Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht:
Beschluss vom 19. Juli 2002
Aktenzeichen: 1 KN 622/01

(Niedersächsisches OVG: Beschluss v. 19.07.2002, Az.: 1 KN 622/01)

Gründe

Die Antragsteller wenden sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 2. April 2002, soweit darin Reisekosten für eine Fahrt mit der Deutschen Bahn AG zwischen Hannover und Lüneburg mit der 1. statt der 2. Wagenklasse und zwei Taxifahrten zwischen dem Bahnhof Lüneburg und dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht abgerechnet worden sind. Die Antragsteller machen unter anderem geltend, die Benutzung eines Taxis sei unnötig gewesen, eine Fahrt mit der 2. Wagenklasse der Deutschen Bahn AG ausreichend und beide Kostenpositionen nicht belegt worden. Die entsprechenden Beträge müssten zudem um die Mehrwertsteuer bereinigt werden, weil diese nicht zweimal anfallen könne.

Der rechtzeitig gestellte und auch im Übrigen zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat nur zum Teil Erfolg. Nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 BRAGO sind als Fahrtkosten und damit notwendige Auslagen im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO zu erstatten bei Benutzung anderer Verkehrsmittel als dem eigenen Kraftfahrzeug die tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie angemessen sind. Dazu zählen auch die Kosten für die Benutzung eines Zuges der Deutschen Bahn AG. Einem Rechtsanwalt ist es nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. insbesondere Beschl. v. 26.9.2001 - 1 K 2185/99 -, V. n. b.; dieser Beschluss betraf dieselben Beteiligten wie in diesem Verfahren) gestattet, die 1. Wagenklasse zu benutzen; hieran hält der Senat fest. Gleichwohl kann die Antragsgegnerin in diesem Falle nicht die Erstattung von Kosten der 1., sondern nur diejenigen Kosten verlangen, welche für die Benutzung der 2. Wagenklasse entstehen. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 28 Abs. 2 Nr. 2 BRAGO (vgl. auch Gerold/Schmidt/ v. Eicken/Madert, BRAGO-Kommentar, § 28 Rdn. 20) können nur die tatsächlich entstandenen Aufwendungen (im Rahmen der Angemessenheit) erstattet verlangt werden. Ein Rechtsanwalt darf die 1. Wagenklasse der Deutschen Bahn AG benutzen, er muss es aber nicht tun und kann dementsprechend nur die 2. Wagenklasse abrechnen, wenn er den Gebrauch der 1. nicht (ausreichend) nachweist. Letzteres ist hier zu Lasten der Antragsgegnerin der Fall. Selbst wenn die für die Sitzung vom 22. Februar 2002 erstandene DB-Fahrkarte - wie die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 7. Mai 2002 geltend machen - schon jetzt beim Steuerberater sein sollte, wäre es während der Dauer des Erinnerungsverfahrens möglich gewesen, bei diesem zumindest eine Ablichtung der Karte und der Platzkarte - auch deren Notwendigkeit und Erstehung rechtfertigt sich nicht von selbst - zu erbitten und einzureichen. Das ist nicht geschehen. Dazu bestand deshalb triftiger Anlass, weil sich die Antragsteller hinsichtlich dieses Kostenpunktes auf ein bloßes Bestreiten beschränken durften. In welcher Höhe diese Aufwendungen entstanden sind, liegt allein in der Sphäre der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin. Die Behauptung, die Fahrtkosten (dieser Angriff richtet sich inhaltlich auch gegen die Kosten für die Platzkarte) seien nicht in dieser Höhe angefallen, ist auch nicht aus der Luft gegriffen. Sie ist einerseits bei verständiger Würdigung des Erinnerungsvortrages nicht dahin auszulegen, der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin habe einen Zug der Bahn überhaupt nicht benutzt. Denn eine Fahrt zwischen Hannover und Lüneburg ist nicht ernstlich zu bestreiten; in Betracht kämen daher dann nur deutlich höhere Kosten nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 BRAGO, falls das Kraftfahrzeug benutzt worden wäre. Andererseits liegt es nicht außerhalb des typischen Geschehensablaufes, dass in diesem Fall die Fahrt nicht mit einer Fahrkarte für die 1., sondern nur einer für die 2. Wagenklasse durchgeführt worden ist. Das hat zur Folge, dass die Kosten für die Platzkarte überhaupt nicht und die Reisekosten nur nach der 2. Wagenklasse erstattet werden können/müssen.

