Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. September 2004
Aktenzeichen: 19 W (pat) 318/02

(BPatG: Beschluss v. 29.09.2004, Az.: 19 W (pat) 318/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 29. September 2004, Aktenzeichen 19 W (pat) 318/02, das Patent 43 23 151 beschränkt aufrechterhalten. Das Patent betrifft einen Drehtürantrieb mit einer hydraulischen Schließereinrichtung und einer motorischen Öffnungseinrichtung. In dem Hydraulikkreislauf ist ein sicherheitsüberdruckabhängiges Überdruckventil vorgesehen.

Das Patent wurde von der Fa. D... GmbH angefochten. Diese behauptete, dass der Gegenstand des Patents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Einsprechende hat jedoch den Einspruch zurückgenommen.

Die Patentinhaberin stellte den Antrag, das Patent mit bestimmten Unterlagen aufrechtzuerhalten und begründete dies damit, dass der vorliegende Anspruch gegenüber dem Stand der Technik neu und erfinderisch sei.

Das Bundespatentgericht kam zu dem Ergebnis, dass das Patent mit den vorliegenden Patentansprüchen beschränkt aufrechterhalten werden kann. Die Patentansprüche sind zulässig und die Vorrichtung gemäß dem Hauptanspruch ist neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Vorrichtung bietet eine erhöhte Sicherheit bei Druckstößen, indem der Druck im Hydraulikkreislauf auf einen Wert begrenzt wird, der von der Kompression der Schließfeder abhängig ist. Diese Funktion ist im Stand der Technik nicht gezeigt worden.

Somit ist das Patent weiterhin gültig.

Dr. Kellerer Schmöger und Dipl.-Ing. Groß haben den Fall bearbeitet, während Dr.-Ing. Scholz Be das Schreiben verfasst hat.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 29.09.2004, Az: 19 W (pat) 318/02


Tenor

Das Patent 43 23 151 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 8, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 29. September 2004, Beschreibung Spalten 1 und 2 und Zeichnungen gemäß Patentschrift, Beschreibung Spalten 3 bis 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 29. September 2004.

Gründe

I Für die am 10. Juli 1993 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Anmeldung ist die Erteilung des Patents am 16. Mai 2002 veröffentlicht worden. Das Patent hat die Bezeichnung "Drehtürantrieb".

Gegen das Patent hat die Fa. D... GmbH am 14. August 2002 Einspruch erhoben. Zur Begründung hat sie auf § 21 PatG verwiesen und behauptet, der Gegenstand des Patents beruhe unter Berücksichtigung des Standes der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der geltende, in der mündlichen Verhandlung übergebene Patentanspruch 1 lautet:

"Drehtürantrieb mit einer hydraulischen Schließereinrichtung mit hydraulischer Kolben-Zylindereinheit und Schließerfeder und mit einer motorischen Öffnereinrichtung mit Hydraulikpumpe und Elektromotor, wobei in dem Hydraulikkreislauf ein schließkraftabhängig geregeltes SicherheitsÜberdruckventil (20) vorgesehen ist, welches den Druck im Hydraulikkreislauf auf einen Wert begrenzt, der von der Kompression der Schließerfeder (10) abhängig ist."

Es soll die Aufgabe gelöst werden, einen Drehtürantrieb der in der Patentschrift eingangs genannten Art weiterzuentwickeln, bei dem erhöhte Sicherheit bei Druckstößen erreicht wird (Abs 0004 der Patentschrift).

Die Einsprechende hat den Einspruch mit Schriftsatz vom 24. September 2004 zurückgenommen.

Die Patentinhaberin stellte den Antrag, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 bis 8, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 29. September 2004, Beschreibung Spalten 1 und 2 und Zeichnungen gemäß Patentschrift, Beschreibung Spalten 3 bis 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 29. September 2004.

Die Patentinhaberin behauptet, der vorliegende Anspruch 1 sei gegenüber dem im Einspruch aufgegriffenen Stand der Technik neu und erfinderisch, denn keines der in den Entgegenhaltungen gezeigten Überdruckventile begrenze den Druck im Hydraulikkreislauf auf einen Wert, der von der Kompression der Schließerfeder (10) abhängig sei.

