Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. April 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 33/04

(BPatG: Beschluss v. 26.04.2005, Az.: 27 W (pat) 33/04)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 27. November 2003 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch den angefochtenen Beschluss die Anmeldung der Marke STRONG EUROPE für

"Geräte und Vorrichtungen zur Projektion von Film, Bild und Ton; Beleuchtungsmittel und -produkte, nämlich Spotlights, UV-Lampen und Scheinwerfer, insbesondere für Werbezwecke"

als nicht unterscheidungskräftige und freihaltebedürftige Angabe gemäß §§ 37 Abs. , 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Verkehr sei daran gewöhnt, waren- und dienstleistungsbezogene Sachangaben in werbemäßiger Form und auch mit Hilfe mehr oder weniger einprägsamer (neuer) Wortzusammenstellungen vermittelt zu bekommen. Daher werde nicht jede neue Wortbildung als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden. So liege der Fall auch hier. Beide Markenworte würden vom angesprochenen Publikum zutreffend übersetzt, da die Worte bekannt seien. Das dem Substantiv sprachüblich unmittelbar vorangestellte Adjektiv weise unmittelbar auf die Stärke Europas hin. Es handele sich mithin um eine Anpreisung der wirtschaftlichen Stärke Europas im Sinne einer Ortsangabe allgemeiner Art, die zudem auf die Herkunft der Waren hinweise und mit diesem Sinngehalt dem angesprochenen Verkehr ohne weiteres verständlich sei. Eine gleichwohl bestehende begriffliche Unbestimmtheit führe nicht zu einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit. Auf ein konkretes Freihaltebedürfnis sei daher nicht mehr näher einzugehen.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie hält das angemeldete Zeichen für unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig. Die angemeldete Wortfolge beschreibe die in Anspruch genommenen Waren nicht unmittelbar, sondern sei begrifflich unbestimmt. Die Anmelderin verweist zudem auf Voreintragungen der Marke in Großbritannien und Frankreich.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Vorschriften des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung der angemeldeten Marke nicht entgegen.

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (stdg. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 70 m.w.N.) . Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist einerseits auf die in Anspruch genommenen Waren, andererseits auf die vermutete Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittverbrauchers dieser Waren abzustellen (EuGH, GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2). Werden rein beschreibende Begriffe zu einem einzigen zusammengesetzt, so bleibt der Gesamtbegriff ungeachtet des Vorliegens einer Wortneuschöpfung von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sich durch die Wortkombination kein über den bloß beschreibenden Inhalts jedes einzelnen Wortbestandteils hinausgehender weitergehender Sinngehalt ergibt (EuGH GRUR 2004, 680, 682, EG 43 - biomild).

So liegt der Fall hier aber nicht. Zwar wird "Europe", worauf die Markenstelle zutreffend hingewiesen hat, für sich besehen als geografischer Begriff und in Verbindung mit "strong" zutreffend als "starkes Europa" verstanden. Abweichend von dem angegriffenen Beschluss ist der Senat jedoch der Auffassung, dass die Annahme, der Verkehr verstehe die angemeldete Wortfolge als rein geografisch zu verstehendes Merkmal über die Herkunft der Waren, eher fernliegend ist. Denn die Wortfolge weist, was auch die Markenstelle herausgestellt hat, deutlich erkennbar einen werbenden Überschuss im Hinblick auf ein "starkes" Produkt auf. Diese werbliche Anpreisung führt aber von dem Verständnis als rein sachlich aufzufassende Angabe über einen denkbaren Produktionsort innerhalb Europas weg. Der werbliche Überschuss dieser schlagwortartigen Aussage als solches steht der Zuerkennung einer gewissen Unterscheidungskraft der angemeldeten Wortmarke auch nicht entgegen, denn die Identifizierungsfunktion der Marke einerseits und die Werbewirkung andererseits schließen sich nicht aus (BGH GRUR 1999, 1093, 1095 - FOR YOU; GRUR 2002, 1150 - LOOK; GRUR 2005, 257, 258 - Bürogebäude; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 153 m.w.N.), Es handelt sich bei der angemeldeten Wortfolge auch nicht um einen glatt beschreibenden Begriff für die hier zu beurteilenden Waren der Klassen 9 und 11. "STRONG EUROPE" weist für Geräte und Vorrichtungen zur Projektion von Film, Bild und Ton sowie für Beleuchtungsmittel und -produkte, nämlich Spotlights, UV-Lampen und Scheinwerfer, weder eine Beschaffenheits- noch eine Bestimmungsangabe auf (vgl. auch "Europe Plus" als Wortmarke für Waren und Dienstleistungen der Klasse 38: BPatG - 29 W (pat) 295/99 - veröffentlich auf der PAVIS-CD-ROM). Der Begriff "Strong Europe" ist vielmehr - bis auf die erwähnte Anpreisung im Hinblick auf die genannten Waren - für deren Beschaffenheit oder Bestimmungszweck nichts sagend und die Anpreisung in Bezug auf die damit gekennzeichneten Waren bzw. deren Eigenschaften nicht derart konkretisiert, dass sie der Verkehr nur noch als solche und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft versteht. Ein derartiges Verständnis der angemeldeten Wortfolge dürfte auch der Grund für die Eintragung der Marke zugunsten der Anmelderin mit jeweils als identisch bzw. als in Bezug auf die beanspruchten Waren noch weitergehenden Warenverzeichnissen auch in Großbritannien und Frankreich gewesen sein. Diese Tatsache ist zwar lediglich als Indiz für die Schutzfähigkeit der Marke in Deutschland anzusehen. Vorliegend spricht dieses Indiz jedoch für die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung, nämlich dass die Marke für die angemeldeten Waren auch im internationalen Sprachraum von ihrem Sinngehalt uneindeutig und vage bleibt und daher als Identifikationsmittel in Bezug auf den Hersteller geeignet ist.

Ein Freihaltebedürfnis, die der Schutzgewährung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen würde, ist nach alledem ebenfalls nicht ersichtlich.

Dr. van Raden Schwarz Prietzel-Funk Na






BPatG:
Beschluss v. 26.04.2005
Az: 27 W (pat) 33/04


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