichem Umfang der Kritik an seinen Leistungen aus. Er muss wertende Stellungnahmen zu seiner Tätigkeit in der Regel hinnehmen, soweit nicht sein Persönlichkeitsrecht besonders schwerwiegend beeinträchtigt wird (BGH, Urteil vom 21.11.2006 € VI ZR 259/05, NJW-RR 2007, 619, Tz. 13 f. m. w. Nachw.). Werturteile sind im allgemeinen nur dann unzulässig, wenn sie die Grenze zur Schmähkritik überschreiten, wenn sie auf einer unrichtigen Tatsachengrundlage gebildet werden oder es für sie überhaupt an jedwedem tatsächlichen Bezugspunkt fehlt (BGH, Urteil vom 03.02.2009 € VI ZR 36/07, NJW 2009, 1872, Tz. 18 m. w. Nachw.; BVerfG, Beschluss vom 16.07.2003 € 1 BvR 1172/99, NJW 2004, 277, 278).

Insbesondere kann zwar das Recht auf freie Meinungsäußerung desjenigen, der Bonitätsbewertungen abgibt, mit Recht des beurteilten Unternehmens aus Art. 12 Abs. 1 GG kollidieren. Dieses schützt aber nicht vor Verbreitung zutreffender und sachlich gehaltener Informationen am Markt, die für das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer von Bedeutung sein können, selbst wenn die Inhalte sich auf einzelne Wettbewerbspositionen nachteilig auswirken. Grundlage der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs ist ein möglichst hohes Maß an Informationen der Marktteilnehmer über marktrelevante Faktoren. Gerade die Erteilung von zutreffenden Bonitätsauskünften ist für das Funktionieren der Wirtschaft von erheblicher Bedeutung. Eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechte wird, wenn solche Auskünfte auf Nachfrage Kreditgebern oder sonstigen (potentiellen) Geschäftspartnern erteilt werden, in der Regel zugunsten einer Zulässigkeit der Bonitätsauskunft ausgehen (BGH, Urteil vom 22.02.2011 € VI ZR 120/10, NJW 2011, 2204, Tz. 18 ff.).

So liegt es sich auch hier. Den an ein Werturteil zu stellenden Anforderungen wird die von der Beklagten vorgenommene Ermittlung des Bonitätsindex der Klägerin zu 1) gerecht. Sie erweist sich insbesondere nicht als willkürlich.

Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie den Bonitätsindex unter Zugrundelegung einer Reihe objektiver sowie wertender Angaben über die Klägerin zu 1) und deren Geschäftsführer, den Kläger zu 2), ermittelt hat. Sie hat auch dargelegt, dass die von den Klägern beanstandeten Schwankungen des Bonitätsindex im Verlauf weniger Monate nicht auf eine willkürliche Bewertung zurückzuführen sind, sondern auf das anfängliche Vorhandensein einer Eintragung über den Kläger zu 2) im Schuldnerverzeichnis, die sodann erfolgte Löschung und schließlich die erneute Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung durch den Kläger zu 2). Dieses Kriterium durfte die Beklagte, wie bereits ausgeführt, bei der Bonitätsbewertung der Klägerin zu 1) berücksichtigen.

Die Darlegungen der Beklagten werden durch das Vorbringen der Kläger nicht entkräftet. Insoweit liegt der hiesige Fall keineswegs anders als derjenige, über den der Bundesgerichtshof in der von den Klägern zitierten Entscheidung (BGH, Urteil vom 22.02.2011 € VI ZR 120/10, NJW 2011, 2204) zu entscheiden hatte. Darin hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die dortigen Kläger den Darlegungen der dortigen Beklagten zu den Grundlagen ihrer Berechnung nicht mit Substanz entgegengetreten waren (BGH a. a. O., Tz. 16). Auch im hiesigen Fall haben die Kläger nicht behauptet, dass die Beklagte bei ihrer Berechnung von unzutreffenden Annahmen ausgegangen oder dass die Berechnung insgesamt fehlerhaft sei. Sie haben lediglich vorgetragen, dass unter Berücksichtigung einer Reihe von Umständen das von der Beklagten abgegebene Bonitätsurteil keine Bestand haben könne. Die Beklagte ist aber in der Berücksichtigung und Gewichtung der über die Klägerin zu 1) vorliegenden Informationen weithin frei, soweit sie die Grenzen zur Willkür nicht überschreitet, insbesondere vergleichbare Unternehmen mit vergleichbaren Daten nicht anders bewertet als die Klägerin zu 1).