Die Variante im Anspruch 2 mit separater Feder in der "oder" Fassung sei z.B. durch Abfühlen der Schließerfeder mit einem Sensor und entsprechendes Spannen einer weiteren, separaten Feder, die dann das Überdruckventil beaufschlagt, vom Fachmann ohne weiteres realisierbar; gemäß "und" Fassung sei eine weitere z.B. als Vorspannfeder wirkende Feder, die das Ventil zusätzlich zur Schließerfeder beaufschlagt, vorgesehen.

Im Anspruch 5 sei klar, dass die das SicherheitsÜberdruckventil (20) regelnde Feder (10) die Schließerfeder (10) gemäß Anspruch 1 sei, von deren Kompression der Druck-Grenzwert im Hydraulikkreislauf abhängig ist.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Gemäß §147 Abs 3 PatG liegt Entscheidungsbefugnis bei dem hierfür zuständigen 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts. Dieser hatte - wie in der Entscheidung in der Einspruchssache 19 W (pat) 701/02 (mwN; vgl BPatGE 46,134) ausführlich dargelegt ist - aufgrund öffentlicher mündlicher Verhandlung zu entscheiden.

Gegenstand des Verfahrens ist das erteilte Patent.

Nach der Rücknahme des zulässigen einzigen Einspruchs ist nur noch die Patentinhaberin am Einspruchsverfahren beteiligt, welches von Amts wegen ohne die Einsprechende fortzusetzen ist.

Die Prüfung der Sach- und Rechtslage durch den Senat hat ergeben, dass das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 bis 33 beschränkt aufrechtzuerhalten war.

1. Zulässigkeit der geltenden Patentansprüche Der zuständige Fachmann ist ein Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Berufserfahrung in der Entwicklung von elektrohydraulischen Türöffnern und -schließern.

Die Patentansprüche 1 bis 8 sind zulässig.

Das in den Anspruch 1 neu aufgenommene Merkmal, wonach das SicherheitsÜberdruckventil (20) "den Druck im Hydraulikkreislauf auf einen Wert begrenzt, der von der Kompression der Schließerfeder (10) abhängig ist." findet sich in Spalte 1, Zeile 64 bis 66 in Verbindung mit Spalte 3, Zeile 57 bis 64 und Spalte 5, Zeilen 42 bis 47 der Patentschrift, die hier mit den ursprünglichen Unterlagen übereinstimmt. Damit ist der Anspruch 1 auch eindeutig auf einen Drehtürenantrieb beschränkt, bei dem der Grenzdruck bzw die Auslösekraft des SicherheitsÜberdruckventils von der Kompression der Schließerfeder (10) abhängig ist.

Mit den von der Patentinhaberin gegebenen Erläuterungen hält der Senat auch die auf den Anspruch 1 zurückbezogenen Ansprüche 2 bis 8 für zulässig Die Streichung des "vorzugsweise" beanspruchten Merkmals im Anspruch 2 erweitert den Schutzbereich nicht.

2. Neuheit Die Vorrichtung gemäß dem Patentanspruch 1 ist neu, da aus den im Prüfungs- und Einspruchsverfahren entgegengehaltenen Druckschriften eine Anordnung mit allen im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen nicht bekannt ist.

Die DE 32 02 966 A1 zeigt in Übereinstimmung mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 einen Drehtürantrieb mit einer hydraulischen Schließereinrichtung mit hydraulischer Kolben-Zylindereinheit 5, 9 und Schließerfeder 10 und mit einer motorischen Öffnereinrichtung mit Hydraulikpumpe 2 und Elektromotor 1 (Anspruch 1, S 13 Abs 2 bis S 14 Abs 2) wobei in dem Hydraulikkreislauf ein federbelastetes (Fig 1) SicherheitsÜberdruckventil 18 vorgesehen ist (S 15 Abs 3).

Das SicherheitsÜberdruckventil spricht bei einer erhöhten, z.B. durch gewaltsames manuelles Schließen verursachten Schließkraft an, wenn der Druck den durch die Ventilfeder vorgegebenen Sicherheits-Sollwert übersteigt, und schließt wieder, wenn die Schließkraft geringer wird. Damit ist das SicherheitsÜberdruckventil auch nach Art eines Zweipunktreglers schließkraftabhängig geregelt.

