Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Januar 2011
Aktenzeichen: 27 W (pat) 7/10

(BPatG: Beschluss v. 11.01.2011, Az.: 27 W (pat) 7/10)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 3. Mai 2005 angemeldete Wort-/Bildmarkeist am 24. November 2005 unter der Nr. 305 26 035 u. a. für die Waren und Dienstleistungen

"Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (Plakate), soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse (Bierdeckel, Briefpapier, Eintrittskarten, Farbdrucke); Buchbindeartikel; Papierund Schreibwaren; Büroartikel, ausgenommen Möbel; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Veröffentlichungen (Schriften); Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Betrieb einer Diskothek; Betrieb eines Clubs (Unterhaltung); Betrieb von Nachtclubs; Desktop-Publishing (Erstellen von Publikationen mit dem Computer); Dienste von Unterhaltungskünstlern; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Dienstleistungen eines Verlages, ausgenommen Druckarbeiten; Dienstleistungen eines Zeitungsreporters; Erstellen von Bildreportagen; Filmproduktion; Filmverleih; Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte; Herausgabe von Verlagsund Druckereierzeugnissen in elektrischer Form, auch im Internet; Herausgabe von Zeitschriften und Büchern auch in elektronischer Form, auch im Internet; Produktion von Shows; Veranstaltung von Unterhaltungsshows; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Betrieb einer Bar; Betrieb von Feriencamps; Betrieb von Hotels; Betrieb von Motels; Catering; Verpflegung von Gästen in Cafes, in Cafeterias, in Kantinen, Restaurants und Gaststätten; Verpflegung von Gästen in Schnellimbissrestaurants und in Selbstbedienungsrestaurants; Zimmerreservierung und Zimmervermittlung (Hotels, Pensionen)"

in das Markenregister des Deutschen Patentund Markenamts eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 30. Dezember 2005.

Widerspruch erhoben wurde aus der am 14. Mai 1997 angemeldeten Wort-/Bildmarke 397 22 460 (Widerspruchsverfahren abgeschlossen am 5. Januar 2000)

die u. a. für die Waren und Dienstleistungen

"Druckschriften, Zeitungen, Zeitschriften, Bücher; Werbung und Werbemittlung für gesunde Lebensweise, Beherbergung und Verpflegung von Gästen, Freizeitgestaltung"

Schutz genießt. Der Widerspruch vom 29. März 2006 wird auf die vorgenannten Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke gestützt und richtet sich gegen die vorgenannten Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke.

Mit Erstbeschluss vom 16. November 2007 hat die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patentund Markenamts den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Das ist damit begründet, den erforderlichen Abstand halte die angegriffene Marke aufgrund der in der Widerspruchsmarke nicht vorhandenen Wortbestandteile "Jenseits von" ein. Die angegriffene Marke werde nicht von dem Bestandteil "Eden" geprägt.

Die dagegen eingelegte Erinnerung hat die Markenstelle mit Beschluss vom 23. Oktober 2009 zurückgewiesen. Auch die Erinnerungsprüferin hält die Marken für nicht verwechselbar. Sie hat dazu ausgeführt, ausgehend von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und teilweiser Warenund Dienstleistungsidentität bzw. -ähnlichkeit werde der erforderliche Markenabstand wegen der nur in der jüngeren Marke vorhandenen Wortbestandteile "Jenseits von" eingehalten. Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke werde nicht durch das Wort "Eden" geprägt, da die Wortfolge "Jenseits von Eden" eine geschlossene Gesamtaussage darstelle. Daran scheitere auch die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Serienmarke. Im Übrigen weiche die Wort-/Bildmarke der Widersprechenden durch ihre auffällige graphische Gestaltung deutlich von der angegriffenen Marke ab.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält die Marken für unmittelbar und mittelbar verwechselbar. Zur Begründung der phonetischen Ähnlichkeit trägt sie vor, der zusätzliche Bestandteil "Jenseits von" beziehe sich allein auf den übereinstimmenden Bestandteil "Eden". Semantisch werde der Verbraucher durch das Verhältniswort "von" auf das Kernwort "Eden" gelenkt. Dieses stehe im Fokus. "Jenseits von Eden" stelle keinen eigenständigen Gesamtbegriff dar.