Die von den Klägern vorgebrachten Merkmale sind darüber hinaus auch nicht geeignet, Zweifel an der Bonitätsbewertung durch die Beklagte zu begründen. Die klägerische Behauptung, bei der Klägerin zu 1) handele es sich um ein äußerst kreditwürdiges Unternehmen, ist ersichtlich substanzlos. Dass weiter die Klägerin zu 1) bereits zwei Jahre am Markt agiert, spricht für sich genommen nicht dafür, dass sie von guter Bonität ist. Auch in unserer schnelllebigen Zeit ist ein Zeitraum von zwei Jahren für ein Wirtschaftsunternehmen kein beachtliches Alter. Die Annahme, dass der Wirtschaftsverkehr bereits über einen solchen kurzen Zeitraum hinweg nachhaltiges Vertrauen in die Wirtschaftskraft eines Unternehmens aufbaut, erscheint nicht gerechtfertigt, jedenfalls nicht zwingend. Überdies lehrt die Erfahrung, dass auch Unternehmen, die Jahrzehnte am Markt agieren, nicht vor der Insolvenz geschützt sind. Soweit die Kläger schließlich darauf hinweisen, dass die Klägerin zu 1) die Mehrzahl ihrer Verbindlichkeiten per Vorkasse oder unter Ausnutzung von Skonti begleiche, rechtfertigt dies womöglich Rückschlüsse für die Vergangenheit, nicht jedoch zwingend auch solche für die Zukunft. Der Sinn der von der Beklagten vorgenommenen Bonitätsbewertung ist es gerade, eine Prognose darüber anzustellen, ob die Klägerin zu 1) auch zukünftig ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen wird. Würde die Klägerin zu 1) gegenwärtig ihre Rechnungen nur unter Überschreitung der Zahlungsziele oder auch gar nicht begleichen, so wäre sie nicht von schwacher Bonität, sondern insolvenzreif.

Die Beklagte war schließlich auch nicht von sich aus gehalten, noch näher zu den Grundlagen und Einzelheiten der von ihr angestellten Berechnungen vorzutragen. Dafür, dass durch das von der Beklagten abgegebene Bonitätsurteil Rechte der Klägerin zu 1) verletzt werden, ist diese darlegungs- und beweisbelastet. Zwar trifft die Beklagte insoweit eine sekundäre Darlegungslast, da den Klägern die genannten Umstände der Berechnung naturgemäß unbekannt sind, während die Beklagte hierüber unschwer Angaben machen kann. Die sekundäre Darlegungslast reicht jedoch nur so weit, wie der Beklagten nähere Angaben zumutbar sind (BGH, Urteil vom 17.01.2008 € III ZR 239/06, NJW 2008, 982, Tz. 16). Insoweit ist eine wertende Abwägung erforderlich, die neben dem berechtigten Interesse der Beklagten an einer Wahrung ihres Geschäftsgeheimnisses auch berücksichtigen muss, dass die gesetzliche Beweislastverteilung dem Anspruchsinhaber im Grundsatz auch das Risiko überbürdet, nicht erst wegen einer Nichterweislichkeit, sondern bereits wegen Unkenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen zu unterliegen. Hier ist, nachdem die Beklagte die Grundzüge ihrer Berechnung geschildert und zudem erläutert hat, worauf die Schwankungen des über die Klägerin zu 1) ermittelten Bonitätsindex beruhen, zunächst von den Klägern eine nachvollziehbare Darlegung zu verlangen, dass und warum das Bonitätsurteil der Beklagten gleichwohl willkürlich sein soll. Eine solche Darlegung wäre den Klägern auch möglich. Sie könnte etwa derart erbracht werden, dass die Kläger Unternehmen benennen, die mit der Klägerin zu 1) in den wesentlichen Merkmal übereinstimmen, aber von der Beklagten erheblich besser bewertet werden als die Klägerin zu 1). Daran fehlt es hier.

