Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Februar 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 119/04

(BPatG: Beschluss v. 15.02.2005, Az.: 27 W (pat) 119/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 17. Februar 2004 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch den angegriffenen Beschluss der Marke IR 770 528 SmartBasefür

"Copying machines; facsimile machines; image scanners; printers for use with computers; multifunctional imaging equipment with functions of copying machine, facsimile machine, printer und scanner"

den von der Markeninhaberin begehrten Schutz in der Bundesrepublik Deutschland versagt. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, der Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Marke bestehe erkennbar aus den Bestandteilen "smart" und "base". Beide stammten aus dem englischen Grundwortschatz und bedeuteten "schlau, clever" bzw. "Basis, Grundlage". Das Zeichen bedeute daher "clevere Basis". Der interessierte Verkehr, dem der Sinngehalt der Marke bekannt sei, verstehe sie in Bezug auf die beanspruchten Waren allein dahin, dass diese eine clevere Basis für die zu erledigenden Arbeiten darstellten. Andere Bedeutungsgehalte, selbst wenn sie denkbar seien, seien fern liegend. Die Tatsache der Voreintragung der Marke habe allenfalls Indiz-, aber keine Bindungswirkung. Ob ein Versagungsgrund nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 oder Nr. 3 MarkenG vorliege, könne dahingestellt bleiben.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Zur Begründung führt sie aus, das Markenwort "SmartBase" habe einen vagen, mehrdeutigen Sinngehalt. Die Kombination der beiden Worte sei kontrastreich, habe Phantasieüberschuss und rege zum Nachdenken an. Denn das Wort "smart" habe insgesamt vielfältige positiv wertende und schillernde Bedeutungen (schmuck, fein, flott, gepflegt, clever, schlau, gewitzt, rasch, schnell, fix), während das Wort "base" (Basis, Unterlage, Sockel, Grundbestandteil, Ausgangspunkt, Grundlage, Militärstützpunkt, Lauge/Base, Grundlinie, Wortstamm) bedeuten könne.

Die Markeninhaberin beantragt, den angegriffenen Beschluss aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, weil er der Marke nach Art. 6 quinquies Abschnitt B Nr. 2 PVÜ, Art. 5 Abs. 1 MMA, §§ 107, 113 Abs. 1, 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. MarkenG den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland zu Unrecht versagt. Die Marke "SmartBase" ist für die in Anspruch genommenen Waren unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG.

Zutreffend ist die Markenstelle zunächst davon ausgegangen, dass eine Marke die erforderliche Unterscheidungskraft besitzt, wenn sie geeignet ist, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (stdg. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 70 m.w.N.). Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist einerseits auf die in Anspruch genommenen Waren, andererseits auf die vermutete Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittverbrauchers dieser Waren abzustellen (EuGH, GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2).

Werden zwei (oder gar mehrere) rein beschreibende Begriffe zu einem einzigen zusammengesetzt, so bleibt der Gesamtbegriff ungeachtet des Vorliegens einer Wortneuschöpfung von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sich durch die Wortkombination kein über den bloß beschreibenden Inhalts jedes einzelnen Wortbestanteils hinausgehender weitergehender Sinngehalt ergibt (EuGH GRUR 2004, 680, 682, EG 43 - biomild)

Nach diesen Grundsätzen kann der Marke entgegen der Auffassung der Markenstelle die erforderliche Unterscheidungskraft für sämtliche beanspruchten Waren nicht abgesprochen werden. Die Marke ist eine Wortneuschöpfung, die lexikalisch nicht nachweisbar ist und bei Recherchen im Internet einzig auf die Produkte der Markeninhaberin hinweist. Zutreffend ist zwar, dass "smart" von den angesprochenen Verkehrskreisen - das ist vorliegend die Allgemeinheit der Verbraucher - gerade in Verbindung mit Waren aus der Elektronikbranche im Sinne einer gerätetechnischen Intelligenz verstanden wird. Denn in dieser Hinsicht wird das Wort vielfach in der Werbung eingesetzt und dem Verbraucher dadurch nahe gebracht. Jedoch ist das Wort "base" vieldeutig und ist dem Verkehr allenfalls in Verbindung mit "data-" (database) geläufig. Im Bereich der Computer und deren Peripheriegeräten hat das Wort jedoch keine eigenständige Bedeutung, es ist insbesondere in keinem der einschlägigen Computer- bzw. IT-Lexika nachweisbar. Selbst wenn der angesprochene Verkehr, wie die Markenstelle angenommen hat, das Markenwort mit "intelligente Basis" übersetzt, bleibt der Sinngehalt vage und konturenlos. Die in Anspruch genommenen Waren (Drucker, Scanner, Kopiergeräte) können Peripheriegeräte sein, die jedoch im Allgemeinen nicht als Basis, sondern allenfalls als Zubehör bezeichnet und aufgefasst werden. Selbst bei von Zentraleinheiten unabhängigen Scannern, Druckern und Kopiermaschinen ist die Bezeichnung "SmartBase" ungewöhnlich, denn auch solche Waren werden im alltäglichen Sprachgebrauch nicht als Basis bezeichnet. Zwar ist durchaus denkbar, dass der Verkehr annimmt, er könne die in Anspruch genommenen Drucker und Scanner als "clevere Arbeitsgrundlage für die zu erledigenden Aufgaben" benutzen, wie die Markenstelle angenommen hat. Für ein solches Verständnis ist jedoch ein interpretierender Gedankenschritt notwendig, den der Verbraucher in aller Regel nicht vornimmt, wenn ihm eine Marke begegnet. Die Möglichkeit eines solchen Verständnisses spricht also nicht gegen die Annahme der Unterscheidungskraft.

Die Tatsache, dass die identische Marke der Anmelderin in Großbritannien als eintragungsfähig angesehen worden ist, ist zwar, worauf die Markenstelle zutreffend hingewiesen hat, lediglich als Indiz für die Schutzfähigkeit der Marke in Deutschland anzusehen. Vorliegend spricht dieses Indiz jedoch für die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung, nämlich dass die Marke selbst in einem englischsprachigen Land offenbar nicht als eindeutig beschreibend angesehen wird, sie vielmehr eher uneindeutig und vage bleibt und daher als Herkunftshinweis geeignet ist.

Ein Freihaltebedürfnis, die der Schutzgewährung nach § 8 Abs.2 Nr.2 MarkenG entgegenstehen würde, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Soweit die Markenstelle auch § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG als Schutzhindernis ins Auge gefasst hat, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis, weil, wie bereits ausgeführt, nicht ersichtlich ist, dass die hier beanspruchten Waren üblicherweise als "SmartBase" bezeichnet werden.

Dr. van Raden Schwarz Prietzel-Funk Na






BPatG:
Beschluss v. 15.02.2005
Az: 27 W (pat) 119/04


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