Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Oktober 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 81/01

(BPatG: Beschluss v. 01.10.2002, Az.: 33 W (pat) 81/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist folgende Wortbildmarkesiehe Abb. 1 am Endefür die Waren und Dienstleistungen

" Klasse 18: Ledergürtel, Lederbekleidung, Handytaschen;

Klasse 25: Bekleidungsstücke;

Klasse 35: Werbung, Klasse 38: Telekommunikation"

zur (schwarz/weißen) Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 18 hat die Anmeldung durch den von einem Mitglied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 14. November 2000 gemäß §§ 8 Abs 2 Nr 1, 37 Abs 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft mit der Begründung zurückgewiesen, unter einem "Schwarzmarkt" verstehe der Verkehr den Verkauf von Waren unter Umgehung gesetzlicher Vorschriften oder üblicher Handelswege. Die angemeldete Marke habe bezüglich der beanspruchten Waren lediglich einen sachbezogenen Inhalt und bezeichne den Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen. Die werbeübliche graphische Gestaltung der Anmeldemarke könne ihre Schutzfähigkeit nicht begründen.

Der Anmelder hat gegen diese Entscheidung des Patentamts Beschwerde eingelegt. Er beantragt, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben, und trägt im Wesentlichen vor, bereits die graphische Gestaltung der angemeldeten Marke sei unterscheidungskräftig. Ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt mit konkretem Bezug zu den Waren und Dienstleistungen sei von der Markenstelle nicht festgestellt worden. Im übrigen gebe es schon Eintragungen von sechs deutschen Wortmarken "Schwarzmarkt", zwei deutschen Bildmarken mit dem Markenwort "schwarzmarkt" und "Schwarz-Markt", einer deutschen Wortmarke "Blackmarket" und einer Gemeinschaftsmarke "Black Market", wie die beigefügte Recherche belege. Mit diesen Voreintragungen habe sich die Markenstelle nur ungenügend auseinandergesetzt, so daß die Zurückverweisung nach § 70 Abs 3 Nr 2 und 3 MarkenG gerechtfertigt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Anmelders wird auf seine Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat dem Anmelder mit Zwischenbescheid vom 30. Juli 2002 einige Ermittlungsunterlagen zur Kenntnisnahme und Stellungnahme übersandt. Hierzu hat sich der Anmelder nicht geäußert.

II Der Senat sieht keine Veranlassung, die Sache an das Patentamt gemäß § 70 Abs 3 Nr 2 MarkenG zurückzuverweisen; insbesondere ist ein Mangel des Verfahrens vor dem Patentamt nicht ersichtlich.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Der Senat folgt im Ergebnis der Beurteilung der Markenstelle des Patentamts, daß der als Wortbildmarke angemeldeten Bezeichnung "Schwarzmarkt" im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Die Markenstelle hat die Anmeldung somit zu Recht gemäß § 37 Abs 1 MarkenG zurückgewiesen.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die konkrete Eignung einer Marke, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, wobei regelmäßig jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht (stRspr vgl BGH GRUR 1999, 1089, 1091 - YES; BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU; BGH GRUR 2002, 816, 817 - BONUS II). Ein Markenwort besitzt jedoch keine Unterscheidungskraft, wenn ihm ein für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder es sich sonst um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl BGH aaO).

Die mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen angesprochenen Verkehrskreise - nicht nur Fachkreise, sondern auch das allgemeine Publikum der Verbraucher - werden die angemeldete Wortbildmarke "Schwarzmarkt" lediglich als Gattungsbegriff einer bestimmten Vertriebsmodalität auffassen - wie beispielsweise auch "Schnäppchenmarkt", "Discountmarkt", "Second-Hand-Markt", "Trödelmarkt", "Flohmarkt" etc -, aber nicht für ein unternehmenskennzeichnendes Unterscheidungsmerkmal halten können. Die Ansicht des Anmelders, die Anmeldemarke stelle keine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG dar, mag zwar teilweise, nämlich für die beanspruchten Waren der Klassen 18 und 25 zutreffen (vgl dazu BGH GRUR 1998, 465, 467 - BONUS; BGH GRUR 1999, 988, 989 f - HOUSE OF BLUES; aber auch BGH GRUR 1993, 746 - Premiere; BGH aaO - FOR YOU), insofern versteht der Verkehr die angemeldete Marke aber dennoch nur in dem eindeutigen Sinngehalt des deutschen Begriffs "Schwarzmarkt" als solchen, der hier anpreisend auf eine besonders preisgünstige Einkaufsmöglichkeit hinweist (vgl dazu BGH BLPMZ 1998, 248 f - Today; BGH aaO - BONUS II). Jedenfalls hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen weist die angemeldete Marke jedoch unmittelbar beschreibend auf den bestimmungsgemäßen gegenständlichen Bereich der "Werbung" und "Telekommunikation" für ein spezielles Marktsegment hin.