Auf jeden Fall sei von einer mittelbaren Verwechslungsgefahr bzw. einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne auszugehen, da die Beschwerdeführerin Inhaberin einer Vielzahl von Markenrechten sei, welche den Bestandteil "Eden" aufwiesen und für Druckereierzeugnisse und kulturelle Dienstleistungen registriert seien. Die Widersprechende verweist hierzu u. a. auf vier für sie eingetragene Wort-/Bildmarken mit dem Bestandteil "Eden".

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle vom 16. November 2007 und vom 23. Oktober 2009 aufzuheben und die Marke 305 26 035 im angegriffenen Umfang zu löschen.

Die Markeninhaberin hat keinen Antrag gestellt. Sie hat unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren lediglich darauf hingewiesen, dass die Parteien ein unterschiedliches Gewerbe betrieben.

II.

1.

Nachdem die Widersprechende ihren zunächst gestellten Hilfsantrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen und der Senat diese auch nicht für geboten hält, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

2.

Die statthafte und zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg; es besteht auch nach Auffassung des Senats keine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von den Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus sind die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und -davon abhängig -der dieser zukommende Schutzumfang in die Betrachtung einzubeziehen. Dabei besteht eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR 2006, 237, 238, Nr. 18 f. -PICASSO; BGH GRUR 2007, 321, 322 -Cohiba). Nach diesen Grundsätzen kann eine Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden.

a) Die Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke "Druckschriften, Zeitungen, Zeitschriften, Bücher; Beherbergung und Verpflegung von Gästen, Freizeitgestaltung" sind mit den angegriffenen Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke teilweise identisch und im Übrigen hochgradig ähnlich.

b) Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen.

c) Den danach erforderlichen deutlichen Abstand halten die Marken ein. In schriftbildlicher Hinsicht scheitert eine Verwechslungsgefahr an den besonderen graphischen Ausgestaltungen der jeweils als Wort-/Bildmarke angemeldeten Marken und den nur in der jüngeren Marke vorhandenen Bestandteilen "Jenseits von".

Auch der klangliche Abstand ist wegen der nur in der jüngeren Marke vorhandenen Bestandteile "Jenseits von" ausreichend. Bei mündlicher Wiedergabe wird man diese Bestandteile nicht weglassen. Der Verbraucher hat hierfür -generell und im vorliegenden Einzelfall -keine ernsthafte Veranlassung, zumal "Jenseits von Eden" eine Gesamtaussage enthält.

Eine Verwechslungsgefahr kann auch im Hinblick darauf nicht aus einer Prägung der angegriffenen Marke durch den gemeinsamen Bestandteil "Eden" abgeleitet werden. Dagegen spricht insbesondere die in der angegriffenen Marke zum Ausdruck kommende Gesamtaussage. Das Publikum wird die Wortfolge "Jenseits von Eden" als zusammengehörige Aussage verstehen. Weite Teile des inländischen Publikums werden bei dieser Wortfolge an den gleichnamigen Roman von John Steinbeck bzw. an dessen bekannte Verfilmung mit James Dean denken. Jene Teile des Publikums, denen das Buch bzw. der Film unbekannt sind, werden der Wortfolge einen Hinweis auf eine Örtlichkeit entnehmen, die sich außerhalb des Paradieses befindet. Dass es sich bei der Wortfolge um eine Gesamtaussage handelt, ergibt sich auch daraus, dass sich die vorangestellten Bestandteile "Jenseits von" auf den nachgestellten Bestandteil "Eden" beziehen und mit diesem eine Einheit bilden.

Die nur in der jüngeren Marke enthaltene Gesamtaussage führt dazu, dass zwischen den Marken entgegen der Auffassung der Widersprechenden keine begriffliche Ähnlichkeit besteht.

d) An der aufgezeigten Gesamtaussage der jüngeren Marke scheitert auch die von der Widersprechenden geltend gemachte mittelbare Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen unter dem Gesichtspunkt einer Serienmarke oder einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn. Hinzu kommt, dass sich die Marke von der Wortbildung und der graphischen Ausgestaltung deutlich von den zugunsten der Widersprechenden geschützten Wort-/Bildmarken unterscheidet, bei denen drei Marken jeweils ein Wappen enthalten.

3. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG besteht kein Anlass.

Dr. Albrecht Kruppa Wernerbr/Me






BPatG:
Beschluss v. 11.01.2011
Az: 27 W (pat) 7/10


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