b) An einem Anspruch der Klägerin zu 1) fehlt es aber auch im Hinblick auf die von der Beklagten berechnete Ausfallwahrscheinlichkeit.

Insoweit handelt es sich um eine Tatsachenäußerung, die jedoch inhaltlich richtig und von der Klägerin zu 1) als Wirtschaftsunternehmen grundsätzlich hinzunehmen ist (BGH, Urteil vom 11.03.2008 € VI ZR 7/07, NJW 2008, 2110, Tz. 13 m. w. Nachw.).

Wie die Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, gibt die Ausfallwahrscheinlichkeit an, wie viele Unternehmen, die einen Bonitätsindex wie die Klägerin zu 1) hatten, innerhalb eines Jahres ausgefallen sind. Dass die Beklagte ihrer statistischen Berechnung unzutreffendes Datenmaterial zugrunde gelegt habe, behaupten die Kläger nicht.

Sie beanstanden vielmehr, dass die Beklagte eine bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeit für die Klägerin zu 1) angibt, obwohl diese sich nicht nachweislich mit einer oder mehreren fälligen Forderungen in Verzug befindet. Dies geht aber an den von der Beklagten dargestellten Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsberechnung vorbei. Wenn Unternehmen mit dem Bonitätsindex der Klägerin zu 1) in der Vergangenheit mit einer bestimmten statistischen Wahrscheinlichkeit ausgefallen sind, dann kann die Beklagte diesen Wert nicht deswegen verändern, weil die Klägerin zu 1) keine säumige Schuldnerin ist. Zu beanstanden könnte allenfalls sein, dass die Beklagte ihrer Wahrscheinlichkeitsberechnung überhaupt den Bonitätsindex zugrunde legt, den sie für die Klägerin zu 1) ermittelt hat, dass sie die Klägerin zu 1) also mit anderen Unternehmen mit demselben Bonitätsindex auf eine Stufe stellt. Damit könnten die Kläger aber zum einen schon deshalb nicht durchdringen, weil, wie erörtert, die Ermittlung des Bonitätsindex für die Klägerin zu 1) durch die Beklagte in zulässiger Weise erfolgt ist. Zum anderen ist es nicht willkürlich, wenn die Beklagte für die Ermittlung der Ausfallwahrscheinlichkeit auf solche Unternehmen abstellt, die nach ihrem Berechnungsmodell denselben Bonitätsindex erreichen wie die Klägerin zu 1), mithin dieselben oder vergleichbare Merkmale aufweisen. Dass derartige Unternehmen, legt man die letzte Bonitätsauskunft über die Klägerin zu 1) zugrunde, in den vergangenen zwölf Monaten mit einer Wahrscheinlichkeit von 11,09 % ausgefallen sind, spricht im Übrigen gerade für die Richtigkeit der Bewertung der Beklagten, die Klägerin zu 1) sei von sehr schwacher Bonität.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO. Das Urteil war für die Beklagte gegen die Klägerin zu 1) gemäß § 709 ZPO, gegen den Kläger zu 2) gemäß §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.






LG Berlin:
Urteil v. 27.11.2013
Az: 10 O 125/13


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/5cb047392491/LG-Berlin_Urteil_vom_27-November-2013_Az_10-O-125-13




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