Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Juni 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 36/03

(BPatG: Beschluss v. 08.06.2005, Az.: 32 W (pat) 36/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 27. November 2002 insoweit aufgehoben, als die Eintragung versagt worden ist.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarke Tipp24 hat die Markenstelle für Klasse 41 mit Beschluss vom 27. November 2002, zugestellt am 2. Dezember 2002, teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen

"Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften oder Zeitungen; Lotteriespiele; Beratung in wirtschaftlicher [gegenüber "wissenschaftlicher" korrigierte Fassung] und/oder organisatorischer Hinsicht von Lotterie-, Geld- oder Glücksspielern; Organisation von Lotterien und anderen Geld- und Glückspielen; Ermöglichen der Teilnahme an Lotterien und anderen Geld- und Glücksspielen durch Anbieten eines über Telekommunikations- oder Computernetzwerke sowie andere interaktive Medien zugänglichen Systems zur Abgabe von Teilnahmeerklärungen; Verteilung von Lotterielosen und sonstigen Teilnehmerunterlagen; [Strichpunkt = korrigierte Fassung] Telekommunikation, insbesondere die Verbreitung von Daten über Computernetzwerke, insbesondere das Internet; Dienstleistungen eines Online-Anbieters, nämlich Sammeln, Bereitstellen und Übermitteln von Informationen, Texten, Bildern, Zeichnungen und Tönen, insbesondere im Internet; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung", zurückgewiesen. Dies ist damit begründet, die Marke sei nicht unterscheidungskräftig. Darüber hinaus bestehe ein Freihaltebedürfnis.

Dagegen hat die Markeninhaberin am 30. Dezember 2002 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, "Tipp" sei nicht beschreibend für Glücksspiele bzw. die Vermittlung von Wett- und Spielmöglichkeiten (Internet-Portal). "Tipp" sei mehrdeutig - selbst im Zusammenhang mit Wetten, weil es sich auch hier um Ratschläge, etwa für Wettstrategien, handeln könnte. Neben diesem unklaren Begriff bedeute "24" nicht generell "rund um die Uhr".

Sie beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 vom 27. November 2002 aufzuheben.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Anmelderin Bezug genommen; wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.

II.

1) Die Beschwerde ist statthaft (§ 165 Abs. 4 MarkenG), weil sie vor dem 31. Dezember 2004 erhoben wurde, und auch sonst zulässig.

Durch die Umwandlung und Umbenennung hat die ursprüngliche Anmelderin ihre Prozessfähigkeit verloren. Der Antrag auf Umschreibung beim DPMA ist als Anzeige zur Wiederaufnahme des Verfahrens durch die Rechtsnachfolgerin i.S.d. § 250 ZPO aufzufassen.

2) In der Sache hat die Beschwerde Erfolg, weil die Bezeichnung "Tipp24" auch für die von der Markenstelle versagten Waren und Dienstleistungen nicht freihaltungsbedürftig ist und über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft verfügt.

a) Einer Registrierung steht insoweit das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht entgegen.

Danach sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Bestimmung, der geographischen Herkunft oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale dienen können (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE).

Selbst für Waren und Dienstleistungen, die in Zusammenhang mit Wetten und Spielen stehen, ist "Tipp" aber nicht eindeutig beschreibend, denn die angesprochenen Verbraucher verstehen es sowohl im Sinn von Abgeben eines Wettscheines, von Hinweisen auf wahrscheinliche Ergebnisse, von Ratschlägen zu Wettstrategien u. ä..

Der weitere Markenbestandteil "24" ist neben einer Bezeichnung mit so unterschiedlichen Bedeutungen kein eindeutiger Hinweis darauf, dass die mit der Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen ganztätig, d. h. rund um die Uhr, erhältlich bzw. verfügbar sind.

Dies gilt sogar für Wetten, Lotterien und ähnliche Angebote; dabei weisen Ziffern nämlich oft auf den Wett-Modus hin, wie "6 AUS 49", "SUPER6" und "11ER WETTE", oder sie geben keinen auf Anhieb erkennbaren Sinn, wie in "SPIEL77".

Es besteht insoweit ein entscheidungserheblicher Unterschied zwischen "Tipp 24" im Ganzen und der bloßen Summe seiner Bestandteile "Tipp" und "24". Hier verbinden sich zwei Angaben zu einer Aussage, die nicht mehr glatt beschreibend ist.

Anders war dies bei SURF24, BEAUTY 24 und ANTIQUES 24 (BPatG, Beschlüsse vom 24. Juni 2003, Az: 24 W (pat) 126/02, vom 19. September 2002, Az: 25 W (pat) 207/01 und vom 8. Juni 2004, Az: 33 W (pat) 173/02; vgl. auch HABM vom 5. Juni 2003, R0619/01-2 - MALL 24; LG Köln, Magazindienst 2001, 648 - LOTTO24.DE / LOTTO; BPatG Beschlüsse vom 19. September 2002, Az: 25 W (pat) 280/01 - ALARM 24; vom 7. Juli 2004, Az: 29 W (pat) 262/02 - AUS-KUNFT 24; vom 14. Januar 2004, Az: 29 W (pat) 251/03 - DRUCK DISCOUNT 24.DE; vom 25. Mai 2004, Az: 33 W (pat) 159/03 - 24:IPO / 24IP; vom 16. März 2005, AZ: 26 W (pat) 8 und 9/02 - CHARTERFLUG24 bzw. REISEBUCHUNG24), wo keine anderen Bezüge zwischen der Zahl 24 und den beschriebenen Waren und Dienstleistungen erörtert wurden.

b) Die Bezeichnung "Tipp24" entbehrt für die noch strittigen Waren und Dienstleistungen auch nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung als Unterscheidungsmittel für die erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen. Bei der Beurteilung ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen. Hat eine Marke keinen für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt und handelt es sich bei ihr auch sonst nicht um gebräuchliche Begriffe der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, welche die Verbraucher - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen, so fehlt ihr nicht jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE).

Dass insoweit keine beschreibende Aussage vorliegt, wurde oben ausgeführt.

"Tipp24" ist aber auch nicht als üblicher Begriff feststellbar, den die angesprochenen Verbraucher nicht als eine von der Ware bzw. vom Gegenstand der Dienstleistung losgelöste Kennzeichnung verstehen (vgl. BGH MarkenR 2001, 368 - GUTE ZEITEN/SCHLECHTE ZEITEN; EuG GRUR Int. 2001, 864 - CINE COMEDY). Die Bezeichnung ist somit geeignet, einen Hinweis auf die Herkunft eines derart benannten Angebots von einem bestimmten (einzelnen) Anbieter zu geben.

Dies gilt in besonderem Maße für Druckereierzeugnisse, weil für in dieser Form vorliegende Lose und Wettscheine die ständige Verfügbarkeit keine Eigenschaft ist, die der Verbraucher als beschrieben erwartet. Entsprechendes gilt für die Dienstleistungen Organisation, Beratung, Telekommunikation und das Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung. Solche Dienstleistungen sind allenfalls für Anbieter von Wetten und nicht für die Endkunden (Teilnehmer) bestimmt. Die Tätigkeit des Dienstleisters wird dabei nicht mit Bezeichnungen beschrieben, die ein mögliches Objekt der Dienstleistung beschreiben könnten, wenn die Dienstleistungen - wie hier - nicht auf vorgegebene Objekte technisch oder sonst beschränkt sind.

Viereck Kruppa Dr. Albrecht Hu






BPatG:
Beschluss v. 08.06.2005
Az: 32 W (pat) 36/03


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