Die Kosten für die Taxifahrten zwischen dem Bahnhof Lüneburg und dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht sind hingegen (grundsätzlich) vollen Umfangs einzuberechnen. Angesichts der Anfangszeit der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2002 (9.15 Uhr) und der Ankunftszeit des Interregios (8.57 Uhr) ist es den Verfahrensbevollmächtigten nicht zuzumuten gewesen, auf andere Weise als durch Benutzung eines Taxis das Oberverwaltungsgericht zu erreichen. Dasselbe gilt für die Rückfahrt. Es entspricht der Übung und ist vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin auch ausreichend anwaltlich versichert worden, dass Anwälte schon wegen der mitzuführenden Akten und sonstigen Gegenstände wie namentlich Robe auch für den Weg zum Bahnhof die Droschke benutzen. Insoweit liegt der Sachverhalt anders als hinsichtlich der gewählten Wagenklasse und durften sich die Antragsteller nicht auf eine bloße Behauptung beschränken. Denn zu genauerer Darlegung, insbesondere zur Vorlage der Taxirechnung waren die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin nur verpflichtet, wenn die Antragsteller einen Sachverhalt plausibel vorgetragen hätten, aus dem sich die Nichtbenutzung eines Taxis (dessen Gebrauch ist bei Rechtsanwälten in der Regel - und auch hier - angemessen im Sinne des § 28 Abs. 2 Nr. 2 BRAGO) ergeben hätte. Das fehlt. Die Höhe der geltend gemachten Taxikosten (10,56 ¤) entspricht der Üblichkeit; Anhaltspunkte für einen übersetzten Preis haben die Antragsteller substantiiert nicht geltend zu machen vermocht.

Allerdings sind die Fahrtkosten für die Zugfahrt (2 x 18,20 ¤) um die Mehrwertsteuer zu bereinigen, weil Rechtsanwälte vorsteuerabzugsberechtigt sind (vgl. VG Bayreuth, Beschl. v. 12.6.1998 - B 2 K 93.4 -, BayVBl. 1998, 765; BW VGH, Beschl. v. 28.2.1995 - 1 S 3/95 -, NVwZ-RR 1996, 238). Allerdings ist auf den sich aus der Summe von Rechtsanwaltsgebühren und Nebenforderungen einschließlich der um die Mehrwertsteuer verringerten Fahrtkosten ergebende Betrag insgesamt die Mehrwertsteuer von 16 v.H. zu entrichten (vgl. LG Berlin, Beschl. v. 14.6.1999 - 510 Qs 43/99 -, JurBüro 1999, 526 = KostRspr. § 28 BRAGO Nr. 9).

Danach ergibt sich folgende Berechnung: Zwei Rechtsanwaltsgebühren à 628,12 ¤ zuzüglich Pauschale nach § 26 BRAGO in Höhe von 20,45 ¤ zuzüglich Fahrtkosten von 31,38 ¤ für die Deutsche Bahn AG (der Nettopreis beträgt 15,69 ¤ bei einem Bruttopreis von 18,20 ¤ - einfache Fahrt) zuzüglich 30,68 ¤ Tage- und Abwesenheitsgeld sowie 10,56 ¤ für die Taxe das ist schon der um die Mehrwertsteuer verminderte Betrag. Auf die sich hieraus ergebende Zwischensumme von 1.349,31 ¤ sind 16 v.H. Mehrwertsteuer zu entrichten mit der Folge, dass die insgesamt von den Antragstellern an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten 1.565,20 ¤ betragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 letzte Alternative VwGO. Der Streitwert ergibt sich aus § 13 Abs. 2 GKG und besteht aus der Summe der Taxikosten in Höhe von 10,56 ¤ zuzüglich der Differenz zwischen der 1. und der 2. Wagenklasse.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 2 GKG).






Niedersächsisches OVG:
Beschluss v. 19.07.2002
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