Der in der angemeldeten Marke wiedergegebene Ausdruck "Schwarzmarkt" ist ein allgemein üblicher und bekannter deutscher Begriff, der einen illegalen Markt bezeichnet, auf dem unter Umgehung gesetzlicher Vorschriften oder behördlicher Verordnungen Waren gehandelt werden (vgl Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 3. Auflage 1996, S 1368; Gabler, Wirtschafts-Lexikon, 15. Auflage, Bd 4, S 2737 unter "Schwarzmarkt", "Schwarzhandel", Bd 3, S 2463 f unter "Preisfunktionen"; Gabler, Volkswirtschafts-Lexikon, 1996, Bd 2, S 941 unter "Schattenwirtschaft"). Die Gründe der Illegalität des Handels auf Schwarzmärkten können insbesondere in der Art der Waren, deren Handel generell untersagt ist - Rauschgift, menschliche Organe, Falschgeld, Gewaltpornographie etc -, in der Kennzeichnung der Waren - zB bei Kennzeichenverletzung gemäß § 143 MarkenG -, in der Herkunft der Waren - Diebesgut, Hehlerware, Schmuggelware etc -, in der Höhe des Verkaufspreises - bei Wucher oder Mißachtung von Preisfestsetzungen oä - oder in der Art des Handelsplatzes - Verkauf von Arzneimittel außerhalb von Apotheken, Verkauf von Wertpapieren außerhalb offizieller zugelassener Märkte (Börsen) etc - liegen (vgl Gabler, aaO). Das Problem der Schwarzmärkte beschränkt sich keineswegs nur auf (vergangene) Zeiten der Warenknappheit (wie nach den Weltkriegen oder in der DDR), sondern ist unter anderen Bedingungen in vielen Wirtschaftsbereichen nach wie vor aktuell (vgl zB die vorgelegten Ermittlungen des Senats in der Süddeutschen Zeitung (im Jahr 2001) sowie im Internet - Recherche vom 23. Juli 2002).

Dazu zählen jedenfalls auch die Geschäftsgebiete der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Waren wie ua Lederwaren und Bekleidungsstücke, die mit Mehrwertsteuerbetrug oder Zollvergehen importiert oder illegal mit fremden Marken versehen wurden (Markenpiraterie, §§ 143 ff MarkenG), werden bekanntlich in erheblichem Umfang auf dem Schwarzmarkt abgesetzt, vor allem wenn es sich um Luxusgüter oder (angeblich) hochwertige Markenwaren handelt. Hierbei sind die Kunden hauptsächlich an einem wesentlich niedrigeren als dem handelsüblichen Preis interessiert. Die beanspruchte Dienstleistung "Werbung" kann dem illegalen Verkauf jeglicher Waren, insbesondere im Online-Handel über das Internet, dienen. Schwarzmärkte wuchern mittlerweile wegen der schwierigen Verfolgbarkeit im E-Business und E-Commerce des Internets, so daß die beanspruchte Dienstleistung "Telekommunikation" eigens den Zugang zum Schwarzmarkt bereitstellen kann.

Die Unterscheidungskraft der Anmeldemarke läßt sich nicht aus dem Umstand herleiten, daß ein Schwarzmarkt wegen seiner Illegalität von seinen Betreibern, Werbeagenturen oder Telekommunikationsunternehmen normalerweise - jedenfalls öffentlich - nicht so genannt wird. Denn die Bezeichnung "Schwarzmarkt" schließt die tatsächliche Existenz eines Schwarzmarkts keineswegs aus und vermag bei den angesprochenen Verkehrskreisen daher nicht den Eindruck einer bloß humorvollen Phantasiebezeichnung zu erwecken. Vielmehr erwartet der Verkehr bei einem "Schwarzmarkt", nicht frei verkäufliche Waren erwerben zu können oder Waren - wie die der vorliegenden Anmeldung - wesentlich billiger als üblich zu erhalten, wobei er sich nach dem Grund der ungewöhnlich niedrigen Preise in der Regel nicht erkundigen wird und eine eventuell dubiose Herkunft der Waren mit möglichst gutgläubigem Nichtwissen in Kauf nimmt.

Auch die graphische Gestaltung der Anmeldemarke ist nicht geeignet, ihr ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft zu verleihen. Selbst ein beschreibender Begriff kann zwar noch unterscheidungskräftig sein, wenn er in einer Weise wiedergegeben oder angeordnet wird, die das Gesamtzeichen von der üblichen Art, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen oder ihre wesentlichen Merkmale zu bezeichnen, unterscheidet (vgl EuGH GRUR Int 2002, 47, 49 Ez 39 - Babydry). Eine solche Abweichung von üblichen gebrauchsgraphischen Wiedergabeformen ist im Gesamteindruck der angemeldeten Marke jedoch nicht erkennbar. Denn die Buchstaben des Markenwortes "Schwarzmarkt" erscheinen lediglich in einer dreidimensional reliefartig anmutenden Wiedergabe, die vom einfachsten PC-Graphikprogramm erzeugt werden kann und häufig zur bloßen Hervorhebung von Titeln, Überschriften, Stichwörtern u.dgl verwendet wird, während die zweizeilige Anordnung der Wortbestandteile gewöhnlich nur der praktischen Anpassung an die räumlichen Platzverhältnisse dient (vgl dazu BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; GRUR 1996, 410, 411 - Color COLLECTION).

Aus welchen Gründen die vom Anmelder zitierten Drittmarken eingetragen worden sind, bedarf hier keiner vergleichenden oder analysierenden Betrachtung und Erörterung, zumal die diesen Eintragungen nach den besonderen Umständen jedes Einzelfalls zugrundeliegenden Beurteilungserwägungen nicht bekannt sind (vgl dazu: Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Auflage 2000, § 8 Rdn 85 - 87).

Winkler Kätkerv. Zglinitzki Cl Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/33W(pat)81-01.3.gif






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Beschluss v. 01.10.2002
Az: 33 W (pat) 81/01


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