Amtsgericht Kassel:
Urteil vom 15. August 2013
Aktenzeichen: 435 C 4513/12

(AG Kassel: Urteil v. 15.08.2013, Az.: 435 C 4513/12)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dem vorliegenden Fall wurde die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits muss die Klägerin tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin hatte Ansprüche aus einem Telekommunikationsdienstleistungsvertrag abgetreten. Es wurde darüber gestritten, ob diese Abtretung wirksam war oder nicht. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die behauptete Abtretung der Klägerin aus datenschutzrechtlichen Gründen unwirksam ist.

Nach § 97 Abs. 1 Satz 3 TKG darf ein Diensteanbieter die Daten über den Telekommunikationsanschluss nur übermitteln, soweit dies für die Rechnungserstellung und den Einzug des Entgelts erforderlich ist. Die Verarbeitung dieser Daten durch den Zessionar, also die Klägerin, muss im Auftrag des Zedenten, also des Diensteanbieters, erfolgen. Es müssen klare Vereinbarungen darüber getroffen werden, welche Daten übermittelt werden und wie sie verarbeitet werden. Fehlen diese Regelungen, ist die Abtretung aus datenschutzrechtlichen Gründen ungültig.

Im vorliegenden Fall genügte die behauptete Abtretung diesen Anforderungen nicht. Es gab keine schriftliche Abtretungsvereinbarung, die diese Problematik regelte. Das Gericht folgte dabei den Ausführungen des Bundesgerichtshofs, wonach die erforderlichen Regelungen schriftlich fixiert werden müssen, um dem Schutzzweck zu genügen. Eine mündliche Vereinbarung, die durch Zeugen bestätigt werden könnte, reicht nicht aus.

Deshalb wies das Gericht auch den Beweisantritt der Klägerin zurück, Zeugen zu vernehmen. Im Falle einer fehlenden schriftlichen vertraglichen Regelung könnte sich die Klägerin eventuellen Vorgaben des Diensteanbieters entziehen und der Verbraucher wäre schutzlos gestellt. Diese Unsicherheit allein reicht aus, um die Abtretungsvereinbarung unwirksam zu machen.

Daher war die Klage abzuweisen. Das Gericht sieht auch keine Notwendigkeit, der Klägerin weitere Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Die Problematik ergibt sich bereits aus der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den entsprechenden §en der Zivilprozessordnung. Der Streitwert wird auf 270,09€ festgesetzt.

Dies ist eine Zusammenfassung der Entscheidung des Amtsgerichts Kassel vom 15. August 2013 (Aktenzeichen 435 C 4513/12).




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

AG Kassel: Urteil v. 15.08.2013, Az: 435 C 4513/12


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung wird abgesehen gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1ZPO.

Gründe

Die Klage führt nicht zum Erfolg.

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht der Zahlung von Entgelten aufgrund eines Telekommunikationsdienstleistungsvertrages.

Der Streit der Parteien, ob diese Abtretung überhaupt erfolgte oder nicht, bedarf deswegen keiner Entscheidung, weil die klägerseits behauptete Abtretung rechtsunwirksam ist.

Nach § 97 Abs. 1 S. 3 TKG darf ein Diensteanbieter - wie es die Zedentin der Klägerin ist - die Daten über den Telekommunikationsanschluss übermitteln, soweit dies zur Rechnungserstellung und zum Einzug des Entgelts erforderlich ist.Die Auslegung dieses Erlaubnistatbestandes ist dabei durch Art. 6Abs. 2, 5 der EU-Richtlinie 2002/58 vorgezeichnet. Dies bedeutet,dass die Datenverarbeitung durch den Zessionar (hier: die Klägerin)nach Weisung des Zedenten, d.h. des Diensteanbieters, zu erfolgen hat und sich die Verarbeitung auf diejenigen Verkehrsdaten beschränkt, die für die Einziehung der abgetretenen Forderung erforderlich sind. Dies bedeutet, dass der Diensteanbieter, der Zedent, die weitere Datenverarbeitung beim Zessionar unter Kontrolle haben und geklärt sein muss, welche Datenmengen übermittelt werden und wie diese zu verarbeiten sind. Die hierzu erforderlichen Regelungen sind deswegen im Verhältnis zwischen Diensteanbieter und Inkassounternehmen (Zessionar) ausdrücklich zu regeln. Fehlt es daran, so kann die Zession letztlich aus datenschutzrechtlichen Gründen keinen Bestand haben (zum Ganzen BGH, Urteil vom 07.02.2013 € III ZR 201/11, zit. n. juris,dort insb. Rn. 19 -24, auch zur Frage der inhaltlichen Anforderungen der zu treffenden Vereinbarungen).

Diesen Maßstäben genügt die hier vorgetragene Abtretung nicht.So steht bereits in Frage, ob es überhaupt eine originäre Abtretungsvereinbarung zwischen der Zedentin und der Klägerin gegeben hat. Die Klägerin präsentiert hierzu eine schriftliche Bestätigung der Forderungsabtretung mit dem Unterzeichnungsdatum 09.11.2012. Diese enthält zu der oben geschilderten Problematik überhaupt keine Regelungen. Zudem deutet das Unterzeichnungsdatum weit nach Einleitung des hiesigen Verfahrens (der Mahnantrag datiert vom 21.05.2012) darauf hin, dass es zuvor überhaupt keine schriftliche Abtretungsvereinbarung gegeben hatte.

Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs, denen sich das erkennende Gericht anschließt, sind jedoch so zu verstehen, dass die erforderlichen Regelungen nicht lediglich mündlich getroffen werden können, sondern einer schriftlichen Fixierung bedürfen, um dem Schutzzweck zu genügen. Deswegen brauchte das erkennende Gericht auch nicht dem zwischenzeitlich angebotenen Beweisantritt der Vernehmung von Zeugen nachzugehen. Denn eine lediglich mündliche Vereinbarung, die durch Zeugen bestätigt werden könnte,reicht deswegen nicht aus, weil sich die Klägerin möglicherweise ohne weiteres etwaigen Vorgaben der Zedentin im Sinne der Ausführungen des Bundesgerichtshofes entziehen könnte, wenn es an einer schriftlichen verbindlichen vertraglichen Regelung fehlt.Dies wiederum hätte zur Folge, dass der zu schützende Verbraucher dann doch wieder schutzlos gestellt würde, weil eine an sich von Seiten des jeweiligen Zedenten beabsichtigte Regelung doch nicht in der Praxis eingehalten werden könnte. Die daraus folgende Unsicherheit genügt auch dann, wenn sie sich tatsächlich im konkreten Fall nicht umsetzt, um zur Unwirksamkeit der Abtretungsvereinbarung zu gelangen.

Vor dem Hintergrund dieser Ausführung nötigt auch der Schriftsatz der Beklagten vom 31.07.2013 nicht dazu, der Klägerin eine weitere Äußerungsmöglichkeit einzuräumen. Die Problematik ergibt sich ohne weiteres aus der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofes, auf die das erkennende Gericht bereits mit Beschluss vom 21.05.2013 hingewiesen hatte. Das Gericht kann deswegen unterstellen, dass die Klägerin bereits hinreichend vorgetragen hat.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11,711, 713 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 270,09 € festgesetzt.






AG Kassel:
Urteil v. 15.08.2013
Az: 435 C 4513/12


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/dc6a185df22b/AG-Kassel_Urteil_vom_15-August-2013_Az_435-C-4513-12




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share