Im Unterschied zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 begrenzt das SicherheitsÜberdruckventil (20) des Drehtürantriebs nach der DE 32 02 966 A1 den Druck im Hydraulikkreislauf auf einen nur von der Ventilfeder bestimmten Wert, der von der Kompression der Schließerfeder (10) unabhängig ist.

Der Drehtürantrieb nach DE 32 34 319 C2 unterscheidet sich von dem nach DE 32 02 966 A1 nur dadurch, dass die Schließerfeder 34 durch den Elektromotor vor der eigentlichen Öffnungsbewegung vorgespannt wird (Sp 4 Z 43 bis 64), insoweit nur bedingt von einer motorischen Öffnereinrichtung gesprochen werden kann. Im Übrigen weist er die gleichen Übereinstimmungen mit dem Drehtürantrieb nach Anspruch 1 auf, wie die DE 32 02 966 A1.

Auch bei diesem Drehflügelantrieb begrenzt das SicherheitsÜberdruckventil 19 im Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 den Druck im Hydraulikkreislauf auf einen der von der Kompression der Schließerfeder 34 unabhängigen Wert (Sp 3 Z 54 bis 59).

Die EP 116 226 A2 zeigt in teilweiser Übereinstimmung (Abweichungen kursiv) mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 einen Türantrieb mit einer pneumatischen Schließereinrichtung mit pneumatischer Kolben-Zylindereinheit 1, 2 und mit einer - vom Fachmann mitlesbaren - motorischen Öffnereinrichtung mit Pneumatikpumpe und Motor, wobei in dem Pneumatikkreislauf ein Kugelventil 20 vorgesehen ist, das bei blockierter Schließbewegung aufgrund des dann absinkenden Zylinderinnendrucks über den Zwischenkolben 13 geschlossen wird, das also ebenfalls schließkraftabhängig geregelt ist (Fig 2 iVm S 5 Abs 1 und 2).

Im Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 handelt es sich bei dem Kugelventil 20 allenfalls um ein Sicherheits-Unterdruckventil zur Aufrechterhaltung eines Mindestdrucks, der seinerseits weder von der dort nicht vorhandenen Schließerfeder, noch von der Kolben- oder Türstellung, sondern nur von der Vorspannung der Feder 23 abhängig ist (S 5 Z 1 bis 6, 11 bis 14).

Die weiteren noch im Verfahren befindlichen Druckschriften bringen keine neuen Gesichtspunkte, so dass auf sie nicht eingegangen zu werden braucht.

3. Erfinderische Tätigkeit Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Ausgehend von dem Drehtürantrieb nach DE 32 34 319 C2 oder DE 32 02 966 A1 stellt sich die Aufgabe, diesen so weiterzuentwickeln, dass eine erhöhte Sicherheit bei Druckstößen erreicht wird (siehe Patentschrift Abs 0004), in der Praxis von selbst, denn der Fachmann wird stets bestrebt sein, eine erhöhte Sicherheit zu erreichen. Für eine Abkehr von der generell üblichen Auslegung der Überdruckventile mit genau definiertem, konstantem Auslösedruck gibt das jedoch keinen Anlass.

Der Erfinder hat nun erkannt, dass für die Verletzungsgefahr und mögliche Beschädigungen des Systems eigentlich die Druckdifferenz, bzw Differenz von hydraulisch erzeugter Kraft und Schließerfederkraft entscheidend ist (vgl Sp 1 Z 35 bis 38), und dass er das SicherheitsÜberdruckventil auf diese Differenz abstimmen kann, wenn es den Druck im Hydraulikkreislauf auf einen Wert begrenzt, der von der Kompression der Schließerfeder abhängig ist. Dafür gab es im Stand der Technik auch unter Berücksichtigung der EP 1 16 226 A2 keinen Hinweis.

4. Die Vorrichtung nach Anspruch 1 ist somit patentfähig.

Damit ist auch die Vorrichtung nach Anspruch 2 bis 8 patentfähig.

Dr. Kellerer Schmöger Dipl.-Ing. Groß

Dr.-Ing. Scholz Be






BPatG:
Beschluss v. 29.09.2004
Az: 19 W (pat) 318/02


Link zum Urteil:
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